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Viertes Hauptstück.

Gelehrtenthätigkeit 1516 bis September 1517.
Reise nach Dresden.

Vorlesungen, theologische Studien und Fortschritte.

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Die Disputation über
Obfie-

Angelegentliche Beschäfti-
Die Auslegung

die Unfreiheit des Willens, September 1516; Luther's Theologie. gen der Richtung Luther's an der Universität. gungen mit der Mystik; Tauler, die deutsche Theologie. der sieben Bußpsalmen, Anfänge der Bibelübersehung, der Wirksamkeit für die deutsche Sprache, 1517. Die Auslegung des Vaterunsers, abermalige Ablaßbestreitung, 1517 gegen Ostern. Reise nach Dresden im Sommer Die Disputation für den Augustinism wider den Scholasticism, September 1517.

1517.

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Vorlesungen, theologische Studien und Fortschritte.

Neben seiner Vikariatsführung und seinem volksmäßigen Wirken hatte seine Gelehrtenthätigkeit ihren Fortgang: Studien und Vorlesungen, Disputationen und schriftstellerische Beschäfti= gungen. Alle diese verschiedenen Thätigkeiten bezogen sich auf einander, wurden von demselben Grundgedanken geleitet, steuerten auf dasselbe Ziel und wurden mit gleichem Eifer getrieben. Der gemeinschaftliche Grundgedanke war der, daß die herrschende philofophirende Theologie die ursprüngliche christliche Wahrheit verdunkelt und entstellt habe, daß diese Wahrheit in der Schrift

wiedergesucht werden müsse und daß nur durch Beseitigung des scholastischen Systems und Herstellung der reinen Schriftlehre zu helfen sei. Dieser Gesichtspunkt leitet ihn offenbar schon in dieser ganzen Zeit, und da war es nun sein, des Gelehrten, Bestreben, die Schriftlehre in ihrer ganzen Reinheit, die Abirrungen der Scholastik immer völliger zu erkennen, die lettere niederzukämpfen, eine echte Theologie auf dem Grunde der Schrift zu erbauen. Hierbei sehen wir ihn dann wieder so rüstig und eifrig, als ob er eben nur Theolog wäre, nur für die Schule und Wissenschaft lebte, und auch die Erfolge find bedeutend. Aus den Predigten war zu ersehen, daß er theologisch fortgeschritten und im Fortschreiten begriffen war, daß er wichtige Begriffe und Lehren heller und tiefer aufgefaßt, von den scholastischen Fesseln sich freier gemacht, noch mehr von der Scholastik sich abgewendet und dem strengeren Augustinism und der Mystik sich zugekehrt hatte. Allein deutlicher, zusammenhängender und völliger läßt sich aus seiner Gelehrtenthätigkeit erkennen, wohin und wie weit er in dieser Zeit wissenschaftlich gelangt war und vordrang. Wir haben seine volksmäßige Wirksamkeit nach ihrer ganzen Bedeutung gewürdigt, indeß war jene das Erste, wovon diese anknüpfend und sich gründend ausging, so daß auch, scheint es, die Betrachtung seiner Gelehrtenthätigkeit hätte vorangestellt wer den sollen. Allein wir haben Angaben und Zeugnisse von ihr, genügend, um sie klar erkennen zu lassen, erst wieder seit dem Ausgange des Jahrs 1516, wogegen die Predigten zum Theil und die ersten Angriffe auf den Ablaß, - das augenblicklich gröBeste, die Spite von andern bildende, andre zum Bewußtsein bringende Uebel, oder doch das größeßte der Uebel, die er zu erreichen vermochte früher waren und doch nicht wohl erst nach der Darstellung von Späterem in Betracht gezogen werden konn= ten. Da dies nun aber einmal früher geschehen mußte, so erschien es zweckmäßig, die Darstellung seiner Wirksamkeit als Prediger bis zu Vorgängen und Vorschritten, welche einen neuen Abschnitt bilden, nicht mehr zu unterbrechen. Es kommt hinzu, daß er eben als Prediger von dem Verschiedensten genährt und erfüllt sich zeigt, wodurch seine Zeit gebildet worden; beschäftigt mit dem wichtigsten von Allem, was die Nation beschäftigte; ihre verschiedenen Richtungen und Bestrebungen, Neigungen und Abnei

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gungen in sich zusammenfassend, und manche schon stärker und schärfer aussprechend, weil sie durchgebildeter ihm sind; Werdendes und Keimendes vorausfühlend und zeitigend, in sich zur Reife bringend, was da wachsen und reifen sollte. Es kommt hinzu, daß er als Prediger das Beste in sich aufgenommen, daß er neben den fortdauernden großen und kleinen Schäden im Innern der Einzelnen und in den engen Kreisen der Familien und der Gesellschaft, gleichsam in einer ob auch noch nicht umfassenden Umschau die großen und größeren, die Zeitentwickelung_hemmenden Zeitübel ins Auge faßte, und daß er unter ihnen auch das beziehungsweis größeste, den letzten Ring in der die Geister niederdrückenden Kette, die verknöcherte und doch tyrannisch herrschende Zeitphilosophie und Theologie nicht vergaß, die wir ihn jekt an ihrem eigentlichen Siße und mit ungetheilter Aufmerksamkeit und Kraft angreifen sehen werden.

Wir dürfen nicht zweifeln, daß er es auch in seinen VorLesungen zu dieser Zeit that, von welchen jedoch nur wenig Genaueres bekannt ist. Wir wissen fast nur, daß er im Oktober 1516 über den Galaterbrief zu lesen begann, allein es hat sich nichts davon erhalten. Wir haben Auslegungen des lettern aus einer etwas späteren Zeit von ihm. Der Inhalt seiner frühesten Vorlesungen über diese paulinische Schrift ist wahrscheinlich theilweis in die spätern Arbeiten übergegangen, wiefern aber läßt sich nicht entscheiden. Der Hauptgesichtspunkt ist darin der Gegensaß der paulinischen Theologie zu der gesehlichen im Katholicism wieder empor gekommenen Richtung des Judenthums. Von einem übrig gebliebenen Bruchstücke aus einer seiner Vorlesungen wird im nächstfolgenden Abschnitte die Rede sein. Löscher spricht von einer Harmonie der Leidensgeschichte, die Luther 1516 oder 1518 ausgearbeitet und die er besige und erscheinen lassen wolle, was jedoch nicht geschehen ist 1).

Zu seinen Angriffen auf die Philosophie und Theologie der Schule rüsteten ihn die eifrigsten und anhaltendsten Studien der

1) De Wette I, 42. Löscher I, 302; II, 583. Löscher nennt unter den lutherischen Schriften von 1517 auch die Auslegung des 110. Psalms, bei Walch V, 1296 ff. Sie erschien jedoch erst 1518. Eine Ausgabe von 1517 ist mir nicht bekannt. Vergl. Walch IV, Vorr. 32. 15

III.

Scholastiker selbst, der Schrift, der Väter, vornämlich Augustin's. Auch über sie ist nur sehr wenig bekannt. In der Schrift von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche (1520) erwähnt er, einst über seinen scholastischen Studien habe ihm eine Erörterung d'Ailly's Gedanken gemacht, die damit schließe, daß die Annahme, auf dem Altare sei wahres Brot und wahrer Wein, nicht aber die bloßen Accidentia, weit mehr für sich habe, wenn nur die Kirche nicht das Gegentheil festgesezt hätte. Er habe sodann gefunden, daß die von der Kirche festgestellte Lehre nichts mehr und nichts weniger als eine thomistische Meinung und von ihrem Urheber nicht durch die Schrift begründet, sondern aus der obenein gerade bei dem betreffenden Punkte gänzlich mißverstandenen aristotelischen Philosophie hergenommen sei, der unglückseligste Bau auf unglückseligstem Grunde. Er habe dann weiter unbedenklich der Ansicht d'Ailly's sich angeschlossen, da er eingesehen, daß Schulmeinungen Schulmeinungen blieben und durch keine kirchliche Bestätigung zu Glaubensartikeln werden könnten. So weit war er nun freilich jezt noch nicht, wogegen das Erstere, daß d'Ailly's Erörterung ihm Gedanken machte, schon in dieser Zeit vorgegangen sein kann. Wenn es aber auch nicht der Fall, das Angeführte läßt ein Streiflicht auf seine theologische Entwickelung in dieser Zeit fallen. Er verglich die Lehren der Schule mit der Schrift und fand, daß sie sich großentheils nicht auf diese, sondern auf die noch dazu mißverstandene aristotelische Philosophie stüßten. So weit war er. Aber die Kirche hatte sie wieder großentheils bestätigt und die kirchliche Autorität bezweifelte er noch nicht. Indeß lag der Gedanke nahe, sie oder doch ihre Unbeschränktheit eben deshalb in Zweifel zu ziehen, weil sie als christliche Lehre proklamirt hatte, was offenbar nur aristotelische oder falscher Aristoteliker Meinung war1).

Ebenso fand er über seinen augustinischen Studien, daß die Scholastiker auch den Augustin nicht verstanden oder für ihr Lehrsystem mißdeuteten, und sie konnten nicht anders, da sie einerseits semipelagianisch lehrten und andrerseits das hohe Ansehen Augustin's doch nicht in Abrede stellen durften, ja sogar

1) Opp. lat. ed. Jen. Tom. II, 277,

sich darauf zu stüßen suchten. Um daher der Lehre dieses Vaters von dem Unvermögen des freien Willens zum Guten auszuweichen, sagten fie, er rede hyperbolisch davon. Mit ihren Augen hatte Luther ihn anfangs gelesen, er las aber je länger desto selbständiger und seine Ansichten wurden um so entschiedner augustinisch, je mehr er im besser verstandenen Augustin eine Stüße dafür fand. Wir sahen, daß er zwischen dem Lehtern und den Scholastikern noch hin und her schwankte, namentlich in der für ihn bei seinem Gemüthsbedürfnisse doppelt wichtigen Lehre von der Buße. Nach seinen Grundbegriffen konnte eigentlich von ihrem dritten Theile, den Genugthuungen, nicht mehr die Nede sein, er fühlte schmerzlich, daß die Gewissen durch die scholastische Bußlehre verwundet, statt geheilt würden, allein er wußte sich nicht entschieden von ihr loszumachen. Sie gründeten diefelbe gerade auf eine Schrift Augustin's, von der wahren und falschen Buße, Gratian im Dekret stüßte sich auf diese Schrift, Peter, der Lombarde, hatte sie fast ganz in die Sentenzen aufgenommen. Da ging ihm im Spätsommer, wie es scheint, ein Licht auf. Er mächte die, weiterhin als richtig bestätigte, Entdeckung, daß jene Schrift dem Vater fälschlich zugeschrieben werde, von Anfang bis zu Ende untergeschoben sei. In der Schrift: Von der Beichte, ob die der Papst Macht habe zu gebieten (1521), spricht er von den Schriftverdrehungen, auf welche die herrschende Beichtlehre geftügt worden sei, und auch von jener Unterschiebung. Es hat Einer ein Buch in St. Augustini Namen geschrieben, de vera et falsa poenitentia, welchs im geistlichen Recht und in Sententiis wird sicher aufgeworfen, und ist weniger St. Augustin's, denn mein und dein. Er fuhret auch Augustinum an einem Ort mit Namen und ist so ein grob ungelehret Kopf gewesen, daß er den Spruch Christi (Matth. 10,32.): Wer mich bekennet fur den Menschen, den will ich bekennen fur meinem Vater, darf zum Grund der heimlichen Beicht furlegen, und dergleichen vielmehr. Es ist eben ein Buch fur den Papst und sein Papisten, die nit Bessers werth sind. Ein Esel soll nit Feigen, sondern Disteln fressen. Aber es hat viel Schaden than, und die Beicht fast gestärkt, daß ich sorge, sein Meister liegt drumb in der Höllen am allertiefisten, wo er nit wohl gebußet

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