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Seele concentrirt, so dass er selbst kein Auge für die Gefahren hat, in die er sich auf dem Wege dorthin begibt. An solchen Schlafwandlern ist unsere realistische Zeit besonders reich, und ist's denn da ein Wunder, dass viele dies,,du musst!" in ihrem Innern nur selten und nur schwach hören? Aber lassen wir sie nur nach dem treffenden Ausdruck in dem bekannten Gleichnis „in sich gehen", lassen wir sie unter dem woltätigen Schmerz der Enttäuschung oder des Leides aus der Betäubung erwachen, so wird auch sofort das Pflichtbewusstsein in seiner ganzen Strenge sich geltend machen und sein „du musst!" um so lauter hören lassen, je länger es das Ohr dafür geschlossen fand. Die Wahrheit dieser Ueberzeugung lässt sich denen nicht aufdringen, die sie nicht auerkennen. Man kann, wenn sie Widerspruch findet, nur versuchen, ihre Widersacher zu sich selbst zu bringen, sie erwachen zu lassen. Aber man muss denen, die wach sind, es zu gute halten, dass sie das Schlafwandeln als eine Krankheitserscheinung ansehen.

Wenn wir nun das Princip des Glaubens an uns selbst auf das Pflichtbewusstsein in uns anwenden, dann kommen wir zu einem ganz andern Resultat als bei der Anwendung auf die Neigung. Es ist dann nicht ein Wunsch vorhanden, den wir befriedigt sehen möchten, und den wir darum zu einer Forderung an die Wirklichkeit machten. Es ist überhaupt nichts da, was wir wollen, begehren, denken, uns einbilden, sodass was daraus abgeleitet wird keinen Grund hätte als unsere Subjectivität, die sich zum Massstab und zur Regel des Objectiven erheben möchte. Es ist etwas da, das sich, unabhängig von aller menschlichen Willkür, als Gesetz für uns und über uns offenbart; etwas über das wir nicht verfügen, dem wir nur zu gehorsamen haben; etwas das nicht nur eine Seite unseres Seelenlebens berührt, sondern das unser ganzes Wesen, all' unser Denken, Fühlen, Wollen und Tun umfasst; etwas das gegenüber allen Veränderungen, denen wir selbst geistig und körperlich unterworfen sind, eine unzerstörbare Unveränderlichkeit behält; etwas, mit einem Worte, das in allen Hinsichten den Charakter des Absoluten, des Unbedingten trägt, und sich gerade dadurch von all' dem andern in uns und um uns unterscheidet, dem wir nur zeitlichen oder beziehungsweisen Wert zuschreiben können. Ist nun für uns der Glaube an uns selbst der einzige Grund der Gewisheit, und finden wir in uns selbst nichts, was mit der absoluten Autorität des Pflichtbewusstseins auf eine Linie gestellt werden kann, dann sind wir auch berechtigt, was sage ich? dann sind wir auch verpflichtet, dem Pflichtbewusstsein und also dem Gesetze, welches sich darin hören lässt, absoluten Wert zuzuschreiben, das will sagen: dies als ein objectives Gesetz in der Menschheit anzuerkennen. Das ist kein von uns abstrahirter Begriff, sondern eine Realität in uns, und zwar die Realität, die das Eigentümliche unserer Art ausmacht. Ich muss glauben an mich selbst als

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Menschen, dann muss ich glauben an mich selbst als durch das Gesetz beherscht, das sich als das Gesetz meines Wesens in mir offenbart. Dann aber dann und jetzt kommen wir zu dem Postulat muss ich auch an eine solche Beschaffenheit der Welt glauben, dass dies Gesetz darin herschen kann. Nicht mehr als dies. Was dies enthält, wird sich später zeigen. Aber vor der Hand kann ich nicht mehr und nichts anderes als dies postuliren.

Ich spreche nicht von einem Recht, etwas von der Weltordnung zu fordern. Ich habe nichts zu fordern, aber ich bin verpflichtet an die Beschaffenheit der Welt zu glauben, die für die Herschaft des Sittengesetzes unentbehrlich ist. Ich bin verpflichtet, daran zu glauben, weil ich sonst den Glauben an mich selbst preisgeben müsste, welcher Glaube - wir sahen es soeben unabtrennbar von dem Glauben an den absoluten und objectiven Charakter des Sittengesetzes ist. Ich sage also nicht: ich habe ein Bedürfnis, das erfüllt werden muss. Ich sage: hier ist in mir selbst, ebenso wie in jedem andern Menschen, ein Gesetz, das ich als das Gesetz meines Wesens respectiren muss. Und wenn nun das einzige, was mir Gewisheit geben kann, der Glaube an mich selbst, mich zwingt, dieses allgemein vorhandene Gesetz als absolut gültig anzuerkennen, dann bin ich verpflichtet, zu glauben, dass auch das da sein wird, was für jenes Vorhandensein und Gültigsein nicht fehlen darf, nämlich eine Beschaffenheit der Welt, die das Bestehen seiner Herschaft möglich macht.

Geben wir uns Rechenschaft davon, auf welche Weise wir zu diesem Resultate kamen. Es ist von Interesse für den Wert, den wir ihm zuschreiben können. Es war nicht eine logische Analyse, die uns dazu gebracht hat. Wir haben nicht aus dem Begriff eines über uns herschenden Sittengesetzes den Begriff einer bestimmten Beschaffenheit der Welt ausser uns abgeleitet. Der Punkt, auf den es ankommt, ist nicht der Zusammenhang vou Begriffen, sondern die Realität desjenigen, was in dem Begriffe enthalten liegt, die Notwendigkeit des Glaubens, dass die Welt wirklich also beschaffen ist. Die ist nicht aus dem Begriffe abzuleiten. Es handelt sich darum, zu dem Existentialsatz zu kommen. Das ist nicht durch Analyse möglich. Das geschieht dadurch, dass, synthetisch, der Glaube an uns selbst dem hinzufügt: die Welt muss so sein. Das ist das Eigentümliche des Postulats, wie Kant sehr mit Recht gelehrt hat, wenn er es auch selbst nicht gehörig in Anwendung zu bringen wusste, dass das Postulat das wirkliche Sein des Postulirten enthält, und dass es darum auch niemals analytisch erlangt werden kann. So auch hier. Anerkennen wir in uns das Sittengesetz als ein objectives Naturgesetz unseres Wesens, dann müssen wir nicht etwa unsern Begriff der Welt danach ändern, was eine rein logische Schlussfolgerung sein würde, sondern dann müssen wir auch.

glauben, dass die Welt wirklich so beschaffen ist, dass das Sittengesetz darin herschen kann. Ich habe doch hoffentlich hierbei nicht die Kritik zu fürchten, dass es dann doch immer bei dem Glauben bleibe? Ich könnte darauf nur antworten, dass, wenn es diesem Kritiker geglückt wäre, ans sich selbst auszuwandern und so zu erfahren, wie es ausser ihm ist, ich sehr dankbar von seinem Befunde Kenntnis nehmen würde.

§. 2.

Eine sittliche Weltordnung das Postulat des unbedingten Pflichtbewusstseins.

Die Ausführlichkeit, mit der im vorigen Paragraphen die Postulatslehre im Allgemeinen behandelt ist, macht es möglich, was nun ferner dargetan werden muss, viel kürzer zusammenzufassen.

Das Schlussresultat, zu dem wir gekommen sind, lässt sich so formuliren das unbedingte Pflichtbewusstsein postulirt eine solche Beschaffenheit der Welt, dass in ihr das Gesetz des Sittlichen herschen kann. Auf Grund dessen wird nun behauptet: das unbedingte Pflichtbewusstseins postulirt eine sittliche Weltordnung.

Beginnen wir damit, uns deutlich zu machen, was hierin enthalten liegt.

Wir gebrauchen das Wort Ordnung von allem, bei dem eine gewisse Regelmässigkeit in Anwendung gebracht ist. So sprechen wir von alphabetischer und chronologischer Ordnung, um die Art der Aufeinanderfolge anzudeuten. Dabei wird die Ordnung durch eine Regel gebildet, die von aussen an die Dinge herangebracht wird, und zu der ihr eigenes Wesen nichts beiträgt. Aber es kann auch sein, dass die Ordnung durch die Eigentümlichkeit der Dinge selbst gebildet wird. Auch das kann wieder in verschiedener Bedeutung genommen werden, nach Massgabe von Art und Mass der durch diese Eigentümlichkeit gebildeten Verbindung. Die Bedeutung, welche sich uns hier darbietet, ist die einer solchen, im Wesen der Dinge selbst begründeten Verbindung, dass sie dadurch ein Ganzes, einen Organismus bilden, in dem alle Teile Einem und demselben Gesetze gehorchen müssen, welches Gesetz ihnen nicht von aussen auferlegt wird, sondern aus der Eigentümlichkeit ihres Wesens notwendig hervorgeht. In diesem Sinne sprechen wir z. B. von Naturordnung. Wir denken dann an das ganze System des organisirten Lebens in Pflanze und Tier, auch im Menschen, wie dieses vorhanden ist und sich gemäss einwohnender Gesetze offenbart. Alles was dazu gehört ist das was es ist durch Teilnahme an diesem Zusammen

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hange, der selbst wieder auf der Gleichartigkeit alles dessen was er umfasst beruht. Stellen wir eine Naturerscheinung einem Kunstproducte gegenüber, z. B. eine natürliche Blume einer nachgemachten, finden wir, dass, sollte die letzte auch der ersten völlig gleichen, sie doch zu einer andern Ordnung gehört, weil sie andern Gesetzen ihr Dasein verdankt. Das Charakteristische der Ordnung liegt nicht in der äusseren Form, sondern in der inneren Beschaffenheit, und dass eine solche Ordnung vorhanden ist, ist nicht die Folge einer willkürlichen Anordnung, sondern nur die des Wesens der Dinge. Das Gleichartige, das denselben Gesetzen gehorcht, ist nicht nur als Vielheit von Exemplaren vorhanden, sondern besteht auch als Verschiedenheit in der Einheit, und zwar so, dass, durch den immanenten Charakter der gegenseitigen Verbindung, die Verschiedenheit ebensosehr für Besonderung der Einheit, wie die Einheit für das Ganze der Verschiedenheit gehalten werden muss.

Ein ähnliches Beispiel finden wir in dem, was wir gesellschaftliche Ordnung zu nennen pflegen. Wo Menschen zusammenwohnen, entsteht was wir damit meinen. Es kann sein in der primitiven Form des Naturstaates, ebensogut wie in dem verwickelten System unserer gegenwärtigen Gesellschaft, aber kein Zusammenleben von Menschen ist ohne irgend welche gesellschaftliche Ordnung möglich. Woraus entspringt dieselbe? Man kann nicht sagen: aus dem Willen eines oder des andern Gesetzgebers; denn dass einer sich als Gesetzgeber geltend machen könnte, würde schon ein Beweis einer bereits bestehenden Ordnung sein. Der einzige Grund ist der, dass es Menschen sind, die zu einander kommen, und dass in jedem Menschen eine gewisse Art vorhanden ist, die bewirkt, dass sie zu einander in eine gewisse, eine Gesellschaft bildende, Beziehung treten. Sie bilden deshalb die gesellschaftliche Ordnung, nicht als etwas Willkürliches, das sie auch unterlassen könnten, sondern als etwas Notwendiges, von dem man ebensogut sagen kann, dass es sich selber bildet, als dass es durch sie gebildet wird. Was diese Ordnung sein wird, hängt davon ab, was sie selbst sind, denn sie ist nichts anderes als die Einheit ihrer Verschiedenheit. Aber während diese Ordnung nichts anderes ist als was in ihnen selbst ist, erhält sie zugleich ihnen allen gegenüber den objectiven Charakter der alle verbindenden, beherschenden und erziehenden Macht. Es entsteht eine fortdauernde Wechselwirkung, eine Wirkung des gesellschaftlichen Zusammenlebens auf die gesellschaftliche Ordnung, und umgekehrt. Die Glieder der Gesellschaft stehen allezeit unter dem Gesetze ihrer Ordnung, aber dies Gesetz ist wiederum nichts anderes als der Ausdruck dessen was als Gesetz in den Gliedern lebt. Man könnte darum die gesellschaftliche Ordnung beschreiben als den allgemeinen Willen der Gesellschaft gegenüber dem besonderen Willen ihrer verschiedenen Glieder,

vorausgesetzt, dass man dabei im Auge behält: dass der allgemeine Wille nicht daraus entsteht, dass er mit Ueberlegung aus Nützlichkeitsrücksichten durch die Glieder der Gesellschaft gewollt wird, sondern dass er, unabhängig von allem persönlichen oder gemeinschaftlichen Gutbefinden, notwendig und natürlich aus dem gesellschaftlichen Leben selbst geboren wird.

Hierbei kommt noch etwas anderes in Betracht. Auch in der Naturordnung lehrt die Wissenschaft uns Entwicklung bemerken. Das Höhere ist aus dem Niederen entstanden, und noch fortwährend können sich unter bestimmten Umständen Gruppen bilden, in welchen eine andere höhere Ordnung herscht als die, aus welcher eine solche Gruppe sich abgelöst hat. Die Perfectibilität des Naturlebens ist der Grundgedanke der ganzen neueren Naturanschauung. Aber diese Entwicklung im Naturleben findet statt an, in und durch die Exemplare, in welchen sie zustande kommt, als eine Naturwirkung, der sie unterliegen, ohne dass sie selbst darum wissen. Bei der Entwicklung in der gesellschaftlichen Ordnung ist dagegen das Bewusstsein der grosse Factor des Fortschrittes. In dem allgemeinen Willen stellt sich das Höchste und Beste, was in der Gesellschaft erwacht ist, als Ideal, und dadurch auch immermehr als Gesetz, allem besonderen Willen gegenüber, und treibt diesen, sich darnach zu richten. In der Form der öffentlichen Meinung, und demnächst der gesetzlichen Bestimmung, tritt die gesellschaftliche Ordnung als Macht auf für jedes Glied der Gesellschaft, hält ihm das Ideal vor, das auch sein Ideal sein soll, weil er mit zu dem Lebenskreise gehört, aus welchem es entsprungen ist, und stellt ihn unter die bewusste Verpflichtung, an der Verwirklichung desselben mit zu arbeiten.

Unwillkürlich sind wir durch die Beschreibung der gesellschaftlichen Ordnung schon auf das Gebiet der sittlichen Ordnung gekommen. Es war nicht anders möglich, da die erstere nur eine der Formen ist, in der die letztere sich offenbart.

Wenn von sittlicher Ordnung gesprochen wird, stellt man sich darunter oft eine gewisse Einrichtung in der Welt vor, die als eine Art Nemesis das Böse erfasst, und auf die Dauer das Recht triumphiren lässt. Dazu wird einigermassen Veranlassung gegeben durch den allgemeinen Gebrauch des Wortes Welt-Ordnung, welches an solch eine sich über die Gesamtheit der Dinge erstreckende Macht denken lässt. Inwiefern der Gebrauch dieses Wortes Empfehlung verdient, kann später in Erwägung gezogen werden, aber hier können wir sofort mit der Bemerkung beginnen, dass eine Ordnung, was sie auch sonst enthalten. möge, doch immer ein Verhältnis sein muss, in dem gewisse Subjecte zu einander stehen. Eine sittliche Ordnung wird also vor allem etwas sein müssen, das in der Eigentümlichkeit sittlicher Subjecte begründet ist. Setzen wir daher für den Augenblick den Gedanken an solch eine

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