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Erstes Hauptstück.

Die Führung des Ordensvikariats.

Visitationsreisen.

Andere Vikariatsgeschäfte.

Strenge und Milde in der Ordensverwaltung.

Die Pest in Wittenberg.
Geschäftsüberhäufung.

Ergebniß. Gutachten über Staupihens Erhebung zur Bischofswürde. —

Botschaft an das lateranensische Koncil.

Reformatorische Grundansicht. —

Grundsähe über das Ansehen der heil. Schrift.

Visitationsreisen.

Wir begleiteten Luther, nachdem Staupit die Führung des Drdensvikariats während seiner Abwesenheit ihm aufgetragen, auf seiner ersten Visitationsreise bis ins Augustinerkloster zu Grimma, wo sich Staupit von ihm trennte. Er setzte sie allein fort; wir folgen ihm, vergessen dabei aber nicht, wie es in ihm gährte, vergessen nicht die neue Wege sich bahnende Entwickelung, worin er begriffen, die kühnen kriegerischen Gedanken, wovon er erfüllt war, die Aristäosrolle, zu welcher er wider den Meister der Schule und dessen Ansehen sich rüstete, zumal nicht seinen Unwillen über das Wesen in der Kirche, der in Grimma neue Nahrung erhalten hatte, den er noch in sich verschloß, und der eben deßhalb um so mehr geeignet war, Ingrimm, Unruhe und Reizbarkeit in ihm zu erregen, zu erhöhen, den Eifer zu reformatorischem Eingreifen in ihm anzufachen. Zum Lehtern

gab seine Stellvertretung, sein Geschäft Gelegenheit und Aufforderung. Er gerieth von dieser Zeit an in immer heftiger werdende Kämpfe. Haben wir dies Alles vor Augen, so erscheint die Stimmung, in welcher wir ihn auf der Reise finden, erscheint seine gesammte Führung des Vikariats um so merkwürdiger.

ihm geworden

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Wir haben Staupih kennen gelernt als einen Mann von großer Ruhe, Milde und Selbstbeherrschung, mit dem Gleichmuthe einer stillen Herzens- und längerer Welterfahrung die Menschen beurtheilend, die Dinge anschauend und behandelnd, namentlich die Ordensangelegenheiten. Ueber seine Verwaltung der leztern mag zweckgemäß an dieser Stelle noch Einiges hinzugefügt werden. Zu Luther ein Zeichen, wie vertraut er mit sagte er einst, in den ersten drei Jahren habe er nach der Strenge regieren wollen, sich aber vergeblich abgemüht. Im zweiten Jahre habe er regiert nach den Gesetzen, dem Rathe der Vorfahren und Aeltesten, womit es gleichfalls nicht gehen wollen. Da habe er im dritten Jahre angefangen, nach Gottes Willen zu regieren, und dabei Gott fleißig angerufen, und dennoch sei der Erfolg bisweilen ausgeblieben.,,So that ich, was ich thun konnte, schloß er, weil ich an allen eingeschlagenen Wegen verzweifelte. Denn wiewol Gott haben will, daß man ihn anrufen soll, erhört er uns doch eben nicht nach unsern Gedanken, wie wir es begehren, in welchen wir ihm gar schönen und klugen Rath vorzuschreiben pflegen." In der Auslegung des Predigers Salomo erzählt Luther, Staupig hätte in seinem Vikariat gern lauter auserlesene Leute zu den Ordensämtern gehabt, sie aber nicht haben können, und darum ein „,fein Wort" gebraucht:,,Man muß mit den Pferden pflügen, die man hat: wer nicht Pferde hat, der pflüget mit Ochsen. Es gehet also in der Welt zu." 1)

Schen wir nun Luther an in seiner Vikariatsführung, so glauben wir Staupit vor uns zu haben. Zu den vornehmsten Geboten der Ordenssaßungen, zu den vornehmsten Uebungen des Mönchslebens gehörte Selbstbeherrschung. Wieviel hatte die Schule, die er durchgemacht, bei ihm gewirkt!

1) Ausleg. d. Genesis zu Kap. 41, V. 45; Walch II, 2062. Ausleg. d. Pred. Sal. zu Kap. 5, V. 7 f. Walch V, 2189.

Aber auch Heftigkeit war ihm angeboren, Kraft, ja Ucberkraft sein Erbtheil der Natur; und mag diese, und wie weit mag sie jemals überwunden werden? Hätte sie bei ihm, zeither durch die Regel des Mönchsgehorsams bezähmt, nicht jeßt hervorbrechen sollen, wo er die Zügel in die Hände bekam? Er hatte Staupigens Ordens - Regiment vor Augen, lernte von ihm, hegte Liebe und Hochachtung gegen ihn und nahm um so lieber und leichter von ihm an. Die Konstitutionen schrieben dem Obern eine Verwaltung der Ordensangelegenheiten vor, wie die von Staupiß und nun auch die von ihm selber war. Allein wie deutlich und bestimmt eine Vorschrift sein mag, sie wird von Verschiedenen doch stets verschieden ausgeführt werden. Wie sehr jemand gesonnen sein mag ein lebendiges Vorbild nachzuahmen, das lettere und der Nachahmende werden doch stets Verschiedenheiten zeigen und zwar um so größere, je mehr Ungleichartigkeiten zwischen beiden stattfinden. Nun waren aber große Verschiedenheiten Staupizens und Luther's, der wichtigen der Jahre zu geschweigen, doch längst hervorgetreten. Längst hatte Luther aufgehört von Staupig vorwaltend bestimmt zu werden. Er hatte eine Richtung auf That und Leben, ein nachdrückliches umgestaltendes Eingreifen, ein kriegsmuthiges Feuer, eine Stärke der Leidenschaft gezeigt, wovon Staupig eben nichts hatte. Sollte man nicht meinen, er würde die jest in seine Hand gelegten Sachen mit einem jugendlichen reformatorischen Eifer anfassen, zumal dieser mit so vielen und großen Verderbnissen in Berührung kam, woran er so leicht sich entzünden und erweisen konnte? Doch ganz anders erscheint Luther in seinem Vikariat als der Doppelgänger Staupißens, ja ohne alle Spur, daß ihn die ruhige Haltung und Milde Mühe gekostet, daß er sich bewußt in sie hineingelebt, sie gegen seine Art sich angeeignet hätte. Nur mit halber Gewalt hatte ihn Staupiß in das thätige Leben zurückbringen können, bald darauf sahen wir ihn mit dem lebhaftesten Drange hineingreifen, Alles um sich her erregen, und hierzu stand nun wieder die Stimmung im auffallendsten Gegensahe, in welcher er auf die Ordensbrüder einzuwirken suchte. So war er als Prediger keineswegs Eiferer, nur daß bisweilen eine Flamme innerer Gluth der Leidenschaft hervorbrach. Die Anlagen zum Frieden und zum Kriege, Ruhe und stürmischer

Drang, Maß und Feuer, Milde und Heftigkeit: Beides lag in seinem Wesen, icht war er ein Staupit, späterhin der Luther, wie man sich ihn gewöhnlich denkt und der auch in dieser Zeit schon halb und halb in ihm erwacht oder im Erwachen war. Das sind keine Widersprüche, es ist der Reichthum einer ungewöhnlichen Natur. Fragen wir nach dem vermittelnden Bande und dem Urquell vom Einen und Andern in ihm, so finden wir auch hier, was wir von Anfang fanden, Beides entsprang in seiner Frömmigkeit und dem vorherrschenden Zuge seiner Ureigenheit dazu. Sofern sie sich zu begeisterter Ueberzeugung in ihm gestaltete, die das Entgegenstehende als unwahr, gottlos, verderblich erkannte und niederwerfen, die Welt erobern möchte, entzündete sie einen Ungestüm in ihm, der ihn nicht ruhen ließ, die Schule und Kirche zu reinigen von ihrem Aussaß, den Heiden Aristoteles aus den Hörsälen, den Lästerer Tegel von der Kanzel zu verdrängen. Sofern sie zu einem gemüthsinnigen, durch Mystik berührten Glauben bei ihm geworden, erzeugte sie in ihm beschauliche Stimmungen, eine gesammelte Ansicht der Welt und des Lebens, Mäßigung, Sanftmuth und gewissenhafte Treue in der Behandlung der Dinge; machte sie ihn zu Dem, als der er in jenem Briefwechsel mit den Ordensbrüdern sich zeigt und als Ordensobrer sich uns jest zeigen wird. Stets und ohne Ausnahme eines Augenblicks sehen wir ihn in väterlich milder, asketisch ernster, bischöflich würdiger Haltung und Stimmung seine Verwaltung und Oberaufsicht führen, den ökonomischen wie den geistlichen Angelegenheiten gleiche Sorgfalt widmen, das Ganze ins Auge fassen, das Einzelne, Kleinste nicht versäumen, Frieden stiften, die nöthige Strenge üben, anregen und fördern, berathen und lehren, den Anforderungen der Konstitutionen wie der besondern Umstände und Verhältnisse genügen.

Er visitirte nach und nach vierzig Klöster. Zu Ende Aprils begab er sich nach Dresden. Im Konvente zu Altdresden, der jezigen Neustadt, der elf Mitglieder zählte, wies er die Brüder an und ermahnte sie, den Aristoteles und die Scholastiker fahren zu lassen und dagegen Gottes Wort fleißig zu lesen, nicht in ihren Kräften und guten Werken, sondern allein in Christi Verdienst und Gnade die Seligkeit und Vergebung der Sünden zu suchen, und heilig, freundlich und züchtig zu leben. Das war

in allen Klöstern sein Thema und gewiß das nöthigste. Schon Staupizens Aeußerungen weisen darauf hin, wie wenig gut es selbst in den Klöstern cines Ordens stand, der seit langer Zeit so treffliche Obere gehabt. Ermahnungen zum Schriftstudium und Anleitungen zu einer geistigen Frömmigkeit mochten vorzugsweise in Dresden an der Stelle sein, wo der Mariendienst in grassester Gestalt, überhaupt der Katholicism in hoher Blüthe stand, der ihm mehr und mehr als Verirrung, als Abgötterei erschien. Großen Zulauf hatte da seit unvordenklicher Zeit der „schwarze Herrgott“ gehabt. Erst 1512 war der Queckborn vor dem wilsdorfer Thore ins Geschrei gekommen, daß die wunderthätige Maria dort die unfruchtbaren Weiber zu fröhlichen Müttern mache, und so eifrig wurde dahin gewallfahrtet, daß man eine Kapelle baute und dem schwarzen Herrgott großer Abbruch geschah. Große Wallfahrten fanden alljährlich zur Frauenkirche statt, weil ein wächfernes Marienbild in ihr aufbewahrt wurde, von welchem man viele Wunder erzählte, das insbesondere die Kraft haben sollte, Kranke gesund zu machen. Die Dreikönigskirche besaß eine Fußsohle Maria's, zu welcher gleichfalls ein gewaltiger Zulauf war. Dresden stand in kirchlicher Beziehung unter dem Bischofe von Meißen, wo Tag und Nacht Vigilien und Horen vom Leiden und der Verklärung Christi, und dem Mitleiden der Jungfrau ertönten, welcher, der großen Göttin," alltäglich Morgenlieder gesungen wurden, wie dies Emser in seiner Lebensbeschreibung des Bischofs Benno (1512) ausführlich schildert.')

Jenes sein Ermahnen und Lehren, Zureden und Anregen war das Wichtigste und Erfolgreichste in seiner ganzen Wirksamkeit als Vikar. Die Folgen davon zeigten sich, als späterhin die Augustiner namentlich auch die des Konvents zu Dresden so eifrig, ja wol ihn selbst überbietend, ihm zustimmten und auch durch Druck und Verfolgung sich darin nicht irre machen ließen. Doch haben sich nur einzelne dürftige Nachrichten über diesen Theil seiner Thätigkeit in den Klöstern, die er besuchte, erhalten; allein eben daraus geht hervor, wie geräuschlos und

1) Lingke, Reisegesch. 28. Leo, Gesch. d. Reform. in Dresden, 3 ff. Hilscher, Altdresden, 16. Hilscher, Von D. M. Lutheri breimaliger Anwesenheit in Altdresden, 7 ff.

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