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Drittes Kapitel.

E3 Is gibt ein altes Märlein von einem König der Zwerge. Dem war die Gattin gestorben, da sie ihm den Thronerben geboren. Dieser König erkor sich eine arme Menschenfrau zur Amme seines Söhnleins und weil die Frau nicht gutwillig ging, holte das kleine Zwergenvölklein sie einmal des Nachts mit Gewalt ab in das unterirdische Gnomenreich. Die Frau durfte nimmer heimkehren, bis ihr Amt erfüllet war, das Zwergenprinzlein zu säugen; und hat sie ein Jahr fern von den ihrigen im Bann und Zauber der seltsamen Halbwesen von Erz und Erde gelebt. Sie hat hergeben müssen von ihrer Menschlichkeit, was ihnen frommte, den Born des Lebens, daran das Kind sich nährte: Muttermilch und Mutterliebeaber sonst hat sie nicht Mensch sein dürfen, und ihr Lohn war kaltes Gold. Aber sie hielt aus, nicht nur wegen des Goldes, sondern weil Mutterherz ein gar gutes Ding ist, ein üppig wucherndes, das immerfort Luftwurzeln treibt und, was man ihm unterschiebt, blindlings damit umflammert. So liebt das Huhn die untergeschobenen Entlein, so hing die Zwergenamme an dem untergeschobenen Zwergenkind, und so liebt die Klosteramme das aufgedrungene Kind

der Kirche. Wohl fühlt sie, daß sie in einem fremden Reich ist; in einem Reich zwischen Grab und Himmel,

anders, höher, als das der Zwerge, aber doch auch von Halbwesen bewohnt, die außerhalb des Zusammenhanges mit der Natur stehen, mit denen es keine Gemeinschaft von Fleisch und Blut gibt, und daß das Kind, dem sie Mutter ist, jenem fremdartigen Geschlecht angehört! Doch, je tiefer sie das fühlt, desto schmerzlicher umklammert ihr Herz das Kind, an das sie kein Recht hat, das kein Mensch werden darf und trotzdem die Milch aus einer Menschenbrust trinkt. Sie weiß nicht, wie ihr ist, es ist ein seltsam Mitleid mit dem Knaben, das sie diesen fast zärtlicher lieben läßt, als ihr eigen Kind. Ihr eigenes Kind hat, was ihm gehört

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es hat eine Mutter, einen Vater aber dies arme Kind hat niemanden auf der Welt! Kaltes Kirchengestein ist seine Heimat, und keines Weibes Lippe soll es je berühren, auf keiner weichen, warmen Brust darf je sein Haupt ruhen. Und als müsse sie es entschädigen für alle künftige Entbehrung herzt und küßt sie es doppelt innig, bettet sie es doppelt zärtlich auf ihrem Schoß.

Fast sieben Monde sind vorübergezogen, seitdem das Kind in das Kloster aufgenommen ward. Eine lange Zeit für das junge heißliebende Weib, das, wie zur Sünde, nur verstohlen von Zeit zu Zeit hinter das Pförtlein zum Gatten schleichen darf, wo ihnen mondelang der Schneewind die Küsse von den Lippen geweht hat.

So sitt die Klosteramme mit ihren Säuglingen am dämmernden Fensterlein in der östlichen Turmstube. Es ist ein lauer Frühlingsabend und Totenstille rings umher. Tiefe Schatten lagern sich um das Himmelbett Frauen Utas von Trasp, ein Stern wirft bleiche Strahlen

herein in die einsame Kammer, und sie spielen verloren auf den seidenen Vorhängen, die einst Ulrich von seinen Wallfahrten aus dem farbenprächtigen Orient mitgebracht. Hoch oben am Fenster huscht etwas vorbei; es ist die heimkehrende Schwalbenmutter, die an der schwindelnden Dachfirst ihr Nest angeklebt hat. Die Schwalbenmutter hat's nun zwar auch nicht besser, als Berntrudis da oben, aber - fie ist frei! Berntrudis denkt's, und ein tiefer Seufzer schwellt ihr die Brust, an der die Kinder ruhig eingeschlummert liegen. In der Ecke, in Frauen Utas Truhe tickt leise und gleichmäßig die Totenuhr, der Holzwurm, und gespenstig weht, vom Luftzug durchs Kamin herunterbewegt, das dort hängende weiße Linnen, von der keuschen Büßerin Berntrudis gesponnen. Das warme Leben aber, das da am Fenster sehnsüchtig hinausschaut in die Weite, wo Herzen menschlich schlagen dürfen ohne Sünde, das denkt an keinen Tod und keine Buße, das rechnet nur mit heißklopfenden Pulsen, wie spät es wohl sei und ob wohl heute der Gatte an die Klosterpforte poche? Und das Weib schließt die Augen und lehnt den Kopf zurück, indes die schwellenden Lippen einen leisen Kuß in die Luft hinaushauchen einen Liebesboten, vorausgefandt, dem Erwarteten entgegen. Aber er kommt so selten, er ist ihr ganz verwildert in der langen Trennung. Unstet und freudlos irrt er umher, sie weiß es, und heiße Sorge um ihn nagt an ihrem Herzen. So wartet und harrt sie Abend für Abend, bis der Kopf sie schmerzt und sie sich müde auf das Lager wirft; denn dem Harrenden ist das Herz wie mit etfernen Klammern an zwei Punkte geheftet, an das Gegenwärtige und das Erwartete, und je weiter diese beiden Punkte auseinanderrücken, desto mehr zerrt es an

dem armen Herzen

eine unsichtbare Folter, die die Sehnen der Seele ausspannt zum Zerreißen.

Drüben im westlichen Flügel lehnt, die heiße Stirn an die Scheiben gedrückt, Bruder Correntian am Fenster und starrt hinaus in die dämmernde Nacht. Er hat das Fenster geschlossen, denn der abendliche Frühlingshauch trug ihm süße Düfte kaum erschlossener Blüten zu, die seine Sinne umschmeicheln gewollt da hat er das Fenster zugeworfen. Wer die Versuchungen des Satans nicht im kleinen abwehrt, wird ihrer im großen nimmermehr Herr! So steht er hinter den Scheiben zwischen winterfeuchten Mauern am Frühlingsabend und schaut grollenden Blicks hinüber nach dem östlichen Turm, wo die Amme wohnt. Er haßt dieses Weib, er weiß selbst nicht warum, aber er haßt es tödlich. So oft er ihr begegnet, wenn es sich einmal im Hofe beim Wasserholen oder im Gärtlein mit den Kindern trifft, blickt er mit Entsetzen und Abscheu zur Erde, als hätte er die Schlange des Paradieses gesehen in dem armen, holden rosigen Weibe. Er würde sie vergiften mit seinem Blick, ausreißen wie die Wurzel der Sünde, wenn er könnte.

Er muß sie dulden, er sieht es ein; aber er kann nicht von ihr ablassen in Gedanken, - er muß sie ver folgen mit seinem Haß bis in ihr stilles Turmkämmerlein hinein, es reißt ihn nächtlich vom Lager auf, daß er ans Fenster treten muß und hinüberspähen nach der sicheren Mauer, die sie schüßt, wie der Feind nach den Fugen des Harnisches spät, durch die er den Gegner zum Tode treffen kann. Und er sieht sie durch die Mauer hindurch, als wären die Steine von Glaser sieht sie immer, sich selbst zum Abscheu! Wie sie morgens erwacht, wie sie die Kinder an der jungen schuldlosen Brust

hält, wie sie sich die vollen welligen Haare kämmt, alles, alles muß er sehen, ob er will oder nicht. Auch jezt in diesem Augenblick sieht er sie, wie sie sich auf das Lager wirft - er sieht den Kuß, den die unbelauschten Lippen in das Leere hinaussenden!

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Aber halt! was ist das? ist es ein Gaukelspiel seiner Sinne ist es der verkörperte Schatten seines Hasses, der da über den sternenerhellten Hof gleitet, dem öst= lichen Turm zu? Er hält den Atem an- er hemmt den Schlag des eigenen Herzens eine zweite Gestalt schleicht neben her und schließt behutsam das Turmpförtchen auf. Die erste, eine rüstige Männergestalt, in ein kurzes Gewand nach Art der Hörigen gekleidet, verschwindet im Turm, die andere - es ist der Pförtner ganz unverkennbar — schließt wieder ab und kehrt zurück nach dem Pförtnerhaus. Das ist der Fischer, der Mann der Amme. Er hat den Pförtner bestochen, er schleicht sich zu seinem Weibe. Jezt jetzt ist er oben - jezt liegen sie sich in den Armen. O Schmach und Schande das auf heiligem Klosterboden - Fieberschauer schütteln den Mönch, der verhaltene Sturm des Blutes bricht los! Ekel! Abscheu, alle er weiß nicht was Furien der Hölle peitschen ihn. Wie rasend stürzt er sich in die Reihen der ruhig schlafenden Brüder: „Auf, auf das Kloster ist geschändet, duldet den Unfug nicht! Auf, frommer Abt - drüben die Amme wird nächtlicher Weile von dem Gatten beschlichen! Soll dies ein Haus der Minne und Schande werden?" Die Brüder werfen in Hast die Kutten über, der Abt kommt hocherzürnt herbei: „Sie hat mir Gehorsam unter die Klosterregel gelobt, sie ist doppelt schuldig, wenn sie den Mann einläßt und den Klosterfrieden bricht!"

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Hillern, Und sie kommt doch!

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