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v. Schellings Satanologie.

von Gott aus Neid die Menschen verführe, allerdings aufzugeben. Die Bibel weiß weder von der Schöpfung noch von dem Fall des Satans etwas. Dagegen kommen Bestimmungen vor, die auf eine andere Vorstellung führen. Es wird dem Satan ein Reich zugeschrieben wie Christo, und beide Reiche stehen sich im Kampf entgegen, er wird der Fürst, ja der Gott dieser Welt genannt, Ausdrücke, die für ein bloßes Geschöpf doch wohl zu stark sind. Aber nicht blos durch einzelne Ausdrücke wird der Satan höher gestellt, sondern es wird ihm auch ein Verhältniß zu Gott zugeschrieben, das mit der gewöhnlichen Vorstellung nicht vereinbar ist. Er erscheint ganz zur göttlichen Deconomie zu gehören und ein von ihm anerkanntes Princip zu sein. Denn wenn er nicht ein concreter und individueller Geist ist, so darf er immer als Princip genommen werden. So erscheint er im Buche Hiob im Himmel unter den andern Söhnen Gottes, aber als die Macht, welche die Gesinnung des Menschen in Zweifel zieht, die nothwendig ist, damit die Gesinnung gewiß werde und sich bewähre. Sollte bei der Verführung des ersten Menschen seine Rolle eine andere sein? Sollte er nicht auch dort als ein an der Hervorziehung des Bösen sich erfreuendes Wesen gewirkt und daher insofern, als Gott will, daß nichts verborgen bleibe, ein Werkzeug Gottes gewesen sein? Es ist ganz natürlich, daß im Fortgange des Kampfes, wo derselbe dem Princip an's Leben geht, der Satan immer mehr selbst als Böses, dem Guten Widerstand Leistendes empfunden wird. Aber gerade das lezte Buch der h. Schrift, gleichwie das Ende sich stets des Anfangs erinnert, stellt den Satan gleichfalls als Verdächtiger, als Inzweifelsteller, als Ankläger dar. Dies hängt in der Offenbarung Johannis mit der Rechtfertigung zusammen. Es ist etwas im Menschen, das ihn beständig vor Gott verklagt, das ihm stets sagt, daß sein Leben vor Gott mißfällig sei. In jener Zeit, von welcher die Apokalypse spricht, ist dieses Princip von Christo durchbrochen, es ist überwunden, das Reich Gottes hebt an. Bis dahin aber ist seine Macht groß und zur Verherrlichung Gottes nothwendig. Deshalb darf sie nicht verlästert werden. Im Briefe Judä wird das Beispiel des Erzengels Michael angeführt, der, als er mit dem Widersacher über den Leichnam Mosis stritt, nicht wagte, den Satan zu lästern, sondern nur sagte: „Der Herr schelte dich Satan!"*) Auch die Versuchung Christi wird so erst recht verständlich. Abgeschmackt wäre es, wenn ein Geschöpf dem unerschaffenen Sohne Gottes zugemuthet hätte vor ihm niederzufallen. Dagegen war es in der Ordnung, daß dieses Princip, dem Christus sich äußerlich durch seine Menschwerdung unterworfen hatte, um es zu überwinden, versuchte. von ihm nach der äußeren Unterwerfung auch die innere zu erlangen. Endlich verträgt sich die Allgegenwart des Teufels, jener beständige und unmittelbare Einfluß auf den Menschen nicht mit der Natur eines bloßen Geschöpfes. Geschöpf wird von Geschöpf ausgeschlossen, nicht aber ein allgemeines kosmisches Princip.

Nach diesen Aussagen der Schrift ist der Satan also als Princip zu fassen, aber doch wieder nicht als ein ewiges, sondern als ein gewordenes. Geworden ist etwas Anderes als geschaffen. Wie ist es aber geworden? Wir haben schon in der Einleitung dieses Capitels darauf

*) Es ist der Streit des kosmischen resp. heidnischen oder mytho= logischen Elementes mit dem Vertreter der Offenbarung, dem Genius des Volkes Israel über den Anspruch an das Gesetz Mosis, ein Streit der hernach von den Gnostikern erhoben wurde, wenn sie behaupteten, das Gesez Mosis sei nicht von dem wahren Gotte, sondern von dem kosmischen Gotte, dem Demiurgen. Man vergleiche überhaupt Schellings geistvolle Auslegungen zu den übrigen Schriftstellen vom Satan, bei Merschmann a. a. D.

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hingewiesen, daß kein Dasein ohne Bestimmtheit durch die Form der Idee möglich ist. Der Begriff des reinen, bestimmungslosen Sein's schlägt sogleich um in denjenigen des reinen Nichts. Das bestimmungslose Sein ist daher Gegenstand der Ueberwindung durch die ganze Schöpfung und insofern der Proceß des Ueberwindens fortdauert, bleibt es stets noch als ein unüberwundener Rest in der Schöpfung, das der Idee nicht Adäquate, das Nichtseinsollende. Dieser Rest des bestimmungslosen Seins ist nun freilich noch nicht Geist, dennoch liegt darin der Ursprung desjenigen Princips, das nachher als Satan kund wird. Der Geist des Menschen nämlich trägt als Geschöpf dies Princip gleichfalls in seinem Bewußtsein und insofern ist es selbst ein Geschöpf, ein Gottgewolltes. Dieser Moment der Entwickelung wäre der, wo nach der gewöhnlichen Theorie der Satan noch rein, noch nicht gefallen ist. Aber der Mensch hat durch unvordenkliche That das, was durch die Schöpfung als ein Ueberwundenes seiner Natur anhaftete, wieder befreit, er hat die Schranken, innerhalb deren es etwas Geschöpfliches und Gottgewolltes war, aufgehoben. Durch dieses Heraustreten ist es durch die Schuld des Menschen reiner Geist, allem concreten, individuellen Geist entgegengesett. Es ist allge= meines, universelles Princip, ein Leben, das nicht sein sollte, aber doch ist. Zugleich ist dies Princip aber auch in diesem Verhältniß zum Menschen nothwendig zur Hervorbringung der vollkommenen und unzweifelhaften Wahrheit der Schöpfung. Es ist nicht an sich böse, sondern Gott selbst leidet es, ja will es als Mittel. Es ist der allem Starren, allem sich ficher Dünkenden entgegengeseßte Geist und insofern erscheint er als Feind der Schöpfung, die doch ohne ihn erstarren würde. Aus dem Geschöpf ist er hervorgegangen und insofern kein unerschaffener Geist, obgleich er als Gegensaß der Schöpfung selbst nicht Geschöpf sein kann.

Ein nahe liegender Einwurf erhebt sich dem Anscheine nach gegen diese Entwickelung, daß nämlich nach derselben der Satan erst von dem Fall des Menschen herrühre, während in der Offenbarung umgekehrt der Fall durch den Satan veranlaßt ist. Allein dieser Einwurf läßt sich schon durch eine genauere Bestimmung des Ausdrucks beseitigen. Die reale Macht über den Menschen hat nämlich der Satan zwar erst durch den Fall, aber die Macht, die noch keine reale ist, wenn sie der Mensch nicht dazu werden läßt, die Möglichkeit des Versuchens hatte er schon vor dem Fall. Jedes Leben muß erprobt werden, und zufolge dieses Gesezes muß jene Möglichkeit sich dem Menschen darstellen. Sie ist die täuschende Magie, von welcher der menschliche Wille in seinem Innern umgeben ist. Das verleitende Princip ist nach der gewöhnlichen Ansicht schon gefallen, nach unserer Ansicht ist es seiner Natur nach das zur Sünde verleitende Princip, es kann nicht anders als verführen. Wenn man unter Satan den Feind des menschlichen Glückes versteht, so kann in diesem Sinne der Versucher schon als Widersacher des Menschen bezeichnet werden. Aber er kann dieses sein, ohne selbst gefallen zu sein. Er ist das das Böse an den Tag bringende Wesen. Er ist im Besize des Menschen, noch ehe dieser es ahnt und weiß. Er ist der immerwährende Erreger des Menschen, ein Princip, ohne welches die Welt einschlafen und versumpfen würde. Wegen seiner an Möglichkeiten unerschöpflichen Natur und wegen seiner Unvermögenheit ist dieser Geist ein ewiger Hunger nach Wirklichkeit, der brüllende Löwe, der sucht, welchen er verschlinge. Es ist daher doch auch eine Wahrheit, die bei aller Blasphemie in dem Satanscultus eines Proudhon liegt: „3u mir, Satan, wer du auch bist, Geist, den der Glaube meiner Väter Gott und der Kirche entgegenstellt! Komm du von Priestern und Königen verkeßerter Satan! Komme, daß ich dich umarme und an meine Brust drücke. Schon längst kennen wir uns, ich dich und du mich. Deine Werke, du Gesegneter meines Herzens, sind nicht

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immer schön, nicht immer gut; sie allein aber bringen Sinn in's Universum, ohne dich wäre es eine Albernheit. Was wäre ohne dich die Gerechtig= feit? Ein bloßer Instinkt; die Vernunft? eine bloße Routine; der Mensch? ein Stück Vieh. Du allein gibst der Arbeit Reiz und machst sie fruchtbar, du veredelst den Reichthum, du dienst der Autorität zur Entschuldigung, du gibst der Tugend die Krone. Laß den Muth nicht sinken, armer Geächteter! Ich habe nichts als meine Feder, sie deinem Dienste zu weihen, aber sie ist mehr werth, als Millionen von Bulletins.“ *)

So als kosmisches Princip der Negation, des Gegensates gefaßt erscheint der Satan allerdings unzweifelhaft als der Urheber der Monomanieen und der Besessenheit. Eben jene Vorstellungen von der Möglichkeit des Ruchlosen, des Entseßlichen, die dem Bewußtsein sich aufdrängend, den Ausbruch der dämonischen Ekstase vermitteln, sind ja recht eigentlich Wirkungen dieses Princips, und das Imponirende selber, das in dem Gräßlichen liegt, weist auf seine geheimnißvolle Würde. Aus seiner doppelseitigen Natur erklärt sich ferner die schauerliche Verwandtschaft der religiösen Ekstase mit der dämonischen und der schillernde Uebergang in allerlei Wahnsinnsformen. Ob ihm jenseit der Menschenwelt Persönlichkeit zukommt, bleibt dunkel; aber die beschriebenen Seelenzustände zeigen, daß es allerdings im Menschengeiste die Form der Persönlichkeit, des zweiten Bewußtseins annimmt, ja sich in einer Mehrheit von Afterbewußtseins darstellen kann.

V. Hallucinationen und Visionen.

Die Sinneswahrnehmung. Subjective Sinneswahrnehmungen. Ihre Entstehung. Inhalt. Wirkung der impulsiven und repulsiven Affecte. Die idealen Instincte. Symbolik der Visionen. Der historische Beruf. Religiöse Visionen. Negative oder dämonische Instincte. Hallucinationen der Irren. Teufelsvisionen und Heren-Sabbath. Kant über die Frage der Geister-Erscheinungen und Kundgebungen des Jenseits.

Die einfachste Seelenfunction ist die Sinnes wahrnehmung. Gleichwohl enthält dieselbe bei tieferer Betrachtung viel Räthselhaftes. Was wir unmittelbar wahrnehmen, sind nämlich nicht die Objecte der Außenwelt selbst, sondern lediglich gewisse Bewegungsvorgänge im äußern Raum. Der Tastsinn reagirt auf mechanischen Stoß, Druck, Reibung, Geruch und Geschmack auf chemische Molecularbewegungen, das Ohr auf die Tonschwingungen der Luft, das Gefühl auf die Wärme, das Auge auf die Lichtschwingungen des Aethers. Der gereizte Nerv bewirkt im Gehirn

*) S. Wolfg. Menzel, Kritik des modernen Zeitbewußtseins. S. 342 f.

Kriticismus und Idealismus.

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eine Affection, die in der Seele den Act der Empfindung, Wahrnehmung, Anschauung auslöst. Diese erlischt mit dem Nervenreiz, aber nicht ohne abermals durch Vermittelung des Gehirns der Seele einen bleibenden Besit zu verschaffen, nämlich die Vorstellung, welche auch nach erloschener Empfindung nicht verschwindet, sondern das eigentliche Material der Geistesthätigkeit bildet. Eine einfache Zergliederung der Empfindung bestätigt daher den Sag, auf welchem die ganze neuere Philosophie beruht: daß wir nämlich die Dinge durch die Sinne keineswegs so erkennen, wie sie an sich sind, sondern lediglich, wie sie uns durch Vermittelung eines sehr verwickelten Processes erscheinen. Wie wir es auch anfangen wollen, um uns mit den Dingen unmittelbar in Rapport zu seßen, immer sehen und fühlen wir nur durch unsere Sinne hindurch. Der eine Sinn, z. B. der Tastsinn kann wohl den andern, z. B. das Gesicht corrigiren, nie aber können wir irgendwie über die Sinne hinausgehen und die Dinge unmittelbar in unser Bewußtsein ziehen. Ein Körper ist dasjenige Unbekannte, welches in unsern Sinnesnerven gewisse Empfindungen erregt. Nach dem Gesez der Causalität müssen wir für dieselben einzelne Ursachen annehmen und diese nennen wir seine Eigenschaften. Hienach wird die ganze Erscheinungswelt zu einem Gehirnphänomen. Wie es kommt, daß dasselbe den Außendingen genau entspricht, daß die Anschauungen und Vorstellungen unserer Seele getreue Abbilder des objectiv Vorhandenen sind, bleibt unerklärt, denn man kann weder annehmen, daß diese Bilder von den Gegenständen abfliegen, noch daß sie durch jene Bewegungsvorgänge, welche die Sinnesnerven afficiren, im Gehirn copirt werden. Dennoch vermag weder die Behauptung, daß das Ding an sich von seiner Erscheinung in unsern Sinnen verschieden sei (Kriticismus), noch diejenige, daß es außer in der Vorstellung gar nicht eristire (Idealismus), die Ueberzeugung des gesunden Menschenverstandes im Geringsten wankend zu machen, daß dasjenige, was wir mit unsern Sinnen klar und deutlich wahrnehmen, auch wirklich ebenso als objectiver, ja materieller Gegenstand eristire. Diese Ueberzeugung gründet sich darauf, daß die Erscheinungen in jener constanten Ordnung von Ursache und Wirkung auf einanderfolgen, die wir als Naturgeses kennen und daß sie für alle mit gleichen Sinnen begabten Wesen in gleicher Weise vorhanden sind.

Indeß treffen diese Umstände doch nicht ausnahmslos zu. Es gibt rein subjective Sinneswahrnehmungen, wo Gegenstände und Vorgänge in der Außenwelt gesehen, gehört, gefühlt werden, die weder den Naturgeseßen entsprechen noch allgemein wahrnehmbar sind. Man hat für dieses psychische Phänomen verschiedene Be= zeichnungen. Illusion nennt man es, wenn die Wahrnehmung zwar durch eine materielle Einwirkung von außen veranlaßt, aber

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derselben nicht adäquat ist z. B. wenn ich einen Birkenstamm für eine weißgekleidete Person ansehe oder in dem herabfallenden Regen die Schritte einer nahenden Person höre. Von Illusionen unterscheiden sich Hallucinationen dadurch, daß ihnen überhaupt kein äußerer Sinneseindruck zu Grunde liegt. Betrachtet man aber diesen Unterschied näher, so zeigt sich, daß er nicht durchführbar ist. Innere organische Reizungen der Sinnesnerven können nämlich bei den Hallucinationen allerdings stattfinden. Treffend bemerkt nun Leubuscher: *) „Ein Fleck auf der cornea, der eine Illusion hervorruft, ist ein äußerer Gegenstand, aber doch an unserem Körper, eine Geschwulst dagegen, die auf der orbita sigt und durch den Druck auf den opticus eine Hallucination hervorbrächte, ist ein innerer Reiz, für den Nerven jedoch müssen wir sie wiederum als äußeren Reiz betrachten." Daraus ergibt sich, daß alle Hallucinationen, an denen innere, organische Einflüsse Antheil haben, im Wesentlichen für Illusionen anzusehen sein werden. Einen anderen Grund der Eintheilung bieten die sonstigen körperlichen Zustände, in denen die Erscheinungen vorkommen. Die Hallucinationen im Schlaf nennen wir Träume, diejenigen im Fieber, im Wahnsinn und andern pathologischen Zuständen Delirien. Daß dieselben zum Theil auch durch äußere Illusionen, von Empfindungen bei veränderter Lage, von dem durch die Gardine sich hereinschleichenden Mondlicht, von einem aus der Ferne herüberklingenden Geräusch veranlaßt sein können, ist bekannt. Je nach dem Sinne, der davon betroffen wird, redet man von Visionen, Auditionen, Sensationen. Zieht man aber den Inhalt in Betracht, so gebraucht man den Ausdruck Vision oder Gesicht von den mehr oder minder bedeutsamen Erscheinungen dieser Art und zwar wie bei dem Worte: Anschauung, gleichviel welches Organ speciell afficirt ist. Delirien oder Hallucinationen bilden dann den Gegensaß dazu als Bezeichnung der sinnlosen und krankhaften Vorgänge dieser Art. Die Psychiatrie kennt diesen Unterschied freilich nicht, aber der allgemeine Sprachgebrauch hält ihn in einem richtigen Gefühle fest.

Wie ist nun das Phänomen zu begreifen? Gewöhnlich hält man alle Hallucinationen für bloße Wirkungen einer aufgeregten Phantasie, für lebhafte Einbildungen. Allein wenn man diese Erklärung nur auf die alltäglichsten derselben, nämlich auf die Träume anwendet, so zeigt sich, wie wenig damit gesagt ist. Die Träume für bloßes Gedankenspiel, bloße Phantasiebilder ausgeben zu wollen," sagt Schopenhauer,**) „zeugt von Mangel an Besinnung oder an Redlichkeit, denn offenbar sind sie von diesen völlig unterschieden.

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*) Ueber die Entstehung der Sinnestäuschungen S. 42. **) Parerga und Paralipomena I. S. 219.

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