ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

III. Die Ekstase.

Ideen Association. Unwillkürliche Impulse derselben. Die unbewußte Sphäre des Seelenlebens. Das Einfallen. Der gesunde Menschenverstand. Das Geheimniß des Genies. Religiöse Eingebungeu. Unbewußte Aeuße rungen. Das Nachtwandeln. Der Somnambulismus oder die schlafwache Ekstase. Die religiöse Ekstase. Die Schilderungen der Alten von dem Zustande der Dichter und Seher. Die psychiatrische Beurtheilung der ekstatischen Zustände. Supranaturalistische Auffassung. Ansichten von v. Schelling und v. Baader. Verhältniß der Ekstase zur Inspiration. folgerungen für die biblische Hermeneutik.

Wir denken nicht nur, sondern es wird auch in uns gedacht. Dies beweist schon das unwillkürliche Spiel unserer Vorstellungen, welches unter dem Namen der Ideen-Association bekannt ist. Unablässig steigen Vorstellungen in uns auf und ziehen an unserem Bewußtsein vorüber. Es gibt im wachen Leben wohl keinen Augenblick, wo wir ganz ohne Vorstellungen wären. Oft schweben sogar verschiedene Vorstellungsreihen ähnlich den niederen und höheren Wolkenschichten der Atmosphäre gleichzeitig in verschiedenen Richtungen theils langsamer, theils flüchtiger durch unsern Geist. Die abgelaufenen Vorstellungen sind keineswegs zerstört, sondern nur durch neue in den Hintergrund gedrängt. Sie harren gleichsam an der Schwelle des Bewußtseins auf den günstigen Augenblick, wo ihnen Plaz zum Eintritt gegeben wird, verbinden sich mit verwandten Vorstellungen und dringen mit vereinten Kräften vor, eine Bewegung, die Herbart sogar in mathematischen Formeln ausgedrückt hat. Die Verwandtschaft entsteht durch jede Beziehung oder Richtung, welche die eine Vorstellung auf die andere nimmt. Wie man nun von dem Mittelpunkt eines Kreises unendlich viele Radien nach der Peripherie ziehen kann, so kann auch jede Vorstellung unendlich viele Richtungen nehmen und so der Ausgangspunkt der verschiedenartigsten Gedankenreihen werden.

Kreyher, Die myst. Erschein. des Seelenlebens. I.

4

[blocks in formation]

Für gewöhnlich bestimmt der bewußte Wille die Richtung der Vorstellungen und eben in dieser Leitung verhält sich der Mensch nachdenkend, sinnend, reflectirend. Aber mit dem willenlosen Gewährenlassen gerathen die Vorstellungen keineswegs in's Stocken, sondern bleiben gleichwohl in lebhafter Bewegung. Es entsteht dann jenes Gedankenspiel, über dessen Lauf der Zufall herrscht und dessen Fremdartigkeit in wachen Träumen oder im Halbschlummer hervortritt. Außer dem bewußten Willen gibt es aber noch andre unwillkürliche Impulse, welche dem Lauf der Vorstellungen eine bestimmte Richtung geben. Davon über= zeugt man sich sehr unzweideutig durch die Kämpfe, welche das Bewußtsein mit diesen Trieben zu bestehen hat. Sie steigern sich bis zu Affecten und Leidenschaften, in denen der Mensch für mehr oder minder unzurechnungsfähig gilt, d. h. die Richtung seiner Vorstellungen wird einer andern Ursache als seinem bewußten Willen zugeschrieben. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß diese Triebe direct oder indirect die Erhaltung und Förderung des organischen Lebens bezwecken, also im Grunde Instincte sind. „Vorsorglich hat die Natur Vieles in uns gelegt ohne zu hindern, daß die Vernunft später die Herrschaft übernehme. Lange herrscht der Instinct, denn der Mensch muß eine Leitung haben, wenn es auch die allgemeine Leitung der Natur ist, wo er noch blind und in der Thierheit ist: der Zorn z. B. ist ein Affect der Vertheidigung. Die Entrüstung macht den Menschen entschlossener und stärker sich zu erhalten. Die Natur hat deshalb diesen Trieb in viele Thiere gelegt, weil es ein Affect der Selbsterhaltung ist. *)“

Die organischen Instincte sollen dem bewußten Willen unterworfen sein. Es treten aber noch andere unwillkürliche Impulse des Vorstellens auf, mit dem Anspruch, daß der bewußte Wille sich ihnen unterwerfe. Wir meinen die Ideen des Wahren, Schönen und Guten. Es ist nicht mehr ungewöhnlich, sie die besseren, idealen Instincte des Menschen zu nennen. So spricht An= cillon von einem intellectuellen Instinct, **),,denn auf der einen Seite verkündet er sich durch plötzliche, schnelle, einförmige unwiderstehliche Eingebungen, auf der andern beziehen sich diese Eingebungen auf Gegenstände, die nicht zum Gebiet der Sinne, sondern der übersinnlichen Welt gehören. Hätte der Mensch

nicht einen intellectuellen Instinct oder eine Vernunft, die, in sich selbst begründet, Wahrheiten, die sie nicht beweiset, hervorbringt oder offenbart, so würde er aus Mangel an Stüß- und Haltungspunkten sich in alle Richtungen bewegen ohne fortzuschreiten und vorwärts zu kommen und unter dem Thiere stehen, weil er die

*) Kant, Anthropologie, Cap. 36. **) Ueber Glauben und Wissen, S. 48 f.

[blocks in formation]

Art der Vollkommenheit, die das Thier besißt, nicht erreichen würde, ohne deßwegen eine andere erlangen zu können.“ Dieser Instinct ordnet die Vorstellungen nach den logischen Geseßen. Denn wir bilden Begriffe, Urtheile und Schlüsse rein instinctiv, unwillkürlich, ohne uns von dem Verfahren dabei Rechenschaft zu geben. Die Menschheit hat logisch gedacht und denkt logisch, ohne die Theorie der Logik zu kennen. Von dem ästhetischen Gefühl gilt dasselbe. Denn das Schöne liegt nicht in der sinnlichen Empfindung, die immer nur angenehm oder unangenehm ist, noch weniger in der bewußten Reflerion, welche sich nur auf Regelmäßigkeit und Symmetrie der Formen erstreckt, sondern in einem unmittelbaren, rein instinctiven Wohlgefallen, das sich auf kein anderes Interesse gründet oder dasselbe hervorbringt. Einen moralischen Instinct hat man von jeher im Gewissen erkannt. gebietet als kategorischer Imperativ unbedingt und mit innerer Nöthigung. Wir haben das Gefühl, daß sein Gebot an und für sich ohne Rücksicht auf andere Motive für uns bestimmend sein solle, welcher andre Antrieb sich auch dagegenseße. Wenn aber der Philosoph den Grund angeben will, warum die Achtung vor dem Rechte eines Anderen alle Triebe des Eigennußes bei uns unterdrücken muß, so kann er sich selbst durch die Vernunft kein Genüge thun. *)"

"

Dies Alles lehrt uns eine unbewußte Sphäre des Seelenlebens kennen, aus welcher unsere Vorstellungen unwillkürliche Impulse empfangen. Es zeigt sich nun weiter, daß das Bewußtsein zwar auch einen Einfluß auf dieselbe ausübt, aber nur indirect. Die unbewußte Seele reagirt auf Anregungen desselben wie ein anderes Wesen, arbeitet aber, einmal angeregt, mit rela= tiver Selbstständigkeit. Bei Jähzornigen genügt z. B. schon das Festhalten einer Vorstellung, um ohne, ja wider Willen einen ZornAusbruch herbeizuführen, der mit der Veranlassung in keinem Verhältniß steht. Das Unbewußte mißversteht gleichsam die Anregung des Bewußtseins und äußert sich in einem Affect, als ob das Interesse der Selbsterhaltung vorhanden wäre. In der Leichtigkeit und Stärke, mit der diese Reactionen bei verschiedenen Menschen stattfinden, liegt die Verschiedenheit der Temperamente, in der verschiedenen Gewalt, welche das Bewußtsein gegen sie ausübt, diejenige der Charaktere. Dieselbe Erscheinung tritt bei den idealen Instincten hervor als das, was man Einfall nennt. Ich besinne mich z. B. auf etwas Vergessenes; allein, welche Richtung ich auch meinen Vorstellungsreihen gebe, wie sorgfältig ich auch den Schat meines Gedächtnisses durchforsche, die Anstrengungen des Bewußtseins sind vergeblich. Ich gebe sie endlich auf und

*) Kant a. a. O., Cap. 3.

52

Gesunder Menschenverstand.

bin mit andern Gedanken beschäftigt. Plöglich fällt mir das Gewünschte ein, die abhanden gekommene Vorstellung steht blißähnlich, in voller Klarheit vor meinem Bewußtsein. Die Versuche desselben sie durch Ideen-Association aufzufinden waren vergeblich gewesen, nun wird sie ihm gleichsam von einem dienstbaren Geiste unerwartet entgegengeführt. In solchen Fällen scheint es, daß die Seelenthätigkeit, welche wir absichtlich veranlaßt haben, ihre Be= wegung fortsett, wenn wir derselben auch unsere Aufmerksamkeit entziehen und in Folge dieser Selbstüberlassung nur um so regelmäßiger von Statten geht, denn die Erfahrung lehrt, daß wir viel wahrscheinlicher und eher die verlorene Vorstellung wieder gewinnen, wenn wir uns um sie zu bekümmern aufhören, als wenn wir uns darauf besinnen, ähnlich wie ein Reiter, der sich in einer unbekannten Gegend verirrt hat, weit wahrscheinlicher seinen Heimweg finden wird, wenn er seinem Pferde die Zügel läßt, als wenn er sich bemüht immer einen Weg nach dem andern aufzusuchen. Diese automatische Denkthätigkeit findet sogar manchmal statt während des Schlafes. Es gibt viele Beispiele, daß Denkern die Lösung von Problemen, namentlich mathematischen, mit denen sie sich beschäftigten, im Traum gegeben wurde.

So erzählt der Geh. Kirchenrath Schwarz in Heidelberg, daß er als 18jähriger Jüngling, wo er die mathematischen Vorlesungen des trefflichen Böhm besuchte, im Traum schwierige Aufgaben gelöst, ja einstmals, aus einem solchen Traum erwacht, sich an den Tisch gesezt und einen schwierigen Lehrsaß der Dioptrik hingezeichnet und bewiesen habe. Hierauf legte er sich wieder nieder und schlief von Neuem ein. Beim Erwachen betrachtete er die nächtliche Arbeit, vermochte aber den vorhin mit Leichtigkeit geführten Beweis nur nach neuem Nachdenken zu begreifen. *)

Ueberhaupt wird man finden, daß Gedanken, Aufgaben, Themata, die uns beschäftigen, ohne daß wir bei aller Geistesarbeit darüber in's Klare kommen konnten, nach der Ruhe einer Nacht oder nachdem der Geist eine ganz andere Denkrichtung genommen, sich während der Abwesenheit desselben neu geordnet haben und zwar in einer Weise, welche ihre Beziehungen und Consequenzen in erwünschter Klarheit überschauen läßt. Es ergibt sich daraus die nicht unwichtige Regel, daß man bei Geistesarbeiten, bei denen angestrengtes Nachdenken nicht gleich zum Erfolge führt, wohl thut, seine Aufmerksamkeit eine Zeitlang auf andere leichtere Gegenstände zu richten, und dann erst zu jenem Thema zurückzukehren.

Dieselbe unbewußte Geistesthätigkeit zeigt sich in jenem instinctiven Urtheil, welches man den gesunden Menschenverstand nennt, und welches für uns in vielen Fällen entscheidet, ohne daß wir die Frage erst einer logischen Erörterung unterziehen. Der gesunde Menschenverstand ist das Resultat der ganzen, gewohnten Thätigkeit unseres bewußten Geistes. Er ist abhängig von der

* v. Schubert, Gesch. d. Seele II. S. 951.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »