ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

wordenen Staate zu hoch gespannt, unpraktisch, ja verwirrend und gefährlich sein würde. Dies zeigte sich eben auch hier in seinem eigenen Falle, so bewundernswürdig die Glaubenskraft erscheint, die so Etwas forderte, so wahr es ist, daß jene Zeit solche Zumuthungen wenigstens halb ertrug und großentheils darauf einging.

Der Apostel Paulus tadelt ein Mal die Christen, daß sie, statt ihre Streithändel unter einander zu schlichten, vor heidnischen Gerichten Recht suchten, nicht lieber Unrecht litten. Darauf beruft er sich nun, indem er das Proceßführen bespricht und im Wesentlichen zu demselben Ergebniß gelangt. Er bezieht sich weiter auf die biblischen Aussprüche: was ihr wollt, daß euch die Menschen thun, das thut ihr ihnen wir sollen uns nicht rächen, nicht Böses mit Bösem vergelten, vielmehr bitten für unsre Feindewer euch den Rock nimmt, dem gebt auch den Mantel. Er will diese Lehren und Weisungen buchstäblich angewendet wissen. Er hört nicht darauf, daß man sage, sie wären Rathschläge, nicht Gebote, wobei denn freilich der Sinn war, daß den gewöhnlichen Christen nur obliege die leßtern zu erfüllen, während die Ordensleute, die Vollkommenen, auch den erstern nachzuleben hätten. Christus hat von ihnen gesagt, das ist das Gesetz und die Propheten, meine Worte werden nicht vergehen, ja der kleinste Buchstabe wird nicht vergehen vom Gesete, bis daß es Alles geschehe. Wollt ihr aus dem Geseze einen Rath machen, so haben wir kein Gebot und Gesetz mehr, vergessen des Gesezes Christi und der Natur und tappen im Finstern, weshalb es auch jezt sehr gefährlich ist, studiren in den Rechten, so es mehr dienet zu Streit und Hader, denselben zu verlängern und nicht Streit und Hader aufzuheben und zu stillen." Er dringt darauf, wer einen Handel mit seinem Nächsten hat, soll sich prüfen und fragen, ob er nicht wünsche, daß ihn jener in Ruhe ließe, nicht mit ihm hadre, sondern ihm glaube und nachgebe? Warum auch, fragt er, willst du ihm nicht so thun? und nicht von fern kommt ihm die Antwort in den Sinn: daß man je nach Umständen vernünftiger- und billigerweise einen solchen Wunsch nicht hegen könne. Er hat ein Schriftwort, nimmt es wörtlich und nun weicht er vor der härtesten Folgerung, vor dem Einwande nicht zurück:,, wenn man also müßte thun, so

käme es dazu, daß man ung bald würde unter die Füße treten und uns alle das unsre nehmen.“ Er antwortet unbedenklich: ,,Das ist es eben, das die Schrift haben will, darum nennt sie uns Unterdrückte, und wir sollten deß froh sein, denn Christus ist derselben Beschirmer. So wir das Evangelium Christi halten, als wir sollten, so müssen wir viel übles um seines Worts willen leiden, denn wir sollen uns nicht rächen, nicht Böses mit Bösem vergelten, ja bitten für unsre Verfolger, auf daß wir Kinder werden unsers Vaters, der im Himmel ist; wir werden es aber nicht, wenn wir um des Unsern willen hadern und rechten." Dies erscheint ihm als menschliche Thorheit, der göttlichen Weisheit gegenüber; er verfehlt nicht, die darin liegende Verkehrtheit aus der Lebenserfahrung nachzuweisen, und erklärt zuleht Klagen vor Gericht geradezu für verboten, dem Christen nämlich, denn den Unvollkommenen sei es nachgeLassen. Nur scheinbar, obwohl von dem Gefühle zeugend, daß er nicht völlig werde durchdringen können, liegt hierin eine Art von Vermittlung zwischen der Höhe, der Uebersteigerung seiner christlichen Ansicht und der Tiefe, der bestimmten, wahren Beschaffenheit des wirklichen Lebens; denn der Zustand der Unvollkommenen ist ihm nicht etwa eine niedrige Stufe der Christlichkeit, er liegt ihm außerhalb derselben, wie er oben dien vollkommenen und die Juden neben einander stellte. Noch einmal drängen sich ihm die Erfordernisse der vorhandenen Zustände und die Nothwendigkeit auf, Verwirrung von ihnen abzuhalten. Er will seine Regel auf die,,gemeinen Personen“, die zu Gericht sizen, nicht angewendet wissen. Sie sollen zusehen, daß Niemandem Unrecht geschehe, und so sie erfordert werden, sollen sie das Unrecht strafen."

So wie er es nun aber für Pflicht des Christen erklärt, die geordneten Mittel, zu seinem Rechte zu gelangen, zu verschmähen und lieber Beraubung zu dulden, Unrecht über sich ergehen zu lassen, so fordert er doch kein schlechthin leidendes Verhalten; er spricht vielmehr Dem, der Unterdrückung leide, ausdrücklich das Recht zu,,,seine Unschuld zu vertheidigen," ja er macht es ihm zur Pflicht. Er geht dabei von dem Spruche aus: Niemand leide als ein Dieb oder Uebelthäter;,,das ist, wenn Einer unschuldig ist, soll er nicht sagen, daß ihm Recht geschehe, sondern er

soll dem Beleidiger sein Unrecht vorhalten und ihm sein Gewissen rühren". Zur Bestätigung führt er das Beispiel einiger Märtyrer und Christi selbst an. Thomas von Canterbury sei erschlagen, nicht weil er der Beraubung sich widerseßt, denn er habe zeitlich Gut ohne allen Widerstand hinnehmen lassen, sondern weil er den Kirchenräubern gesagt, sie thäten nicht Recht daran. So der heilige Attalus, so Stephanus, der seine Verfolger gestraft, daß sie Unrecht thäten.,,Ja, Christus gab Malcho eine harte Antwort, da er ihm den Backenstreich gab, und verantwortete sich, er hätte nicht übel geredet, daß der Bube nicht meinte, er hätte Recht daran gethan. Darum antwortete er Kaiphä, er wäre Gottes Sohn, und verwarf ihre falschen Zeugnisse, während er sich das Leben nehmen ließ, mit seinem Willen starb, uns zur Lehre, daß wir sollen fahren lassen das zeitliche Gut, und gleichwohl unsre Unschuld vertheidigen mögen.“ Die Bedeutung dieser folgenreichen Anschauung und Lehre wird uns weiter unten noch recht klar werden,

Achtes Gebot.
Lastiker.

Bestreitung der Kezer, der SchoGrundsähe der Schriftauslegung.

Beim achten Gebote, in welchem „aller Schaden verboten wird, den man seinem Nächsten an seinem Leumund, Lob, Ehren oder Namen thun mag,“ handelt er zunächst von den Menschen, die sich an dem Gebote versündigen. Dahin rechnet er zuerst als die sich am allerschwersten verfehlen, die falschen Lehrer, die Keher, welche das Wort Gottes verkehren und fälschlich auslegen und die es ungeschickt behandeln, die im Sinne der scholastischen Theologie Lehrenden. Jene tödten die Seelen, diese martern wenigstens die Gewissen. Das hierher Gehörige ist einem Vortrage vom Sonntage nach Neujahr 1517 entnommen und bemerkenswerth, weil es zeigt, daß seine kirchliche widerkeherische Gesinnung auch noch in diesem Jahre dieselbe, und daß er, was damit zusammenhing, hinsichtlich seiner Ansichten über Schriftauslegung und Ansehen noch keinen Schritt weiter gekommen war. Keine Sünde, sagt er, sei vor Gott so groß und so oft und hart in der Schrift gestraft, als die der Keter und Eigen

sinnigen, die das Wort Gottes nach ihrem Sinn auslegen und wie es ihnen diene, damit sie es gleichsam in ihren Gehorsam gefangen nähmen, während sie billig das Entgegengeseßte. thun sollten, nämlich in Dingen, die den Glauben und der Seelen Heil betreffen. Wenn die Böhmen sich mit ihrer guten Meinung und göttlichem Eifer ausredeten, wie alle Keßer zu thun pfleg= ten, so verdienten sie darum dennoch nicht entschuldigt, sondern nur um so härter gestraft zu werden, weil ihr Eifer aus Hoffahrt, einem verkehrten bösen Willen und einer verborgenen · giftigen Meinung herstamme; weil sie sich nicht weisen lassen, nicht hören, weil sie selbst Meister sein wollten. Wer eine wahrhaft gute Meinung und Willen habe, sei nicht hoffärtig und sicher, sondern in Furcht, folge nicht einzig seiner Meinung, wie schön sie sein möge, sei Andern zu weichen bereit, und diese Furcht bewirke, daß er sich keine Neuerungen herausnehme, Eintracht und Frieden halte und fördere.

Legte er aber nicht selbst die Schrift nach seinem Sinne aus? Wich er nicht selbst von der gemeinen Lehrweise ab? Noch mehr, er verbindet einen Angriff auf die lettere mit dieser Ereiferung gegen die Kezer. Man kann mit Recht sagen, daß er sich mit seiner Lehrweise an Väter hielt, die in der Kirche in hohem Ansehen standen, daß er eben bemüht war, die nach seiner Ueberzeugung echte Kirchenlehre herzustellen. Aber wo war das untrügliche Kennzeichen derselben? Die von ihm angegriffene wurde in der Kirche geduldet, begünstigt sogar, und Manches, was er bereits mehr oder minder entschieden verwarf, stand mit ihr in nothwendiger Verbindung, war ihr Ausfluß. Freilich galten seine Angriffe nur dem Willkürlichen und Ausgearteten, dem erst in den lezten Jahrhunderten der Verderbniß, ja großentheils dem erst ganz neuerdings Aufgekommenen, und er dachte nicht daran, daß dasselbe mit der Kirche selbst untrennbar verknüpft sein könnte. Wie dem sei, nichts könnte deutlicher und stärker bezeugen, wie unbefangen er überzeugt war, vollkommen kirchlich und katholisch zu lehren, wie gänzlich fern ihm der Gedanke lag, daß er durch seinen Widerspruch von der sich selbst verstehenden Kirche abweiche. Seine Ahnungen eines ernsten Zusammenstoßes konnten sich nur darauf beziehen, daß das Verderbte so Vielen für kirchlich galt, Allen aufgedrungen werden wollte und mächtige Schüßer hatte.

Auf eine ähnliche Weise verwickelt er sich, wenn er darauf von der zweiten Klasse der falschen Lehrer spricht, die,,Gerech= tigkeit der Werke, gar selten den Glauben, oft und viel die Werke lehren," und darum,,Kreuziger der Gewissen und Peiniger der Seelen“ sind. Denn wie sehr man sich auch bemüht, durch die Werke genug zu thun für die Sünde, „hat man doch nimmer Ruhe im Gewissen, denn der Glaube an Christum gibt diese Ruhe und Frieden allein." Nun aber das Wichtigere und Bedenkliche. Die Keger waren getadelt, weil sie die Schrift nach ihrem eigenen hoffärtigen, die Eintracht nicht berücksichtigenden, die kirchliche Authorität verachtenden Sinne auslegten, ihr einen subjektiven Sinn unterschöben. Ebenfalls subjektive Willkür und Leichtfertigkeit (statt wie dort Eigenfinn) bei der Schriftauslegung wirft er der zweiten Klasse falscher Lehrer vor. Zugleich stellt er sein eigenes Princip der Schrifterklärung auf, oder deutet es wenigstens gelegentlich an. „Darum weil die heilige Schrift will gehandelt sein mit Furcht und Demuth, und mehr will ergründet werden mit andächtigem Gebet als Dialektik (acumine ingenii, Vernunft oder Schärfe der Vernunft, wie er und seine Ueberseßer sich auszudrücken pflegten), so ist es unmöglich, daß Die nicht ihnen selbst schaden oder Andern, die sie lehren, die mit bloßer Vernunft, mit ungewaschenen Füßen wie die Säue, in die Schrift fallen, wie wenn es eine menschliche Kunst wäre, und mit ihr ohne die Rücksichten der Ehrerbietung umgehen. Daher drängen so Viele naseweis zum Lehren sich hinzu, die, sobald sie die Grammatik gelernt haben, ohne alles Studiren Theologen sein wollen, und sprechen: Ach, es ist ein leicht Ding um die Bibel. Schon Hieronymus klage über die Willkür solcher Leute in der Schriftauslegung, auf ihre Rechnung komme es, daß man sprüchwörtlich sage, die Schrift habe eine wächserne Nase. Er seht dann noch hinzu, es wären vor Allen Diejenigen, die mit der heiðnischen Weltweisheit sich erfüllt hätten, die mit solcher Leichtfertigkeit an die Schrift heranträten, die solch Unwesen verursachten.,,Das kommt nun von den ungeschickten thörichten Träumern, den scholastischen Doktoren, ihrem buchstäblichen, allegorischen, moralischen und anagogischen Schriftsinne, die niemals gelernt haben, weder was Buchstabe noch was Geist ist. Das Spiel mit dem vierfachen Schriftsinne möchte hingehen,

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »