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nes Worts willen je eher je lieber aus der Welt hinausgestoßen und getödtet werden, und desto eher die Krone der Gerechtigkeit empfahen.“

So wenig Hofmännisches war in ihm, so wenig hatte die Nähe und Gunst des Hofs verlockend oder abschwächend auf ihn eingewirkt, so eng war seine Ansicht vom Leiden des Unrechts mit der Gesinnung des entschlossensten Muths und Handelns verbunden. Noch stand seine schwerste Gefahr und Erprobung bevor; aber diese kühnen Predigten sind schon Thaten, ja Wagnisse, die den Ernst seiner Wahrheitslehre bewähren: fast mit jeder neuen Wendung beschleunigt er das Kommen seiner eigent= lichen Prüfungsstunde. Schon ist ihm auch die Ohrenbeichte zweifelhaft geworden, und er steht nicht an, wenigstens ihrer unbedingten Nothwendigkeit zu widersprechen, ihr Schranken zu seßen. Vor Gott, sagt er, sei Jedermann schuldig, wenn er des Verläumdeten oder Unterdrückten sich nicht annehme, und meine, es gehe ihn nicht an, denn Gott habe die Zunge gegeben, dem Nächsten damit zu dienen in seinen Nöthen; dagegen aber sei es nicht Noth, in solchem Falle dem Priester zu beichten. Zarte hierarchische Ohren konnten Dergleichen ohne Anstoß nicht hören. Und war es nicht in der That gefährlich für die Anstalt der Ohrenbeichte, wenn das Volk öffentlich gelehrt wurde, bei Uebung der Pflicht derselben Unterschiede zu machen?

Neuntes und zehntes Gebot.

Beichtwesen.

Bestreitung des gesehlichen Standpunktes in der Sittenlehre.

Er kommt beim neunten und zehnten Gebot, die er als schon im sechsten und siebenten begriffen darstellt, darauf zurück, und zwar in demselben Sinne und in Verbindung mit sehr entschiedenen Angriffen wenigstens auf eine Seite des Beichtwesens. Man hatte ein Sündenschema bei der Beichte, pflegte zwölf und mehr Arten von Sünden aufzuzählen. Die Sünde geschehe durch Thun und Lassen — mit dem Herzen, Worten und Werfen in den sechs Werken der Barmherzigkeit — wider die fieben Sakramente mit den sieben Todsünden wider die

fieben Gaben des heil. Geistes

wider die acht Seligkeiten

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mit den neuen fremden Sünden wider die zehn Gebote wider die zwölf Artikel des Glaubens wider die zwölf Früchte des Geistes, die drei theologischen, die vier Kardinaltugenden u. s. w. Ihm ist diese Künstelei zuwider, er legt sich ihr durch seine ganze Behandlung des Dekalogs entgegen, hier möchte er sich im Gegensaße zu ihr lieber an die einzige kurze Bestimmung halten: durch alle Uebertretung der göttlichen Gebote. ,, Ich weiß nicht, sagt er, ob es nüße sei zur Beichte, so gar viele Unterschiede der Sünden zu machen. Das Gedächtniß der Beichtkinder wird dadurch beschwert, es ermüdet den Beichtiger, verwirrt, zerstreut, man verdirbt nur die Zeit damit; statt daß Reue in den erstern hervorgerufen wird, denken sie nur daran, die Unterschiede zu behalten. Der ganze Beicht- Wirrwarr (tumultus) hat seinen Ursprung in der Unwissenheit der Lehrer. Die Beichte soll kurz und bündig geschehen.“

Das Evangelium kennt keinen Unterschied zwischen verzeihlichen und unverzeihlichen Sünden oder vielmehr es kennt keine schlechthin unverzeihliche Sünde. Bei der einen, ihrem Wesen nach unermittelten, der Sünde wider den heiligen Geist, die es unverzeihlich nennt, wird eben das Beharren im Bösen vorausgesett, sei es, daß dies Beharren die Sünde ausmachen oder irgend ein bestimmtes Vergehen unverzeihlich machen soll. Dem Geist und Inhalt des Evangeliums zufolge ist die Annahme einer unverzeihlichen oder Todsünde geradezu widersinnig, sofern man darunter eine solche versteht, die nicht bloß den zeitlichen, sondern auch den ewigen Lod, oder die Verdammniß nach sich ziehen müsse, weil sie nicht aufgehoben, nicht vergeben werden könne. Nach dem Evangelium können Unterschiede der Sünden nur gemacht werden je nach den Graden der Schuld oder sittlichen Zurechnungsfähigkeit, der Strafwürdigkeit des Sündigenden. Indem man den evangelisch - ethischen Standpunkt mit dem jüdisch- gesetzlichen vertauscht, hatte man auch den Unterschied der Sünden, statt nach dem sittlichen Zustande des Sündigenden, nach den Gegenständen der Sünde zu bestimmen gesucht, oder aber nach dem Wesen der sündlichen Handlungen selbst und nach ihrem Verhältniß zum Gefeße, womit man eine nur untergeordnete zu sehr einschränkende Regel erhielt. Allein man konnte sie III.

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nun zum Gegenstande des auf denselben gesetzlichen Standpunkt gebauten kirchlichen Bußwesens machen und vor das Forum der priesterlichen Gerichtsbarkeit ziehen. Schon sehr früh unterschied man, nach einer dunkeln Stelle im ersten Johannesbriefe, zwischen verzeihlichen und Todsünden, ohne genau zu bestimmen, welche Sünden den leztern zuzuzählen wären. Das Verzeichniß blieb schwankend, doch war seit dem zwölften Jahrhundert die Annahme von sieben Todsünden herrschend geworden, und man verstand darunter solche, die den Verlust der Gnade nach sich zögen, die Liebe zu Gott, die Grundursache alles Guten im Menschen, zerstörten, ihn von Gott abwendeten und ewige Strafe verdienten. Luther bemühete sich, den ethischen Standpunkt des Evangeliums wiederzugewinnen, wir haben in den Predigten über die zehn Gebote die Anfänge dieser erfolgreichen Bemühungen, wir sehen ihn hier recht ausdrücklich darin begriffen. Er widmet den sieben Todsünden Hoffahrt, Geiz, Unkeuschheit, Völlerei, Zorn, Haß und Neid, geistliche Trägheit einen besonderen Vortrag. Wir erinnern uns, daß er in einer Predigt des vorigen Jahrs am elften Sonntage nach dem Dreieinigkeitsfeste gleichfalls die sieben Todsünden berührte, und zwar so, daß er im Grunde nur die Selbstgerechtigkeit sammt ihren Folgen darunter verstand. Wie äußert er sich hier?

Er erwähnt, wie Einige acht, Andre neun Hauptlaster, Andre wieder anders und ins Unendliche unterschieden, den wahren Sinn der Gebote aber außer Acht gelassen hätten. Die Bestimmung der sieben Todsünden beruhe lediglich auf Willkür, weder auf zwingenden Vernunftgründen noch auf Autorität. Das Wichtigste ist, er hebt den ganzen Wust eben dadurch auf, daß er die Gebote ethisch faßt, statt sie juridisch zu nehmen. Nun gingen sie auf die Gesinnung; die Größe der Schuld wurde von ihr, von der Beschaffenheit des Sündigenden abhängig, nicht von den Gegenständen der Uebertretung, vom Wesen der Sünden; alle jene Unterschiede fielen von selbst in Nichts zusammen, womit denn auch zugleich sein Glaube an das Pönitentialsystem der Kirche immer mehr erschüttert werden mußte. Er hält sich hier noch an die herkömmliche Eintheilung, nimmt die sieben Todsünden, Hoffahrt u. s. w., nach einander durch, doch so, daß er sie als Uebertretungen der Gebote darstellt, die er nochmals ganz wie

im Obigen erklärt. Der Begriff der Todsünde wird nicht näher bestimmt. Gelegentlich kommt er auf die Beichte zurück. Wer sich durch Werke oder mit dem Willen wider das Verbot des Geizes versündigt hat, soll vor Gott darüber klagen und erseufzen, auch dem Priester beichten. Bloße Neigung zur Hoffahrt zu beichten sei nicht nöthig, weil kein Mensch ohne Hoffahrt. Sondern das sollst du beichten, wenn du zu Willen worden bist ihrer Begierlichkeit mit Worten, Werken oder Gedanken. Das Uebrige klage Gott mit heimlichem Seufzen und mit einer verborgenen Beichte in deinem Kämmerlein, daß er durch seine Gnade die alte böse Wurzel in dir ausrotte." Aehnlich bei der Erörterung der fittlichen Trägheit. Sie kann in Beziehung auf alle. Gebote gedacht und begangen werden,,, und als mich dünket, soll man das nicht beichten, denn es ist ein geistlich Gebrechen, das man allein Gott entdecken soll, der da allein Hülfe thun mag."

Schlußbemerkungen.

Die legten Predigten über die zehn Gebote sind am Sonntage Seragesimä und am Mathiastage, also im Februar gehalten. Im August oder September schickte er das Ganze deutsch und lateinisch dem erfurter Freunde, damit Lange, wie er am 4. September schreibt, Etwas habe, dem Volke darüber zu predigen, wenn er wolle,,,denn ich meine die Gebote evangelisch gelehrt zu haben." Wer hätte ihm das Zeugniß versagen mögen? Wo war ein Prediger und Lehrer ihm gleich zu jener Zeit? Ein Hauptgrund des Uebels, das die Welt drückte, lag in der Vielheit der Satzungen, die die Kirche in der Form von Glaubensartikeln und denselben fast gleichgeachteten Schulmeinungen, von Rechtsbestimmungen, kirchlichen und sittlichen Vorschriften eingeführt. Wie oft hat er das Wesen im Papstthume nach allen Seiten bloßgelegt und bitter gerügt, tausend Gebote zu machen und die wenigen einfachen und echten Gebote zu vernachlässigen, Schon seit einem Jahrtausend war darüber geklagt und es war nur schlimmer geworden. So alt als vielfälig waren die Bestrebungen, aus dem fälschlich Eingedrungenen, Unnatürlichen und Verwickelten zum Ursprünglichen, Echten und Einfachen zurückzukom

men.

Sie hatten eben jest wieder angefangen recht lebendig zu

werden. Er trat mit diesen Volksreden in sie ein, und kein Anderer neben ihm verfolgte sie mit so viel Nachdruck, Geschick und Glück. Melanthon rühmte von seinen Vorlesungen über den Römerbrief, er habe darin den Unterschied zwischen Geset und Evangelium gezeigt. Hier sehen wir, wie beharrlich und erfolgreich sein Streben war, von dem gefeßlichen auf den evangelischen Standpunkt zurückzuführen. Seine Lehre, daß die Gerechtigkeit allein aus dem Glauben komme, faßte die ganze Theologie in einen einzigen einfachen Grundsatz zusammen, und enthielt zugleich die einfachste Richtschnur für das gesammte christlich sittliche Leben. Sowohl die Vielheit der Saßungen als tausend falsche Saßungen wurden dadurch über den Haufen geworfen, leicht ließ sich Alles daraus ableiten und danach bestimmen, was Jeder als Glaubens- und Lebensregel bedurfte, und wie trefflich verstand sich Luther darauf, durch Vorgang und That dies anschaulich zu machen, dazu anzuleiten. Welch eine Kunde des menschlichen Herzens und des gemeinen Lebens, der verschiedenen Stände und Lebensverhältnisse entfaltet der Mönch, zu welch einer Unbefangenheit und Freiheit der Auffassung, Beurtheilung und Behandlung hat er im Kloster aus den gedrücktesten Zuständen und Anschauungen sich herausgearbeitet, aus dem,,spekulirenden Leben," dem, im Winkel sißen und sich da mit seiner Andacht kigeln und sich dünken lassen, man size Gott im Schooße." Er war so tief darin eingesenkt gewesen wie nur Einer und die Wiederbefreiung kostete ihn die schwerste anhaltendste Mühe. Die in solchen Gedanken sind, Mönche und Nonnen, reden sehr verächtlich von dem gemeinen Leben in eines Jeden Beruf und Werken; und ist mir selbst sehr sauer worden, ehe mir Gott aus diesem Irrthum geholfen hat. Denn solche Gedanken gefallen der Vernunft wohl, und hält sie für engelische Geistlichkeit; wie Paulus Col. 2, 18 saget." Er kam dem Triebe der Zeit, hinauszuringen aus dem Falschen und Verwirrten, entgegen, zeigte das Ziel, belebte die Kraft und Luft, den gewiesenen Weg zu gehen, sie folgte, er und sie errangen die Freiheit, worin wir leben, was so natürlich und leicht ist, als es schwer war dahin zu gelangen. 1)

1) Auslegg. d. Genefis, zu K. 19, V. 14, Walch I, 1882.

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