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(denn ich bin nicht der Apostel Paulus, sondern nur ein Lektor Pauli), ich hoffe aber, der Herr werde mich von meiner Furcht frei machen." In einer um dieselbe Zeit gehaltenen Predigt sagt er unter Anderm: ,,Niemand darf glauben, daß die Pest oder welche andere Heimsuchung mehr aus dem Zorne als dem Erbarmen Gottes komme. Wie jedes andere Ding ist sie an sich nicht gut nicht böse, gereicht aber zum Guten. Gott will uns durch die Heimsuchung zu sich ziehen, uns im Glauben stärken. Scine Güte und Liebe bleibt dieselbe, und wer das fest in Gedanken hat, überwindet die Trübsal. Denn, wie wir glauben und wissen, wenn der Himmel mit Gewölk überzogen ist, daß dennoch die Sonne mit ihrem Glanze bleibe, so weicht Gott nicht von seiner Güte, die da unverändert bleibt, wenn Trübsal über uns kommt und uns Gott verhüllt." 1)

Erasmus blieb klein, so geistbegabt er war: er fürchtete den Tod. Luther wurde groß und stand unbesiegt und unverzagt wider die Weltmacht: er fürchtete den Tod nicht. Er sagt in der Schrift: Db man vor dem Sterben fliehen möge, ohne Bezichung auf sich selbst — doch leidet es die eigentlichste Beziehung auf ihn es gehört auch nicht ein Milchglaube dazu, daß man des Todes gewarte, für welchem sich auch fast alle Heiligen entseht haben und noch entsehen, und wer wollte Die nicht loben, die mit Ernste so gesinnt sind, daß sie des Todes nicht groß achten, sondern sich unter Gottes Ruthe williglich geben, foferne daß es geschehe ohne Gottes Versuchung?" Den Tod nicht fürchten in Kraft einer edeln Ueberzeugung ist Zeichen und Bewährung des Ungemeinen, der Seelengröße, und umgekehrt. Die höchste Stufe, Stärke und Bewährung des christlichen Glaubens ist die, daß er über die Todesfurcht erhebt. Gott schickt dem Glauben zu, sagt Luther in einer Predigt der Kirchenpostille, daß er nicht mit geringen Dingen muß zu schaffen haben, sondern Solches, das alle Welt nicht leiden mag, als den Tod und Sünde, Welt und Teufel." Das geschah ihm jezt. „Denn alle Welt vermag nicht zu stehen wider den Tod, fährt er fort, sondern flichet und erschrickt dafür und wird auch von ihm überwunden; aber der Glaube stehet fest und leget sich wider den Tod und gewinnet

1) De Wette I, 42. Löscher, Reformations - Acta, I, 294.

ihn an, der alle Welt verschlinget. So mag auch kein Mensch der Welt Toben, Verfolgen, Lästern, Schänden, Haß und Neid ertragen; Jedermann weichet und wird matt, sie liegt oben und gewinnt; ohne der Glaube, der spottet ihr dazu und tritt solchs Alles mit Füßen und macht eine Freude und Lust daraus. Also wer könnte den Teufel überwinden mit seinem unzähligen listigen Eingeben, damit er die Wahrheit und Gottes Wort hindert und so mancherlei Irrthum, Verführerei, Aberglauben und Greuel ohn Maaßen aufrichtet? Alle Welt ist gegen ihn wie ein Funke Feuers gegen einen Wasserbrunnen. Also muß sie ihm hierin unterworfen sein. Aber der Glaube ist's, der ihm zu schaffen gibt, und nicht allein unverführt vor ihm bleibet, sondern auch seine Schalkheit offenbaret und ihn zu Schanden machet, daß seine Trügerei gar nichts gilt, matt wird und dahinfällt, wie ihm jest auch geschieht mit seinem Ablaß und Papstthum.“ 1).

Das wurde vorbereitet, ja fing schon an in der Zeit, von welcher die Rede ist. Könnte man besser sagen, worauf die Größe und die Siege Luther's beruhten? Seine geistigen, seine theologischen Fortschritte waren wichtig und nothwendig. Sie hätten freilich nicht fehlen dürfen, von ihnen hing die evangelische Grundgestalt, die Reinheit, die Klarheit und Sicherheit seines,,Glaubens" ab, der an sie sich anschloß. Ein Anderes ist die hingebende Aufopferung des nicht-christlichen Helden etwa aus Kampfeslust, Licbe des Ruhms oder des Vaterlands, oder des finstern, unempfindlichen, von wilder Leidenschaft zerwühlten Fanatikers, oder eines Gregor, der ohne vollen Seelenadel, ungetrübte Redlichkeit und reine Liebe für einen nur halbwahren und halbgroßen Gedanken und in mit Berechnung gemischter Begeisterung kämpfte und duldete, oder endlich der christlichen Helden und Märtyrer, sofern ihr Helden uud Märtyrerthum dem durch die völligste Wahrheit und Reinheit der Anschauung und des Willens verklärten Tode des Erlösers ähnlich ist. Luther's geistige Fortschritte, seine theologischen Erkenntnisse hätten uns nicht weiter gebracht ohne seinen Glauben, sie wären ohne ihn der Welt, wenn nicht verloren gewesen, doch zur Zeit ohne ihren großen Eindruck geblieben. Zu keiner Erkenntniß, keiner

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1) Plochm. XXII, 319. Walch XI, 684.

Wahrheit, keinem echten Fortschritte, keinem Rechte, keiner Freiheit, keinem edeln Gute, so namentlich auch zum Christenthume, seinem Siege, seiner Erhaltung, seiner Läuterung, find die Nationen, ist die Menschheit gelangt, ohne Hingebung Derer, die den Tod nicht fürchteten, ohne den Glauben, der über die Todesfurcht und alle Welt und aller Welt Verfolgen, Schwachheit, Unkraft erhebt. Diesen Glauben hatte Luther jest errungen, in großen Kämpfen, und er war dem des Erlösers ähnlich, die höchste Blüthe seiner geistigen Ausbildung, zumal seiner Schriftstudien, gefärbt von der edeln Mystik, aus welcher er mannichfache Nahrung sog, wie wir das bei Luther's Entwickelung im erfurter Kloster, seiner Psalmerklärung, seinen Briefen an die Ordensbrüder sahen und auch hier wieder sehen. In diesem Glauben und durch ihn hat er erst sein bestes geistiges und gelehrtes Besigthum zu einer Errungenschaft der Welt, ihr und insbesondere seiner Nation nußbar gemacht, hat er ritterlich gekämpft, trokig widerstanden, fröhlich gelitten, solche Siege gewonnen. Bei diesem Glauben, auf dieser Stufe sehen wir ihn jezt angelangt. Wir haben hier das erste große Zeichen seiner echtesten Größe, seiner besten Entwickelung vor Augen.

Die Erzählung ist vorausgeeilt. Sie muß wieder dahin zurückgeführt werden, wo sie abgebrochen wurde, zu seiner Vikariatsführung, welche, wie wir noch mehrfach wahrnehmen werden, wesentlich zu jener Entwickelung mithalf und in welcher er die Ansichten und Gesinnungen in sich befestigte und stärkte, auf denen die Kraft und die Reinheit des Glaubens ruhete, worin er sich über die Furcht des Pesttodes erhob.

Strenge und Milde in der Ordensverwaltung.

Nur Schonung hat er uns bis jezt in seiner Verwaltung der Ordensangelegenheiten gezeigt. Er verstand aber auch Strenge mit Milde zu paaren, einer Milde des Urtheils und Verfahrens, die um so bemerkenswerther ist, weil er gegen sich selbst so streng war, sich selbst so wenig geschont hatte als Mönch und noch schonte. Es scheint und ist ein Zeichen davon, wie viel Weiches und Heiteres in ihm lag, daß ihn eben seine eignen Uebertreibungen

und Erfahrungen zu schonender Beurtheilung und zur Nachsicht statt zu finsterer Härte gestimmt.

Sein freundliches Zureden hatte beim neustädter Prior nicht gewirkt. Nunmehr gebraucht er die Schärfe seiner Obergewalt, doch freilich mit wieviel christlicher Güte und Geduld! Er schreibt ins Kloster zu Neustadt: „Ich höre mit Schmerz, wie ich es werth bin zu hören, daß Ihr, werthefte Väter und Brüder, ohne Frieden und Einigkeit lebt, und obwol in Einem Hause beisammen, doch nicht Eines Sinnes seid, und nicht nach der Negel Ein Herz und Eine Seele im Herrn habt; welch elendes und unnüßes Leben entweder daher kommt, weil die Demuth schwach bei Euch ist, denn wo Demuth, da ist Friede; oder von meiner Nachlässigkeit, oder aber die Schuld liegt auf beiden Seiten, daß wir den Herrn nicht bitten, daß er uns leite. Es irret, irret, irret, der sich und Andere durch seinen eignen Rath zu regieren denkt. Durch demüthiges Gebet und andächtige Inbrunst muß es von Gott erlangt werden, wie Tobias seinen Sohn geleitet: Dein Lebelang preise den Herrn und bitte ihn, daß er deine Wege leite. Weil Ihr nun das nicht oder nicht recht gethan, so ist's kein Wunder, daß Ihr nicht seid geleitet, sondern verhindert worden. Was ist demnach zu thun? Bei einem Leben ohne Frieden ist Gefahr, weil es ohne Christum, ja viel mehr Tod denn Leben ist. Nehmt denn mit heilsamem Gehorsam meine Verfügung an, ob der Herr des Friedens mit uns würksam zu sein uns würdige. Eur ganzes oder meistes Uebel ist, daß Ihr mit dem Haupte, dem Prior uneins seid, was schädlicher ist, als wenn ein Bruder mit dem andern uneinig ist. Daher gebiete ich Dir, Bruder Michael Dressel, Kraft meines Vikariats, daß Du Amt und Siegel zurückgebest." Er ordnet sodann eine neue Wahl an, für die er umsichtige, von sehr genauer Kunde des gewöhnlichen Hergangs zeugende Vorschriften gibt; besondern Nachdruck aber legt er auf die Erinnerung, daß vor allen Dingen an der rechten gottfürchtigen Gesinnung dabei gelegen sei. ,,Wenn Ihr nicht durch Gebet erlanget, daß Ihr regieret werdet, so werdet Ihr weder Frieden noch Glück haben, und wenn der heilge Johannes der Täufer selbst Euer Prior wäre." Indem er vor Allem die Sache im Auge hat, will er doch die Personen nicht niederbeugen, ist sorgfältig bemüht, das Herbe zu mildern,

indem er die Strenge der Amtsgewalt übt. Du sollst auch nicht klagen, daß ich Dich unverhört gerichtet, Deine Entschuldigungen nicht vernommen. Ich glaube sehr gern, daß Alles, was Du gethan, in bester Meinung geschehen; Du hast nur gehandelt nach dem Maße der Gnade, die Dir geworden war. Und ich bin Dir dankbar dafür; gänzlich mißfallen würden mir die Brüder, die Dir nicht dankbar dafür wären. Aber Das ist es, was Dich trösten muß, daß es nicht genug ist, wacker und gottfürchtig für sich zu sein; man muß Frieden und Eingkeit mit den Andern dabei haben, Gar oft mißfallen die besten Werke und werden nach Verdienst verworfen, auf daß der Friede erhalten werde; so viel weniger ist also, was Einer in guter Absicht und mit ganzem Fleiße thut, dem Frieden vorzuziehen, den er dadurch nicht fördert." 1)

Ebenso äußert er sich einmal gegen Lange: „Hüte Dich, nach Deinem Tauler nach beiden Seiten Dich abzusondern; sei dafür ein gemeiner Mensch zu Allem, wie es einem Sohne des gemeinen Gottes, der gemeinen Kirche ziemt." Auch ein paar Schreiben von ihm an den Propst in Leißkau gehören hieher, wo sich kein Augustiner-, sondern ein Prämonstratenserkloster befand. Die Augustiner hatten dort aber Befihungen, und Luther mochte als zeitiger Verwalter derselben mit dem Propfte bekannt geworden sein. Seine Briefe an ihn sind daher keine amtliche, sondern freundschaftlich-berathende, obwol die Anlässe ihrer Absendung in seiner Vikariatsführung lagen, weßhalb sie um so mehr hierher gehören. Der erste vom 17. Mai 1517 enthält eine Weisung, wie sich der Propst gegen einen gefallenen Bruder zu verhalten habe. Er spricht sein schmerzliches Bedauern aus und knüpft die Betrachtung daran, daß ja alle gleich dem gefallenen Adam als Adamskinder Adamswerke thäten, daß man jedoch deßhalb an der mächtigen Hand Gottes nicht verzweifeln dürfe. Die besondern Saßungen des Konvents in Leißkau sind ihm unbekannt. An sie soll der Propst sich unverbrüchlich halten, so scharf sie lauten mögen, es wäre denn, daß sie das begangene Vergehen mit lebenslänglicher Einkerkerung oder gewisser Lebensgefahr bedrohten. Er soll keiner falschen Nachsicht Raum geben.

1) De Wette I, 32.

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