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lassen, aber ihn durch das Leben zum Ziele zu führen. Fast zwanzig Jahre nach der Vollendung des ersten Teiles wagte sich Goethe, der inzwischen die Dichtung selten aus den Augen gelassen und hier und dort weiter geführt hatte, wie denn der Schluß selbst noch aus der besten Zeit' war, an die abschließende Bearbeitung des zweiten Teiles. Der Abschluß, an dem Goethe seit 1825 anhaltender beschäftigt war, fällt in den Sommer 1831. Er siegelte sein Werk ein und bestimmte, daß es erst nach seinem Tode bekannt werden solle. Er selbst war ein ganz andrer Mensch geworden und selbst der Blick, mit dem er auf seine Lebensentwicklung zurückschaute, hatte ihm diese in verändertem Lichte gezeigt. Das bedingte den Faust im zweiten Teile. Dem individuell gestalteten dichterischen Bilde schob sich Goethes eigene Persönlichkeit mehr und mehr unter, und Züge des alten Entwurfs mischten sich mit einer ganz andern Art von Komposition, die den alten ursprünglichen Gedanken zwar festhielt, aber in der Art der Ausführung sich völlig, fast bis zum Entgegengesetzten geändert hatte. Das Allegorisch-Symbolische jener am spätesten entstandenen Teile des ersten Faust bildete im zweiten den Hauptbestand. Aus den individuellen Menschen werden abstrakte, die sich den menschlichen Proportionen entziehen. Die Gedankenfülle ist unendlich gewachsen, aber der frische, sinnliche Ausdruck derselben versteckt sich in einer Poesie, die, am blumigen Calderon, am mystisch-sinnigen Orient genährt, nur durch dichte blumige Schleier wirken mag. Faust, der Mensch der ästhetischen Bildung, wird zum Ideal geführt, das kein anderes ist, als jenes der hellenischen Welt. Die Auflösung alles dessen, was Goethe in diesem zweiten Teil, wie er an Zelter schrieb (5, 77), hineingeheimnist hat, kann hier nicht erwartet werden; der Zusammenhang des Ganzen ergibt sich leicht. Faust und Mephistopheles erscheinen am Hofe des Kaisers gerade in dem Augenblick, als sich von allen Seiten Mangel fühlbar macht. Die bevorstehenden Fastnachtsfreuden werden aber, da Mephisto tröstlich zu helfen verheißt, nicht ausgesezt, und das Maskenfest selbst dient nun dazu, in allegorischer Darstellung auf den großen Schaß des undurchforschten Besizes hinzuweisen,

und der geistige und materielle Reichtum (Plutus-Faust), vom idealen Gebrauch (Lenker) geführt, wird, den Geiz (Mephisto) im Gefolge und troß ihm beglückend, zum großen Pan (dem Kaiser) geleitet, der sich, nach dem Maskenspiel, nicht recht in den plötzlich durch die Erfindung des Papiergeldes ins Reich strömenden Reichtum finden kann. Reich geworden, will er amüsiert sein. Er hat Paris und Helena zu sehen verlangt (die erste Ahnung des griechischen Ideals in Deutschland), und Faust, auf seines Genossen Macht bauend, hat sie zu zeigen verheißen, erfährt nun aber, daß er zu viel versprochen, da Mephisto keine Gewalt über die Heiden besitzt und ihm nicht anders helfen kann, als daß er ihm die Schlüssel gibt, um zu der Ewigkeit, zu den Müttern, den unfaßbaren Schöpferinnen des idealen Lebens, niederzusteigen. Faust geht nicht unter auf dieser Fahrt, wie Mephisto fürchtet, er bringt dem mit kecker Ironie geschilderten Hofe die beiden Gestalten des Altertums, wenn auch nur als täuschende Schattenbilder vor Augen, und während die lieben Zuschauer zu wizeln, zu äugeln, zu lüsteln, zu kritteln haben, reißt ihn der Anblick der großen Scheinbilder so leidenschaftlich hin, daß er wie nach lebenden Wesen nach ihnen greift, sie aber nicht zu fassen vermag und vor den Verschwindenden, wie einst vor dem Geiste, hinstürzt und von seinem Genossen bewußtlos in sein altes Studierzimmer zurückgetragen wird. Während er schläft, gehen äußerlich sichtbar die Bewegungen seines Innern, die hemmenden und fördernden Elemente seiner ästhetischen Bildung, der weltschaffende Dünkel der Philosophie, der vorleuchtende künstlich erschaffne Begriff des Ideals, vor uns vorüber. Und von diesem nach Leben strebenden, selbst nicht fertigen Jdealbegriff geführt, erwacht Faust aus seiner Bewußtlosigkeit auf klassischem Boden in der klassischen Walpurgisnacht'. Unter Ungestalten des klassischen Altertums werden Gegner der wissenschaftlichen Strebungen (Goethes), besonders die Vertreter der vulkanischen Idee der Erdbildung gegenüber der neptunistischen, die Thales (Goethe) vertritt, verkleinert dargestellt. Die antike Frazenwelt behagt dem an derberen, greifbareren Spuk gewöhnten Mephisto wenig, der dennoch auch hier sein

Spiel zu treiben weiß. Jener Buchbegriff des Jdeals (Homunculus) zerfließt leuchtend, als er das Ideal selbst in der auf dem Muschelwagen daher schiffenden Galathea erblickt. Faust aber, nur nach dem Ideal der Schönheit, nach Helena verlangend und suchend, wird von der Sibylle Manto in den Orkus gewiesen, eine Allegorie, die schwer aufzulösen sein möchte, da der Dichter die Erinnerung an Orpheus und den Wunsch eines besseren Geschicks nicht ausgeführt und nicht angenommen hat, daß Faust die Helena aus dem Orkus geholt habe. Sie kommt von selbst, Helena, das hellenische Schönheitsideal, rettet sich vor dem Gatten, der ihr, wie Phorkyas-Mephistopheles ihr enthüllt, den Tod bereitet, auf Fausts Burg; das Helenentum findet im deutschen Geist und Gemüt schüßende, liebevoll geschirmte Stätte; nur einen Moment bedroht die kriegerische Bewegung diesen Bund, aus dem ein zukunftsverheißender Sohn Euphorion (mit spätern Zügen Byrons) entsprießt, der sich aber in jugendlicher Unrast selbst zerstört. Auch Helena kehrt zurück und läßt Faust nur ihr Gewand, die schöne Form des Lebens, das der Rückbleibende in sich aufgenommen. Dieser Teil des Gedichtes war schon früh begonnen und im reinen tragischen Stil weit vorgeschritten, als er sich dem übrigen anschließen. sollte. Die Schwierigkeiten der Verbindung hielten Goethe Lange auf, und sie sind nicht überwunden, da das Bestreben, dies unabhängige Bild in das übrige einzupassen, eine Veränderung des Bildes selbst zur Folge gehabt und auf den ursprünglich zu einem Denkmal für Byron nicht angelegten Euphorion eine störende Wirkung geübt hat. Das AllegorischSymbolische, das nach dem Beginn des fast selbständigen Stückes rein und groß hervortreten konnte, geht in dem Hineingeheimnissen' unter. Der fortdauernde Gebrauch der Allegorie nimmt im vierten Akt eine veränderte Wendung; es werden nun geschichtliche Dinge allegorisiert und persifliert. Faust, dessen befriedigteres Wesen keinen Wunsch nach Verehrung der Menge, keinen Wunsch nach sardanapalischem Genießen hat, denn Genießen macht gemein, erkennt, daß die Erde noch Raum zu großen Thaten bietet, und fühlt Kraft zu kühnem Fleiße: er möchte die zwecklose Kraft un

bändiger Elemente besiegen, dem Meere den Strand abringen, um ihn fruchtbar zu machen. Mephistopheles rät, den Krieg, in den ihr alter Kaiser gerade verwickelt ist, zu benutzen, um dem Kaiser wider den Gegenkaiser als Retter zu erscheinen und sich dann mit dem Strande belehnen zu lassen. In dem Kriege selbst thun Faust durch Rat und Mephisto durch Zauberblendwerke das Beste, und die Schlacht wird gewonnen. Der Kaiser ordnet vier Erzämter und läßt durch den Erzbischof-Erzkanzler das Statut aufsehen, indem er die Erzämter mit unteilbaren Reichen belehnt, während der Erzbischof sich die Gegend, in welcher der Zauber gewirkt hat, um sie zu entfühnen, mit Bergen, Wäldern, Weiden, fischreichen Seen und zahllosen Bächlein überweisen und in unersättlicher Habgier auch in den Strecken, die dem Meere erst abgerungen werden sollen, Zehnten, Zins, Gaben und Gefälle versprechen läßt, so daß der Kaiser unwillig meint, er könne zunächst wohl das ganze Reich verschreiben. — Was Faust zu vollbringen gewünscht, hat er im fünften Akt zum Teil gethan. Ein Wandrer, einst an den Strand geworfen und von Phile mon und Baucis hilfbereit aufgenommen, kommt noch einmal zu dem friedlichen Lindenschatten und dem klingenden Glöcklein der Alten, um seinen Dank zu erneuen. Aber er kann den Strand nicht wieder erkennen, das Meer ist zurückgedrängt; Wiesen, Anger, Dorf, Garten und Wald zeigen sich dem Auge; wie die Vögel das Nest, kennen die befrachteten Schiffe den sicheren Hafen. Faust aber, im höchsten Alter in seinem Palast, empfindet mit leidenschaftlichem Unmut, daß jener kleine Besih der friedlich-freundlichen Alten, die keinen Tausch wollen, weil sie dem trügerischen Wasserreich nicht trauen, für ihn unerreichbar bleibt; der Schatten der Bäume mit weitem Blick von der Höhe reizt ihn; der Klang des Glöckchens ihrer Kapelle macht ihm Pein, weil er ihn an die Grenzen seiner Macht erinnert. Er ermüdet, gerecht zu sein. Mephisto faßt ein halbes Wort dienstbeflissen auf. Das Gütchen, die Bäume, das Kapellchen gehen in Rauch auf; die Alten tötet der Schrecken, der wandernde Gast wird dahin gestreckt. Das hat Faust nicht gewollt; aber die That ist gethan. Es neigt zum Ende. Der Mangel, die Schuld,

die Not, die Sorge nahen der verschlossenen Thür des PaLastes. Jene drei können nicht hinein, da auch die Schuld vor dem Reichen zunicht zu werden bekennt. Im Abziehen sehen sie fern den kommenden Bruder, den Tod. Nur die Sorge hat durch das Schlüsselloch den Weg gefunden. Auch sie vermag nichts über Faust. Sein durchstürmtes Leben zieht noch einmal an ihm vorüber; er hat nur begehrt, vollbracht, und abermals begehrt. Den Erdenkreis fennt er, der Blick ins Drüben ist ihm verschlossen, und er nennt es thöricht, hinüberzublinzen und sich über Wolken seinesgleichen zu dichten, da man sich hier feststehend umzusehen habe und die Welt dem Tüchtigen nicht stumm sei. Im Weiterschreiten liege Lust und Qual, wenn auch keines Augenblicks Befriedigung. Die Sorge muß zwar weichen, aber der Anhauch der scheidenden macht ihn blind. In seiner Nacht ruft er seine Leute zu neuer symbolischer Arbeit auf, noch ein Sumpf am Gebirge soll trocken gelegt werden, um Millionen einen thätigfreien, wenn auch keinen sichern Wohnplak zu bieten. Er hört Spaten klingen und meint, es seien die seiner frönenden Menge; aber es sind die Lemuren, die sein Grab graben. Im schauenden Blick zeigt sich ihm das Gewollte wie vollendet: ein wimmelndes Volk, von Gefahr umrungen, das Leben und Freiheit täglich erobern muß und sie beide dadurch verdient. Wenn er sich mit freiem Volke auf freiem Grunde könnte stehen sehen, dann dürfte er zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön! Im Vorgefühl von solchem hohen Glück füllt ihn jest der Genuß des höchsten Augenblicks. Es ist sein letztes Wort; er sinkt zurück; die Lemuren fassen ihn auf und legen ihn ins Grab. Mephisto triumphiert. Um seiner Beute sicher zu werden, beruft er das höllische Heer, das aber die Engel, Rosen streuend, drängen. Die schönen Gestalten, die appetitlichen Wetterbuben, beschäftigen Mephistos Phantasie. Als er aus diesem Rausche zu sich selbst zurückkehrt, erkennt er, daß er zu früh triumphiert hat. Die Himmlischen haben Fausts Unsterbliches entführt. Hymnen der Büßenden, unter denen Gretchen ihn in erster Jugendkraft aus ätherischem Gewande hervor treten sieht, bilden den feierlich ausklingenden Schlußton.

ver

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