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erfunden werden kann, so daß er auch wider kein einziges Gebot fündige. Zugleich aber kündigt es Denen, die Buße thun, von seinem Geiste, Demuth und Hingebung sich erfüllen lassen, Gottes Gnade an und ist so eine fröhliche Botschaft. Indem es aber die Sünden der Menschen offenbart, weckt es häufig ihren Zorn und wird dadurch Ursache des Verderbens. Es deutet auf Unwillen und Widerspruch hin, den er gegen sich erregte, und enthält eine kräftige Ermuthigung, wenn er da sagt:,, Wer aber sollte sich wundern, daß die Gnade zum Unwillen reizt, daß das Heil zum Verderben, was so ganz und gar gut ist, eine Ursach des Bösen wird? Auch die Sonne, wenn sie aufgehet, ist den Augen der Nachteulen unerträglich, und der Wein tödtet die Fieberkranken."

Ebenso in der Adventzeit. Das Evangelium ist des Gesetzes geistliches Verständniß, führt den Menschen zur vollkommensten Kenntniß der Sünde und seiner selbst, zeigt die Nothwendigkeit der Gnade, und dieser ist schon ganz nahe, wer solche Einsicht hat. Das Gesetz des Buchstabens blähet auf, z. B. das: du sollst nicht ehebrechen. Wer die Sünde nicht begeht, hält sich für rein, aber das Evangelium zerstört dies falsche Vertrauen durch sein geistliches, schon die böse Lust als Sünde bezeichnendes Verständniß: wer ein Weib ansiehet ihr zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen. Darauf wird dann gedrungen, das göttliche Gebot durch den evangelischen Sinn wieder zu beleben und so die Sichern zu erwecken. Das Evangelium war ursprünglich gegen die Pharisäer, Priester und Leviten gerichtet, deren Geschlecht das göttliche Gesch bis auf diesen Tag verkehrt durch seine schlaffe Lehre, die es für genügend ausgiebt, wenn der Mensch nur im neuesten Lebens-Augenblicke in der Neigung zum Vollkommnen erfunden werde. Indem das Evangelium das Gesetz erklärt, schlägt es nieder, da Jeder inne wird, daß er es nicht erfüllen kann. Es ist eine frohe tröstliche Botschaft, indem es ankündigt, daß Christus das Gefeß erfüllt habe, daß nun nicht mehr nöthig sei, es durch eignen Gehorsam zu erfüllen, sondern nur Dem, der es für uns erfüllte, im Glauben anzuhangen und seinem Vorbilde ähnlich zu werden. beugt durch seine Erklärung des Gesetzes den Menschen zur Demuth nieder, damit es das betrübte Herz durch die Verkündigung

der Gnade erhöhe. Dieser Gnade jedoch ist Niemand mehr entgegen, als Diejenigen, die sich einbilden, im Buchstaben des Gesezes eine Gerechtigkeit zu haben, das Gesetz zu erfüllen meinen.

War dies nun gleicherweise gegen die mißleitete Volksansicht und die falschen Leiter gerichtet, so faßt er noch insbesondre die Häupter, von denen das Verderben ausging, scharf ins Auge. Am Martinstage redet er über Lucä Kap. 11. V. 34,,Das Auge ist des Leibes Licht." Er versteht das erstre,figürlich“ von dem Auge eines Regierenden, Lehrenden, und kommt dann sogleich darauf, der Herr wolle uns demnach abziehen von den falschen Lehrern, damit wir den Betrügereien nicht leichtlich glauben, daß nicht ein Blinder den andern leite.“ Das Auge ist der Lehrer, der Bischof, und ein helles war der h. Martin. Ist der Prälat blind, so wird auch das Volk blind geführt; sieht er, so fieht auch das Volk; in ihm besteht die ganze Kraft. Vor Allem ist also zu sorgen, daß ein guter Bischof unterm Volk sei, besonders ein Prediger, denn das ist das Amt eines Bischofs, daß er predige. Jezt aber wird nichts so leicht geachtet wie das Predigtamt, wenig wird für dasselbe gesorgt; hin und wieder wird es auch geringschäßt. Ein echter und treuer Prediger sein ist aber eine große Sache, u. s. f.

Erinnern diese Aeußerungen an seine hohe Auffassung des Predigtamts, wie es nichts geringes sei an Gottes statt dazustehen und den Leuten das Evangelium zu verkünden, so dient zur Erläuterung des Obigen eine seiner Aeußerungen in den Tischreden.,,Daß ich mit meiner Lehre, in der Erste, so hart wider das Gesetz geredt und geschrieben habe, ist darum geschehen; denn die christliche Kirche war ganz und gar überschüttet und beschwert mit mancherlei Superstitionen und Aberglauben, und Christus war ganz und ganz verfinstert und begraben. Von solcher Stockmeisterei der Gewissen wollte ich fromme gottesfürchtige Herzen durchs Wort des Evangelii erlösen und frei machen. Aber das Gesetz hab ich niemals verworfen. Es war eine lautere Stockmeisterei und Marter der Gewissen: im Beten, da war nur ein Geplapper und Gewäsch von vielen Worten; kein Gebet, sondern nur ein Werk des Gehorsams. Denn der Papst hat dreierlei Art zu beten geboten: Die erste, materialis, als, wenn man nur die Wort erzählet und spricht, die man doch nicht verstehet, wie

die Nonnen den Psalter beten. Die andere, formalis, wenn einer auf den Verstand, was sie in sich haben, Achtung gibt. Die dritte ist affectualis, nämlich die Andacht und geistliche Meinung, da es aus dem Geist daher gehet. Diese dritte achteten sie wenig, drangen auch nicht darauf, sondern nur allein, daß man die Worte daher erzählete, und spräche ohne Verstand." Mehr und mehr beginnt er von jenem Standpunkte aus die verschiedenen ,,Superstitionen" zu bestreiten, wie dies die nachfolgenden Predigten zeigen werden. Ueber sein Absehen dabei und den Gang, den er befolgte, gibt eine Stelle seiner Schrift: Von beider Ge= stalt des Sakraments zu nehmen und anderer Neuerung (1522) einen erwünschten Aufschluß.,,Ich hab also gelehret, daß meine Lehre am ersten und meisten auf Erkenntniß Christi, das ist, zu rechtem lautern Glauben, wahrhaftiger Liebe, reizet, dadurch zu der Freiheit und alles äußerlichen Wesens, es sei Essen, Trinken, Kleider, Beten, Fasten, Klöster, Sakrament, und wie es heißen mag, daß solche Freiheit eigentlich nur Die haben und seliglich brauchen, die da gläuben und lieben, das ist, die da rechte Christen sind: denselben kann und soll man kein Menschengeset legen, halten, noch leiden, das ihr Gewissen fange. Man muß je zuvor die Leut haben, die solche Freiheit haben sollen, daß der Most in neue Fasse gefasset und behalten werde1)."

Gnade und Werke.

Eine Predigt am Neujahrstage 1517 handelt nach Anleitung des Fest-Evangeliums von Christi Beschneidung und Gerechtigkeit des Glaubens. Sie zeigt, wie er jezt die Begriffe Gnade und Rechtfertigung auffaßte, noch immer beherrscht vom scholastischen Einflusse. Er wirft die Frage auf, warum sich Christus dem jüdischen Gesetze der Beschneidung unterworfen habe, da er doch kein Schuldner des Gesetzes gewesen? Er diente da= durch, lautet die Antwort, Gott und uns, und so dienen auch wir durch gute Werke Gott und dem Nächsten. Uns freilich bringen sie keine Gerechtigkeit, denn nur die Gnade kann uns gerecht machen, die jedoch durch die Ordnung guter Werke ge=

1) Balch XXII, 681. Plochm. XXVIII, 313..

sucht werden muß. Wir müssen erst gerecht sein, ehe wir Gutes thun können, denn darum werden wir ja gelehrt, daß wir uns erst durch Buße und Reue zubereiten, reinigen, zu guten Werken tüchtig machen sollen, damit wir vor Gott erst Gerechte sein, ehe wir Gutes thun können, und diese unsre Reinigung und Zubereitung ist ein Werk Gottes, eine Rechtfertigung, eine Mittheilung seiner Gnade, wozu wir aus eignen Kräften nichts thun können: doch können wir uns zur Gnade einigermaßen durch die Werke zubereiten, sie aber nicht dadurch erlangen.

Ein klägliches Elend nennt er es sodann, daß die Predigten fast von nichts als von den guten Sitten und Werken handelten, wogegen vom Glauben und der innern Glaubensgerechtigkeit wenig oder nichts gepredigt werde, aus welcher doch allein die guten Sitten und Werke flöffen. „Sie predigen den Leuten nur Hochmuth und falsches Vertrauen ein!"

Nun fehlte es aber nicht an Solchen, die die Lehre von der Gnade misverstanden: sie hätten die Gnade und brauchten daher keine Werke zu thun. Ihnen sett er entgegen: sie haben die Werke einmal zur Ursache ihrer Gerechtigkeit gemacht, und weil sie sich der Wirkung theilhaftig glauben, wollen sie sich nicht mehr um die Ursache bekümmern. Doch nur Der lernt fingen, der sich durch fleißige Uebung Geschicklichkeit darin erwirbt; und so wird die Gerechtigkeit darum mitgetheilt, daß wir fleißig sein sollen in guten Werken. Der Glaube und des Glaubens Gerechtigkeit ist etwas Lebendiges und kann nicht müßig sein. Ein Gerechter ist nicht durch Zwangsgesetze zum Guten verbunden, er thut und muß Alles, was er thut, aus willigem Herzen thun. Der Nothzwang macht einen Knecht, der Wille einen freien Menschen. Jenes ist Sünde und dieses ein gutes Werk.

Am Schlusse kommt er wieder auf das Thema zurück. Christus machte sich zum Sünder, um uns von dem thörichten Hochmuthe zu befreien, die wir uns vielmehr als Sünder erkennen müssen. Jede Sünde führt Schuld und Strafe mit sich. Die Menschen fürchten sich am meisten vor dieser, tragen kein Bedenken, schändlich zu leben, wollen aber nicht für schändliche Leute angesehen sein. Dahin muß es nun kommen, daß man seine Sünde so willig bekennt und sich ihrer schämt, als man sie begangen hat: und dann hat man Vergebung der Sünden.

Buße.

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Tadelnde Aeußerungen über die Keher, die Kleriker, den Papst.

In einer Predigt am Feste der Weisen aus dem Morgenlande, 1517, zeigt sich, wie weit er in der Auffassung des Begriffs der Buße vorgeschritten war. Er seht auseinander, wie das die rechte Buße und der rechte Weihrauch sei, Christo mit dem Affekt und Werke des ganzen Lebens dienen, alles Gute von ihm hoffen, auf keine Kreatur trauen. Für einen König hält Christum, wer sich ganz von ihm regieren läßt und nicht sein eigner Führer sein will. Durch Liebe und Geduld ohne Hoffart, nicht durch die Werke, gelangt man zum wahren Leben.

Das hieß nun mehr und mehr die Genugthuungen und damit den scholastischen Begriff der Buße verwerfen. Indem er aber die in der Kirche herrschende Lehre bestreitet, wirft er zugleich unwillige Seitenblicke auf die Kezer, die gleich den Juden Christum nicht für einen König und Gott halten wollen. Sehr sinnreich benußt er häufig, um dies im Vorübergehen zu bemerken, so ganz durchdrungen auch seine Predigten von der Schrift sind, die Klassiker. So hier Aesop's Fabel von dem Manne, der sich den Tod wünschte.

Am Sonntage Septuagesimä zeigt er nach dem Evangelium von den Arbeitern im Weinberge, wie eine Stunde in freier, williger, demuthvoller Dienstbarkeit mehr schaffe, als ein ganzer Tag eines lohnsüchtigen, unwilligen und hoffärtigen Dienstes. ,,Die Gradus der Arbeiter bleiben allezeit in der Kirche Gottes. Denn es gibt Priester, die das Werk des Herrn treiben um einen gewissen Gewinnst, derer jezt die ganze Welt voll ist. Andre, als die Bettelmönche, dienen um eine ungewisse Belohnung, noch Andre werden getrieben durch den Eifer für die eitle Ehre.“

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Doch wir werden noch stärkeren und unmittelbareren Angriffen auf den Klerus, die Superstitionen, die er begünstigte, und insbesondere auch auf den Ablaß noch aus dieser Zeit begegnen. Sie folgen Schlag auf Schlag. Wir begegnen selbst einer tadelnden, geradezu gegen das Haupt der Kirche gerichteten Aeußerung. Sie steht sehr vereinzelt da, zeigt indeß, wie wenig er geneigt war, das in den Gliedern erkannte Uebel an dem Haupte zu schonen. Doch sind seine Auslassungen über den ver

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