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seine ewige Schranke an der Voraussetzung seiner selbst, dem vorhandenen Sein, in dem es wurzelt, und nur dies kann der Mensch anstreben: die wesensgleiche Uebereinstimmung des vorhandenen Seins mit seinem Selbstsein. An dieser Uebereinstimmung arbeitet er aber auch unausgesetzt, und die unermüdliche Regung des Triebes, sie zu erreichen, erzeugt die verschiedenen aufeinanderfolgenden Weltanschauungen. Die griechische Götter- und Heroenwelt ist nichts, als das vergrösserte Spiegelbild der Seele des Griechen, seines eigenthümlichen Willens zum Leben, und die von der modernen Naturwissenschaft festgestellte Gesetzmässigkeit aller Naturerscheinungen, was wäre sie anders, als die Uebereinstimmung der Natur mit dem gesetzgebenden menschlichen Geiste, der die sinnlichen Erfahrungen seiner denkenden Reproduction unterwirft und sie aus sich und sich in ihnen erkennt?

Es wird vielleicht künftig einmal in diesem Sinne eine Weltgeschichte geschrieben werden, die dann freilich keine gerade Linie zu verzeichnen haben wird, doch aber eine Bewegung, die trotz mancher Krümmung, mancher rückläufigen Abweichung, manchen Seitensprunges, im grossen und ganzen den Fortschritt des Menschen zum Selbstsein darstellt.

Hier gehen wir nur zurück bis auf die Epoche, aus welcher der moderne Geist hervorgegangen ist, die Epoche der christlichen Weltanschauung. Das Christenthum war ebenfalls ein Aufschwung des Menschen zu erhöhtem Selbstsein. Die römische Weltherrschaft hat ihm den Boden bereitet. Mit der Zertrümmerung aller nationalen und socialen Selbständigkeiten waren auch die Schutzgötter der Heimstätten machtlos und schattenhaft geworden, und die Menschen, in Ost und West durcheinander gerüttelt, ihren traditionellen Besonderheiten und Kulten entfremdet, fanden sich mehr

und mehr gleich, gleich in dem Gefühl der Noth, des Druckes und der Verödung des Lebens, gleich auch in einem allgemeinen Menschheitsbewusstsein, welches die alte Welt nicht gekannt hatte. Verzweiflung an der Wirklichkeit und erlösungsbedürftiges Verlangen nach einem Besseren, Höheren erfüllte die Seele der Menschen. Wie hätten sie da nicht empfänglich sein sollen für die frohe Botschaft, die ihnen aus dem Morgenlande kam? Der Botschaft von dem allmächtigen Gott, dem wundergewaltigen Herrn über die Natur, dem Schöpfer und Vater aller Menschen, der sie also liebte, dass er, um sie zu erlösen, selbst in Gestalt seines Sohnes Mensch wurde und für den Menschen litt, der allen, die an ihn glaubten, eine feste Burg und Gewähr des Heils und der ewigen Seligkeit war. So entstand die christliche Religion, die von dem Morgenland erzeugt und von dem Abendlande mit seinen geistigen Kulturmitteln ausgebaut wurde; in ihr schaffte das Absolute, das in der Seele des Menschen erwacht war, sich sein reales Weltbild. Wie aber die christliche Weltanschauung aus dem Widerspruche gegen eine unleidliche Wirksamkeit hervorgegangen war, so blieb dieser Gegensatz auch fortgesetzt in ihr herrschend, der Gegensatz zwischen Himmel und Erde, zwischen der gläubigen und unsterblichen Seele und dem sündigen und vergänglichen Fleisch, zwischen dem Jenseits und dem Diesseits. Aus dem Ungenügen an diesem Zwiespalt erhob sich der moderne Geist, ein erneuter Trieb des Menschen zum Selbstsein. Er verlangte, das Unendliche in seinem eigenen Wesen zu haben und aus eigener Kraft zu bethätigen; es trat nun an die Stelle der Offenbarung die Vernunft, an Stelle der Theologie die Philosophie, an die Stelle des Glaubens das Wissen, an die Stelle der Andacht die sittliche Thatkraft, an die Stelle von Blut und Wunden die dichtende und bildende Kunst. Un

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sterbliche Werke sind die Merksteine auf dem Wege, den die Menschheit in dieser Richtung zurückgelegt hat. Aber es zeigt sich auch von vornherein im modernen Geiste eine zweite Richtung, die sich wesentlich negativ gegen das Absolute, gegen die Idee eines lebendigen Weltganzen, verhält und nur das Einzelne anerkennen will, die schliesslich nicht nur den Gott im Himmel entthront, sondern auch den Gott im Menschen verneint, den Trieb des Unendlichen, den die natürlichen Regungen beherrschenden Willen und das Gewissen. Der Rest ist der aus der unbewussten Natur hervorgegangene einzelne Mensch, das leiblichgeistige Individuum.

Man kann sich nicht darüber täuschen, dass diese Richtung in unsern Tagen das Uebergewicht gewonnen hat: der moderne Mensch ist durchschnittlich bloss das kluge, sich selbst bejahende Individuum. Man sollte erwarten, dass daraus ein rücksichtsloses Heraustreten des Individuellen, eine Fülle der Gestalten, ein heftiger Widerstreit der Einzelnaturen und Einzelinteressen hervorgehen müsste. Indessen, davon ist nichts zu spüren, die modernen Menschen sind recht zahm und sehen sich durchschnittlich so ähnlich wie ein Eidem andern. Man erkennt auch bald den Herrn, vor dem sie sich beugen, und die Macht, die ihnen allen denselben Stempel aufdrückt: der Herr ist die Gesellschaft, der sie angehören, das Vaterland, der Staat, die Stadt, der Stand, der Beruf, und die Macht ist die darin herrschende öffentliche Meinung. Das moderne Individuum ist kein Ganzes für sich, sondern ein Exemplar innerhalb eines Complexes von mehreren Individuen, ein „Heerdenthier“ würde Nietzsche sagen. Wüsste der moderne Mensch, dass er selbst der Schöpfer der Gesellschaft und der öffentlichen Meinung ist, und jederzeit auch frei über ihr steht, so könnte er ein ganzes und volles Individuum sein, aber er weiss es nicht, ihm sind diese

Mächte, denen er nur als ein Theil angehört, ein Gegebenes, Aeusseres, Ueberragendes. Daraus versteht man das Wesen des modernen Menschen, er strebt vor allem sorglich nach Uebereinstimmung mit der in seinem Kreise herrschenden Meinung und wagt sich über diese nicht leicht hinaus. Er ist human, liberal, social, loyal und sogar ein wenig religiös, es sei denn, dass er zu den freien Geistern" gehört. Diese aber wissen zu sagen, weshalb das Alles so ist, dass der Mensch, wie alles Organische, aus niederen Lebensstufen vermöge der allmählichen Befestigung im Kampf um das Dasein erlangter nützlicher, arterhaltender Eigenschaften durch Zuchtwahl und Vererbung zu seiner jetzigen Höhe angezüchtet ist, dass das gesellschaftliche Leben nützlich ist und dem Einzelnen zum Vortheil gereicht, und dass deshalb gesellschaftlicher Sinn und sociale Gewöhnung die Herrschaft erlangt haben. Wenn ein moderner Mensch solcher Art in seinem Gesellschaftsanzuge in den Spiegel schaut, hat er sich selbst ganz und gar vor sich, denn auch sein Geistiges spielt sich ja lediglich in seinem Kopfe ab, und, wenn nur sein Schädel durchsichtig wäre, würde er vielleicht auch seine Gedanken in und zwischen den Nervencentren des Gehirns sich bewegen sehen.

Die consequenten Propheten des Individualismus, von denen hier die Rede sein soll, Max Stirner und Friedrich Nietzsche, unterscheiden sich sehr wesentlich von dem vulgären Individualismus und werden auch schwerlich jemals auf diesen eine erhebliche Einwirkung gewinnen, denn es scheint ein Gesetz des Lebens zu sein, dass dieses in seiner Breite und alltäglichen Gestaltung den grossen Einseitigkeiten des Denkens nur Einfluss auf sich gestattet, indem es ihnen zugleich Abbruch thut. Wie selbst in der Zeit, in der das dogmatische Christenthum eine wahre und ehrliche

Sache war, die Weltverneinung doch niemals eine allgemeine Praxis wurde, die Menschen vielmehr, indem sie Gott dienten, sich zugleich auch recht gut mit der Welt vertrugen, so ist auch der moderne Individualismus durchaus abgeschwächt und ergänzt durch einen im Wesen des Menschen gegründeten Trieb, der über alles Einzelne auch wieder hinausgeht und, wenn auch seiner selbst unkundig, die ethischen und socialen Bildungen schafft und fortschreitend weiter führt. Die grossen Wahrheiten gehen stets nur in abgestumpfter Form und vulgärer Weise in das reale Leben ein, aber auch die grossen Irrthümer und Einseitigkeiten erfahren in ihm eine ermässigende Correctur; in allen Wandlungen der Sitten und Weltanschauungen wirkt die allgemeine und unveränderliche Menschennatur, der gesunde Menschenverstand, als ein conservatives Element, als ein Regulator, der das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Seiten des menschlichen Wesens und Lebens aufrecht erhält oder nach vorübergehenden Erschütterungen alsbald wieder herstellt. So ist der Bestand des Lebens in sich selbst gesichert, und es kann von den grossen Einseitigkeiten des Denkens jede Förderung erfahren, ohne von ihnen fortgerissen zu werden.

Das Denken andererseits wird dadurch von der Rücksicht auf das Bestehende entbunden, es kann in jeder Richtung, die es einschlägt, bis an's Ende gehen, und auch nur diese consequenten Gedanken sind von dauerndem Werth, mögen sie direct oder indirect der Erkenntniss dienen.

Solche consequenten Gedanken sind es, die hier, möglichst mit dem eigenen Ausdruck ihrer Urheber, vorgeführt werden sollen, um eine Untersuchung vorzubereiten, die eben so der Wahrheit in diesen Gedanken gerecht zu werden, als ihre Einseitigkeit zu überwinden hofft.

Die Propheten des Individualismus, von denen hier die

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