ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

,,

lautet: die Minoritäten seien immer der Unduldsamkeit der Majoritäten ausgesetzt! Wie, sind wir denn Politiker? Was hat das Judentum mit Politik zu schaffen? Und wissen diese gebildeten Kreise nichts davon, daß die welterlösenden Ideen stets von Minoritäten, von einzelnen großen Persönlichkeiten, ausgingen, und daß sie schließlich, wenn sie auch vorher Märtyrer gefordert hatten, die Welt bezwangen? Und welchen erlösenden Gedanken haben. wir seit zweitausend Jahren in die Welt zu setzen vermocht? Und wenn wir der Welt nichts mehr zu sagen haben, wozu sind wir noch? Welche Berechtigung dürfen wir für unsere Existenz geltend machen? „Wir wollen Juden bleiben, weil unsere Vorfahren es waren!" Denkende Menschen jedoch bleiben dort nicht stehen, wohin sie der Zufall der Geburt gestellt, wenn sie nicht durch eine lebendige Idee daselbst festgehalten werden, die dann aber auch nach Expansion ringt und missionierend auftritt. - „Aber", so höre ich in diesen Kreisen immer wieder ausrufen, wir sind nicht schlechter als die anderen!" Sicherlich nicht, wir sind ja das Produkt ihrer Erziehung. Allein wenn wir nicht besser, wenn unsere Religion nicht die zwingende Macht hat, uns edler, ethischer, selbstloser zu machen, daß wir durch unser Beispiel den anderen voranleuchten und uns ihre Anerkennung erzwingen; wo ist die Berechtigung für unseren Fortbestand, wo die erhebende Idee, die uns über die Trostlosigkeit, als Minorität den Stein des ewigen Anlaufens zu bilden, hinwegzutrösten vermöchte? Etwa die fragwürdige Genugtuung, daß wir nicht schlechter als die anderen sind? Wie sagt doch Jesus in der Bergpredigt? „Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen; betet für die, so euch verfolgen; auf daß ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. -Denn so ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? Und so ihr euch nur zu euren Brüdern freundlich tut; was tut ihr sonderliches? Tun nicht die Zöllner auch also? Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist."

So spricht ein Jude, der der Welt eine erlösende Botschaft zu bringen hat, für die er jeden Augenblick sein Leben zu lassen bereit ist. Dieser Geist und diese Sprache aber sind uns abhanden gekommen, seitdem wir durch den den Gesichtskreis verengenden Pharisäismus, der bei uns nach den Makkbäersiegen zur Herrschaft gelangte, unserer ureigensten Mission entfremdet worden. Seither

[ocr errors]

leben wir ohne eine solche, und darum wird das Judentum, das der Welt nichts mehr zu bieten hat, von dieser als eine tote Masse empfunden und bildet ihr einen Stein des ewigen Anlaufens, und wird es ihr so lange sein, als es sich nicht wiederfindet, als es nicht dort wieder anknüpft, wo ihm durch den Pharisäismus der Faden der Überlieferung durchschnitten wurde: an die Propheten, an die kanonische Weisheitsliteratur, an die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments und an das Evangelium Jesu, und als es nicht die Fahne des Messianismus im Sinne des echten Judentums und im Geiste der neuen Zeit wieder aufrollt. Unter diesem Zeichen haben wir einmal gesiegt und unter diesem Zeichen können wir wieder aufleben. Bringen wir aber diese Kraft nicht mehr auf, ersteht nicht abermals ein Messias in unserer Mitte, der uns erlöst und der Welt die erwartete Botschaft bringt, die unsere hochentwickelte Kultur in die Sphäre göttlicher Offenbarung emporhebt, sie in den durchsichtigen, aus Morgenduft und Sonnenklarheit gewebten Schleier der keuschen Wahrheit hüllend; dann erwartet uns ein weiteres Siechtum, das so lange währen wird, bis dem Christentum ein anderer, mächtigerer Luther geboren wird, der die Kirche von heute an Haupt und Gliedern reformiert, unmittelbar an den Geist des Evangeliums Jesu anknüpft, den Stein unseres Anlaufens, den die heidnische Philosophie in sie eingeführt, entfernt und uns den Eintritt freimacht. Dann endlich werden wir in die langersehnte Ruhe eingehen. Es wird dies aber nicht eine heldenmütig und ruhmvoll erkämpfte Ruhe sein, sondern ein Gnadengeschenk, das uns die Welt entgegenbringen wird, zum Lohne dafür, daß wir ihr einst den ewig wiederkehrenden Messias geboren haben.

Wie aber, so höre ich den einen und anderen meiner Glaubensgenossen erstaunt ausrufen, das Evangelium Jesu, das die Vorstellung von der Einheit Gottes, das Alpha und Omega unseres Glaubensbekenntnisses, zerstört, um dessentwillen tausende und abertausende unserer Vorfahren den Märtyrertod erlitten, das Evangelium Jesu, das Konzessionen an den Polytheismus macht, es sollte der Ausfluß echt jüdischen Geistes sein!

Wo aber in aller Welt findet sich im Evangelium Jesu der Monotheismus auch nur im geringsten getrübt? Im ganzen Neuen Testament wird er vielmehr mit den ureigensten Worten der Propheten in allen Tonarten verherrlicht. Man wird doch nicht

das Trinitätsdogma der späteren Kirche als eine Schöpfung Jesu antizipieren wollen!

Aber Jesus nennt sich selbst einen Sohn Gottes, setzt sich auf den Thron der Herrlichkeit Gottes und wird Teilhaber seines Geistes. und sogar seiner Macht. Das ist alles richtig und klingt gotteslästerlich dem pharisäischen Ohr; ist jedoch Geist vom Geiste des. vom Hellenismus genährten Diasporajudentums, welches in seiner philosophisch geläuterten Anschauung von der Erhabenheit und Überweltlichkeit Gottes diesen nicht vermenschlichen, ihn nicht mit. der Körperwelt in Berührung kommen lassen wollte, und daher von oben nach unten Mittelkräfte wirken, und von unten nach oben den Menschen durch Überwindung der Welt zu Gott sich emporläutern ließ.

Und doch klingt es selbst dem pharisäischen Ohr nicht gotteslästerlich, wenn Moses und die Propheten die Kindschaft Israels scharf betonen, wenn sie Israel den erstgeborenen Sohn Gottes nennen, wenn der Psalmist den Gesalbten sich rühmen läßt: „Gott sprach zu mir, du bist mein Sohn, ich habe heute dich gezeugt, heische von mir, so will ich Nationen dir zum Erbe geben. und die Enden der Welt zum Eigentum." Auch der Pharisäer wird es nicht als Gotteslästerung empfinden, wenn er im Buche der Weisheit liest, daß der Fromme sich des Besitzes der göttlichen Gnosis und der Kindschaft Gottes rühmt.') Er wird sich auch darüber nicht entrüsten, daß die Henochapokalypse den Namen des Messias noch ehe die Sonne und die Zeichen geschaffen, ehe die Sterne des Himmels gemacht waren, vor dem Herrn der Geister genannt werden, den Messias auf dem Thron der Herrlichkeit Gottes sitzen, alle Welt ihn anbeten und ihn in Gemeinschaft mit den ihm nachstrebenden Auserwählten auf der neu gewordenen. Erde unter dem zum ewigen Segen und Lichte umgestalteten Himmel alle Zeiten hindurch wohnen läßt. Denn ähnliche Vorstellungen wie die von der Vorweltlichkeit des Namens des Messias und seiner Erhöhung hat, wie die talmudische und midraschische Literatur bezeugt, auch der Pharisäismus zu den seinigen gemacht, bezwungen von der suggestiven Macht des von den Apokalyptikern gepflanzten Volksglaubens. Und diese Vorstellungen beherrschten selbst im

1) Sap. Sal. 2,13: ἐπαγγέλλεται γνῶσιν ἔχειν θεοῦ καὶ παῖδα κυρίου ἑαυτὸν

ὀνομάζει.

pharisäischen Lager die Gemüter dermaßen, daß ein Gesetzeslehrer von der Bedeutung des R. Akiba dem Messias einen Thron im Himmel neben dem Thron Gottes zum Sitz anwies. Die Tatsache allein, daß ein so epochaler pharisäischer Gesetzeslehrer den Messias in die Sphäre Gottes versetzen und diese Anschauung offen vertreten durfte, beweist zur Genüge, wiesehr selbst in den obersten Kreisen der pharisäischen Schriftgelehrten die apokalyptischen Vorstellungen von dem Messias, die auch die neutestamentlichen geworden, sich den Boden erobert hatten.

Also bisher erregte es keinerlei Anstoß, wenn der Fromme als Sohn Gottes, der Messias als der noch vor der Weltschöpfung von Gott zum Teilhaber seines Throns eingesetzte, zur Erlösung des Menschengeschlechts berufene Mittler aufgefaßt wurde. Wenn aber die Evangelien Jesum mit den Worten des Psalmisten sich einen Sohn Gottes nennen und sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen lassen, dann ist es eine tötliche, den Monotheismus untergrabende Gotteslästerung und bleibt es für alle Ewigkeit. Woher miteins diese nervöse Empfindlichkeit? Sie rührt daher, daß die Nachwelt in ehrfurchtsvoller Begeisterung für das Lebenswerk Jesu und in unbegrenzter Dankbarkeit für die ihr durch ihn gewordene Erlösung alle diese Bilder buchstäblich genommen und den Messias Jesus zu einer göttlichen Potenz erhoben hat.

[ocr errors]

Die Vergöttlichung des Menschen lag eben im Geiste der Zeit. Das Judentum des alten Bundes und der Pharisäismus lassen Gott auf die Erde zu den Menschen herniedersteigen, das griechische und apokalyptische Judentum mit feinerem philosophischen Empfinden den Menschen zu Gott sich erheben. Nicht minder als Jesus im Neuen Testament wird Moses bei Philo vergöttlicht, wird er zum Lohne dafür, daß er seinem Volke durch Überwindung des Fleisches das Himmelslicht gebracht, zum Teilhaber des göttlichen Geistes und der göttlichen Herrschaft, zum Beherrscher der ganzen Natur gemacht. Und selbst der Logos des Evangelisten Johannes ist eine Schöpfung des jüdischen, allerdings jüdisch-hellenistischen Geistes, ein notwendiger Behelf, um eine Verbindung zwischen dem transzendenten über dem Stofflichen in absoluter Einheit thronenden Gott und der Welt, eine Vermittlung zwischen ihm und dem. Menschen herzustellen. Der Logos ist der Wegweiser für den Menschen, sich zu Gott zu erheben. Schon bei Pseudosalomo ist er Gottmensch, er berührt mit dem Scheitel den Himmel und Friedländer, Religiöse Bewegungen.

b

schreitet auf der Erde einher, Gottes bestimmte Botschaft verkündend. Bei Philo ist der Priester-Logos der Mittler zwischen dem Schöpfer und der Kreatur und gibt sich diesem heiligen Amte mit unendlicher Liebe hin. Er zieht in fromme Seelen ein und verwehrt, solange er in ihnen wohnt, der Sünde den Zutritt. Wir müssen, sagt Philo, zu Gott beten, daß er, der große Wegweiser, der Richter und Hohepriester in einer Person ist und unsere Seele zum Sitz des Gerichtes erhalten hat, auf immer in dieselbe einziehe. Er ist der wahrhaft große Hohepriester dieser Welt, der die Macht erhielt, die ewigen Gnadengaben zu erteilen. Wenn aber ein Mensch nicht würdig ist, Gottes Sohn genannt zu werden, so bestrebe er sich wenigstens von dessen Ebenbilde, dem erstgeborenen Logos, den Namen zu führen, der da ist der „Mensch nach dem Ebenbilde", der „sehende Israel". Er ist der reine vollkommene Sohn Gottes, der die Sündenvergebung und die Verleihung der reichsten Wohltaten erwirken kann: alle Gnade verleiht Gott auf die Fürbitte seines Logos.')

Die Logosvorstellung will, weit entfernt, eine Profanierung Gottes, eine Trübung des monotheistischen Gedankens zu sein, vielmehr einen schützenden Damm gegen jede Störung desselben aufführen. Und diese Vorstellung ist von dem jüdisch-hellenistischen Verfasser des vierten Evangeliums auf christlichen Boden verpflanzt worden, um sie in origineller, aber bereits weithin verstandener Weise mit dem Messias Jesus in Verbindung und seine Bedeutung für die Welt dem Bewußtsein der griechisch gebildeten Kreise näher zu bringen.

Zweifellos, der Messias mußte alles in sich befassen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Himmlisches und Irdisches, mußte alle jemals im Volke von ihm gehegten Erwartungen, alle über ihn in Umlauf befindlichen Weissagungen erfüllen, alle da und dort inbezug auf das Wesen des erwarteten Erlösers verbreitete Vorstellungen verkörpern; daher denn auch das unausgesetzte Streben der Evangelisten, jede Lebensäußerung und jedes Leiden Jesu als Erfüllung alttestamentlicher Weissagungen hinzustellen, daher die Botschaft des vierten Evangelisten, welche verkündet, daß der den Gebildeten geläufige Logos in der Person Jesu erschienen sei. Eine Trübung des Monotheismus ist hier nirgends beabsichtigt.

1) cf. M. Friedländer, Griech. Philosophie im Alten Test. 195 sqq.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »