Baucis (Mütterchen, sehr alt).
Lieber Kömmling! Leise! Leise! Ruhe! laß den Gatten ruhn; Langer Schlaf verleiht dem Greise Kurzen Wachens rasches Thun.
Sage, Mutter, bist du's eben, Meinen Dank noch zu empfahn, Was du für des Jünglings Leben Mit dem Gatten einst gethan? Bist du Baucis, die geschäftig Halberstorbnen Mund erquickt?
Du Philemon, der so kräftig Meinen Schatz der Flut entrückt? Eure Flammen raschen Feuers, Eures Glöckchens Silberlaut, Jenes grausen Abenteuers Lösung war euch anvertraut.
Und nun laßt hervor mich treten, Schaun das grenzenlose Meer; Laßt mich knieen, laßt mich beten, Mich bedrängt die Brust so sehr.
(Er schreitet vorwärts auf der Düne.)
Philemon (zu Baucis). Eile nur, den Tisch zu decken, Wo's im Gärtchen munter blüht. Laß ihn rennen, ihn erschrecken, Denn er glaubt nicht, was er sieht.
Philemon (neben dem Wanderer stehend). Das Euch grimmig mißgehandelt, Wog' auf Woge, schäumend wild,
Seht als Garten Ihr behandelt, Seht ein paradiesisch Bild. Aelter, war ich nicht zuhanden, Hilfreich nicht, wie sonst, bereit; Und wie meine Kräfte schwanden, War auch schon die Woge weit. Kluger Herren kühne Knechte Gruben Gräben, dämmten ein, Schmälerten des Meeres Rechte, Herrn an seiner Statt zu sein. Schaue grünend Wies' an Wiese, Anger, Garten, Dorf und Wald! Komm nun aber und genieße, Denn die Sonne scheidet bald. Dort im Fernsten ziehen Segel, Suchen nächtlich sichern Port Kennen doch ihr Nest die Vögel Denn jetzt ist der Hafen dort. So erblichst du in der Weite Erst des Meeres blauen Saum, Rechts und links, in aller Breite, Dichtgedrängt bewohnten Raum.
Im Gärtchen.
(Am Tische zu Drei.)
Baucis (zum Fremdling).
Bleibst du stumm? und keinen Bissen Bringst du zum verlechzten Mund?
Möcht' er doch vom Wunder wissen; Sprichst so gerne, thu's ihm kund.
Tags umsonst die Knechte lärmten, Hack und Schaufel, Schlag um Schlag; Wo die Flämmchen nächtig schwärmten, Stand ein Damm den andern Tag. Menschenopfer mußten bluten, Nachts erscholl des Jammers Qual; Meerab flossen Feuergluten,
Morgens war es ein Kanal.
Philemon.
Laßt uns zur Kapelle treten, Letzten Sonnenblick zu schaun! Laßt uns läuten, knieen, beten
Und dem alten Gott vertraun!
Weiter Ziergarten, großer, gradgeführter Kanal.
Faust, im höchsten Alter, wandelnd, nachdenkend. Lynceus der Türmer (durchs Sprachrohr). Die Sonne sinkt, die lehten Schiffe, Sie ziehen munter hafenein. Ein großer Kahn ist im Begriffe, Auf dem Kanale hier zu sein. Die bunten Wimpel wehen fröhlich, Die starren Masten stehn bereit;
In dir preist sich der Bootsmann selig, Dich grüßt das Glück zur höchsten Zeit.
(Das Glöckchen läutet auf der Düne.)
Faust (auffahrend).
Verdammtes Läuten! Allzu schändlich Verwundet's, wie ein tückischer Schuß; Vor Augen ist mein Reich unendlich, Im Rücken neckt mich der Verdruß, Erinnert mich durch neidische Laute: Mein Hochbesit, er ist nicht rein, Der Lindenraum, die braune Baute, Das morsche Kirchlein ist nicht mein. Und wünscht' ich, dort mich zu erholen, Vor fremden Schatten schaudert mir, Jst Dorn den Augen, Dorn den Sohlen; O! wär' ich weit hinweg von hier!
Türmer (wie oben).
Wie segelt froh der bunte Kahn Mit frischem Abendwind heran!
Wie türmt sich sein behender Lauf
In Kisten, Kasten, Säcken auf!
(Prächtiger Kahn, reich und bunt beladen mit Erzeugnissen fremder Weltgegenden.) Mephistopheles. Die drei gewaltigen Gesellen.
Da landen wir, da sind wir schon. Glück an! Dem Herren, dem Patron!
(Sie steigen aus, die Güter werden ans Land geschafft.)
So haben wir uns wohl erprobt, Vergnügt, wenn der Patron es lobt. Nur mit zwei Schiffen ging es fort, Mit zwanzig sind wir nun im Port. Was große Dinge wir gethan, Das sieht man unsrer Ladung an. Das freie Meer befreit den Geist,
Wer weiß da, was Besinnen heißt!
Da fördert nur ein rascher Griff,
Man fängt den Fisch, man fängt ein Schiff, Und ist man erst der Herr zu drei,
Dann hakelt man das vierte bei;
Da geht es denn dem fünften schlecht.
Man hat Gewalt, so hat man Recht.
Man fragt ums Was? und nicht ums Wie? Ich müßte keine Schiffahrt kennen:
Krieg, Handel und Piraterie,
Dreieinig sind sie, nicht zu trennen.
Die drei gewaltigen Gesellen.
Nicht Dank und Gruß! Nicht Gruß und Dank! 145 Als brächten wir dem Herrn Gestank!
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