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dem allein zur Gerechtigkeit führenden Glauben Veranlassung gegeben. Wir sahen, daß er es beflissen zu beseitigen suchte, indem er mit Nachdruck den Werth auch der guten Werke hervorhob. Auch hier sucht er ihm zu begegnen, allein er scheut es ebensowenig als überhaupt den Anstoß. Vorsicht kennt er, Furcht oder Halbheit nicht; er läßt sich durch Abmahnungen der überklugen Sicherheitsmenschen nicht beirren. „Ich sage aus des Apostels Autorität, Adam ist Christi Gestalt, und macht uns ohne unser Werk zu Sündern wie uns Christus ohne unser Werk gerecht macht. Nun sagen sie: lasset uns also Böses thun. Warum sagen sie Dir nicht auch, wenn wir ohne unser Werk Sünder sind, so sei es genug, lasset uns also nur Gutes thun? Warum mehren sie das Böse und nicht auch das Gute? Wie Adam das Böse in den Seinen mehrt, ebenso mehrt Christus in den Seinen das Gute. Also sind zwei Menschen in uns, Adam und Christus, jener der alte und dieser der neue. Es folget also nicht, daß wir bös sein mögen, weil wir die Gerechtigkeit ohne Verdienst haben, was noch tiefer in die Sünde verfallen heißt, sondern daß wir nach dem Bilde des himmlischen trachten, wie wir das Bild des irdischen getragen haben (1. Kor. 15, 49.). Sie sagen, das ärgere die Schwachen. Es ist aber das Allerschlimmste, daß niemand an der entgegenstehenden Lehre Aergerniß nimmt. Den Gekreuzigten predigen war von jeher den Juden ein Aergerniß und den Heiden eine Thorheit. Die sind eben Heiden, die sich weise dünken in der Forderung, man solle die Worte so stellen und so lehren, daß niemand geärgert werde und die Menschen fangen durch Kunst der Worte und geschmückte Wahrheit. Sie meinen, sie selbst wären es, die da lehrten und nicht Gott, daher wollen sie nirgend anstoßen, um nicht vergeblich zu lehren. Juden sind die durch ihre Werke gerecht werden, und deshalb nicht hören wollen, daß Christus ihre Gerechtigkeit sei, sich daran ärgern und dann sagen: so wollen wir Böses thun. Doch laß sie fahren, sie sind blind," schließt er mit einem seiner körnigen Treffer.

Dieselben Mißdeutungen und Einwendungen wurden ihm seit dieser Zeit immer von neuem in den Weg geworfen von der Seite der Feinde, Freunde und der unentschieden und schwankend zwischen beiden stehenden her. In ähnlicher Weise, mit gleichen und ähnlichen Antworten, mit derselben und noch größerer Ent

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schlossenheit, Kraft und Bestimmtheit bricht er sich Bahn mitten einen Verhau, der ihm mindestens eben so

durch sie hindurch

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schwere Hindernisse bereitet hat als die Mauerstärke der feindlichen Burgen.

Predigtweise.

Sorgfältiges Vorbereiten.

Die meisten dieser Predigten lassen sich mehr wie freie Ergüsse eines bewegten Geistes und Gemüthes, denn wie kunstvoll ausgearbeitete Vorträge an. Sie gehen rasch in die einfache Form hinüber, die er seinen Kanzelreden mehr und mehr gab, und wir müssen hier oben Gesagtem noch Folgendes hinzufügen. Vermißt man in ihnen bisweilen fast gänzlich die logische Gliederung oder Durchführung, wie man sie jezt zu fordern pflegt, so liegt der Grund mit darin, daß er Vieles der Eingebung des Augenblicks überließ und daß wir sie großen Theils eben nur so haben, wie sie ihm nachgeschrieben wurden. Bei fast täglichem und bei mehrmaligem Predigen an einem Lage, bei einer so angestrengten, einer solchen Vielthätigkeit wie die, worin er sich befand, würde das Ausarbeiten jedes Vortrags eine offenbare Unmöglichkeit gewesen sein. Dazu dann seine Weise. Er pflege nicht alle Stücke insonderheit zu fassen, sagte er, sondern allein den Hauptpunkt, darauf die ganze Summa der Predigt stehe. Wenn er von allen Stücken insonderheit redete, so würde er „nicht so kurz herdurch gehen." Er machte keine Worte, um ein logisches Schema in allen Theilen auszufüllen, sondern arbeitete nur auf das eine Ziel hin, das er sich sehte, den Eindruck, den er hervorzubringen wünschte. Hatte er den Hauptpunkt bei sich selber aufs Reine gebracht, so überließ er das Einzelne der Ausführung, der Eingebung des Augenblicks, so daß er häufig redete, darauf er zuvor nicht sonderlich gedacht hatte," ohne freilich nun Alles zu sagen,,,was ihm eben einfiel." Närrische Prediger nennt er die, welche damit durchzukommen meinten. Sein Grundsatz blieb, ,,ein Prediger soll bei der Proposition bleiben und Das verrichten, das er vor hat, auf daß man dasselbige wohl verstehe." Sehr anschaulich schildert ihn als Prediger die Aeußerung,,,ich habe mich oft selber angespeiet, wenn ich vom Predigtstuhl kommen

bin: Pfui dich an, wie hast du geprediget? hasts wahrlich wohl ausgerichtet, hast kein Concept gehalten, wie du es gefasset hattest. Und eben dieselbige Predigt haben die Leute aufs Höheste gelobet, daß ich in langer Zeit nicht so eine gute, schöne Predigt gethan hätte. Wenn ich hinunter vom Predigtstuhl gestiegen bin, so habe ich mich besunnen und befunden, daß ich nichts oder gar wenig davon gepredigt habe, das ich bei mir concipirt und bedacht hatte. Daß ichs gewißlich dafür halte, es sei viel ein ander Ding, predigen, denn wirs achten; denn unser Herr Gott einem oft etwas anders eingibt: es predigt einer viel anders, wenn er hinauf kommt, denn wie ers hat vorgehabt oder bei sich bedacht. Es ist Alles gut, wenn einer nur recht predigt, das dem Glauben ähnlich und der heiligen Schrift gemäß ist.“'1)

Wenn das Gemüth beim Vorbereiten auf eine Predigt nicht religiös bewegt wird, so kann das Ergebniß nur eine, wenn auch mit tönenden Worten aufgepußte Verstandesrede sein, die Meditation aber vertieft und klärt die Gedanken, führt reichhaltigen Stoff zu und gibt dem Gemüthe die Ruhe und Sammlung, die dem Prediger nöthig ist, damit er sich, wenn über der Rede, wie es bei dem echten Prediger der Fall, die Bewegung des Gemüths zurückkehrt, so beherrscht, daß er sich nicht zu Einfällen fortreißen läßt, die mit seinem Zwecke nichts zu thun haben, und daß er Meister seiner Gedanken und Worte bleibt. So war es eben bei Luther. Er war ein zu gewissenhafter und selbstvergessener Prediger, zu sehr erfüllt von seinem Berufe als Prediger und den wahren Zwecken der Predigt, zu reich an Geist und Einbildungskraft, zu durchgebildet als Theolog und zu besonnen und verständig, als daß er es auf augenblickliche flüchtige Erregungen hätte anlegen oder in leere Rhetorik hineingerathen können. Was ihm Anderes einfiel als was er zuvor bedacht, fam aus der Fülle eines religiös bewegten Gemüths, und hielt er das Koncept nicht, so hatte er den Gegenstand doch sorgfältig genug durchdacht, um sich nicht zu verirren, wenn ihm,,Gott etwas Anderes eingab," um andere Eingebungen nicht zu erhalten als solche, deren Inhalt zur Sache gehörte. Am deutlichsten sieht man es seinen Predigtschlüssen an, daß er sich auf der Kanzel

1) Tischreden, Watch XXII, 1034, 987, 993, 1021.

stets völlig beherrschte, sich nicht fortreißen ließ, nicht „in das Waschen kam," so daß er nicht hätte aufhören können. Ganz vortrefflich verstand er sich gerade auf Das, was er „eines guten Redners Amt und Zeichen“ nennt, nämlich daß er „aufhöre, wenn man ihn am liebsten höre und meine, es werde noch kommen.")

Er

Die Veranlassung zu diesen Bemerkungen gibt die Predigt am Bartholomäustage oder vielmehr ein auf sie sich beziehender Brief von ihm an Spalatin. Wir können daraus entnehmen, in wie genauer Verbindung sein Wirken nach außen und sein stilles Studiren stand, wie seine Predigten und gelehrten Beschäftigungen Hand in Hand gingen, welchen Fleiß er auf seine Vorbereitung zu den ersteren wendete und wie dann seine Kanzelvorträge die Früchte vorhergegangener Sorgfalt waren. bittet den Freund um den Liebesdienst, ihm sofort auszuschreiben, was sich im Hieronymus über den Bartholomäus finde, indem er sich zu einer Predigt anschicke und sich an den Abgeschmacktheiten und Lügen des Heiligenkatalogs und der Legenden (des Petrus de Natalibus und Jakob de Voragine) über die Maaßen ärgere. Auch sonst bezieht sich der briefliche Verkehr der Freunde fast immer auf ihre wissenschaftlichen und geistlichen Beschäftigungen. So bittet Spalatin, ihn zu berathen, welche Bücher er in der Osterwoche am besten lese. Luther antwortet (am 9. April 1517) und fügt hinzu: „ich werde mich`befleißigen, wenn ich kann, morgen zu lehren, wie Christus auch am Kreuze ein Mensch erscheine" eine Aeußerung, welche uns zeigt, daß er jezt darüber hinaus war, mit den Scholastikern,,die Menschheit Christi auszuschließen,“ und die abermals durchblicken läßt, daß er seine Kämpfe wider die Theologie der Schule auch auf der Kanzel nicht ruhen ließ, und fortwährend bemüht war, die Gemeinde in die tiefsten Tiefen der evangelischen Lehre hineinzuführen. 2)

1) Tischreden, Walch XXII, 1034.

2) De Wette I, 48, 54. De Wette hat den zuerst erwähnten Brief in das Jahr 1516 gesezt, weil Luther in einer Nachschrift sagt, Lange habe seinen Hieronymus und er erwarte die erasmische Ausgabe, die 1516 er= schien. Allein der Brief bezieht sich offenbar auf die Predigt am Bartholo.

Kirchlicher Standpunkt und Gesinnung.

Blicken wir auf diese, seit seiner Rückkehr von der ersten Visitationsreise ungefähr in Jahresfrist gehaltenen Predigten zurück, so entgeht uns nicht, daß er dogmatisch vorgeschritten ist, aber noch recht sehr schwankt, die Scholastik bekämpft und theilweis doch noch von ihr beherrscht ist. Indeß wird sich dies ge= nauer erst unten erkennen lassen, wo wir seine wissenschaftliche Thätigkeit ins Auge fassen. Deutlich ergibt sich, daß er mehr und mehr Unevangelisches, Verdorbenes und Mißbräuchliches in der Lehre und im kirchlichen Leben als solches erkannt hat, namentlich auch beim Ablaß, dem wichtigsten Gegenstande seiner ganzen Polemik. Diese aber bleibt doch bei aller jeweiligen Kühnheit und Lebhaftigkeit noch immer äußerst vorsichtig und kann durchgreifend noch nicht genannt werden, gerade auch beim Ablaß nicht. Er steht noch ganz auf kirchlichem Boden und geht noch lange nicht so weit im Bestreiten als andre eifrig und aufrichtig kirchlich Gesinnte darin vor ihm gegangen sind. Wir sehen ihn kirchlich und selbst hierarchisch befangen. Eben aus Eifer für die reiner gedachte Kirche und deren Lehre und Leben gehen seine Angriffe und Rügen hervor. Wie streng er sich noch am Ausgange der Zeit, in welche dieselben fallen, auf dem kirchlichen Standpunkte hält, zeigt recht ausdrücklich eine Sommerpredigt, vom Petri Ketten-Tage, in welcher er die nachstehenden Säte ausführt. ,,Hätte Christus nicht alle Gewalt dem Menschen übergeben, so wäre keine vollkommene Kirche, weil keine Ordnung, indem Jeder sagen würde, daß der heilige Geist ihn treibe. Dies thaten die Kezer und so würde Jeder ein eignes Princip aufrichten, und wir hätten so viel Kirchen wie Köpfe. Er will daher keine andre Gewalt ausüben als durch den Menschen, um Alle in Einer Heerde zu sammeln. Diese Gewalt aber hat er so befestigt, daß er alle Macht der Welt und des Höllenreichs gegen sie erregte, wie er sagt: die Pforten der Hölle sollen sie · nicht überwältigen -wider sie kämpfen und sie doch nicht überwinden damit es sich zeige, daß jene Gewalt von Gott und

mäustage 1517, und jene Aeußerung entscheidet dawider nicht. Die Bücherverbreitung ging noch langsam von Statten, er war nicht reich, konnte die erasmische Ausgabe sehr wohl auch noch 1517 erwarten.

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