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dass die Form beider Organe für beide hinsichtlich der Möglichkeit des Vollbringens jener Functionen entscheidet, zu denen jedes für sich dienen muss. Hierbei kann man unmöglich ein Resultat für einen Zweck ansehen. Denn da ist keine Relation des Resultates, des Effects. Das eine Organ ist keine Folge des andern. Während sie gänzlich unabhängig von einander bestehen, setzt die Structur des einen so sehr das andere voraus, dass Platon in einer sinnreichen Fabel die zwei Geschlechter als die getrennten Hälften Eines Ganzen darstellen konnte, die sich zu vereinigen suchen, um das ursprüngliche Ganze wieder herzustellen. Und diese Anpassung für einander ist, wie Janet sagt, nicht nur ein glückliches Zusammentreffen, wie die Hände des Menschen sehr geeignet gebildet sind, um einander die Hand zu geben, was gewis niemand als eine besondere Bestimmung der menschlichen Hand ansehen wird; sondern von dieser Anpassung hängt das ganze Bestehen der Art ab; ohne sie würden keine Exemplare der Art und also auch keine Geschlechtsorgane dieser Art bestehen können. Das Organ selbst ist also nur dann möglich, wenn ein ihm entsprechendes Organ da ist, mit welchem es durch keine Causalbeziehung verbunden ist. Sie müssen also auf einander berechnet sein. Aber das Berechnetsein auf einander muss wieder durch die Function bestimmt sein, die sie gemeinsam zu vollbringen haben, und die Art dieser Function muss wieder auf das Fortbestehen des Geschlechtes berechnet sein, ohne welches Fortbestehen die Organe selbst nicht da sein könnten. Wie will man jemals ohne causa finalis einen Naturzusammenhang erklären, in dem so in allen Hinsichten das Gegenwärtige durch das Zukünftige beherscht wird?

Ich gebrauche soeben das Wort: auf etwas berechnet. Wir verstehen das hier als verbum neutrum, also ohne darin Veranlassung zu finden oder geben zu wollen zu der Frage: durch wen denn berechnet? Aber unter diesem Vorbehalt können wir nicht unterlassen, es von allerlei Verhältnissen in der Natur zu gebrauchen, wo die eine Erscheinung alles Sinnes, alles Grundes zum Dasein entbehrt, ohne Beziehung auf eine andere, mit welcher sie in keiner ursächlichen Verbindung steht, und von der sie bei ihrer eigenen Bildung gänzlich getrennt war.

Von dieser Art sind alle Appropriationen von Organen, ehe sie geboren waren, für das bestimmte Element, in dem sie dienen sollen; des Auges für die Lichtschwingungen, des Ohres für die Tonwellen, der Lungen für das Atmen, der Flügel für das Fliegen, der Flossen für das Schwimmen. Hier ist immer der zukünftige Gebrauch das Gesetzgebende bei der Entwicklung, und zwar während keine Einwirkung des Elementes möglich ist, in welchem dieser Gebrauch von den Organen gemacht werden soll.

Von den Beispielen, die dafür beigebracht werden können, haben die Teleologen allezeit mit Vorliebe das Auge ausgewählt, um sehen zu lassen, wie unzulänglich die rein mechanische Erklärung sei. Kein Wunder. Die Zusammensetzung dieses Organes wird beim Ausschluss der causa finalis zu einem unauflöslichen Rätsel. v. Hartmann hat selber auf die dreizehn Bedingungen, die nach ihm für das Sehen mit den Augen erfordert werden, eine Wahrscheinlichkeitsrechnung angewandt, die für die Notwendigkeit einer teleologischen Erklärung plaidirt, und ist zu dem Facit gekommen, dass diese Wahrscheinlichkeit so gut wie Gewisheit ist.

Diese Manier des Beweisens ist freilich etwas sonderbar, und die Grundlage der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist zu willkürlich, um dem Resultat grosse überzeugende Kraft zu geben. Aber wenn man Stück für Stück nachrechnet, was um das Sehen zu ermöglichen notwendig ist, und wie dem die verschiedenen Teile unseres Gesichtsorganes entsprechen, und dann wieder nachrechnet, was zum richtigen Zusammenwirken dieser verschiedenen Teile erfordert wird, ohne welches wieder kein Sehen zustande kommen würde, dann steigt der Eindruck, dass dieses ohne ein leitendes Princip unmöglich zustande kommen konnte, zu solcher Evidenz, dass man sich kaum vorstellen kann, wie jemand ihr widerstehen könnte. Die Tatsachen selbst sind so oft beschrieben, dass es überflüssig erachtet werden kann, diese Beschreibung hier zu wiederholen. 1)

Je höher man in der aufsteigenden Reihe der Organismen kommt, um destomehr drängt sich dem denkenden Beschauer die Notwendigkeit der Voraussetzung einer causa finalis auf. Wir werden dafür nicht weitere Beispiele suchen, und uns auch nicht bei dem tierischen Instinct aufhalten, von dem doch auch wahrlich nicht alles gesagt ist, wenn man ihn ein zur Gewohnheit gewordenes Bedürfnis nennt, selbst dann nicht, wenn man mit Darwin ausser der Vererbung noch die Zuchtwahl zur Erklärung anruft. Die Vielheit der Beispiele kann den Eindruck des Beweises verstärken, aber für die eigentliche Argumentation kommt es mehr auf einzelne, wesentlich entscheidende Beweise an, als auf die grosse Anzahl solcher, die eine beziehungsweise Wahrscheinlichkeit geben.

Stehen wir nur noch einen Augenblick stille bei der höchsten uns bekannten Form des organisirten Lebens, der des menschlichen Geistes. Früher habe ich auf die Unmöglichkeit hingewiesen, das Bewusstsein aus Bewegung zu erklären. Das diente damals zur Abwehr der Behauptungen des Evolutionismus. Aber ist er an diesem Punkte abgewehrt, so kann er zugleich von da aus mit gutem Erfolge bekämpft werden.

1) Vergl. Janet a. a. O. S. 86-100.

Welche Erklärung man auch annehmen möge, immer wird man, wofern man die alte Schöpfungslehre preisgegeben hat, jede Naturerscheinung, die höchste wie die niedrigste, als Naturproduct bezeichnen müssen, und aus den in der Natur vorhandenen Factoren zu erklären suchen. An einem gewissen Punkte, wo die natürliche Erklärung nicht ausreicht, den deus ex machina einführen, wollen wir ebensowenig wie unsere Gegner, und sie ebenso wenig wie wir.

Nein, hat die consequente Evolutionslehre Recht, dann muss sie dies Recht auch in Hinsicht auf die höheren Lebensformen geltend machen können, die nur im Menschen gefunden werden. In Hinsicht auf das Denken mit seinen Gesetzen, die es nicht der Erfahrung entnimmt, sondern die es immanent in sich selbst trägt und allmählich immer mehr für sich selbst zum Bewusstsein bringt, und mit denen es in den abstracten mathematischen Wissenschaften eine Gewisheit erreicht, die jedem positiven Resultate einen absolut geltenden und absolut bleibenden Wert verleiht; das Denken, welches in die Erfahrungswelt eindringt, zergliedernd, untersuchend, erklärend, verbindend, entdeckend, voraussagend, von dem sich zeigt, wenn die Gelegenheit vorhanden ist, die Probe auf die Rechnuug zu machen, dass es in Wahrheit das Geheimnis der Natur herausgefunden hat; das Denken, welches, nicht auf die Aussenwelt beschränkt, bei sich selbst einkehren und, indem es sich sich selbst gegenüber stellt, sein eigenes Wesen ergründen kann, das gleichsam auf sich selbst sich stützend zu den Höhen der Speculation sich erheben kann, auf denen das sinnliche Naturleben dem Auge des Geistes gänzlich entschwindet. Auf das Gefühlsleben mit seinem ganzen Reichtum der Gemütsempfindung, des ästhetischen Sinnes, der schaffenden Kunstfertigkeit. Auf die Saiten, die in jedem Menschenherzen in Liebe, Freundschaft, Mitleiden, Bewunderung, Begeisterung erzittern, und ebensosehr in Zorn, Entrüstung, Nacheiferung, Leidenschaft, Hass, Rache. Auf das geheimnisvolle Wolgefallen an allem, was den Eindruck der Schönheit macht, und auf die Empfänglichkeit für diesen Eindruck selbst; auf die Macht des Schönheitsideals, die Gemütsempfindung zu erwecken und zu reinigen. Auf das Vermögen das Ideal zu erfassen und fest zu halten in der Form von Ton oder Farbe, von Bild oder Wort. Auf das sittliche Leben endlich, das, wenn es einmal erwacht ist, sofort sich als Gesetzgeber und Richter über alle andern Lebensformen stellt; das dem Menschen, mit oder wider seinen Willen, eine Pflicht auferlegt,. ihm mit Selbstbefriedigung lohnt, ihn mit Selbstverurteilung straft, ihn als Meister regiert, als Berater leitet, als Freund unterstützt, und allezeit, jemehr Macht es über ihn erhält, sich deutlicher ihm als seine eigentliche Bestimmung offenbart, als die Erfüllung dessen, was sein eigenes Wesen von ihm fordert. Eine ganze Welt für sich, die jeder von uns in sich selber trägt! Möge hier und dort in der niedrigeren

Organisation des Tieres ein Schatten ihrer Fülle sich zeigen, das Ganze, oder wenigstens die Fähigkeit das Ganze zu erlangen, ist doch nur beim Menschen zu finden, und dadurch bilden wir, was uns auch sonst mit dem Tiere verbinde, eine besondere Art für uns. Diese Art müsste nun aus denselben Factoren erklärt werden, die wie sich uns zeigte nicht einmal ausreichend waren, um von sehr viel niedrigeren Formen des organischen Lebens Rechenschaft zu geben.

Ist daran im Ernst zu denken?

Der Mensch ist ein Product der Natur. Ohne Zweifel. Aber dann muss auch in der Natur vorhanden sein, was nötig ist, um solch ein Wesen hervorzubringen. Wo ist dies aufzuzeigen? Was ist dafür zu nennen? Was genannt wird, ist nichts anderes als was dazu dienen kann, die Möglichkeit von Uebergängen des Niederen in das Höhere zu erklären. Aber darum handelt es sich nicht. Die Frage ist: woher stammt dies Höchste? Antwortet man mir: es sind vermutlich auch hier Uebergänge gewesen, so gebe ich das gerne zu, denn ich glaube auch, dass das Höchste das Niedrigere hat passiren müssen, um zu eigenem Dasein zu gelangen; aber wenn auch das Höhere jenes Niedere passirt hat, folgt daraus, dass es selbst nichts anderes ist oder nicht mehr ist als das Niedrigere? Muss auch das Kind vor seiner Geburt dieselben embryonalen Formen wie andere Säugetiere durchmachen, ist deswegen das Menschenkind nicht doch etwas anderes, und etwas mehr als das Junge des Affen? Nicht auf die Uebergangsformen kommt es an, sondern darauf, wozu sie führen. Das muss erklärt werden. Und wenn man dann mit solch einer neuen Welt in Vergleichung mit der vorhergehenden zu tun hat, wenn sich vor uns im Reichtum des menschlichen Geisteslebens eine Welt erschliesst, zu deren Erklärung man an den bereits von dem Niederen her bekannten organisirenden Kräften nicht genug hat, was bleibt dann anderes übrig, als anzunehmen, dass noch andere organisirende Kräfte, noch höhere Potenzen in der Natur schlummern? Das Naturleben durchläuft eine Reihe von Entwicklungsformen, von denen jedesmal die höhere zu ihrer Voraussetzung eine niedere hat, und in denen stets die niedere einen ersten Anfang der höheren darstellt. So gibt es nirgends Lücken oder scharfe Trennungen. Die eine Form geht unmerklich in die andere über, aber scheint auch nirgends etwas Neues zu beginnen, so kommt doch in Wirklichkeit jedesmal etwas Neues in Vergleichung mit dem Alten zustande. Jedesmal wird der allgemeine, sich selbst immer gleichbleibende Naturprocess, dieselbe chemische und mechanische Wirkung, von einer höheren organisirenden Macht angewandt, um Lebensformen hervorzubringen, die früher noch nicht vorhanden waren, und nicht auftreten konnten, weil die Entwicklung des Ganzen noch nicht die dafür erforderliche Höhe erreicht hatte. War es jedoch soweit gekommen, dann ging auch die

Potenz des Höheren allmählich in Actualität über, und endlich erschien das Neue in voller Reife, um seinen Platz im Zusammenhange des Ganzen einzunehmen.

In dieser Anschauung ist nichts, was durch die Entdeckungen der Naturwissenschaft zurückgewiesen werden müsste. Auch für die Darwin'sche Erklärung des Ueberganges der Arten und der Abstammung des Menschen ist darin völlig Raum. Aber zugleich befriedigt sie die von der Evolutionslehre nicht erfüllten Forderungen des Denkens. Denn sie erkennt die wesentliche Verschiedenheit in den verschiedenen Arten an, und sucht dafür einen Grund in dem, was die Natur selbst uns in ihr zu bemerken drängt: dass jeder Organismus ein eigenes Wesen hat, welches dem allgemeinen Naturprocess eine bestimmte Richtung gibt und bestimmte Grenzen setzt.

Aber dann ist es auch nicht zweifelhaft, ob die teleologische Weltanschauung in unserer Erkenntnis der Natur eine Stütze finden könne. Denn jede Potenz setzt einen Zweck, und die Causalität wird bei ihrem Uebergange in Actualität fortwährend durch die causa finalis dessen beherscht, was sie zustande bringen muss. Dies ist keine actio in distans, weder eines im Anfang gegebenen Impulses, noch eines noch nicht vorhandenen zukünftigen Etwas, das an sich heranzöge, sondern eine vollständige Immanenz von Finalität und Causalität, eine untrennbare Einheit von Sein und Sosein, von Wirkung und Richtung, von Leben und Lebensform, also genau das, was die Natur uns überall erblicken lässt. Sie kann uns nicht sehen lassen, welche nicht-physischen Gesetze in ihrem Final-Causal-Zusammenhange noch wirksam sein können. Aber wenn wir von anderwärts her an sie mit der Voraussetzung hinangehen, dass in ihr ein Gesetz herschen können soll, dass eine Verbindung von Zweck und Mittel in ihr erfordert, dann finden wir, dass sie diese Voraussetzung nicht nur nicht ausschliesst, sondern positiv zulässt, und sogar begünstigt. Ja, rechnen wir zu ihr auch das sittliche Leben und die sittliche Entwicklung in der Menschheit und wie könnten wir anders? - dann müssen wir sogar schliessen, dass sie diese Voraussetzung fordert.

§. 4.

Die teleologische Weltanschauung des Pessimismus.

Wir können unsern Gegenstand noch nicht verlassen, ohne zuletzt auch auf die recht eigentümliche Art Acht zu geben, in welcher die Teleologie von der Schule Schopenhauer's und von Hartmann's verteidigt ist. An ihnen, besonders an von Hartmann haben die

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