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Wenn der Messianismus aber in der Folge eine Vergröberung erfahren hat, so teilte er eben das Los aller, allmählich in die Massen dringenden erhabenen und welterlösenden Ideen; das wirft aber nicht den leisesten Schatten zurück auf Jesus selbst, der die geistige Wiedergeburt des Judentums anstrebte und mit seinem Blute dieses Streben besiegelte, dem kein anderer in dem Maße, wie wir, nach schweren inneren Kämpfen von den Fesseln des Pharisäismus befreiten, von dem krassen Materialismus der Zeit nicht angefressenen modernen Juden nachzufühlen vermag. Denn er war unser, und sein Evangelium ist unser! Es kommt geraden Wegs von dem Mosaismus der Propheten her, der auf seinen langen und weiten Wanderungen durch die griechische Kulturwelt, bestrahlt vom Lichte derselben, verjüngt und zu neuem Leben erweckt wurde.

Der Mosaismus war schon von Anbeginn darauf angelegt, hinaus in die Weite zu wirken, seine Träger sollten ein Reich von Priestern, ein heiliges Volk sein und durch ihr Beispiel den übrigen Völkern voranleuchten. Denn das" so heißt es im Deuteronomium ,,ist eure Weisheit und die Erleuchtung in den Augen der Völker, welche, wenn sie alle diese Satzungen vernehmen, sagen werden: wahrlich ein weises und erleuchtetes Volk ist dieses. Denn wo gibt es ein großes Volk, dem Götter so nahe wären, wie der Ewige unser Gott überall, wo wir ihn anrufen? Und wo gibt es ein großes Volk, das im Besitz solcher gerechten Gesetze und Verordnungen, wie sie die ganze Lehre enthält, die ich euch heute gegeben“?1)

Diesen Weg ist nach dem Vorbilde der Propheten und der Weisheitslehrer der jüdische Hellenismus gewandelt. Er hat, in die Kulturwelt eintretend, die Bibel zum Gemeingut der gebildeten Welt zu machen sich bemüht, ein Unterfangen, welches das pharisäische Judentum in große Erregung versetzte, so daß es den Tag, an welchem die griechische Bibel das Licht der Welt erblickte, zu einem Fasttag machte und ihn jenem gleichachtete, an welchem Israel in der Wüste das goldene Kalb anfertigte. Das Licht sollte eben ewig unter dem Scheffel bleiben. - Den in die unbegrenzten Fernen hinausstrebenden Mosaismus hat der Pharisäismus in seinem unverständigen Eifer für Gott in Fessel geschlagen, indem er ihn vermittelst Gesetzesketten an die enge Scholle band und ihn vor der Welt vergrub. Jesus aber setzte seine ganze Lebensaufgabe

1) Deut. 4,5-8.

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darein, ihn wieder frei zu machen, damit er der Welt zum Segen werde. Schon im Beginn seines Kampfes mit den Schriftgelehrten und Pharisäern ruft er seinen Anhängern zu: „Ihr seid das Licht der Welt. Es mag eine Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es dann allen, die im Hause sind. Also laßt euer Licht leuchten, daß sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen." Er vergleicht in vortrefflichem Bilde den Pharisäismus mit dem faulen Knecht, dem sein Herr, als er über Land ging, einen Teil seines Vermögens zur Aufbewahrung übergab, der aber das ihm anvertraute Gut aus Furcht, es möchte Schaden nehmen, in die Erde vergrub, anstatt es zu nützen, und es dem Herrn bei seiner Rückkehr unverkürzt, aber auch unverwertet wieder zurückstellte. Dieser aber fuhr ihn an: „Du Schalk und fauler Knecht! Du solltest mein Pfund zu den Wechslern getan haben, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine zu mir genommen mit Wucher. Darum nehmt von ihm den Zentner und gebts dem, der zehn Zentner mit dem ihm zur Aufbewahrung gegebenen Pfund erworben hat. Denn wer da hat, dem wird gegeben, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, das er hat, genommen werden. Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus."

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Und das Himmelreich, von dem der Täufer und das Evangelium Jesu predigen, daß es nahe herbeigekommen, die Entdeckung, daß es nicht äußerlich, sondern inwendig im Menschen, finden wir es nicht bei Moses deutlich vorgezeichnet? „Die Botschaft, die ich euch bringe", sagt Moses, ist nicht zu wunderbar für euch und und liegt nicht fern. Sie ist nicht im Himmel, daß du sagen könntest, wer steigt uns hinauf in den Himmel, daß er sie holte, damit wir sie vernehmen und verwirklichen. Sie ist auch nicht jenseits des Meeres, daß du sagen könntest, wer zöge für uns übers Meer, daß er sie uns brächte, damit wir sie vernehmen und verwirklichen: sondern sie ist sehr nahe, in deinem Munde und in deinem Herzen, daß du sie verwirklichst".")

Diese Spuren, die zum Himmelreich in uns führen, hat der Pharisäismus durch ein endloses Anhäufen äußerlicher Satzungen,

1) Deut. 30,10-15.

die des Menschen ganzes Denken und Tun in Anspruch nehmen, verwischt, Jesus aber wieder blosgelegt. Den Pharisäern, die ihn. fragten, wann das Himmelreich kommen werde, antwortete er: „Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Geberden; man wird nicht sagen: Siehe, hie oder da ist es. Denn seht, das Reich Gottes ist inwendig in euch!"

Die Botschaft Jesu vom Reiche Gottes ist im unverfälscht jüdischen Geiste gehalten, nur daß sie sich nach dem Beispiel der Weisheitslehrer und der Apokalyptiker nicht mehr an die Nation, sondern an das Individuum wendet, das, als die Zeit der Erfüllung entgegensah, das Recht, das mit ihm geboren ward, forderte, da in ihm „die Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen“ erwacht war. Es forderte gebieterisch die Umdeutung des Mosaismus im neuen Geiste, und so wurde das Gesetz geistig, völlig befreit von der Herrschaft des Buchstabens, welcher tötet.

Die hier nur obenhin angedeuteten Wege, auf welchen der Mosaismus nach langem und schwerem Ringen der ihn umklammernden Fessel des Buchstabens sich entwand und zur Weltreligion sich emporschwang, eingehend zu verfolgen und die Faktoren, die auf diesen vielverschlungenen Pfaden mitwirkten, daß die Zeit erfüllt werde, aus dem Dunkel der Vergessenheit ans Tageslicht zu bringen, ist dis Aufgabe dieses Buches.

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Für unsere Rabbiner und Seminartheologen heute die ausschließlichen Siegelbewahrer unserer Religionswissenchaft, zu der sie aber nicht das geringste seelische Verhältnis haben, und die uns glauben machen möchten, daß alle Schätze religiöser ewiger Werte im Talmud gelegen seien ist dies Buch nicht geschrieben. Diese eines besseren belehren zu wollen, wäre ein vergeblich Mühen. Denn bekanntlich ist niemand mehr blind, als wer nicht sehen will. Man braucht nur ihre allerjüngsten, „das Wesen des Judentums" darstellenden Schriften einzusehen, um zu erfahren, wie weit die Verblendung dieser unserer „Seelsorger" geht, wie wenig sie gelernt und wie noch weniger sie vergessen haben. Mit diesem literarischen Plebejertum sich auseinandersetzen zu wollen, wäre ein törichtes Beginnen. An seinem pseudopharisäischen Stumpfsinn scheitert alle Logik. Seine Hauptwaffen sind: Totschweigen und, wo dies nicht mehr angeht, Verketzern. Unvermögend, den Gegner zu widerlegen, da es ihnen an Wissen und Begriffen fehlt, werfen sie ihm mit ebenso wohlfeilem als lächerlichem Mannesmut" Ketzernamen an den Kopf, wie:

Sadduzäer, Karäer, Acher! Und ihr ausschließliches Trachten geht dahin, ihn in den Kreisen ihrer gedankenlosen Anhänger unschädlich zu machen und seine wissenschaftlichen Darbietungen zu verdächtigen. Über diese unaustilgbaren blinden Blindenführer! Diese petrifizierten zweitausendjährigen Mumien glauben, wenn sie einen kümmerlichen modernen Laken auf das alte, an allen Enden und Ecken rissig und schlissig gewordene pharisäische Kleid geflickt haben, modern erscheinen zu können! Allein ihre beispiellose Rückständigkeit vermag keine Kulturschminke der Welt zu übertünchen.

Sie ist aber auch begreiflich, diese Rückständigkeit unserer modernen Pharisäer. Ist doch ihr Bildungsgang ein ganz verkehrter. Sie fangen in ihren Schulen mit dem Talmud an, werden in seine Gedankengänge eingesponnen und kommen von ihnen nicht mehr los, selbst wenn sie sich später mit anderen Wissenschaften zu befassen anfangen. Sie bleiben doch immer auswendiggelernte Kulturmenschen. Nur ausnahmsweise vermag sich unter Tausenden Einer aus eigener Kraft zur Höhe des freien Forschens emporzuschwingen und alle Vorurteile, die ein enger und engster Partikularismus in ihn gepflanzt, gründlich abzutun. Daher denn auch ihre Wissenschaft eine so sterile, öde, über die Buchstabengelehrsamkeit nicht hinauskommende.

Den entgegengesetzten Weg schlug die jüdisch-hellenistische Schule ein und erklomm denn auch den Gipfel des Universalismus. Sie pflegte zuerst und mit vieler Gründlichkeit die allgemeinen Wissenschaften, räumte der weltlichen Philosophie den weitesten Spielraum ein und ging, so vorbereitet uud ausgerüstet, zur göttlichen Philosophie: zur Religionswissenschaft, über. So kam es, daß sie den Mosaismus von den Umarmungen eines engen Nationalismus und Zeremonialismus befreite und ihn zu den Höhen des Universalismus emporhob. - Philo kann nicht eindringlich genug mahnen, daß man, bevor man in das Heiligtum der Religionswissenschaft eintrete, sich vorerst gründlich mit der weltlichen Philosophie befasse, welche die Vorstufe und die Vorbereitung für die göttliche bilde. Nur auf diese Weise könne man in das Innere der Gotteslehre gelangen. Dieses liest er mit seiner Schule aus der Schrift heraus: Hagar, die Dienerin der Sarah, bedeutet ihm die weltliche, Sarah, die Herrin, die göttliche Philosophie. Wolle man zur Herrin gelangen, so müsse man

sich zuerst bei der Dienerin niederlassen, müsse mit ihr intimen Umgang pflegen und bei ihr seine schöpferische Kraft erproben; dann erst könne man zur Herrin, unaufhaltsam zur höchsten Vollkommenheit, zur wahren Religion die in Sarah, der vollkommenen gelangen. So sei auch Abraham im Wege der weltlichen Bildung zur himmlischen vorgedrungen und der Auserwählte Gottes geworden.')

Tugend, verkörpert

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Faßt man nun das hohe Ziel ins Auge, das der jüdische Hellenismus zu erreichen strebte, dann verzeiht man ihm gern die Gewalttätigkeiten, die er auf dem Wege zur Erreichung dieses Ziels an dem biblischen Schrifttum verübte. Galt es doch die Erstürmung des Gottesreichs, und da mußte dieses Gewalt leiden: denn „die Gewalt tun, dringen hinein".

Also nicht für die Rabbiner, für gebildete Laien, die einen ähnlichen Bildungsgang, wie ehemals die griechischen Juden, genommen und die sich über ihre Religion unterrichten wollen, habe ich dieses Buch geschrieben. Um ihretwillen habe ich mich bemüht, so einfach und durchsichtig, als es nur immer der vielfach spröde Stoff gestattet, meinen Gegenstand zu behandeln und ihnen das erforderliche Quellenmaterial in möglichst erschöpfendem Maße vorzuführen, damit sie in die Lage versetzt werden, sich selber, unababhängig von den Theologen, ein Urteil bilden zu können. Sie müssen jedoch möglichst voraussetzungslos an diese Quellen herantreten und jede Erinnerung an pharisäische Schriftauslegung und Weltanschauung draußen lassen, wenn sie zur Erkenntnis des wahren Wesens des Judentums gelangen wollen.

Ich weiß, man wird gegen mich u. a. auch den Vorwurf erheben, daß ich zuviel naiven Glauben den Überlieferungen entgegenbringe und daher unkritisch vorgehe. Das wird mich jedoch in meinem Vertrauen zu den in diesen Buche herangezogenen Quellen, die mir das richtige Verständnis für jene merkwürdige Zeit und für die an ihrem Webstuhl sitzenden und der Gottheit lebendiges Kleid wirkenden Persönlichkeiten erschlossen, nicht zu erschüttern vermögen. Wer dieses Schrifttum mit offenen Augen ansieht, sich in dasselbe vertieft, die einzelnen Teile desselben nicht besonders, jeden für sich, sondern im Zusammenhang behandelt und das geistige Band aufzusuchen sich bemüht, der wird, gleich

1) cf. Leg. alleg. I, 135. De Cherub. I, 139. De sacrif. Ab. C. I, 170 u. a. St.

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