ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

weisen, raffen sie zusammen viel Sprüche der Schrift, in welchen verboten wird, daß man Niemand soll anbeten, denn Gott alleine. Und daß sie uns bei den ihrigen billig verhaßt machen, so lassen fie fein außen, daß David, Salomon und viel Andere angebetet worden sind, verkehren damit die Schrift böslich und schänden arglistig unsern Gottesdienst. Also lehren sie uns, die Bauern, daß Gott allein anzubeten sei, davon sie hoch rühmen, gleich als hätten wir solches jemals geleugnet; da sie doch nicht leugnen mögen, daß man oft eines Königs Dienern Ehre erbeut und gleichsam anbetet, desto eher vor den König zu kommen." Er sage wider die groben Filze, die solches nicht wahrnähmen, daß man seine Zuflucht wol nehmen möge zu der Fürbitte der Heiligen; sucht dann den Heiligendienst durch mehre alttestamentliche Stellen mit sehr unzureichender Exegese zu begründen, und kündigt sogar an, dies ein ander Mal noch weiter ausführen zu wollen. Ich sollte hier auch predigen wider das falsche Vertrauen auf Ablaß, seht er hinzu, wo ich das bereits nicht gethan hätte mehr als zu viel, auf mancherlei Weise." Vom Ablaß war und blieb die bewegteste Tagsfrage. 1)

"

Die Gerechtigkeit allein aus dem Glauben.

Am Schlusse der Predigten über das erste Gebot kommt er auf seine Grund- ünd Hauptlehre von der Gerechtigkeit allein durch die Gnade Christi ohn' unser Verdienst; auf die guten Werke, die doch nicht rechte gute Werke und Erkenntniß sind, sondern Irrthum und Sünde, weil sie nur aus bösem Herzen kommen, bei Dem, dessen Herz durch die Gnade noch nicht zu Gott gekehrt ist; auf ihre Schädlichkeit, weil das Herz dabei nichts suchen kann als sich selbst, weil sie den Menschen darum nur leer und eitel machen, die Selbsterkenntniß bei ihm hindern. Dem Mißverständniß, wenn die Gnade gerecht mache, brauche man keine gute Werke zu thun, ist er zu begegnen abermals eifrigst bemüht. Der Mißverstand ist allein in dem Wörtlein gut. Ohne Glauben ist es unmöglich, daß man Gott gefalle,

[ocr errors]

1) Plochm. XXVIII, 390.

und Alles, was nicht aus dem Glauben gehet, ist Sünde, wie der Apostel lehrt. Was sie gute Werke heißen, sind darum nicht gut vor Gott, sondern böse, weil sie aus dem Geset äußerlich gethan werden, nicht aus Gott und um Gottes willen geschehen.“ Er bestärkt sich damit, daß auch St. Paulus, da er also gelehrt, auf ähnliche Weise mißverstanden sei. Polemik gegen den Pelagianism und den,, Meister von hohen Sinnen“ und dessen Lehre vom Verdienste, das aus der Hoffnung komme, schlicht die Erör terungen über das erste Gebot. 1)

Zweites Gebot.

Politisch-religiöse Ansichten.

Eid, Lüge, Meineid.

Beim zweiten Gebote spricht er mit Eifer wider manchfachen Mißbrauch des Namens Gottes unter den Christen. Gelegentlich

1) De Wette bemerkt in seinem neuesten Buche (Das Wesen des christlichen Glaubens, 393):,,Wenn die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben je nothwendig und heilsam war, so ist sie es für unsre Zeit, wo das Uebel der sittlichen Unlauterkeit, der Flachheit und Ungründlichkeit der Gesinnung und Selbstbeurtheilung, der Versunkenheit und Selbstsucht, der Vermessenheit, nach eigener Einsicht und Ansicht zu leben, der Zufrie denheit mit äußerer Unbescholtenheit und Rechtlichkeit, des Mangels an Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit mehr als je herrschend ist." Es wird keinen Zweifel leiden, daß die reformatorische Zeit die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben besser als die unsre zu würdigen wußte, daß sie sich in ihr aufraffte und mehr Aufopferungsfähigkeit und Thatkraft zeigte. Doch gehört eine Beurtheilung der Sittlichkeit der Gegenwart oder eine Vergleichung ihrer sittlichen Beschaffenheit und Kraft mit der der Reformationsepoche nicht hierher. Dagegen mag aber eine Bemerkung, die ich anknüpfen will, nicht überflüssig erscheinen. So wenig von roher Sitte auf Unsittlichkeit oder von äußerer Geschliffenheit auf Sittlichkeit zu schließen ist, und wie groß die echte sittliche Tüchtigkeit des Geschlechts von damals sein mochte, es hatte aus dem elenden funfzehnten Jahrhundert und aus der noch jämmerlichern Erziehung der Kirche und Hierarchie jenes Jahrhunderts eine Verwilderung herübergebracht, beträchtlich genug, daß auch ihm die Lehre vom Glauben und die von ihr ausgehende fittliche und religiöse Anregung und Erneuerung jedenfalls sehr heilsam und nothwendig war; und zahlreiche Andeutungen auch in den Predigten über die zehn Gebote bestätigen es eben diesen Predigten, unter deren Eigenheiten und

[ocr errors]

kömmt er da auch auf die politischen Nationalangelegenheiten, die er also fortwährend im Auge behält. Wir begegneten seiner Ansicht schon in der Nede für den Propst von Leißken. Hier faßt er eine andere Seite auf. Wenn wir hören, daß der Türke Kirchen, Altäre und ander heilig Ding der Christenheit schändet, flugs werden wir bitter und böse wider ihn, und denken, wie wir solche Schmach mit Krieg rächen mögen, klagen (die Volksstimme!), daß die Fürsten nicht wider den Türken kriegen. Aber es brauchet der Mühe nicht, sondern du darfst nur in deinen eigenen Busen greifen, so hast du schon einen Türken ergriffen. Unterdeß lässet Gott jezt die christlichen Fürsten wider einander kriegen, damit er uns härter bestraft denn den Türken, die wir mehr als der die heiligen Dinge Gottes verunreinigen."

Am ausführlichsten verbreitet er sich über die Versündigung gegen das Gebot durch Meineid, Lüge und was weiter dahin gehört. Von diesem Standpunkte aus, namentlich weil sie Meineide veranlassen, tadelt er die heimlichen Verlöbnisse, denen er ftets gram blieb. Wie edel sein Unwille über alle Verlogenheit und Unwahrheit, nicht leere tönende Worte in seinem Munde. Wie lebenskundig, anwendbar und beredt handelt er die Lehre vom Schwure ab! Es mußte an die Herzen dringen, zumal solche Predigtweise so selten war.

Drittes Gebot.

Gesetz und Liebe.

Bei der Erläuterung des dritten Gebots geht er von einem Gedanken aus, der oft bei ihm wiederkehrt, an welchem viel Wichtiges bei ihm sich anknüpft, und der den Grundsaß und Antrieb der Freiheit und Befreiung in sich bergend, auch unmittelbar mit seiner Hauptüberzeugung zusammenhängt. Wo die Liebe ist, da ist kein Gesez nöthig, und wo sie nicht ist, da hilft auch kein Gesetz. Alle Gebote, so sie ohne Liebe, das ist ohne einen leichten, fertigen, fröhlichen und geneigten Willen ge

Vorzügen am legten vergessen werden dürfte, daß sie die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben an die Spige stellen, überall durchleuchten lassen, und mit so großem Erfolge in das Volk hineinbringen.

schehen, bleiben unerfüllt, ob schon die äußerlichen Werke geschehen, denn da bleibt ein unluftiger, das ist fündlicher Wille." Warum ist aber die Schrift allenthalben voll Gebote? Sie find gegeben zur Erkenntniß der Richtung des Willens, daß dieser daran sich übe. So find die zehn Gebote „ein Spiegel, in welchem der Mensch sich beschauen soll, worin oder wie er fast ab- oder zunimmt, wobei vor allen Dingen darauf zu achten ist, nicht nur daß man sie thue, sondern mit was Herzen und Willen man sie vollbringe.“

Sabbathsfeier.

Messe und Predigt.

Sodann wird abgehandelt, wie in dem Gebote Feiertagsruhe verordnet, warum den Juden der Sabbath geboten ist und die christliche Kirche die Feiertage beibehalten hat, auf welcherlei Weise das Gebot übertreten, wie es erfüllt wird. Die Grundfäße über die Sonntagsfeier halten die Mitte zwischen Schlaffheit und Ueberstrenge. Sie gehen von einer geistigen, allen Mechanism beseitigenden Auffassung aus und berücksichtigen doch die Noth und Ansprüche des Lebens. So gleich die leitende Grundansicht: „Paulus straft die Galater, daß sie nach äußerlichem jüdischen Schein Tage, Monden und Jahrszeiten hielten. Darum hat dies Gebot, ja haben eigentlich alle Gebote aufgehört bei den vollkommenen Christen. Denn dem Gerechten ist kein Gesetz ge= geben, 1. Timoth. 1, 9. Doch hat die Kirche Feiertage behalten der Unvollkommenen halben, denen das Wort Gottes Noth ist. Aber ein wahrer gerechter Mensch ist also gottförmig, daß ihm alle Tage gleich heilig sind, wie bei Gott kein Unterschied der Tage, Stätte oder Person ist. Nichtsdestoweniger ist den Schwachen, bei denen der alte Mensch noch nicht erstorben, noth, daß sie sich üben in gewissem Gottesdienst, Tagen, Sitten, Wochen, Fasten, Arbeit, Gebet, Zucht und dergleichen, damit sie gelangen zum Wachsthum des inwendigen Menschen." In diesem Sinne das Ganze. Unnachsichtlicher Tadel trifft Die, die am Sabbath der Sünde fröhnen, sich der Unzucht und Völlerei hingeben, ihn blos äußerlich und nicht im Geiste feiern. Sonntagsarbeit wird zugelassen, wenn sie nothwendig nur daß sich Niemand ein Noth

[ocr errors]

werk dichte wenn Maß dabei gehalten wird, die Liebe des Nächsten dazu treibt. Fehlt es nur nicht an der feiertäglichen Gesinnung, so wird viel gestattet. Nur an einer Stelle scheint eine Hinneigung zu übertriebener Strenge hervorzutreten; doch ist der Ausdruck sehr vorsichtig. Aerzte, Schmiede, Müller, Leute, die auf die Jahrmärkte ziehen, sind entschuldigt, wenn sie zu anderer Zeit nicht thun können, was sie zu verrichten haben. Das führt denn auf eine bezügliche Frage. Der wehrhafte Bürger freute sich mit Recht des Armbrustschießens, man nahm. an Feiertagen die Waffenschau vor. Könnte das nicht auch an Werkeltagen geschehen? Mit Noth, Liebe, Maß kann es nicht gerechtfertigt werden. Der Sabbaths-Nachmittag soll doch Gott so heilig sein als der Vormittag! Also:,,Sind unsere Wittenberger entschuldigt, wenn sie am Sonntage den Vogel abschießen, Büchsen und Gewehr besichtigen?" Er meint:,,Darauf sollten die Herren Bürgermeister Acht haben."

Zuleht beschäftigen sich die Erörterungen über das Gebot mit der Frage, auf welche Art es erfüllt werde? Die Antwort lautet: durch Meßhören, Predigthören, Beten, Opfern, sich mit Gott Versöhnen. Ueber das Meßhören äußert er sich ganz in dem Sinne, in welchem er die Heilighaltung des Feiertags bespricht, doch auch ganz vom Standpunkte des Priesters, der in der Messe das Opfer des Gottessohns zu vollbringen glaubt. Deutlicher noch als bisher tritt sodann der Gedanke und das Bestreben hervor, auf die ältere und ursprüngliche Ordnung der Kirche zurückzuleiten. Er hat die kirchlichen Rechtsbücher und deren Bestimmungen mit kritischen Augen angesehen. Wollte man bei seiner halben Ungunst gegen die Waffenübungen der Bürger an Feiertagen sagen, die Klosterluft beenge ihn noch, so zeigt er sich hinwieder sehr unbefangen vom Ordensgeiste, wenn er darauf dringt, daß Jeder in seiner Pfarrkirche die Messe höre, statt damit zu begnügen, der Frühmesse im Kloster beizuwohnen. Jeden seiner Andacht nachgehen zu lassen, wie ihm beliebe, sei wider die Ordnung, insbesondere die kirchliche, die bereits viel zu wenig beobachtet werde. Es sei zu fürchten, daß ein immer wüsteres Wesen eintrete. ,,Glossen zum Tert der kirchlichen Kanones, wie die, nach welcher das Meßhören im Kloster für statthaft erklärt wird, wenn die Andacht dazu treibe, nicht Verachtung

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »