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meint,,,man werde endlich gar nackend gehen;" aber man sieht hier nun auch noch deutlicher, es ist nicht, jedenfalls nicht allein, mönchischer Sinn, der ihn zu rigoroser Beurtheilung des Unschuldig-Weltlichen verführt, sondern die wirkliche Sünde ist es, die er dabei im Auge hat, die seinen Unwillen erregt, daß man einander zum Bösen reizen und das Unrecht darin nicht erkennen will. 1)

Siebentes Gebot.

Diebstahl. — Juristen.

Sehr bemerkenswerth sind wieder in andern Beziehungen die Vorträge über das fiebente Gebot. Es sei gleichfalls nach dem Geiste zu verstehen, sodaß darin jede innre Begier nach fremdem Gute verboten werde, ja schon das, daß man sich Reichthum wünsche und dem Nächsten mißgönne, also die Liebe nicht habe, und der sich selbst betrüge, der es bloß nach dem äußerlichen Werk und Scheine halten wolle, kein williges Herz in fich trage, sich das Seine nehmen zu lassen, das letztere ungöttlich liebe. (Es war dem Novizen eingeprägt, die Armuth zu lieben.) Denn wie Einer das fünfte Gebot übertreten mag, wenn er auch nicht tödtet, mit Niemand zürnet; wie Einer im

1) Seine Ansicht von der menschlichen Sündhaftigkeit ging späterhin in die symbolischen Bücher seiner Partei über, die den Zustand des unwiedergeborenen Menschen als den Zustand der allgemeinen Erbsünde mit den schwärzesten Farben schildern. Man vergleiche darüber eine treffende Aeußerung Hanne's in dessen: Der ideale Protestantismus, 105 f. Daß man die lutherische Dogmatik nur erst einmal wieder kennen lernte! Die Rationalisten und rationalistisch Gebildeten kennen sie gar zu häufig offenbar nicht. Sie würden sonst jedenfalls nicht so darwider protestiren, wie sie es so oft thun, und man würde sonst nicht, wie es geschehen, von der „Bornirtheit“ und dem „bornirten" Dogma Luther's gesprochen haben. Die Orthodoren und Diejenigen, welche von ihnen geführt werden, so wie die Andern, die die Orthodoxen führen, kennen die lutherische Lehre aber auch nicht. Sie würden sonst nicht bis zum unläugbar unvollkommenen Ausdruck in ihr stecken, würden sonst fähiger sein, ihren Sinn der Gegen= wart zu erschließen, und auf keinen Fall sie aufdringen wollen, was eben so viel ist, als gerade von dem Hauptgrundsaße: was nicht aus dem Glauben kommt, ist Sünde! schlechterdings kein Verständniß besißen.

sechsten Gebot mit seinem Weibe ein Ehebrecher werden kann, so kann auch Einer in seinem eigenen Gute ein Dieb oder Geiziger werden, wenn er das Seine gar zu veste liebt. Die rechte Meinung des siebenten Gebots ist, daß das wilde unersättliche Thier, der Geiz, ertödtet werde. Hierbei tritt abermals Abneigung gegen die Juristen hervor, die wir schon bei ihm wahrnahmen und die ihm auch blieb. Ihr Grund zeigt sich jezt deutlicher. Theologische Befangenheit und klerikalischer Standesgeist mischten sich hinein, doch kaum Persönliches. Der Grund lag tiefer. Nic ist er von einem Juristen nur von fern so heftig und giftig an= gefeindet, als es von zehn und wieder zehn Theologen geschah. Die Juristen, mit denen er am unmittelbarsten in Streit gerieth, waren und blieben meisthin seine persönlichen Freunde oder er blieb doch wenigstens in einem guten Vernehmen mit ihnen. Juristen gehörten in dieser und späterer Zeit zu seinen Vertrautesten, leisteten ihm große Dienste, seit die größten Gefahren für ihn eintraten, seit seiner Vorforderung nach Rom, wo sie mit der ganzen Universität für ihn intercedirten; damals, als er vor dem Kardinale in Augsburg sich stellen mußte, zu Worms, 1518 und 1521 u. f. f. Ich muß hier an Das erinnern, was im ersten Buche über den Zustand der Rechtsstudien und des gesammten Rechtswesens, als er Student und Magister in Erfurt war, gesagt ist. Seitdem war keine Besserung eingetreten, weiter und weiter war gediehen das Eindringen des Gesetzbuchs der Römer aus den Zeiten ihres tiefsten Verfalls, während man vom alt= römischen Processe nichts wußte; des römischen Rechtes mit zahllosen Bestimmungen von innerer Schlechtigkeit, besonders in Beziehung auf Deutschland; des römischen Rechtes, dessen Hauptlehren echten deutschen Sinn nicht zu befestigen und zu beleben vermochten. Mehr und mehr hatte sich herausgestellt, daß dies römische Recht die Gesetzgebung, die Rechtswissenschaft und die Rechtsgelehrten gleichgültig, ja feindlich mache gegen vaterländische Rechte und vaterländische Verfassung; daß sich die gelehrten Juristen, indem die Nichtgelehrten von der Kunde des fremden Rechtes ausgeschlossen waren, zu einer Kaste erhoben oder erniedrigten, die alles wahre lebendige Recht zerstörte und im bürgerlichen Leben eine so ausschließliche despotische Herrschaft zu begründen strebte, wie die Hierarchie im kirchlichen sie übte.

Es wurde allgemeiner und schwerer empfunden, daß die gelehrten Juristen die deutschen Rechte und Rechtseinrichtungen durch Verachtung, Unkunde und Mißverständniß zu Grunde richteten, diese Doktoren, die als Söldlinge der Machthaber die Begriffe und Bestimmungen römischen Rechtes zum Nachtheil der Schwächeren auf die heimischen Rechte anwendeten, den Fürsten römische Despotenrechte zuschrieben, alle Unterthanen. zu öffentlichen Sklaven machten, unter deutscher Freiheit nur die Zerstörung der verfassungsmäßigen wohlthätigen kaiserlichen Gewalt und die Unabbängigkeit der Fürsten verstanden, deren Brot sie aßen. (Thibaut, Welcker.) Das Eindringen des fremden Rechts vergrößerte die Verwirrung in den öffentlichen Verhältnissen sehr beträchtlich, und verminderte eben dadurch in demselben Maaße die Kraft des Reichs nach innen und außen, deren Stärkung eben jeht nöthiger als vielleicht jemals gewesen wäre. Die unbehagliche mißmüthige Stimmung nahm wesentlich dadurch zu, daß der Rechtszustand durch das fremde Recht und die juristischen Doktoren immer verworrener, unverläßlicher, drückender für alle Stände, zumal den Bürger und Bauer wurde. Eben zu dieser Zeit war allgemeine Klage über das Kammergericht, durch welches die unteren Stände sich nicht geschüßt fanden. Die Städte trugen auf Bestrafung der verdorbenen Leute an, von denen manche Stadt ohne alles Verschulden am Gericht umgetrieben werde, und forderten stets vergeblich Aufnahme zweier städtischer Beifiber. Den ähnlichen Klagen der Ritter gab Maximilian selbst nicht Unrecht. Er äußerte, der Arme von Adel könne entweder gar kein Recht bekommen, oder es sei „so scharf und spißig," daß es ihm nichts fruchte. Noch weniger konnte begreiflicherweise der Bauer zu Rechte gelangen. Nicht bloß daß der Volkssinn sich mit dem fremden Rechte nicht aussöhnte, er sträubte sich je länger je mehr dawider. Den heftigen Stimmen Hemmerlein's, Celtes', Brandt's, Wimpheling's wider die römischen Juristen schlossen sich andre und noch heftigere an. Erasmus und Bebel machten sie zum Gegenstande ihrer Verspottung. Mit dem tiefsten Ingrimm sprach sich Hutten 1513 und 1516 in seinem satirischen,,Niemand" gegen sie aus, die wie Schwämme in den Ohren der Fürsten hingen, das Regiment in Deutschland durch ihren Rath immer mehr verschlimmern hülfen, trok mas

senhafter Büchergelehrsamkeit eben das Recht nicht finden könnten, das sie in cymmerische Finsterniß hüllten, u. s. f. Es stand so, und noch schlimmer, wie er es sehr anschaulich ein paar Jahre später in der Vormahnung an die Freien und Reichstädt teutscher Nation schilderte. Herzog Ulrich von Würtemberg wußte gegen die um diese Zeit zu Stande gekommene gefahrdrohende Verbündung der Bauern, den,,armen Konrad," nur Hülfe durch Berufung eines Landtags zu finden, der mit dem tübinger Vertrage 1514 schloß, in welchem sich die Stände die Abstellung aller Beschwerden versichern ließen, und unter diesen nahm nicht die lezte Stelle die Klage und Forderung ein, daß Kanzlei und Aemter mit ehrlichen Männern befeht würden, die nicht wie die bisherigen sich bestechen ließen, so daß man nur durch Geld zu seinem guten Rechte gelangen könne, daß alle Doktoren des römischen Rechts abgeschafft würden, die in den alten Bräuchen und Gewohnheiten viel Zerrüttung anrichteten, wodurch der arme Unterthan irre gemacht werde und zu Schaden komme. Der junge Nachwuchs des Adels, sonst die Studien verachtend, gewann unter den Wissenschaften höchstens der Jurisprudenz Geschmack ab, weil sie zu Ehrenstellen half. Mit dem Gelehrtenvorurtheile gegen die heimischen Rechte mischten sich bei ihm die des Standes. Er fand es anstößig, daß der Bauer Recht sprechen solle, und beförderte um so mehr die Einführung des fremden. Von Adeligen als juristischen Beamten war um so weniger Achtung des Volksrechts zu erwarten. Sie erhöhe ten in juristischen Aemtern den Adelsdruck, der sich mit Advokaten- und Juristendruck vereinigte. Um so lebhafter wurde der Volksunwille gegen den letzteren, der einen der Hauptgegenstände der volksmäßigen Opposition dieser Zeit bildete. 1)

Ihr nun schließt Luther sich hier an, offenbar ist sie es, die aus ihm spricht, wobei dann aber auch sein religiöser und theologischer Standpunkt auf sein Urtheil wesentlich einwirkt. Er geht darauf aus, die äußerliche todte Sahung der Gebote zu ver

1) Bensen, Teutschland und die Geschichte, 163 ff. Hagen, zur polit. Gesch. Deutschlands, 172, 193, 198. Ranke a. a. D. 202 Wirth, die politisch-reformatorische Richtung der Deutschen im 16. u. 19. Jahrhundert, 19. Münch, Hutten's Werke, V, 386.

innerlichen und lebendig zu machen. Niemand soll beim fiebenten glauben, er sei kein Dieb, weil er nicht stiehlt. Er verkennt nun die nothwendigen, durch die Hierarchie in einander gewirrten Grenzen des sittlich religiösen und des Rechtsgebiets, die wir ihn bald so eifrig und mit so großem Erfolge bemüht sehen wieder kenntlich zu machen und herzustellen; er hat auf der anderen Seite gegen die Juristen den richtigen Gesichtspunkt aufgefaßt, daß das Recht mehr als willkürliche, von Moral und Religion losgetrennte, durch bloßen Staatszwang geltende Saßung sein soll, indem er darüber klagt, daß ihre Behandlung der Gesche der Werkgerechtigkeit diene.,,Unfre Juristen legen dies Gebot nicht nach diesem weiten Begriff aus, sondern ziehen es allein auf den Diebstahl." Er läßt eine Darstellung der juristischen Diebstahls- Kategorien folgen und fügt hinzu: „die Juristen handeln dies Gebot nach dem Buchstaben auf das weitläuftigste und fleißigste, weil nach ihrem eigenen Zeugniß die Juristerei dienet das Brot zu erwerben."

Es wird am zweckmäßigsten sein, hier sogleich hinzuzufügen, was er beim achten Gebote: Du sollst nicht falsch Zeugniß reden, über die Juristen äußert. Auch sie fündigten dawider,,,so fie in ihrem Labyrinth, das ist, in ihren verworrenen Händeln sonst nichts suchen denn den Sieg; und daß sie den erhalten, so suchen sie zusammen, was sie können, und ziehen herzu, was ihnen nur dienen mag. Da können sie wunderbarlich einen Text ziehen auf widerwärtige Sachen.“ Das war die allgemeine Klage in allen Ständen. Allein die in dem fremden Rechte Gelehrten verschanzten sich, wie sie noch heute thun, gegen alle Einwürfe und alle Klagen über die Justiz hinter ihrer Alleinkunde, und sprachen den Laien das Recht ab, über das Jus zu urtheilen, ge= rade wie die Laienschaft Seitens der Priesterkaste vom selbständigen Urtheile in religiösen Dingen ausgeschlossen wurde. Luther bemerkt:,,Aber die Juristen haben eine große Freiheit, daß niemand darf wider sie reden oder sie urtheilen. Ursache, niemand kann mit Recht strafen, das er nicht versteht. Nun ist der Verstand des Rechts unendlich und unerschöpflich, und ist niemals ein Jurist erfunden, der alle Dinge gewußt habe. Derohalben, wo man nicht eher von ihnen soll urtheilen, bis daß man alle ihre Rechte verstehe, so darf man sie nimmer urtheilen; denn

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