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Einleitung.

I. Realität des Wunders.

Das Wunder in der modernen Weltanschauung und Bibelkritik. Bedentung des Geschichtlichen für das Christenthum. Vertheidigung des Wunders durch die spekulative Theologie. Nothwendigkeit einer induktiven Vertheidigung desselben. Das mystische Gebiet der Geschichte. Argumente gegen das Wunder. Die Unalogie der Erfahrung. Theorie der bewußtlos dichtenden Mythe. Die Annahme absichtlicher Täuschung. Literatur.

Die moderne Weltanschauung hat keinen Raum für das Wunder mehr, so wird im Namen der Philosophie, der Naturwissenschaft, der gesammten, heutigen Bildung geredet und diese Behauptung findet ungetheilten Beifall. Die Haltung des aufgeklärten Publikums gegen das Wunder ist nicht mehr die des Zweifels, sondern des absprechenden, spöttischen Unglaubens. Denselben Standpunkt theilt die negative Theologie. Der Streit über das Wunder gilt hier als längst entschieden und man ist nur noch beschäftigt in der historischen Kritik der biblischen Bücher die Folgerungen daraus zu ziehen. Schon de Wette sagt im Hinblick auf das Alte Testament: *) Wenn es für den gebildeten Verstand entschieden ist, daß solche Wunder nicht wirklich geschehen sind, so fragt sich, ob sie vielleicht den Augenzeugen und Theilnehmern der Geschichte so erschienen sind? Aber auch dieß muß man verneinen, sobald man nur die Erzählungen etwas genauer ansieht. Denn es fehlt darin ganz jene Subjektivität der Ansichtsweise, welche den Schlüssel des Wunderbaren enthielte. Und somit ist schon das Resultat gewonnen, daß die Erzählung nicht gleichzeitig oder aus gleichzeitigen Quellen entnommen ist. Wenn sonach die Phantasie der Augenzeugen keinen Antheil an diesen Wundern hat, so müssen sie in der Phantasie späterer Erzähler entstanden sein.“ Seit

*) Einleitung in's A. T. § 145.

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David Strauß und der Tübinger Schule wird dieser Grundsay rücksichtslos auch gegen das Neue Testament angewendet und jede andere Behandlungsweise desselben für unwissenschaftlich erklärt. Unter solchen Umständen ist dasjenige, was man sonst Einleitungswissenschaft nannte, nämlich die Frage nach Authentie und Abfassungszeit der einzelnen Bücher, Gestalt des Tertes, Entstehung des Kanons, der eigentliche Mittelpunkt der modernen Theologie geworden, auf den sich das Interesse in dem Maße concentrirt, daß eigentlich daneben nur noch die Kirchengeschichte Beachtung findet. Dabei dreht sich der Streit nur darum, wie spät man die Abfassungszeit nach den erzählten Begebenheiten herabseßen könne und wie viel nach dem natürlichen Zusammenhange der Dinge begreiflich genug erscheint, um allenfalls noch als ächte, historische Ueberlieferung gelten zu können. Daß hiebei lediglich subjectiver Geschmack und Neigung den Ausschlag giebt, liegt in der Natur der Sache. Wer einen Begriff hat von dem Umfange dieser Untersuchungen mit ihrem ungeheuren, gelehrten Apparat, ihrer Musterkarte von Hypothesen, Conjecturen, Behauptungen oder gar gesicherten Resultaten, die doch alle nur einen rein ,,akademischen" Werth haben, der weiß, daß er hier vor einem Labyrinth steht mit der Ueberschrift: „Laßt alle Hoffnung hinter euch!" Freilich hat die Kritik auch keine leichte Arbeit. Von außen her durch Bemängelung der historischen Zeugnisse ist gegen Aechtheit der h. Schrift wenig auszurichten. Eine Autorität wie Tischendorf erklärt:*) „Es giebt in der gesammten Literatur des Alterthums wenig Beispiele von einer so großartigen, historischen Beglaubigung, wie sie unsere vier Evangelien besißen,“ und dasselbe läßt sich von den meisten übrigen biblischen Büchern sagen. Die Angriffe müssen daher fast ausschließlich mit den Waffen der inneren Kritik geschehen. Da sind die Differenzen in den Parallelberichten. Es ist zwar ein anerkanntes psychologisches Gesez, das z. B. im Gerichtsverfahren den Hauptgrund gegen die Appellation beim Strafprozeß bildet, daß der nämliche Zeuge, ge= schweige denn verschiedene, von demselben Vorfall, den sie mit aller vorsäglichen Aufmerksamkeit beobachtet haben, unmöglich zu verschiedenen Zeiten dieselbe Aussage machen können, dennoch wird in der biblischen Kritik jede Harmonistik solcher Zeugen-Aussagen für unwissenschaftlich erklärt und jede Differenz mit advokatenmäßiger Afribie zum unlösbaren Gegensaß gestempelt. Da sind die Observationen über den Sprachgebrauch und den Lehrbegriff eines Autors. Daß Jemand bei verschiedenen Gelegenheiten einen mehr oder weniger verschiedenen Stil schreibt, neue Ausdrücke sich aneignet, Wandlungen in seinen Anschauungen durchmacht, sich Inconsequenzen

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*) In der Brochüre: Wann wurden unsere Evangelien verfaßt S. 69.

Autorität der h. Schrift.

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zu Schulden kommen läßt, sind Dinge, die sonst nirgends beachtet werden. Die biblische Kritik aber dreht daraus den Strick, mit welchem das Gericht über ein ihr verdächtiges Buch vollzogen wird. Freilich hilft ihm auch die Uebereinstimmung mit einem unzweifelhaft ächten in dieser Beziehung wenig, denn das Urtheil lautet dann dahin, daß der Fälscher sein Vorbild mit ziemlichem Geschick nachahme. Da sind endlich Anachronismen und zeitgeschichtliche Bedenken. Dieselben beruhen entweder auf dem argumentum e silentio, wonach der wirkliche Verfasser über gewisse, zeitgeschichtliche Ereignisse und Verhältnisse nach der Ansicht des Kritikers unmöglich hätte schweigen dürfen, oder auf einer Differenz mit Profanschriftstellern. Denn daß in einem solchen Falle ein Herodot, Josephus, Tacitus u. s. w. unfehlbar sind, der Irrthum oder die Entstellung aber allein der Bibel zur Last fällt, steht heutzutage der Wissenschaft fest. Nur wo auch diese Autoren Wunder berichten, ist es mit ihrer Glaubwürdigkeit zu Ende. Kurz überall wird der Stein des Anstoßes ersichtlich.

Unter den Ursachen für den großen Verfall des Christenthums nimmt diese prinzipielle Wunderleugnung ohne Zweifel eine der ersten Stellen ein, denn sie entzieht demselben seinen historischen Boden. Die Bedeutung des Geschichtlichen ist aber für das Christenthum eine fundamentale. Aller religiöse Glaube kann nur Autoritätsglaube sein. Darüber ist kein Streit. Diese Autorität ist für den Protestantismus die h. Schrift. Die Wissenschaft erklärt es nun zwar für einen beschränkten Standpunkt, den Werth der h. Schrift nach der Geschichtlichkeit ihrer einzelnen Angaben zu schäßen. Wenn man aber die Wunder zu diesen bedeutungslosen Einzelheiten zählen will, so zeigt sich, daß der Rest, der von Geschichte übrig bleibt, noch viel bedeutungsloser ist. „Wir sind über wenige große Männer so ungenügend unterrichtet, wie über Jesus," meint Strauß. Worin soll denn nun die Autorität der Bibel liegen? In dem energischen Gottesbewußtsein, das aus ihren Dichtungen und Sentenzen spricht? Aber was hilft dieses Gottesbewußtsein, wenn es in der Luft schwebt ohne Boden in der Wirklichkeit? Realitäten nicht Ideale verlangt das religiöse Gemüth, und soll es dieselben auch in der Bibel nicht finden, so sieht es sich in seinen heiligsten Erwartungen getäuscht. Von dem unschäßbaren Werthe, den ein solches Buch noch immer für die Wissenschaft hat, weil es dem Messer der Kritik und den mikroskopischen Untersuchungen der Sprachund Alterthumsforschung stets neue und interessante Beschäftigung gewährt, hat das Volk leider keinen Begriff. Es weiß mit einem Cadaver nichts Besseres anzufangen, als ihn zu begraben. Man verweise uns nicht auf den Unterschied der wissenschaftlichen und erbaulichen Betrachtungsweise, der doch nichts weiter bedeuten kann,

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Speculative Vertheidigung der Wunder.

als die Trennung des objektiven Thatbestandes von der subjektiven Auffassung desselben. Freilich besteht der Werth der Bibel nicht blog in einer urkundlichen Bezeugung von Thatsachen, sondern in den religiösen Anregungen, die sie durch ihre Darstellung derselben gibt. Aber diese erbauliche Darstellung seßt die geschichtliche Wahrheit so sehr voraus wie eine Wirkung ihre Ursache. Was nicht wahr ist, kann nicht erbaulich sein, es sei denn, daß man an der Wirklichkeit überhaupt verzweifelt. Darum bedroht auch ein Unglaube, welcher die Thatsachen unangetastet läßt, den Bestand des Christenthums nicht, ja er ist sogar die allgemeine Voraussebung desselben. Der Christ glaubt in den Ereignissen der h. Geschichte besondere göttliche Offenbarungen zu erkennen, welche der übrige Naturlauf nicht bietet. Daß dieser Glaube aber nicht Jedermanns Ding ist, gibt er gern zu; erklärt er ihn doch für eine unmittelbar göttliche Begnadigung. Es wird ihm daher wohl bedauerlich aber nicht befremdlich sein, wenn Jemand die Offenbarung leugnet. In diesem Unglauben standen die Juden Christo und den Aposteln, das antike Heidenthum der alten Kirche gegenüber, mit ihm haben die Missionare unserer Tage zu kämpfen. Wenn aber die moderne Aufklärung die Facta selber leugnet, die als Offenbarungen aufgefaßt werden, so behauptet sie, der religiöse Streit sei gegenstandslos, es sei gar nichts vorhanden, worüber man gläubige oder ungläubige Gedanken haben könne. Damit wird dem Christenthum im Princip das Recht des Daseins abgesprochen.

Zu den Hauptaufgaben der christlichen Apologetik gehört daher die Vertheidigung des Wunders. Dieselbe ist denn auch oft mit großem Scharfsinn und philosophischer Tiefe geführt worden, aber fast immer nur mit den Waffen der speculativen Theologie. Man sette den Begriff Gottes als gegeben voraus und deducirte von hier aus a priori die Möglichkeit und Nothwendigkeit des Wunders. Allein auf religiöse Argumente zum Erweise von Thatsachen zu recurriren, ist ein ziemlich aussichtsloses Verfahren. Die question du fait ist keine religiöse Frage. Das Factum ist kalt. Es verlangt keine befreundete Gesinnung und frägt nach keiner Feindschaft. Sollen die Wunder als Facta anerkannt werden, so müssen sie durch Argumente vertheidigt werden, die für irreligiöse Gemüther ebenso bindend sind wie für religiöse. Der Erfolg der theologischen Wunderbeweise ist denn auch auffallend gering. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn behauptet wird, daß ein gar nicht geringer Theil nicht der Gedankenlosesten, nicht der Ungebildetsten unseres Zeitalters von einer so hartnäckigen Abneigung gegen alle und jede Gestalt des Wunderglaubens ergriffen und von einem so entschiedenen Unglauben auch nur gegen die Möglichkeit übernatürlicher Wunder durchdrungen sind, daß sie sich eher entschließen

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werden, auf den Begriff eines persönlichen Gottes zu verzichten als um dieses Begriffes willen sich irgend eine dem Wunderglauben günstige Folgerung gefallen zu lassen. *)“ Ueberhaupt kommt die deducirende Methode der Untersuchung immer mehr in Mißcredit. Auf allen Gebieten des Lebens, ruft v. Hartmann aus, triumphirt der Realismus über den Idealismus und beklagt, daß inductiv-philosophische Systeme noch nicht eristiren. Die deducirende Art des Beweises sei es, welche dem naturwissenschaftlichen Denker jenen instinctiven Widerwillen einflöße, der sich in neuerer Zeit bis zur souveränen Verachtung steigere. Die christliche Apologetik hat denn auch schon begonnen, sich gleichfalls der empirischen Methode zu bedienen. Die Zeiten sind vorüber," sagt Baumstark, wo man der Welt mit deductiven Systemen imponiren konnte. Die realistische Gegenwart verlangt nach Beweisen aus der Wirklichkeit." **) Ebenso geht v. Oettingen ***) von der Ueberzeugung aus, daß heutzutage mit aprioristischen Spekulationen fein Glück zu machen sei, daß die lebende Generation durchaus auf realistische Studien und greifbare, erperimentelle Beweise ihre Richtung und a posteriori ihre Stellung nehme.

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Auch das Wunder wird eine inductive Vertheidigung erfordern, und zwar um so mehr als die herrschende Denkweise gerade hier weniger als irgendwo durch speculative Erwägungen. bestimmt wird. Wunder geschehen nicht mehr," das ist das allgemein anerkannte Ariom, aus welchem sich von selbst die Folgerung ergibt: „Also sind sie aller Wahrscheinlichkeit nach nie geschehen." Renan versichert, daß er das Wunder nicht im Namen. dieser oder jener Philosophie verwerfe, also nicht im Voraus erkläre: Wunder sind unmöglich" sondern nur darauf beharre: „Es hat bis jezt kein hinreichend bezeugtes Wunder gegeben, kein Wunder nämlich, das vor einer Auswahl von Experten und nach den Regeln, die für das Experiment vorgeschrieben sind, wäre verrichtet worden." Schon Hume hatte behauptet: „Es ist in der ganzen Geschichte kein Wunder zu finden, das durch eine hinlängliche Anzahl Menschen von so unbezweifelt gesundem Verstande, Erziehung und Gelehrsamkeit bezeugt wäre, daß es uns gegen alle Täuschung schüßte, von so unantastbarer Redlichkeit, daß sie über allen Verdacht einer Absicht, Andere zu täuschen, erhaben wären, von solcher Glaubwürdigkeit und einem solchen Rufe in den Augen der Menschheit, daß sie einen großen Theil davon verlieren würden, im Fall sie auf einer Falschheit betroffen würden, und das zu gleicher Zeit Thatsachen bestätigte, welche so öffentlich

*) Weiße, Philos. Dogmatik, Leipzig 1863. I. S. 615.
**) Christliche Apologetik auf anthropologischer Grundlage.
***) Die Moralsstatistik und die christl. Sittenlehre.

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