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der Pfarrmesse, sind verdächtig und trüglich, nicht zu beachten, weshalb Jeder sich richten soll nach der Ordnung der Kirche und seinen Gehorsam gefangen nehmen in den Gehorsam Christi." Die Kirche,,kann nicht irren; es mag aber wol ein Jeglicher irren in seiner Andacht, wie denn auch viel Propheten, Heilige und Könige geirrt haben, uns zur Warnung." Dann weiter. Daß man auch das Wort Gottes höre, sei freilich nur ein Rath der Kirche, allein auch ein Gebot Gottes. Er steht nicht an, geradezu und in entschiedenem Widerspruche mit der Praxis, wenn nicht der Unfehlbarkeit der Kirche, zu erklären: „Das Predigthören ist nöthiger denn Messehören. Ja, Messehören geschiehet des Worts Gottes halben, wie denn Christus sprach, da er das heil. Sakrament des Nachtmahls einsette: thut das zu meinem Gedächtniß; als wollte er sagen: ihr sollet nicht Messe halten, ihr prediget denn auch das Evangelium." Weiter folgt eine Erinnerung an den bessern Brauch der ersten Kirche, dessen Herstellung er wünscht, zuleht eine lebhafte Rüge der Gegenwart. „So das Volk also hart verbunden ist, zu hören das Wort Gottes, vielmehr sind die Priester schuldig, solches zu predigen, oder zu bestellen, daß es durch Andere gepredigt werde. Nun denke, so Gottes Wort zu predigen über alle Dinge inständiglich geboten ist, wie gehet es denn jeg so übel zu, daß man nichts geringer achtet und an vielen Orten gar unterweges lässet, an vielen Orten aber solch Ding prediget, das besser wäre geschwiegen. An etlichen Orten prediget man der Menschen Sagung und andere Lehre aus den Rechten und Weltweisen genommen. Aber das Evangelium, das ist, das Gedächtniß Christi, ist so seltsam worden, daß man ein Grauen darob hat. Man zwinget das Volk zu der Pfarr, und sind doch nicht gehorsam. Das macht, die Priester sind gezwungen, das Evangelium zu predigen, sie thun es aber nicht. Darum ist es kein Wunder, daß das Volk in der Irre wallet zu andern Kirchen in abergläubiger Unbändigkeit, so die Pfaffen aus grober Unwissenheit Narrentheidinge, Fabeln und unnüt Ding predigen. Du predigest nicht das Evangelium, als du wohl solltest, und meinest, es sei groß Unrecht, daß das Volk hin und her zu den Gößen läuft? So du selbst der Kirche das Amt und Gottes Wort entzeuchst, was kann anders daraus folgen, denn daß das Volk dir seinen Gehorsam

und Gehör entzeucht? Du bist nach dem Buchstaben von innen nichts nuh und nach dem Geist von außen: darum schweift das Volk nun äußerlich, mit Leib und Seele, und sündiget soviel weniger denn du, so viel lieber sie das Evangelium höreten, wenn du es ihnen predigtest; ja, wenn du es auch gelernet hättest. Darum bist du selbst Ursache, daß deine Kirche verlassen wird.“

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Wahre und falsche Andacht.

Dieselbe Rüge ergeht über das veräußerlichte Gebet beim Volke und ebenso beim Klerus, denn den eignen Stand schont er, ihm erläßt er am wenigsten.,,Also nämlich blos mit dem Munde beten jeho viele Menschen; auch unsere Chorherren und Priester singen und predigen jeho fast, wie die Orgel den Chorgesang pfeift, den sie selbst nicht versteht, machen groß Geschrei und ist doch wenig Verstand und Andacht dabei." mißfällt ihm, daß die Sitte der frühesten Kirche abgekommen, am Feiertage Brod und andere Speise zu opfern und das übrig Bleibende den Armen zu geben. Dann aber folgt eine Klage, die abermals wider die Verkehrung alten guten Brauchs in Mißbrauch, gegen den Nußen des Klerus, herrschende Lieblingsvorstellungen, Neigungen und Ueblichkeiten geht. „Ießo ist das den Armen gar entzogen, und sind damit Kirchen, Klöster und Spitale gestiftet und begabet." Er kommt an einer anderen Stelle darauf zurück. Arge Verkehrtheit sei es, genährt vom Geize des Klerus, mehr und williger zu den todten Steinen zu geben denn den lebendigen Menschen. Gott bedürfe der äußerlichen Güter nicht und habe nirgend in seinem geistlich zu verstehenden Gebot gefordert, daß man sie ihm gebe, wol aber den bedürftigen Angehörigen und Nebenmenschen damit zu dienen. Statt dessen gehe man diese vorbei und lege Geld und Gut mit Ueberfluß an Kirchen und Kirchenzier. Dies und Pfründen stiften und dergleichen schaffe Niemands Seligkeit, denn wie sollten die Armen die lettere erlangen, wenn es nöthig dazu wäre. Der Mensch habe so viel Anderes zu thun seine Seligkeit zu schaffen, daß er damit nie fertig werde, und sollte daher um so mehr des Nöthigen gedenken und das Unnöthige lassen. Er hätte nicht unbefangener

sprechen, aber auch kaum Aergerlicheres sagen können nach dem Sinne des Klerus, so vieler Pfründner an der Universität des Kurfürsten. Es liefert wie so viel Aehnliches einen Kommentar zu einigen Aeußerungen in seinem Briefe an Spalatin über Staupit' beabsichtigtes Bischofthum. Dem gefunden, für evangelische Wahrheit empfänglichen Sinne des des ewigen Gebens an Kirchen und Geistliche überdrüssigen Volks mußte es desto besser gefallen.

Aehnlich verhält es sich mit Dem, was er zum Schlusse über die am Feiertage nothwendige Versöhnung mit Gott „durch Untersuchung des Gewissens und Reue wegen der Sünde" sagt. Diese Reue muß aus der Liebe hervorgehen. Wenn du alle Güte Gottes gegen dich fleißig erwägest und dagegen hältst deine Undankbarkeit und Sünde, so fehlet es nicht, es entspringet in dir ein Haß und Unwille gegen dich selbst und gehet auf in eine inbrünstige Liebe zu Gott und seinem Lobe. Und das ist die rechte, lebendige, kräftige und thätige Reue. Aber jene, die allein entstehet aus Furcht der Höllen und Abscheu der Sünden, ist dem Buchstaben nach erdichtet und währet nicht lange, denn sie ist nicht gegründet in der Liebe, ist durch Furcht erzwungen. Wenn das Herz nicht entzündet ist, so geschiehet alles andere Ding kalt, unnüßlich und mit Schaden, denn es bringet nicht Frucht. Zur Erläuterung erzählt er das Geschichtchen von dem Kardinale, der zum Koncil nach Konstanz ritt, und von einem Hirten auf dem Felde beschämt wurde, ihm den Preis der Frömmigkeit zu und dem Klerus absprach. Eine so unbefangene, freimüthige und geistige Auffassung und Predigtweise drängte darauf hin, die ganze gewinnreiche Stellung der Hierarchie zu ändern, die Aeußerlichkeiten des Katholicism um allen Werth zu bringen, und mußte den tiefsten Eindruck machen, wo Verstand und sittlicher Ernst war.

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Beim vierten Gebote behandelt er die Verhältnisse und Pflichten der Kinder und Aeltern, der Eheleute, der Dienstboten, Herrschaften, Obrigkeiten und Unterthanen. Wir sehen ihn hier

noch mehr als ernsten Sittenprediger, doch eifert und übertreibt er nur wenig, am wenigsten in dem Maße, wie viele Andere; seine reifere religiöse Auffassung, seine gesundere Theologie wirkt merklich ein.

Trefflich, mit tiefer Herzens- und Weltkunde spricht er über die Pflichten der Kinder und Aeltern. Wie er in den Klöstern den Jugendunterricht zu fördern suchte, verweilt er hier mit Vorliebe bei ihm und der Wichtigkeit desselben, anderweiten lebendigen Zeitgedanken und Bestrebüngen damit sich anschließend. Seine eigene trübe Erfahrung mochte einwirken, wenn er sagt, man hoffe vergebens, daß von Seiten der Lehrer in den Schulen geschehe, was die Aeltern so oft versäumten oder nicht könnten, und wenn er dann, im ersten Saße mit Uebertreibung, ohne gehörige Sachkenntniß hinzufügt, „alle Völker, sonderlich die Juden, halten ihre Kinder besser zur Schule, als die Christen. Darum stehet es auch so übel mit der Christenheit. Denn alle ihre Kraft und Macht stehet in den Nachkommen, und so die in der Jugend versäumet werden, so gehet es der christlichen Kirche gleich als einem Garten, der versäumet wird im Frühling. Sind wir nicht Narren? Siehe, wir können an unsern eigenen Kindern Himmel und Hölle verdienen, und kehren uns nicht daran. Denn was hilft es dich, wenn du für dich selbst noch so fromm bist, bist aber fahrlässig in Auferziehung deiner Kinder? Man findet Leute, die Gott dienen mit viel seltsamer Uebung; sie fasten, tragen rauhe Kleider, und halten viel Dinge aus eigener Andacht; aber dem wahren Gottesdienst ihres Hauses, die Kinder recht zu ziehen, gehen sie blindlings vorbei, und machen es, wie vorzeiten die Juden, die den Tempel Gottes verließen und opferten auf den Höhen. Darum sollst du am ersten Acht haben, was Gott von dir erfordere, und was er dir vor ein Amt auferleget hat; wie St. Paulus 1. Cor. 7, V. 20 spricht: Ein Jeder bleibe in dem Berufe, darinnen er berufen ist. Glaube mir, es ist viel nöthiger, daß du achtest und Sorge habest, die Kinder wohl zu ziehen, denn Ablaß lösen, beten, fremde Kirchen besuchen oder viel Ge= lübde thun." Die Aeltern fordern Ehrerbietung von den Kindern, sollen sich gegen diese nun aber auch so verhalten, daß ihnen Ehrerbietung erwiesen werde als Gottes Stellvertretern und nicht als Gößen und todten Bildern von Aeltern; worauf dann die III. 11

Aeußerungen über zu große Erziehungsstrenge und Verzärtelung folgen, welche angeführt wurden, wo von den Eindrücken seiner harten Kindheit die Rede war. Man muß es lesen, mit welcher Wärme, welcher Klarheit, welchem Reichthum an Beobachtung und Lebenskunde er fast alle Seiten und Fragen der Erziehungslehre abhandelt, und unwillkürlich drängt sich der Gedanke auf, woher ihm wol auf seiner Lebensbahn, in seiner klösterlichen Stellung das Alles und die lebhafte Theilnahme an diesen Dingen geworden sein mochte. Darüber mag man sich wundern, desto erklärlicher aber wird es, daß die Gemeinde in Wittenberg, der er so predigte, an seinen Lippen hing, unbedingtes Vertrauen zu ihm faßte, und daß er, als seine Wirksamkeit sich erweiterte, sein Wort in alle deutsche Lande erscholl, auch im Herzen der Nation heimisch wurde.

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Kleiderpracht.

Hier und da ist er allerdings zu streng, unbillig, unpraktisch, den Ordensmann verrathend, doch sicht es nur mehr so aus, als es in der That der Fall ist, wenn man Einzelnes für sich allein, außer dem Zusammenhange seiner ganzen Denkweise betrachtet. Es kommt bei den älteren Sittenpredigern durchgängig vor, und fie thaten darin des Guten zu viel und nothwendig etwas Vergebliches, wenn sie sich z. B. gegen Kleiderpracht oder was ihnen so erschien, gegen neue Moden u. dgl. übermäßig ereiferten. So auch Luther an dieser Stelle. ,, Siche, was vor Mißgeburten von Kleidern in beiden Geschlechten, sonderlich bei den Weibern aufkommen! Die Welt meinet, es sei zierlich. Warum? Darum, was da neue ist, das gefällt uns wohl. Sollte sich eine ehrbare Frau nicht schämen, daß sie so kostbare Schleier, Stürzen und andere Dinge an sich trägt, davon ein mäßiger Bürger sein ganzes Haus erhalten könnte? Und was soll ich sagen von Nöcken und Schauben und seidenen Kleidern, von Purpur, Gold und Silber, das die Weiber an sich hängen?" Sogar der einschlägige Kunst- und Gewerbsfleiß erregt seinen Unwillen. Wie Mancher unter uns wird die Befangenheit oder Unbefangenheit nicht begreifen können, es nöthigt ein Lächeln ab, wenn er (und

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