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fen, als hätte er alle aus ihrem irdischen Kerker befreit und zöge nun mit ihnen siegestrunken hinüber in das große Reich der Harmonie.

Die schöne Tochter unseres Wirths sagte aber fast gereizt: So ist er nun! Jezt hat er uns Alle vergessen! Ja, er weiß nie, wo er ist."

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Doch hatte sich der junge Künstler auf dem Instrumente bald ausgetobt. Wie selbstvergessen rief er: „Könnte ich nur so ein Königelfenstück geigen, meinetwegen vorwärts oder rückwärts, zum Leben oder Sterben!"

„Wovon schwärmst du wieder ?" sagte jezt Haydn leise zu seinem wunderlichen Schüler, indem er ihn sanft auf die Schulter schlug. Ach so von Bremen!" erwiderte dieser. Diese Redensart," schaltete Robert ein, hatte er näm lich an sich, wenn er sich wegen seiner Zerstreutheit entschuldigen wollte.

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Um die Unterhaltung, welche durch das Benehmen des jungen, eigenen Mannes etwas verstört war, wieder in Gang zu bringen, fragte unser gütiger Wirth: „Nun, war das schon das Ende der Geschichte ?"

„Ja, die geht weiter fort!" erwiderte der junge Künstler, drehte sich auf dem Sessel um, legte den linken Arm auf die Sessellehne und fuhr fort: „Nun, der deutsche Oberst lebte vermuthlich recht glücklich mit seiner schönen Schwedin in Deutschland!" „Aber der arme Erichson?" fragte die schöne Tochter unseres Wirths. Bedauern Sie ihn, meine Gnädige? Ach ja! zu bedauern ist er wohl! Denn nachdem er in jener Hochzeitnacht so seltsam gespielt hatte, konnte er keine Musik mehr machen. Sobald er nur die Violine zur Hand nahm und mit dem Bogen über die Saiten wegzog, verschloß sich sein Gehör; denken Sie

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um des Himmels Willen, ein Sohn der Harmonie, und taub!

, das muß ein Elend sein! Die ganze Seele voll Melodie, daß sie vorspringt bis an die Fingerspißen, und taub dazu! Das ist eine lächerliche und wahnsinnige Geschichte zugleich! Doch auch dieses Leid mußte der arme Erichson auskosten; er wurde aber darüber schwermüthig, melancholisch, sagte man. Tage und Nächte lang saß er auf dem Lager im väterlichen Erbhause, das er noch besaß, auf seinem Schooße die treue Violine, welche er, wie ein Liebhaber seine todte Braut, betrachtete.

Weil er nun mürrisch und verschlossen war, so flohen ihn alle Menschen um so mehr, als das Gerede ging, daß er ein Herenmeister wäre. Die sind freilich hier, wie in Schweden, selten. Er möchte wohl verhungert sein, wenn sein alter Diener, welchen er aus Holland mitgebracht hatte, nicht das gewonnene Geld verwaltet und ihn, wie ein Kind, gewartet und gepflegt hätte. Außer diesem seinem Diener war er für Niemand sichtbar.

So vergingen zehn Jahre. Helene, deren Gemahl_unterdessen im Kriege gefallen, war um diese Zeit mit ihrem kleinen Sohne wieder in ihr Vaterland und auf ihren Stammsiz zu ihrem alten Vater zurückgekehrt. Punctum Colofonium, welcher sich auf dem Schlosse bei dem Kanzler dadurch sehr in Gunst gesezt hatte, daß er ihm die Zeit durch Vorlesen aus alten Chroniken vertrieb, war häufig dort.

Da Niemand dort oben von dem unglücklichen Geiger sprach, so hielt auch er es für angemessen, von ihm zu schweigen, obschon er sich zuweilen nach ihm theilnehmend erkundigte, auch manchmal dem alten Diener desselben eine

fette Gans für ihn zustellte; denn Gänsebraten ging dem trefflichen Küster über Alles, und keinen größern Beweis von Liebe und Freundschaft kannte er, als eine fette Gans geschenkt zu erhalten oder zu verschenken.

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Als er einst auf dem Schlosse einen solchen Braten mitverspeist und dazu gar spanischen Wein zu trinken bekommen hatte, und nun so seelenvergnügt in das Dorf herunterstieg, daß er heimlich durch die Zähne das fidele Liedchen summte: Ueber's Meer, über's Meer komint ein altes Schiff daher!" - kam ihm der Diener Erichson's entgegen und bat ihn, mit zu seinem Herrn zu kommen, welcher ihm etwas zu entdecken habe. „Fragt er endlich doch einmal nach mir ?" sagte der Küster, „nun, das muß kurz vor seinem Tode sein!"

Indem er so vor sich hinwankte und, von vornehmer Eitelkeit angesteckt, den Busenstreifen vorzupfte, ging er mit hinab zur Hütte des Unglücklichen. Dieser lag auf Thierfellen am Boden, neben sich seine Violine, welche für ihn verstummt war.

Gleich bei seinem Eintritte sprach Punctum Colofonium mit all' dem feierlichen Ernste, welchen er im Amte und Herrendienste sich angeeignet hatte: „Nun, Erichson, willst du endlich ablaffen von der verfluchten Kunst? Du siehst ja selbst, daß dich Gott bessern will, da er deine Ohren verschließt, sobald du Musik machen willst! Werde lieber fromm, wie ich es gethan habe! Du kannst glauben, dem Frommen geht es immer wohl auf dieser Welt! Sieh' mich nur selbst an! War ich nicht vormals so mager, wie du ? Jezt, wenn ich in den Spiegel blicke, kommt mir fast eine fündige Eitelkeit an, sehe ich, wie ich mich abgerundet habe und wohlgefällig geworden bin!"

Erichson aber entgegnete: „Lästere nicht auf die Kunst; denn sie ist das zweite Wort, durch welches Gott mit der armen Menschheit hienieden spricht, oder, wenn du lieber willst, sein herrliches Gewand, gewoben aus Andacht und Entzücken! Wie ich noch nicht an der heiligen Kunst gesündigt hatte mit böser Leidenschaft, stand ich gar nahe vor seinem Throne! Und ich weiß auch, daß meine Seele wieder klar werden wird!"

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„Aber, lieber Erichson," versette Punctum Colofonium, ,wenn du deine Seele verkauft hast an den König Elf“ Erichson ließ ihn nicht ausreden, sondern rief: „Schweig', du armer Mensch! Was willst du gegen Den sagen, auf dessen Fittige Gott Himmel und Erde gelegt hat, in dessen Odem Alles lebt, webt und lebendig ist?!" „Und du kennst ihn?" - Ja!" versetzte Erichson, „und das danke ich dir! Und da ich merke, daß meine große Stunde kommt, wo ich eingehen werde, dort, wo die lautere Harmonie ist, von der wir armen Menschen in dieser schweren Luft nur einen dumpfen Abklang haben, so will ich dir meine Sünde beichten, damit mein Herz frei wird! Vielleicht weißt du noch, daß du mich einst von der Tanzstube fortgejagt hast, mit der Weisung: ich sollte zum König Elf gehen! Wie ich nun findisch und gläubig war, und schon von den Leuten gehört hatte, daß man den König Elf zwingen könne, sein Zauberstück Einem zu lehren, wenn man sich an das Meer seze um Mitternacht, und eine Stunde lang sotto ponticello geige in verfluchten Mißtönen, und ich dabei auch an die Tochter des Kanzlers dachte, die ich zu erringen glaubte, wenn ich ein so großer Meister würde, so faßte ich mir ein Herz und that mit der Geige, wie ich gehört hatte. Heute noch gellt mir die Seele von jenen entsetzlichen Tönen, welche

ich damals der Violine abzwang; ich aber war wie rasend, ein jeder Ton ward mir zum Todesschmerz und ging, wie eine stumpfe Säge, reißend und zerrend durch alle meine Nerven; aber ich ließ doch nicht nach. Da war es mir endlich, als sähe ich weit in unermeßlicher Ferne um mich herum einen rauschenden, klingenden Kometen schweifen, der, wie ein Orkan, in immer kleinerm Kreise herandonnerte, und endlich einen großen Regenbogenring um mich herumlegte mit sieben Farben, welche, wie Blizze, durcheinander zuckten. Da sah auf mich herab plößlich ein wunderbar schönes, majestätisches Angesicht, und jetzt war es mir, als hörte ich sprechen: Armer Wurm, meinst du die Weltharmonie zerrei ßen zu können?" Und nun hörte ich Ton für Ton die göttliche Weise, die ich nachher dann und wann mit meinem Spiele wieder zu erhaschen suchte! Ich war von _tausend Seligkeiten trunken! Als diese Weise mir verklungen war, hörte ich wieder sprechen: „Kennst du das Gute, lerne auch das Schlimme! Das erste befreit, das letzte bindet die Geister! Wehe dir, wenn du es spielst!"

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Und nun hörte ich auch das schlimme Stück, das ich noch besser merkte, als das gute, und das ich nur einmal gespielt, und nun nie wieder den Klang der Musik darnach gehört habe! So ist Alles, Alles verloren!"

Jest versant Erichson wieder in tiefes Nachdenken. Nach einer Weile rang sich, wie tief aus seinem Herzen hervor, leise fragend das Wort: Helene ?"

„Ihr Gemahl ist todt; sie ist vor Kurzem mit ihrem kleinen Sohne zu ihrem Vater zurückgekehrt."

Erichson nickte mit dem Haupte und sprach für sich: So schließt sich der Ring ab; es konnte nicht anders kommen! Ich werde nicht eher sterben können, als bis ich das

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