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nicht von Menschen sei. Die sich also dieser Einheit und Ordnung der Gewalt entziehen, stüßen sich vergeblich auf innre Erleuchtung und wunderbare Thaten, wie unsre Pickarden und andre Schismatiker und Capitosi. Denn Gehorsam ist besser als die Opfer der Thoren, die nicht wissen, wie viel Böses sie anrichten.“

Und dieser streng kirchliche Standpunkt war es ohne Zweifel, der ihn verhältnißmäßig so langsam vordringen ließ, auch da, wo das Kirchenthum wie es war und die herrschende Lehre den Begriffen, die ihm geworden, und seinen innersten Gefühlen widersprach; wo er wie beim Ablaß namentlich, so ernstlich, beharrlich und eifrig danach rang dem Unwesen beikommen zu können. Daran war ihm nicht der mindeste Zweifel gekommen, daß der Papst des Apostels Petrus Gewalt in der Kirche besiße, zu binden und zu lösen, also auch von den Kirchenstrafen loszusprechen befugt sei. Auf diesen Sinn, als den richtigen, suchte er den Ablaß zurückzuführen, den er im gewöhnlichen Sinne unmöglich gelten lassen konnte, weil er in diesem verstanden mit seiner Grundanschauung stritt. Die Schule und die kirchliche Praxis gingen nun aber viel weiter. Es wurde nicht schwer, die lehtere wenigstens theilweis als mißbräuchlich oder als aus der irrenden Schulweisheit entsprungen mit dieser zu verwerfen, so weit er diese verwarf. Aber das war noch immer die Frage, wie weit dieselbe verworfen werden durfte, die doch, wenigstens großentheils, von den Päpsten, der allgemeinen Kirche bestätigt war, welche nicht irren konnte und gegen deren Entscheidung niemand ,,sein eignes Princip durfte aufrichten wollen." Da sie den Ablaß billigte und übte, so mußte er in seinen Augen Geltung haben. Wie hätte er ihn selbst verwerfen, Etwas für nichtig erklären können, das die Kirche geheiligt? Es ist klar, so lange ihm Papst und Kirche vollgültige irrthumsfreie Authoritäten waren und so lange er nicht tiefer hindurchblickte, mußte er bei vergeblichen Versuchen stehen bleiben, Mißbräuche und Auswüchse des Ablasses und der Ablaßtheorie zu bekämpfen.

Zu allen diesen Bemerkungen wird uns der Inhalt des folgenden Hauptstücks neue Veranlassung und noch mehr Stoff geben.

Drittes Hauptstück.

Volksmäßige Wirksamkeit 1516 bis in das Jahr 1517. Die zehn Gebote dem Volk zu Witten

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Heiligenverehrung. Heiligthümer und Ueblichkeiten. keit allein aus dem Glauben. Eid, Lüge, Meineid

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Die Gerechtig

Zweites Gebot, politisch-religiöse Ansichten,

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Sabbathfeier, Viertes Gebot,

Drittes Gebot, Geseß und Liebe. Messe und Predigt. Wahre und falsche Andacht. Pflichten der Aeltern, Jugendunterricht, Erziehung, Kleiderpracht. - Weiber und Männer. Gehorsam, Pflichten der Kinder, Auflehnung gegen die Priester, die weltlichen Häupter. Fünftes Gebot. Sechstes Gebot, Keuschheit, die menschliche Sündhaftigkeit. Siebentes Gebot, Diebstahl, Juristen. Die Strafgesehe über den Diebstahl, Kirchenraub. ritter, Wucherer, Spieler, Betrug im Handel und Wandel, Zinskauf. Processiren, Unrechtleiden. Achtes Gebot, Bestreitung der Keher, der

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Stegreif

Falsche Aristoteliker.

Scholastiker, Grundsäge der Schriftauslegung. Betrug mit dem Heiligen. Lüge, Schmeichelei, Ohrenbeichte. Neuntes und zehntes Gebot, Beichtwesen, Bestreitung des geseßlichen Standpunktes in der Sittenlehre. Schlußbemerkungen.

Einleitendes.

Der starke innere Trieb Luther's zu volksmäßiger Wirksam= keit that sich auch darin kund, daß er es bei den Predigten in der Stadtkirche, zu welchen er sich durch Uebereinkommen verpflichtet, nicht bewenden ließ. Durch seine Studien, Vorlesungen,

Disputationen, die Vikariatsgeschäfte und was damit zusammenhing, schon übermäßig in Anspruch genommen, begann er sogleich nach seiner Berufung zum Hülfsprediger des Stadtpfarrers noch eine Reihe von populären Vorträgen nach den Predigten über die gewöhnlichen Sonn- und Festtagsterte und setzte sie bis in das Jahr 1517 fort. Er erklärte darin jedesmal ein Stück der zehn Gebote, so daß er hier also in der volksmäßigen und erbaulichen Rede auf denselben Gegenstand zurückkommt, den er auch schon in dem Preceptorium, der kleinen Schrift,,voll Disputirmaterien“, von welcher Oldekop spricht, für die Studirenden und Gelehrten behandelt hatte. Sei es nun, daß diese Vorträge nachgeschrieben wurden oder daß er seine Aufzeichnungen dazu herlich, man compilirte daraus ein Werk, unter dem Titel: Die zehn Gebote, dem Volk zu Wittenberg gepredigt, in welchem die ursprüngliche Predigtform größtentheils verwischt ist, doch so, daß man wenigstens noch vielfach erkennt, wo eine Rede aufhört und eine andere anfängt und an welchen Sonntagen sie gehalten sind. Das Werk erschien vielleicht unter Luther's Mitwirkung und jedenfalls mit seiner Genehmigung wahrscheinlich zuerst in Wittenberg 1517 und zwar lateinisch — so wenig war man noch in der Literatur an den Gebrauch der deutschen Sprache gewöhnt. Die Gebildeten indeß verstanden die lateinische Sprache, das Volk las noch immer wenig, es zum Lesen mehr heranzuziehen, erschien noch als ein untergeordnetes Anliegen; man hatte bei den ersten Ausgaben ganz besonders die minder gelehrten und fähigen Kleriker im Sinne, denen das Buch als Anleitung dienen sollte. So Luther selbst, wie wir am Schlusse sehen werden. Wollte er auf das Volk wirken, so mußte er die Gelehrten, die Prediger nahe und fern für seine Lehre und Lehrweise zu gewinnen suchen. Seit 1518 wurde das Werk mehrmals von Neuem gedruckt, so ausgezeichnet, trefflich, nüßlich fand man es, so begierig wurde es gelesen. Bald veranlaßte auch der Wunsch, den gemeinen Mann Theil nehmen zu lassen oder die Nachfrage oder Beides die Veranstaltung einer deutschen Uebersetzung; auch eine böhmische erschien 1520. ')

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1) Lateinisch bei Irmischer, Lutheri exegetica opp. lat. XII. und bei Löscher I, deutsch bei Walch III. Bei Irmischer und Walch das Lite

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Ist die Predigtliteratur Gradmesser der gesammten Bildungund Denkart jeder Zeit, nicht ohne Erheblichkeit für die Kenntniß ihrer Sitten und Verhältnisse, so find die zehn Gebote dem Volk zu Wittenberg gepredigt ungewöhnlich wichtig für die Kunde der damaligen religiösen und kirchlichen, sittlichen und bürgerlichen Zustände überhaupt, Wittenbergs insbesondere, und je deutlicher wir diese erkennen, desto richtiger werden wir Luther's Entwickelung und Wirksamkeit und deren Verhältniß zu der Zeit und den Umgebungen zu würdigen im Stande sein. Noch größeren Belang hat das Werk für uns, indem es seinen Geist und sein Gemüth fast von allen Seiten treu abspiegelt. Was ihn innerlich beschäftigte und bewegte, was fern und nahe das Volk und dessen Bedürfnisse anging, was in der Kirche und im Staate, im großen Ganzen und im nächsten Kreise, in der Wissenschaft und im Leben in Frage stand, das Alles verhandelte er vor dent Volke in seinen geistlichen Reden, am eindringlichsten und volksmäßigsten in ihnen, und dies gilt eben von diesen Predigten vorzugsweis. Sie geben fast ein vollständiges in sich abgeschlossenes Bild seiner religiösen Anschauungen, seiner theologischen und moralischen Begriffe, seiner Beurtheilung der manchfachsten Lebensund Zeitverhältnisse und Zustände, seiner Kenntnisse in den verschiedenen Fächern des Wissens, seiner Empfindung, seiner vorherrschenden Richtung und Denkart in dem Zeitraume, aus welchem sie herstammen. Die größeste Bedeutung haben sie hier dadurch für uns, daß mit ihnen seine volksmäßige Lehrthätigkeit am eigentlichsten und erfolgreichsten beginnt, und von dieser Seite widmen wir ihnen noch eine besondere vorläufige Betrachtung.

Wie die Psalmerklärung von 1514 die erste in einer langen

rarhistorische. Rotermund führt eine Ausgabe von 1517 an, auf welche vielleicht eine Aeußerung Luther's in einem Schreiben an Lange (De Wette 1, 61) zu beziehen ist, welche im Uebrigen beweisen möchte, daß Luther der Komposition des Werkes, wie wir es haben, nicht fremd war. Auch scheint daraus hervorzugehen, daß die „zehn Gebote“ gleich zuerst deutsch wie lateinisch erschienen. Sie dürfte indeß einen sichern Schluß keineswegs ge= statten. Leicht möglich, daß Luther seine Predigten dem Freunde in der Handschrift zuschickte und daß er von einem Drucke gar nicht, oder nur von einem lateinischen spricht. Ich habe der angeblichen Ausgabe von 1517 nicht ansichtig werden können.

Reihe von Arbeiten über die Psalmen ist, so eröffnen die zehn Gebote von 1516 und 1517 ebenfalls eine Reihe von Bearbeitungen desselben Gegenstandes. 1518 und in den folgenden Jahren gab er selbst „Die zehn Gebot mit einer kurzen Auslegung ihrer Erfüllung und Uebertretung" heraus, 1528 erschien von ihm eine,,Auslegung der zehn Gebote aus dem 19. und 20. Kapitel des zweiten Buchs Mosis gepredigt." Auch seine vielfachen bis an sein Lebensende ihn beschäftigenden gelehrten und erbaulichen Arbeiten über die Bücher Mosis im Ganzen oder einzelne Abschnitte derselben gehören wenigstens theilweis hieher. Der Dekalog mußte schon wegen der geseßlichen Richtung der Kirche sehr hoch stehen. Die Theologen gründeten die Moral, und bei der Vermischung der theologischen und der Rechtsbegriffe, der kirchlichen und staatlichen Geseßgebung die Juristen auch die Rechte vielfach darauf. Dies währte noch in und nach dem Zeitraume der Reformation fort. Auch die „Schwärmer“ wollten die ganze politische und Rechtsordnung auf den Dekalog in ihrer Weise gründen. Luther hielt in Beziehung auf ihn ein richtigeres Maß und wich von seiner fittlich-religiösen Auffassung desselben nicht. Auffallender und auch wol ein Zeichen, daß ein eigentlich wissenschaftlich organisirender Geist in ihm entweder nicht lebte oder doch weniger sich entwickelte, ist es, daß ihm der mosaische Gesezkoder nicht blos lebenslang so werth, sondern auch Grundlage aller seiner systematischen (sofern davon die Rede sein kann) und volksmäßigen Bearbeitungen der Moral blieb. ‚Der Dekalogus, sagt er, das ist, die Zehen Gebote Gottes, find ein Spiegel und kurz Summarium aller Tugenden und Lehren, beide, wie man sich halten soll gegen Gott und auch gegen den Menschen. Und ist kein schöner, besser, vollkommener noch kürzer Buch von Tugenden jemals geschrieben worden. Wie das Hohelied Salomonis ein Gesang über alle Gesänge, Canticum Canticorum genannt wird; also sind die Zehen Gebote Gottes Doctrina Doctrinarum, eine Lehre über alle Lehren, daraus Gottes Wille erkannt wird, was Gott von uns haben will, und was uns mangelt." Die zehen Gebote müsse man immerdar predigen der menschlichen Schwäche wegen. Zuerst sei daran gelegen Selbsterkenntniß und ein heilsames Erschrecken vor dem göttlichen Zorne über die Sünde zu wecken durch Vorhaltung des Gesetzes, worauf

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