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höhern Maße in dem der Augustiner. Er führte, was er seit Karl's des Großen Zeit Begründetes vorfand, in einem umfassendern größern Sinne weiter, er wurde auf diesem Felde Neubegründer, Schöpfer, mit besserm Glücke und reichern dauernden Erfolgen wirkend wie Karl. Wir verdanken ihm jene Gesittung, die, aus der deutschen Jugend - und Volksbildung hervorgewachsen, recht eigentlich auf ihn zurückzuführen ist. Er gab ihr erst die eigentliche Grundlage durch wohleingerichtete Volksschulen und Verbreitung der deutschen Bibel, des deutschen Katechism und deutscher geistlicher Lieder. Nicht blos, unmittelbar nahm er sich ihrer an. So gewaltig wie unablässig trieb er zu ihr an. Wie hoch erhob er sich in pädagogischer Hinsicht über seine Zeit, ja noch über der unserigen steht er mehrfach. Es liegt volle Wahrheit darin, wenn gesagt wird, daß Erziehungsmarimen, welche noch in unsern Zeiten für ganz neue Erfindungen ausgegeben werden, in seinen Schriften schon auf die klarste und besonnenste Weise ausgesprochen sind. Man wußte sein geistiges freisinniges Walten in der Schule so wenig als in der Kirche zu bewahren. Man vergaß es eine längere Zeit gänzlich, schlug entgegengesetzte Wege ein, und vergißt es heute an manchen Stellen abermals, zu schwach, ihm auch nur nachzugehen. Nic würde unsere Jugendbildung ohne seine Mühe und Arbeit ge= worden sein was sie geworden ist. Die angeführte Aeußerung zeigt, daß er die unscheinbare große Sache schon jest ins Auge gefaßt hatte, schon jezt und anderweit so sehr in Anspruch genommen, so vielfach abgezogen, thätig für sie war. Auch noch andere hierauf hinweisende Spuren werden uns bald begegnen. ')

Dem Augustinerprior in Neustadt, Michael Dressel, schreibt er, das Begehren des Deutschherrn, der in den Orden einzutreten wünsche, sei nicht von der Hand zu weisen, denn man solle Niemand an einem heilsamen Vorhaben hindern, ihm vielmehr förderlich sein, sofern man im Uebrigen Sorge trage, daß es in und mit dem Herrn ausgeführt werde. Dies sei der Fall, wenn man nicht nach der individuellen Meinung und heiligen

1) Von Stein, Erwiederung auf die Eröffnungsworte des königl. Landtagskommissärs auf dem zweiten Provinziallandtage Westfalens. Rau= mer, Gesch. d. Pädagogik I, 132 ff. Studien und Kritiken, 1846, 452.

Absicht jedes Ansuchenden verfahre, sondern das vorgeschriebene Gesek, die bestehende Ordnung beobachte: Niemand könne sonst Nußen und Heil hoffen, und wenn die Absicht noch so gut wäre. Der Deutschherr habe daher vor allen Dingen Brief und Siegel seiner Obern beizubringen, und alle übrigen Bedingungen der Konstitutionen des Augustiner - Ordens zu erfüllen,,,damit weder ihn noch uns künftig die Reue ankomme. Was aus Gott ist besteht, und thut und leidet Alles um zu bestehen.“

Wir sehen ihn hier ganz im guten Geiste eines echten Drdens-Obern verfahren. Er zeigt den entschiedensten zum Grundsaße gewordenen Sinn für Unterordnung des individuellen Wünschens und Beliebens, des Einzelnen unter die bestehende Ordnung, die Uebereinkunft. Die Rechte jedes Ordens, die Kirchengesehe will er geachtet und befolgt wissen von Jedermann, wie er sie selbst zur Richtschnur nimmt. Eigenmacht, Auflösung aller Bande der Zucht und Ordnung bezeichnete die ganze Zeit, auch das Wesen in den Orden. So war im Reformkollegium zu Konstanz beschlossen, aber gleich Aehnlichem in Vergessenheit gerathen, es solle, der Zügellosigkeit der Bettelmönche zu wehren, die oft nur, um ihre Unordnungen zu decken, in einen andern Orden übergingen, künftig keinem erlaubt sein, unter irgend einem Vorwande in einen andern Orden als den (strengern) der Karthäuser zu treten. Das Wüste, Unordige ist ihm durchaus zuwider, so sehr, daß er — wir werden noch andere Beispiele erhalten selbst seine Milde zur Strenge zwingt. Indem er die Brüder mit seiner Nichtung zu erfüllen trachtet, lenkt er sie von der Autorität, der Sahung und deren Ansehen hinweg und auf Selbstbestimmung hin. Er geht ihnen mit dem Beispiele kühner Erhebung für das innerlich Errungene, kühner Bestreitung des äußerlich Gesetzten, doch nicht Berechtigten dürch den Geist, das Evangelium, die sich darauf gründende Kirche voran. Zugleich aber sucht er guté Ordnung herzustellen und zu behaupten. Das Gelüft, einen Deutschherren für seinen Orden zu gewinnen, verlockt ihn nicht. In der Deutschen Art, Geschichte, Gesezen, Einrichtungen und Schicksalen tritt so scharf und bezeichnend die Neigung der Selbstbestimmung und Selbständigkeit der Einzelnen hervor, nur zu häufig verirrt zum Eigensinn im Glauben, Meinen, Denken, Empfinden, Neden und

Handeln. Wir konnten schon beobachten und es wird sich noch mehr zeigen, wie stark jene Neigung auch bei Luther war. Hier zeigt sich abermals und noch deutlicher stellt es in seinem zweiten Lebensabschnitte sich heraus, wie wenig er von der deutschen Unart hatte, wie stark und rein die deutsche Art sich in ihm ausprägte, wie schön die Gegenfäße sich in ihm vermittelten, wonach der Einzelne wie das Gesetz, das Gemeinsame, sein Recht haben und behaupten soll. Es bleibt seit dieser Zeit Ziel und Aufgabe seines Lebens, eine in Unordnung und Unrecht verkehrte Ordnung der Dinge aufzulösen und zugleich eine neue und rechte Ordnung zu gründen. Darin und in den Irrungen, welche dabei nicht ausblieben liegt zum großen Theile schon die Erklärung des scheinbaren Räthsels und der theilweisen Widersprüche seiner Empörung gegen das Papstthum, seiner freien Selbstbestimmung in den Glaubenssachen, seinem Anleiten dazu, und seinem eisenfesten Beharren auf der neu gewonnenen Wahrheit, der Lehre, seinem ebenso heftigen und großen Kampfe wider die Abweichenden in der Mitte des für die lehtere, die Freiheit eroberten Kreises.

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Von der Angelegenheit des Deutschherrn kommt er auf Dispense, Versehung von Brüdern aus einem Kloster ins andere, dann auf die innern Zustände des Priors in Neustadt. Er weist ihn darauf hin, daß er zwar Frieden suche, jedoch verkehrt. Der hat keinen Frieden, den Niemand beunruhigt; das ist der Welt Friede; der hat ihn, dem Alles und Alle Unruhe machen, und der Alles mit Freuden ruhig trägt. Du sprichst mit Israel, Friede, Friede! und ist doch kein Friede. Sprich vielmehr mit Christo: Kreuz, Kreuz! und ist doch kein Kreuz. Denn das Kreuz ist nicht mehr Kreuz, sobald Du fröhlich sagst: gebenedeietes Kreuz, unter allem Holz ist keines Dir zu gleichen. Das ist der Friede Gottes, der besser ist denn alle unsere Gedanken und Wünsche, der über alle Vernunft gehet, der nicht mit den Sinnen geschaut, mit dem Gedanken erfaßt werden kann: Der erlangt ihn, der geplagt in Allem, was er fühlt und denkt, das Kreuz gern aufnimmt." ")

Er schreibt wiederholt nach Erfurt, jezt, der Prior möge, wenn er etwa einen Bruder habe, der nicht gut thun wolle,

1) De Wette 1, 26. Wessenberg a. a. D. II, 233.

denselben zur Strafe nach Sangerhausen schicken, dann, daß er die und die Brüder dem Konvent in Eisleben überlasse. Er möge Allen sagen, der Verfügung liege nicht Willkür zum Grunde, sondern die Noth der Verhältnisse, die Allen und vornämlich ihm obliegende Sorge für Aufrechthaltung der Ehre von des hochwürdigen Vater Staupihens Vikariat. Ein anderes Mal bemüht er sich zu beschwichtigen, übertriebenen Eifer zu mäßigen.,,Es gebührt Dir, nicht allein, diesen Streich auf den rechten Backen hinzunehmen, sondern auch den linken hinzuhalten. Diese Versuchung wird nicht die schwerste noch lehte sein. Die Weisheit Gottes spielt jezt nur mit Dir und bereitet Dich zu einem ernsten Kriege, wo Du's erlebst.“ 1)

Die Pest in Wittenberg.

So im August 1516; und wie ihn zu dieser Zeit die Ahnung großer Ereignisse erfüllte, die Voraussicht eines verhängnißvollen Zusammenstoßes beschäftigte, war er weit entfernt darauf zu denken sich zu sichern oder zurückzuziehen - vielmehr bemüht sich und Andere zu jenem Gottesfrieden zu erheben, der die Furcht wie den Unmuth aus seiner Brust verscheuchte, in welchem er ruhig die Pest heranziehen sah. Schon einmal, 1506, war die Universität, der Pest wegen, nach Herzberg verlegt. Alle, die konnten, zogen in solchen Pestzeiten von dannen. Im Jahre 1527 wüthete die Pest vier Monate lang in Wittenberg. Er wurde um ein Gutachten gebeten, ob man sich vor ihr durch die Flucht sichern dürfe, worauf er die Schrift drucken ließ: Ob man vor dem Sterben fliehen möge? Er billigt es darin, sofern nicht durch die Flucht das göttliche Wort verleugnet oder eine Amtspflicht verlegt werde, wie beim Prediger oder obrigkeitlichen Personen. Nicht Einerlei dürfe man Allen, den Starken und Schwachen, aufladen. Er widerstand allen Aufforderungen, auch der des Kurfürsten, folgte der Universität nach Jena nicht. Auch durch die Pflicht des Docenten hielt er sich von der des Predigers nicht entbunden. Dieselbe Ansicht und Gesinnung hegte, dasselbe Verhalten beobachtete er auch jezt schon; wozu zu

1) De Wette I, 28.

bemerken ist, daß er, wie wir im nächsten Hauptstücke hören werden, um diese Zeit das Predigeramt förmlich übernommen hatte. Er schreibt in demselben Briefe an Lange, daß man ihm keine studirende Brüder ins Kloster schicken möge, weil die Pest um uns herum wüthet, und täglich über uns zu kommen droht, daß sie nicht, wenn sie hergereiset, alsbald wieder fort müssen.“ An eigne Gefahr denkt er nicht. Er fügt nur hinzu „dulde, leide, hoffe, glaube Alles, wie es die Liebe thut." Auch nach ein paar Wochen, als die Pest näher gerückt war, begehrt er (in einem Schreiben an Dressel) nur Fürbitte bei Gott, daß derselbe in Gnaden rufe, die er hinwegrufen wolle. Es war die Bewährung und Bethätigung der Sinnesart und Stimmung, der Grundsäße, worin er längst gelebt. Wie hohe Begriffe waren in ihm lebendig vom ,,Berufe." Wir erinnern uns, daß er seit seinem Doktorat, womit doch seine frischesten Kraftäußerungen begannen, stetigs mit Sterbegedanken umgegangen,“ und es war der Fall bis in seine letzte Lebenszeit; daß er in der Psalmauslegung gesagt, daß ein wahrer Christ lebe durch den Glauben allezeit, ob er auch getödtet werde dem Leibe nach; Trübsal und Anfechtung sei die Vollendung des Gläubigen, der durch Demuth, Leid und Tod Alles überwinde; Die wären Thoren, die durch Flucht oder sonst Etwas außer Christo der Versuchung entgehen wollten, statt zum Erlöser zu fliehen und mit dessen gläubiger Betrachtung die Herzen zu waffnen; es sei ein schweres Werk, den Kelch des Herrn zu trinken, wenn aber die Liebe dazu erst im Herzen, so strecke sich auch bald die Hand danach aus. 1)

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Es wird am besten sein den Verlauf hier sogleich hinzuzufügen. Im Oktober fing die Pest an in Wittenberg um sich zu greifen.,,Sie ist da, schreibt er an Lange, und fährt rasch und grimmig zu, sonderlich bei jüngern Leuten. Und Du räthst mir Flucht? Wohin soll ich fliehen? Ich hoffe, die Welt wird nicht untergehen, wenn Bruder Martin zu Grunde geht. Zwar die Brüder werde ich, wenn die Pest weiter greift, in alle Welt versenden: ich aber bin hieher geseht, kann um des Gehorsams willen nicht fliehen. Nicht daß ich den Tod nicht fürchtete

1) Sennert, 175 ff. Plochm. XXII, 317. De Wette I, 30, 33.

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