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nur die negative Seite seines Begriffes ausgesprochen, nicht aber die Position jenes anderen Geseßes, welches leßtere eben nur in der Suspension des ersteren hervortritt, und so sind die Gefeße des Lebens, dessen Bewegungs- Bildungs- und Affinitäts-Geseße durchaus Wunder für die anorganische Natur, wie jene Lebensgeseze wieder den höheren Gesezen des Geistes, diese endlich dem göttlichen als dem höchsten und alleinigen Wunder weichen; in welcher Hinsicht der Psalmist Gott als den Wunderthuenden definirt, weil er nicht Gott wäre, falls nicht sein Thun dieser Creatur im Erkennen, Wollen und Selbstthun ein beständig sich erneuerndes Wunderthun (Ueberraschung oder surprise) wäre. *)" Zwar bemüht sich die moderne Naturforschung schon lange auf's An= gelegentlichste, den Proceß des Lebens ohne die Annahme einer Neuschöpfung zu erklären. Die physikalische Physiologie sucht die Vorgänge im Organismus lediglich als Wirkung physikalischer Kräfte zu begreifen und die Descendenzlehre führt die Anfänge der Organismen auf eine einzige winzige Urzelle zurück. Allein noch steht erfahrungsgemäß der Saß fest, daß alles Leben, ja sogar jeder specifisch organische Stoff nur durch Leben erzeugt wird und es bleibt dabei verhältnißmäßig unerheblich, ob der erste Lebensproceß mit einer Urzelle oder einem ausgebildeten Organismus begonnen hat. Eine noch höhere Ordnung des Daseins eröffnet sich mit der Welt des bewußten Geistes. Von einer Ab= leitung seines Lebens aus den physikalischen Gesezen kann hier noch weniger die Rede sein. Die besonnene Naturforschung steht nicht vor der Frage, wie das Verhältniß von Geist und Materie zu erklären ist, sondern vor der Einsicht, daß es für immer unerklärbar ist. „Was die geistigen Vorgänge selber betrifft," bemerkt selbst ein du Bois-Reymond: so zeigt sich, daß sie bei der vollkommensten Kenntniß des Seelenorgans uns ganz ebenso unbegreiflich wären, wie jezt. Im Besize dieser Kenntniß stünden wir vor ihnen heute als vor einem völlig unvermittelten. Die höchste Kenntniß des Gehirns, die wir erlangen können, enthüllt uns durchaus nichts als bewegte Materie. Durch keine zu er= sinnende Anordnung oder Bewegung materieller Theilchen aber läßt sich eine Brücke in's Reich des Bewußtseins schlagen. Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen be= stimmter Atome in meinem Gehirn einerseits und andrerseits den für mich ursprünglichen, nicht weiter definirbaren, nicht wegzuleugnenden Thatsachen: „„Ich fühle Schmerz, fühle Lust, ich schmecke Süß, rieche Rosenduft, höre Orgelton, sehe Roth"" und der ebenso unmittelbar darausfließenden Gewißheit: „Also bin ich?"" - Es ist eben durchaus und für immer unbegreiflich, daß es einer Anzahl

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*) Fr. v. Baader Werke IV., S. 81.

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Kreyher, Die myst. Erschein. des Seelenlebens. I.

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von Kohlenstoff- Sauerstoff- Wasserstoff- Stickstoff-Atomen nicht sollte gleichgiltig sein, wie sie liegen und sich bewegen, wie sie lagen und sich bewegten, wie sie liegen und sich bewegen werden. Es ist in keiner Weise einzusehen, wie aus ihrem Zusammenwirken Bewußtsein entstehen könne. Sollte ihre Lagerungs- und Be= wegungsweise ihnen nicht gleichgiltig sein, so müßte man sie nach Art der Monaden schon einzeln mit Bewußtsein ausgestattet denken. Weder wäre damit das Bewußtsein überhaupt erklärt, noch für die Erklärung des einheitlichen Bewußtseins des Individuums das Mindeste gewonnen."*) Der Geist macht sich aber die Naturkräfte im ausgedehntesten Maße dienstbar. Durch künstliche Vorrichtungen zwingt er sie, allerlei künstliche Arbeiten zu verrichten, ja sogar neue chemische Produkte hervorzubringen, welche durch ihr blindes Wirken nie entstanden wären. Von der Aufhebung auch nur eines einzigen Naturgesetes ist dabei keine Rede, sie werden - nur sinnreich benußt, den Gesezen der Logik unterworfen und so von einer höheren Ordnung der Dinge beherrscht.

In gleicher Weise denkt sich die neuere Apologetik die Vorgänge beim Wunder. Treffend sagt schon I. Heinr. Tieftrunk:**) „Das wirkende, übersinnliche Wesen wird weder die Naturgesebe aufheben noch verwirren, sondern es wird sich der Natur, ihrer Form und Materie bedienen müssen, um seine Wirkung hervorzubringen. Das Wundersame besteht also nicht in dem Widernatürlichen, sondern in dem Außernatürlichen, indem das wunderthätige Wesen in der Sinnenwelt nach sinnlichen Naturgesetzen eine Wirkung hervorbringt, welche durch den ordentlichen Lauf der Natur nicht entstanden und durch bloße Naturkräfte und Naturcausalität nicht zu bewirken war. Auch muß man nicht denken, daß die Ursache des Wunders, insofern sie übersinnlich ist, an sich gesetzlos handelte. Unter Geseßen muß Alles gedacht werden, es gehöre zur sinnlichen oder übersinnlichen Natur, nur kennen wir die Gefeße der übersinnlichen Natur nicht. Kennten wir sie, so würde uns eben das, was uns nun wundersam ist, als natürlich erscheinen, denn wir würden es auf Geseze zurückführen, mithin erklären können." Dies ist offenbar auch die Ansicht Schleiermachers, ***) wenn er uns den Rath gibt, die Vorstellung des Uebernatürlichen beim Wunder fahren zu lassen und statt dessen noch nicht aufgeklärte Erscheinungen des Naturzusammenhanges darin zu sehen, um so mehr als die Wechselwirkung zwischen Geistigem und Leiblichem sich nicht erkennen lasse, auch die Behauptung nicht gewagt werden dürfe, daß die Grenzen dieser

*) Du Bois-Reymond: Ueber die Grenzen des Naturerkennens S. 25 f. **) Censur des christl. protest. Lehrbegr. I., S. 245.

**) Glaubenslehre I., § 47.

Wunder und Offenbarung.

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Wechselwirkung überall und immer ganz dieselben seien, ohne Erweiterungen erfahren zu können oder Schwankungen ausgeseßt zu sein. Noch bestimmter äußert sich Nißsch*) dahin, daß sich in den Wundern eine Beziehung auf eine höhere Ordnung der Dinge, die auch eine Welt, eine Natur in ihrer Art ist, finde und die in der Organisation ihre Analogie hat. Mehr oder minder modificirt wird dieser Begriff des relativen Wunders auch von Beyschlag, **) Zödler, ***) Flügel, †) u. a. festgehalten, wie er denn auch gewiß der einzig haltbare ist.

Als zweites Moment für die Bestimmung des Wunderbegriffs kommt das Verhältniß desselben zur Offenbarung in Betracht. Gewöhnlich wird die lettere als unmittelbarer und ausschließlicher Zweck des Wunders gedacht. So definirt Hase in seinem bekannten Leitfaden der Dogmatik ††) die Wunder als solche Afte der göttlichen Weltregierung, durch welche ohne Mitwirkung der Naturkraft, wenn auch nicht im Widerspruch mit dem Naturgesez zur Verwirklichung des höchsten Gutes etwas in der Natur bewirkt würde. Die einzelne Thatsache werde daher vornämlich durch ihr Abweichen vom gewöhnlichen Naturgange und durch ihre Bedeutung für das Reich Gottes als Wunder angesehen. Fast ausschließlich hebt Rothe diesen zweiten Gesichtspunkt hervor. Ihm kommt das Wunder nur als Mittel der Offenbarung in Betracht und zwar sei es nicht blos etwas mit der Offenbarung Verbundenes, sondern lettere bestehe eigentlich nur in Wundern. Da der Naturlauf dem sündigen Menschen Gott nicht mit Evidenz kenntlich mache, so könne dies nur durch solche Data ge= schehen, welche außerhalb desselben liegen. Es sei das Wunder demnach das Zeichen, in welchem der über den Naturlauf erha= bene Gott sich in der Geschichte unzweideutig wahrnehmen lasse. Dieser Wunderbegriff empfiehlt sich zuerst dem Bedürfniß des praktischen Lebens, insofern er die Fortdauer der Wunder ausschließt, sodann dem religiösen Gefühl, insofern er die Ursache der Wunder unmittelbar in die Allmachtswirkung Gottes legt, endlich dem apologetischen Interesse, insofern er durch den Wunderbeweis ein handgreifliches Argument für die Realität der Offenbarung sichert.

Ueber den ersten Punkt sagt Kant: †††) „Was die Wunder betrifft, so findet sich, daß vernünftige Menschen den Glauben an denselben, dem sie gleichwohl nicht zu entsagen gemeint sind, doch niemals wollen praktisch aufkommen lassen, welches so viel sagen

*) System der christl. Lehre S. 85 ff.

**) Ueber die Bedeutung des Wunders im Christenthum.
***) Beweis des Glaubens Bd. II., S. 73. ff.

†) A. a. O. S. 22 ff.

+) Hutterus rediviv. § 69.

†††) Relig. innerh. der Gr. d. r. Vernunft II., 2. Anm.

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will, als: sie glauben zwar, was die Theorie betrifft, daß es dergleichen gebe, in Geschäften aber statuiren sie keine. Daher haben weise Regierungen jederzeit zwar eingeräumt, ja wohl gar unter die öffentlichen Religionslehren die Meinung geseßlich aufgenommen, daß vor Alters Wunder geschehen wären, neue Wunder aber nicht erlaubt. Selbst orthodoxe Religionslehrer befolgen hierin mit der lezteren die nämliche Marime. Daher Hr. Pfenninger, da er seinen Freund Hrn. Lavater wegen seiner Behauptung eines noch immer möglichen Wunderglaubens vertheidigte, ihnen mit Recht Inconsequenz vorwarf, daß sie, da sie doch die vor etwa 17 Jahrhunderten in der christlichen Gemeinde wirklich ge= wesenen Wunderthäter behaupteten, jest keine mehr statuiren wollten, ohne doch aus der Schrift beweisen zu können, daß und wenn sie einmal gänzlich aufhören sollten (denn die Vernünftelei, daß sie jezt nicht mehr nöthig seien, ist Anmaßung größerer Einsicht, als sich ein Mensch wohl zutrauen soll) und diesen Beweis sind sie ihm schuldig geblieben." In der That ist, wie bekannt, gerade das Gegentheil leicht zu beweisen. Die Fortdauer der Wunder wird in der Bibel als etwas Selbstverständliches betrachtet. Der Herr sezt voraus, daß Viele noch am Ende der Tage sich auf die Wunder berufen würden, die sie in seinem Namen gethan, Matth. 7, 22. Er wiederholt mit dem größten Nachdruck, daß das Geheimniß der Wunderkraft nur im Glauben liege, Matth. 17, 20. 21.; Marc. 11; 23.; Luc. 17, 6. Er verheißt denen, die an ihn glauben würden, eine ausgedehnte Wunderwirksamkeit, Marc. 16, 17., ja er versichert, daß sie noch größere Werke thun würden als er, Joh. 14, 12. Daß in der That die Wunder mit der lezten großen Heilsoffenbarung nicht aufgehört haben, beweisen die Erzählungen der Apostelgeschichte und die Briefe Pauli, der es als etwas ganz Bekanntes beiläufig erwähnt, daß noch fortwährend unter den Christen Wunder geschehen, 1. Cor. 12, 9 f. 28 f. Was für ein Recht haben wir nun zu der Behauptung, daß das zweite Jahr der römischen Gefangenschaft Pauli, mit dem die Apostelgeschichte schließt, epochemachend für den wunderlosen Naturlauf gewesen sei? Es kommt dazu, daß die unverwerflichsten Zeugnisse für die Fortdauer der Wunder in der unmittelbar nachapostolischen Zeit vorhanden sind.

So lesen wir bei Justinus Martyr:*) „Daß das Reich der Dämonen durch Jesum zerstört worden, könnet ihr auch jezt aus dem, was unter euren Augen geschieht, erkennen; denn Viele von unseren Leuten haben geheilt und heilen noch jezt viele durch böse Geister Besessene in der ganzen Welt und in eurer Stadt (Rom), die von allen anderen Geisterbannern nicht geheilt werden konnten, indem sie dieselben im Namen Jesu Christi beschwören." Irenäus **) berichtet von den Wundergaben der

*) Apolog. I., S. 45. **) contra haeres. II., 22.

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Christen: Die Einen treiben böse Geister aus auf eine gründliche und wahrhafte Weise, so daß oft die von bösen Geistern Gereinigten selbst Gläubige und Gemeindeglieder wurden. Andere heilen Kranke durch Handauflegung. Schon sind auch Manche von den Todten auferweckt worden und eine ziemliche Reihe von Jahren noch bei uns geblieben. Es sind unzählige Gnadenwirkungen, welche die Kirche in der ganzen Welt empfangen hat und im Namen Jesu Christi vollbringt.“ Ebenso Origenes:*) Manche haben an denen, die durch sie geheilt wurden, Beweise gegeben, daß sie durch diesen Glauben eine Wunderkraft erlangt haben, indem sie über die der Heilung Bedürftigen nichts Anderes anrufen als den allmächtigen Gott und den Namen Jesu. Dadurch habe auch ich Viele von schweren Zufällen, Tobsucht und Wahnsinn und vielen andern Uebeln, die kein Mensch und keiner eurer Dämonen heilen konnte, befreit gesehen. Vieles dergleichen könnten wir erzählen, was, wenn wir es niederschrieben, obgleich wir selbst Augenzeugen waren, den Ungläubigen Anlaß zu vielem Gespötte geben würde. Aber Gott ist Zeuge unseres Gewissens, daß wir nicht durch falsche Berichte, sondern nur durch mannigfaltige, unleugbare Thatsachen die göttliche Lehre Jesu empfehlen wollen." Ja Tertullian **) geht sogar so weit, daß er die Heiden auffordert einen Dämonischen herbeizubringen und sich zu überzeugen, daß der Dämon auf die Aufforderung eines jeden Christen genöthigt sein werde zu erklären, wer er wäre.

Wo soll die Grenze gezogen werden, welche die urchristlichen, legitimen Wunderberichte von den spätern, trügerischen scheidet?

Dem religiösen Gefühl ist es ferner anstößig, die Wunder der Propheten und Apostel, ja des Herrn selber in eine Kate= gorie mit denjenigen heidnischer Zauberer, Schwärmer, Somnambulen u. drgl. zu stellen. Es sieht die Dignität der biblischen Wunder nur gewahrt, wenn sie unmittelbare Allmachtsakte Gottes sind. Menschliche Wunderthäter handeln unter der speciellen Assistenz desselben und können daher nur Persönlichkeiten sein, die des göttlichen Wohlgefallens in hohem Grade würdig und zu einer hervorragenden Stellung im Reiche Gottes berufen sind. Aber dies Gefühl beruht auf einer unklaren Anschauung, die mit der= jenigen der Bibel nicht zu vereinigen ist. Es versteht sich ja freilich von selbst, daß die lette Ursache der Wunder nur in Gott liegen kann, insofern die wunderthätige Kraft nur nach seinem Willen und seiner Weltordnung vorhanden, nur nach seiner Vorsehung einem Wesen eigen, nur mit seiner Zulassung wirksam sein kann. Aber darum handelt es sich nicht, sondern um die Frage, ob jedes einzelne Wunder unmittelbar ohne Mitwirkung eines selbstständigen, creatürlichen Willens durch die göttliche Allmacht verrichtet werde? Das Gegentheil geht schon daraus hervor, daß dem Teufel in der Schrift eine große Wundermacht zugeschrieben wird. Vrgl. Matth. 4, 8.; 2. Thess. 2, 9.; Offenb. 16, 14.; und die zahlreichen Besessenheits-Geschichten. Diese Wunder ge= schehen allerdings mit göttlicher Zulassung, Hiob 1, 12.; 2, 7.;

*) contra Celsum III., p. 128, vrgl. I. p. 35. **) Apolog. 23.

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