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wenn es blos dienen müßte zur ersten Uebung für Anfänger. Sie aber machen es zur Hauptsache in der ganzen Auslegungskunst, und kommen nimmer zum rechten Verstande der Schrift, in welchen Niemand eindringen kann ohne Reinigkeit des Herzens. Jenes Viergespann handhaben auch die Gottlosesten."

Hieraus wird nun aber doch eigentlich zum höchsten klar, was er nicht wollte, hauptsächlich nicht das Verfahren der Scholastiker, die an die Stelle der Exegese die Dialektik seßten, in die Schrift ihre großentheils aristotelischen Philosopheme (ihre Vernunft) hineinlegten, dadurch den wahren Schriftsinn verdunkelt und so den,,Heiden" zum Herrn der Lehre und des Glaubens in der Christenheit erhoben hatten. An die humanistischen Schriftausleger scheint er nicht zu denken, aber traf nicht manche von ihnen, und namentlich einen Erasmus, sein Verwerfungsurtheil mit? Sein eigener Grundsaß der Schriftauslegung, sofern ein solcher vorliegt, behält sogar der Kirche den entscheidenden Ausspruch vor, wenn sie dabei auch nicht als blos äußerliche Autorität gedacht wird; sagt nur, mit welcher Gesinnung die Schrift ausgelegt werden soll, und seht voraus, einmal daß sich der Ausleger der Sprachen und sonstigen Hülfswissenschaften befleißige und sodann daß wahre mit ihnen ausgerüstete Frömmigkeit den richtigen Schriftsinn unfehlbar treffen werde. Im Grunde wird dadurch abermals die durch Forschen und religiöse Selbsterfahrung gewonnene Erkenntniß vom innern Christus und dessen Kundgebungen in der Schrift zum Princip der Auslegung der leßtern erhoben, freilich ohne daß dasselbe deutlich begriffen wäre. Es ist indeß einzusehen und zeigte sich auch bald handgreiflich, wie wenig es bei solcher Unklarheit und Unsicherheit genügen konnte, wenn die Absicht war, eine echte reine und soweit so etwas möglich, unwandelbare Schrifttheologie zu schaffen.

Falsche Aristoteliker.

Jenes Vertrauen auf den religiös bewegten Geist als untrüglichen Leiter in die Erkenntniß der christlichen Wahrheit spricht sich auch in einem abermaligen Angriffe auf die Verchrer des Aristoteles in der Theologie aus, wobei er den Streit der Schule

recht ausdrücklich vor das Volk bringt. Seine Aeußerungen ähneln durchaus den uns aus jenem Schreiben an Lange bekannten, worin er die Erfurter herausforderte. „Hierher mögen auch die erbarmungswürdigen Menschen gehören, die sich mit dem allerfalschesten Titel der aristolelischen Philosophie betrügen und abmühen, während sie den Aristoteles weder selbst verstehen noch zu seinem Verständniß angeleitet werden, die mit falschen und erdichteten Auslegungen die chriftgläubigen Seelen einnehmen und beschweren oder vielmehr äffen, indem sie für Philosophie halten, was keine ist, und von bloßen Possen sich führen lassen." Er erklärt die Poeten und alle Fabeldichter (fabulatores) sammt und sonders für viel glücklicher als die vermeinten aristotelischen Philosophen und Philosophen-Jünger. Jene glaubten doch nicht an ihre Erdichtungen, ergößten sich, wie Augustinus sage, an der Eitelkeit, wogegen diese ihre Fabeln für wahr hielten. Wenn Aristoteles nach meinem Rathe gelesen würde, so könnte ihn ein Mensch von mittelmäßigem Verstande sehr wohl in einem halben Jahre begreifen. Doch müßte man ihn nicht lesen wie man ihn bisher gelesen, mit eben dem und noch größerm Fleiß und Andacht, wie die heilige Schrift, sondern wie ein ander gering und äußerlich Ding, nur daß man ihn wüßte, nicht daß man ihn vertheidigen wollte. Denn wir sind wohl recht durch ihn und seine Lügen (commenta) verführt." Er meint dies schon daraus zur Genüge erweisen zu können, daß das heidnische, der lernäischen Hydra zu vergleichende Thier so viele Sekten und Köpfe habe. Denn da wären Thomisten, Skotisten, Albertiner und die Neueren, so daß Aristoteles vierköpfig und sein Reich in sich selbst zertheilt sei.„Und ist Wunder, daß es nicht längst verwüstet ist: aber es wird gar bald verwüstet werden. Denn wie wäre es denkbar, daß die Wahrheit in dieser Verwirrung so vieler Meinungen sei, die nothwendig falsch sein müssen, da sie wider einander gehen?"

Wie unsicher war indeß auch dieses Kennzeichen! Er stellte freilich jezt noch das Ansehen der Kirche über die Ansprüche der Ueberzeugung des einzelnen Forschers bei der Schriftauslegung, während er der Wissenschaft und individuellen Ueberzeugung schön einen sehr breiten Raum gab. Wenn er aber weiter vorschritt, seine unklar gefaßten Grundsäße über die Schriftauslegung und

die Berechtigung des Geistes bei derselben in ihren Konsequenzen entwickelte, wie leicht konnte dann das Argument, dessen er sich hier bedient, gegen ihn selbst gekehrt werden! Mißachtung der aristotelischen Philosophie, hervorgehend aus doch noch ungenügender Kunde derselben, könnte man darin finden, daß er es für so leicht erklärt, sie inne zu bekommen, eine entweder in sehr eingeschränktem Sinne zu nehmende oder sehr übereilte Behauptung. Das aber erhellt auch hier, nicht sowohl die aristotelische Philosophie an sich selbst ist es, wogegen er streitet, sondern ihre Mißdeutung und ihre Erhebung über die durch sie verdrängte evangelische Wahrheit.

Betrug mit dem Heiligen.

Ueber Betrügereien, die mit falschen Reliquien getrieben würden, war schon seit Augustin und Sulpicius Severus häufige Klage geführt. Er stimmt hier darin ein, indem er zuleht unter den Uebertretern des achten Gebots noch die „Träumer und Ruchlosen" aufführt, die da predigen, „falsche Wunderzeichen und lügenhafte Legenden und die mit unechten Reliquien und erlogenen Visionen die Leute betrügen." Da rühme sich Einer, mit Christo und seiner Mutter geredet und gelacht zu haben.,,Ich glaube, er hat auch mit ihnen getanzt," bemerkt Luther mit Bitterkeit. Ein Andrer gebe vor, etwas von dem Heu zu be= sißen, darauf der Herr gelegen,,,das doch dies Jahr gewachsen und aus der Scheuer gestohlen ist." Er gedenkt noch andrer ähnlicher, aber so schamloser Betrügereien, daß sie vor ehrbaren Leuten kaum erzählt werden könnten, und fügt hinzu:,,und es ist recht, daß die Menschen mit Lügen betrogen werden, die nicht ehren die Wahrheit, 2. Thess. 2, 10. 11. Es geschieht des Dings viel hin und her, und die ungelehrten Priester predigen solche Fabeln: allermeist werden die Dinge gemehrt durch die Mönche, die im Lande umher ziehen. Darzu unsere Hirten und Seelsorger ihre Lust haben an solchen Mährlein und Ablaßverkündigung und dergleichen. Es gefällt ihnen beffer, denn das Evangelium; denn es bringet ihnen etwas in den Beutel, wenn das Volk seine Ohren von der Wahrheit wendet, und sich zu den Fabeln kehret,

2. Tim. 4, 4. Aber wehe, wehe und aber wehe solchen Fabelpredigern! ruft er aus. Hier wäre die größeste Besserung der Kirche Noth').“

Er beschäftigt sich also fortwährend mit Gedanken an eine allgemeine Reformation der Kirche, spricht sie jezt vor dem Volke aus und abermals ist es die Lehre, bei welcher er sie begonnen wissen will. Allein was er sodann zur Besserung fordert, schließt einen Grundsaß in sich, der in jedem Augenblicke wider die Freiheit der Lehre und ihn selbst angewendet werden konnte: so überwiegend war noch das begeisterte Gefühl in ihm und so unklar der Begriff, so weit war er entfernt, das Freiheitsprincip, das er verfocht, in seinen Folgen entwickelt, nur deutlich erkannt zu haben. So nöthig, sagt er, wäre hier eine Besserung der Kirche, daß man gar nichts zu predigen erlaubte, wie fromm und gut es sein möchte, das nicht bewährt und approbirt wäre. Denn unter dem frommen Scheine sind auch jene Fabeln-Ungeheuer eingeschlichen, so daß unsre Prediger in Fabeln und Lügen faft die heidnischen Poeten übertreffen. Ja ich möchte sagen, nicht einmal die approbirten Legenden und Wunder dürfen so gepredigt werden, daß der Brauch daraus kömmt, des Evangelii zu geschweigen. Sie sind nicht die Hauptsache in der zu haltenden Predigt, nicht in der ganzen Predigt abzuhandeln, sondern nur hier und da in's Evangelium hereinzuziehen, wo es der Sache dient." Aber wenn nun die kirchlichen Obern wider seine evangelische Predigt einschritten! Wie konnte er von ihnen ein anderes Einschreiten erwarten, unter deren Schuße die Lügenpredigten durchs Land gingen ?

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In einem anderen Abschnitte erörtert er, wie man sich an dem achten Gebote versündige durch die Lüge, auf welche er hier mit größerer Ausführlichkeit zurückkommt, durch die Schmeiche lei, durch falsches Zeugniß vor Gericht. Seine beredten Aeußerungen über die Lüge, auch die Scherz- und Nothlüge, weisen

1) Gildemeister u. Sybel, Der heilige Rock zu Trier, Vorr.

auf strenge Begriffe, einen lebendigen Wahrheitseifer und einen muthigen Sinn zurück. So verhaßt als die Lüge ist ihm auch die Schmeichelei, und sogleich bemerkt er, daß die höchste Unerschrockenheit und Gesinnungstreue dazu gehöre, sich frei von ihr zu halten. Nach der Welt Lauf,,ist Niemand von diesem Laster frei, ohne der sich zeitlich lässet todtschlagen, und der bereit ist Jedermanns Haß auf sich zu laden, der keinen bösen Menschen fürchtet, wie gewaltig, reich, weise oder gerecht er sei." Denn „entweder muß man der Welt schmeicheln, oder der Welt Haß gewärtig sein, wie uns das in Christo und allen Heiligen genugsam angezeiget wird." Mit einem so edeln, einem so klaren Bewußtsein geht er seinen Weg, der eignen Gefahr entgegen. Darauf spricht der Volksmann: „dies Laster, wiewohl es allenthalben im Schwange geht, hat es doch am allermeisten überhand genommen an der Fürsten und Bischöfe Höfen, denn da findet man die Gesellen, die weiche Kleider tragen und zarte Dehrlein haben. Es ist kein Ort in der Welt, da die Schmeichelei weniger sein sollte, und ist da jeho am meisten und mächtigsten. Denn so der Fürst zum Bösen verführt oder vom Guten abgezogen wird, schadet es allen Unterthanen. Auch ist nichts Schädlicheres in einem Lande, als ein Schmeichler zu Hofe. Was klagen wir über Krieg, Schwert, Waffen? Des Schmeichlers Zunge ist ärger denn alle Schwerter. Darum sollte man sie weit verjagen von den Höfen und ernstlichst strafen." Er erinnert an des römischen Kaisers Alexander lobwürdiges Verhalten gegen Schmeichler, an Diogenes Antwort auf die Frage, welches das schädlichste Thier sei? unter den wilden Thieren ein Tyrann, unter den zahmen ein Schmeichler. Endlich meint er, in der heiligen Schrift fänden sich wohl deshalb wenig Schmeichler, weil die Schmeichelei ein so gar schändliches Laster sei.

Falsches Zeugniß soll man nicht blos nicht reden wider den Nächsten, sondern auch nicht einmal schweigend anhören, nicht zulassen, daß es vom Nächsten geredet werde, sondern den Anklägern und Verläumdern widersprechen, Alles, wie es die rechte brüderliche Liebe erfordre. Die Gefahr, wenn man dem Nächsten so diene, Alles gegen sich zu erregen, vielleicht den Tod erleiden. zu müssen, hebt er noch ausdrücklich hervor. Allein,,das sollst du nicht achten; denn Gott will es also haben, daß wir um sei

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