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Begriff der Inspiration.

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prophetische Kundgebung einer eigenen Deutung des Redenden unterliege, denn nie sei eine Prophetie von menschlicher Willkür, also als Erzeugniß des reflectirenden Bewußtseins hervorgebracht, sondern die heiligen Menschen Gottes hätten geredet, bewegt vom Geiste Gottes, wobei der technische Ausdruck gebraucht wird, mit dem die griechischen Schriftsteller die Ekstase bezeichnen (gegóμevoi ὑπὸ πνεύματος prgl. Θεοφορείσθαι). Daß siefelbe 2luffaffung aud dem Paulus vorschwebte, läßt sich daraus schließen, daß er bei Anführung von Schriftstellen die Erwähnung der menschlichen Autoren als unwesentlich nicht selten ganz unterläßt und sich nur der Formel bedient: „Er d. h. Gott spricht," so wie aus dem Umstande, daß er nicht blos den Sinn eines Sages, sondern auch die Wahl einer Wortform auf göttlichen Ursprung zurückführt, Gal. 3, 16. In der Hand der Vorsehung aber waren die ekstatischen Zustände der heiligen Männer wie alle Wunder ein pädagogisches Mittel zur Erweckung des wahren Glaubens. Kant meint: *),Wenn Gott zum Menschen wirklich spräche, so kann dieser doch niemals wissen, daß es Gott sei, der zu ihm spricht. Es ist schlechterdings unmöglich, daß der Mensch durch seine Sinne den Unendlichen fassen, ihn von Sinnenwesen unterscheiden und ihn woran erkennen sollte.“ Allerdings kann der Beweis der Inspiration nicht aus ihrer Form d. h. aus dem psychischen Zustande des Inspirirten geliefert werden, sondern nur aus ihrem Inhalt und dem Eindruck, den er auf unser Gemüth macht, d. H. er hat nur einen subjectiven Charakter, bleibt eine unmittelbare, innere Erfahrung der Beweis des h. Geistes. Sicherlich aber hätte der erhabenste und gotteswürdigste Inhalt einer menschlichen. Rede niemals hingereicht, den Glauben an ihre Inspiration durch jenseitige Einwirkungen zu erzeugen, wenn nicht die Thatsache hinzugekommen wäre, daß die Sprachorgane des Redenden Worte und Säße verlautbarten, die nicht in seinem Bewußtsein entstanden waren. Diese Thatsache aber konnte der Redende sowohl als die Zeugen sehr wohl wissen. So sollte sich die Idee der Inspiration aus der Ekstase ergeben, wie die Idee eines ethischen Gottesreiches aus der Theokratie. Man wende nicht ein, daß jene Idee dem ganzen Alterthume geläufig war. Sie war es eben, weil sie durch die Sinneswahrnehmung sich aufdrängte. Zugleich war damit den Aussprachen der Inspirirten eine Autorität gesichert, welche sie auf andere Weise unter den rohen Gemüthern ohne Zweifel nie erlangt hätten.

Aus dem Gesagten ergibt sich eine wichtige Folgerung für die biblische Hermeneutik. Wir behaupten zwar nicht, daß sämmtliche Theile der h. Schrift im Zustande der Ekstase verfaßt

*) Streit der Facultäten. Friedensschluß der theol. u. philos. Fac.

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sind, wohl aber steht uns fest, daß wir in den meisten prophetischen Schriften ekstatische Kundgebungen vor uns haben, die entweder von den Autoren selber oder von Zuhörern aufgezeichnet wurden. Dies beweist nicht nur ihr dunkler, bilderreicher Orakelstil, sondern die stets wiederkehrende Formel: So spricht der Herr," "Es geschahe das Wort des Herrn." Aber auch für die Conception der übrigen h. Schriften müssen wir wenigstens einen solchen Grad von Objectivität annehmen, wie für die Eingebungen des Genius. Dafür spricht ihr genialer Pragmatismus, ihr vollendeter Tiefsinn bei dem Mangel aller künstlichen Systematik und Speculation. Auch spricht z. B. Paulus das bestimmte Bewußtsein von dem objectiven Charakter seiner Eingebungen aus Gal. 1, 11. f., 1 Cor. 11, 23. und unterscheidet von ihnen ausdrücklich seine subjective Meinung. 1 Cor. 7, 12. Ist dies aber richtig, so kann es nicht die einzige Aufgabe des Auslegers sein zu ermitteln, welchen Sinn der Autor selber mit seinen Worten verbunden habe, weil sein Ausspruch gar nicht aus seinem reflectirenden Bewußtsein hervorging und ihm selbst gar nicht völlig verständlich zu sein brauchte. Zeigt sich nicht Aehnliches schon bei gewöhnlichen Einfällen? Man erinnere sich doch nur, wie oft von naiven Personen große Worte gelassen ausgesprochen werden und tiefer Sinn im kind'schen Spiele liegt. Ebenso stoßen wir bei unsern großen Dichtern nicht selten auf Stellen, bei denen man sich billig fragen muß, ob ihnen nach ihrer sonst bekannten Denkweise die ganze Tragweite derselben wohl zum Bewußtsein gekommen ist? Man vergleiche den Geibel'schen Vers:

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Der hat es wahrlich als Poet
Noch nicht sehr weit getrieben,

In dessen Werken mehr nicht steht,
Als er hineingeschrieben.

Wir erklären uns daher gegen den Grundsak der modernen Hermeneutik, daß der Inhalt einer Schriftstelle durch ihren grammatisch-historischen Sinn erschöpft sei und vindiciren der alle= gorischen und mystischen Auslegung der Alten ihr gutes Recht. Damit erledigt sich auch der Anstoß, den man an der Art nehmen kann, wie die Schriftstellen des Alten Testamentes nicht blos von den Aposteln, sondern von dem Herrn selber angewendet werden, nämlich völlig unbekümmert um den Zusammenhang des Autors 3. B. Matth. 1, 23.; 2, 15. 18.; 22, 31. u. a. oder mit einer allegorischen Deutung, an die derselbe nicht dachte. Gal. 4, 22. Denn was der modernen Anschauung undenkbar scheint, nämlich daß ein Ausspruch anders gemeint sein könne, als der Autor ihn verstand, das war eben den Alten, die nicht daran dachten, den Ursprung ekstatischer Aussprachen im Bewußtsein des Redenden zu suchen, selbstverständliche Vorausseßung.

IV. Die Dämonomanie.

Das Böse. Dämonischer Instinct. Die verbrecherischen Monomanieen. Zoanthropie resp. Lykanthropie. Besessenheit. Umschlag der religiösen Ekstase in die dämonische. Dämonische Epidemieen. Besessenheitsformen bei heidnischen Völkern. Beseffenheit durch menschliche Persönlichkeiten. Seltenheit von Beseffenheitsfällen in der modernen Welt. Entzweiung des Bewußtseins im Wahnsinn. v. Schellings Lehre vom Satan.

Wir haben die Ideen des Wahren, Guten und Schönen als ideale Instincte d. h. als unwillkürliche Antriebe des Vorstellens gefaßt. Gemeinsam ist diesen Ideen das Festhalten eines geistigen Maßes, an dem die Erscheinungen gemessen werden. Wahr ist eine Vorstellung, wenn sie mit der Wirklichkeit übereinstimmt, gut, wenn sie dem moralischen Geseze entspricht, schön, wenn ihre Formen zu sich selber in harmonischen Verhältnissen stehen, eine Einheit in der Mannigfaltigkeit zeigen. Das Ideale ist zugleich das Princip alles Daseins, denn ohne Form und Maß ist kein Dasein möglich, man denke sie fort und Alles zerfließt in das Nichts. Zwar trägt die reale Eristenz der Dinge keinesweges die idealen Formen, aber soweit dies nicht der Fall ist, ist sie ein Uebel d. h. etwas, das zwar da ist, aber nicht da sein sollte, ein Princip, das dem Dasein feindlich ist, mit dem es zu kämpfen hat. Solange dem Dasein das Uebel anhaftet, hat es nicht diejenige Form, in der es bleiben kann, es muß seine Form als eine inadäquate immer wieder ablegen. Das Uebel bedingt den Wechsel, die Vergänglichkeit des Daseins. Als ein Gewolltes gedacht ist das Uebel das Böse. Widerstreit gegen das Seiende, Negation und Zerstörung ist daher sein Wesen. Der bewußte Wille des Menschen hat indeß das Uebel nie zu seinem eigentlichen Endzweck, er benugt es nur als Mittel zur Erreichung eines Guten. Auch der größte Bösewicht würde das Ueble nicht thun, wenn er gewiß wäre ohne dasselbe seinen Zweck zu erreichen. Die bewußte Sünde des Menschen ist daher eigentlich nicht Bosheit, sondern Schlechtigkeit oder Nichtswürdigkeit.

Was aber dem bewußten Willen fremd ist, liegt doch irgendwie in der unbewußten Tiefe der Seele. Während nämlich das principmäßig Böse jenem nicht nur Mißfallen und Abscheu, sondern Grauen und Entseßen erregt, so wirkt es doch unwillkürlich

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und unbewußt in gewissem Sinne imponirend und lockend. Daher das schaudernde Interesse an gräßlichen Unthaten, der bestialische Reiz der Gemeinheit, daher auch das Spiel ruchloser und ab= scheulicher Vorstellungen, welche ungerufen und zudringlich erscheinen, und namentlich im Traume, wo das Bewußtsein machtlos ist, uns quälen. Dies ist der dämonische Instinct, der von dem nor= malen Menschen zwar als etwas Unterworfenes und Ohnmächtiges, aber doch Vorhandenes gefühlt wird. Je mehr indeß das unbewußte Naturleben noch die Reflerion überwiegt, desto deutlicher Lassen sich die Aeußerungen eines instinctiven Wohlgefallens an dem grauenhaft Bösen wahrnehmen. Den Beweis dafür liefert die Grausamkeit, dieses recht eigentlich diabolische Laster. Es ist bekannt, was nicht nur das Alterthum, sondern auch das Mittelalter darin geleistet hat.

Es gibt nun auch eine Ekstase dieses dämonischen Instincts, worin derselbe sich ohne Betheiligung des bewußten Willens der Bewegungsorgane bemächtigt und durch dieselben seine Eingebungen in Wort und That ausführt. Hieher gehören zunächst die verbrecherischen Monomanieen, jene dunkeln Seelenzustände, in denen ein Mensch von unwiderstehlicher Gewalt dahingerissen, willenlos, zuweilen sogar völlig bewußtlos Verbrechen begeht, deren ihn Niemand für fähig gehalten hätte. Wir ziehen hier nur die Selbstmord- und Mordmonomanieen als die fignificantesten in Betracht. Ohne Zweifel steht ihr Auftreten unter dem indirecten Einfluß des Bewußtseins, aber derselbe wirkt gewiß nicht in identischer Richtung, sondern nach dem Gesez des Contrastes. Gerade der Abscheu, das Grauen vor der That ist es, der den unwillfürlichen Trieb zu derselben im Bewußtsein auslöst. Wer das Gefühl des Schwindels auf einer steilen Höhe kennt, wird dies verstehen. Der Anblick des Abgrundes erregt das Grauen vor dem möglichen Sturze, aber eben dieses Grauen ist mit der dämonischen Luft sich hinabzustürzen verbunden. Dieselbe psychische Wirkung eines tiefen Wasserspiegels (aber nur auf des Schwimmens Unkundige) personificirt Goethe in dem Gedicht von dem Fischer, der von der Nire hinabgezogen wird. So erklärt es sich, daß Menschen urplöglich ohne die geringste Veranlassung von einem wahnsinnigen Raptus zum Selbstmord ergriffen werden können. Griesinger, in seinem berühmten Werke Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, das wir noch öfter citiren, gibt fol= gendes Beispiel:

Eine noch lebende Frau hatte bisher in glücklichen Verhältnissen und völliger Gesundheit gelebt. Ihr Mann liebte sie zärtlich, ihre Kinder wuchsen kräftig auf und ihre Vermögensumstände waren sehr gut. Eines Tages Nachmittags 3 fist sie anscheinend heiter auf dem Flur ihres Hauses und beschäftigt sich mit Nähen. Plößlich und ohne die geringste Veranlassung springt sie auf und ruft: „Ich muß mich ersäufen, ich muß

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mich ersäufen!" rennt fort zu dem nahen Wallgraben, in den sie sich auch ohne Zögerung hineinstürzt. Sie wurde sogleich aus dem Wasser gezogen und dem Scheine nach schon todt in ihr Haus getragen. Ein schnell herbeigeeilter Arzt rief sie zwar bald in das Leben zurück, doch blieb sie stumm und starrte mit offenen, fest auf einen Punkt gerichteten Augen vor sich hin, ohne auf das, was um sie her vorging, weiter zu achten. So vergingen mehrere Tage, in denen sie kein Wort gesprochen, weder ge= geffen noch getrunken, nicht geschlafen, keine Theilnahme an irgend etwas bewiesen hatte. Als ich nach Ablauf derselben spät Abends zu ihr kam, lag sie im Bette und seufzte beständig. Auf meine Anrede fuhr sie zusammen und rief meinen Namen aus. Es wurde Licht gebracht, und da sie mich erblickte, fragte sie: „Mein Gott, wo bin ich, was ist mit mir vorgefallen?" worauf sie heftig zu weinen aufing. Ich beruhigte sie; nachdem fie ihren Mann erkannt und mit ihm gesprochen, auch nach ihren Kindern gefragt hatte, schlief sie ein. Nach dem Erwachen am andern Morgen hatte sie sogleich heiter nach Allen gefragt und mit Erstaunen von ihrem Versuch sich zu ertränken und von der Gefahr, in die sie gekommen, ge= hört. Bei meinem Eintritt fragte sie mich lachend, was ich wohl von ihr gedacht habe, und begehrte zu wissen, wie sie wohl zu dem thörichten Einfall habe kommen können, ohne selbst etwas davon zu wissen oder einen Grund dafür angeben zu können. Sie ist seitdem immer gesund, heiter und lebenslustig geblieben. *)

Ganz ebenso verhält es sich mit den Mordmonomanieen. Wir führen darüber die Worte der eben genannten psychiatrischen Autorität an: „Sehr dunkel in Bezug auf ihre innere Begründung sind die Fälle, wo völlig Gesunde bei vollem Bewußtsein oft ganz schnell und ohne äußere Anlässe von einem ihnen selbst unerklärlichen Gelüste nach Mord befallen werden. Hier sind indeß zwei Kategorien von Fällen zu unterscheiden. Einmal diejenigen, wo solcher Trieb zum Blutvergießen in bisher heiteren und lebensfrohen, liebenden Gemüthern plößlich ohne allen Anlaß aufsteigt und sich zähe anhaltend immer und immer in alle Gedankenkreise drängt. Hier entsteht nun ein tiefer, trauriger Zwiespalt des Bewußtseins, ein Kampf und Sturm der peinlichsten Affecte, um die neuen, schrecklichen Vorstellungen, gegen welche der ganze, bisherige Gehalt des Ich mit all der bei verschiedenen Menschen freilich sehr verschiedenen Kraft sich zur Wehre seßt. Der Niederlage des Ich in diesem Kampfe kann sich dann der Mensch oft nur durch Flucht in die Einsamkeit entziehen. Nach einiger Zeit können dann jene Vorstellungen ebenso schnell, wie sie aufstiegen, wieder versinken und der Mensch ist dann wieder der alte. weiß kaum wie ihm geschehen und und was für ein schwerer, gräßlicher Traum ihn gedrückt hat. Andre Male unterliegt das Ich, und der Unglückliche begeht das Verbrechen ohne den mindesten Gewinn mit der sicheren Aussicht auf Schande und Elend, ja in der gewissen Erwartung eines schimpflichen Todes durch Hinrichtung."

*) A. a. O. 3. Aufl. S. 262.

Er

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