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Fakultäten und Ständen zu, daß die Händel und lebung oder Praktik, wenn man's in die Hand nimmt und versucht's, macht gelehrter und geschickter, mehr denn das Erkenntniß und die Kunst selbst. Ich zwar wäre nimmermehr zu dem Erkenntniß kommen, wenn ich gleich lange die Bibel hätte gelesen, wo mich nicht die Händel, Ucbung, und der Widersacher Treiben gelehret hätten. Denn ich hatte in der erste mit Darthun und Wagniß Leib's und Lebens die Messe und Möncherey vertheidigt; aber die Zeit, Händel und Uebung haben mich anders gelehret." Wie von späterer, gilt es schon von dieser Zeit. 1)

Wir können nicht zweifeln, daß die Erfahrungen der Vikariatsführung seinen Unwillen über die kirchlichen Mißstände erhöhten, zugleich aber mäßigten und regelten, indem sie ihn vor Läuschungen und innern und äußern Vorspiegelungen schüßten, ihn die Grenzen des Möglichen deutlich erkennen ließen, wofür ihm ein Gefühl angeboren war, wie allen Denen, welche jemals Dauerndes gegründet haben und gründen wollten; ihm noch deutlicher zeigten, wie Zeitübel angegriffen werden müssen, wenn man echte praktische Erfolge sehen will, und ihm die nüßlichsten Fingerzeige gaben, wie es geschicht und anzufangen ist, daß Menschen bewegt und geleitet werden. Ohne Bedenken können wir es auf jene Erfahrungen zum wenigsten großentheils zurückführen, wenn er späterhin, übel angebrachten oder unzeitigen Eifer des Regierens und Reformirens zu zügeln, Marimen ausspricht und einschärft, wie die:,,Wenn Verhinderungen vorfallen, sollen wir uns in Geduld schicken und uns an das gemeine Sprüchwort halten: laß gehen, wie es gehet, denn es will doch so gehen, wie es gehet wer den schweren Stein nicht heben kann, der lasse ihn liegen. Denn es ist nie kein Regiment ohne Klage und größte Beschwerung gewesen; wo Einer will haben summum jus, das schärffte Recht, da folget oft summa injuria, daß Alles drüber zu Trümmern geht; die Bäume wachsen nicht alle gerad, die Wasser fließen nicht alle gerad, so ist das Erdreich auch nicht an allen Orten gleich. Es ist demnach dieses Urtheil wahr: wer nicht durch die Finger sehen kann, der taugt nicht zum Regieren. Man muß im Regiment viel vertragen und

1) Tischreden, Walch XXII, 69.

durch die Finger sehen und dennoch nicht alle Dinge lassen hingehen; wer in einem Regiment ist, der soll auch nichts Geringes verachten“, u. s. w. Noch klarer liegt der Zusammenhang in mancher Stelle seiner Auslegung des Predigers Salomo vor, einer eines Königsbuchs vollkommen würdigen Auslegung; denn nicht blos ein Sprachmeister, sondern ein Gelehrter, mit einem Fürstengeiste begabt, legt da die Gedanken eines erfahrnen Regenten auseinander. Da sagt er z. B., die Salomonische Fürstenweisheit preisend, die nur von Denen geglaubt werde, die ein wenig weltkundig, auch in Regimenten und Händeln gewefen:,,Welche noch unerfahren und in Jugend- oder Schulgedanken stecken, die wünschen immer, daß eitel Pauli sollen predigen, eitel David Fürsten, Könige, daß alle Richter treu und gerecht wären u. f. w., merken aber nicht, daß keines Menschen Weisheit es dahin bringen wird, daß die Welt des Teufels Reich ist, daß es sogar wohl und rein in ihr nicht kann zugehen, und daß, wo etwas Gutes ist, sonderlich von Gott ist: das erfahren und wissen Die allein, welche andere Leute regieren sollen. Ich habe selbst in kleinen Sachen erfahren, daß es wahr ist. Denn in Klöstern, in der Möncherei habe ich gesehen, wie ganz ungeschickte Leute man mußte zu Aemtern brauchen, welches man doch nicht ändern konnte." ")

Gutachten über Staupihens Erhebung zur Bischofswürde.

Der Kurfürst ging damit um für Staupit ein Bisthum auszuwirken. Luther hatte davon auf seiner ersten Visitationsreise schon von Staupizens Schwester, die Aebtissin zu Eisleben war, gehört. Als er in den ersten Tagen des Juni nach Wittenberg zurückgekehrt war, fand er ein Schreiben von Spalatin vor, in welchem ihn dieser von dem Vorhaben des Kurfürsten in Kenntniß sette und seine Vermittelung in Anspruch nahm, was

1) Ausleg. d. Genesis, zu Kap. 41, V. 45; Walch II, 2062. Tischreden, Walch XXII, 555, 558, 2381. Ausleg. d. Pred. Sal. zu Kap. 5, V. 7 f. Walch V, 2188 f.

aus dem Schlusse des Antwortschreibens Luther's hervorzugehen scheint. Die Sache war die erste; mit welcher er sich nach seiner Rückkehr beschäftigte, und steht in mehr als einer Beziehung zu seiner Verwaltung des Ordensvikariats, weshalb sie an dieser Stelle zur Sprache gebracht wird. Zum bessern Verständniß des Nachstehenden ist noch Folgendes zu bemerken. Man muß annehmen, daß sie besonders eifrig von Degenhard Pfeffinger betrieben wurde, der, ein Bayer von Geburt, ein gewandter, weltkluger Mann, Friedrich nach Jerusalem begleitet hatte, zu dieser Zeit sein Geheimrath und vertrauter Günstling war und auch vielfach von ihm bei den etwas später beginnenden kirchlichpolitischen Unterhandlungen gebraucht wurde. Dagegen waren ihm die Landstände und Luther wenig gewogen. Iene reichten Beschwerden über ihn ein und Luther klagt gleichfalls mehr als einmal über ihn. Auch ihm scheint er als ein Fürstendiener zuwider gewesen zu sein, der als Finanzmann ein Verdienst darin suchte für seinen Herrn soviel Geld als möglich herbeizuschaffen und zu geizen, der die mildern Ansichten und Absichten des Kurfürsten nicht selten zu durchkreuzen und zu vereiteln wußte. Dies tritt jedoch jezt noch nicht hervor, wo sich Luther's üble Meinung darauf bezog, daß Pfeffinger Friedrich's religiöse Ansichten theilte, ihn vielleicht auch darin bestärkte. 1)

Luther beantwortete Spalatin's Schreiben auf der Stelle. Die Sache war ihm eilig gemacht und er erbietet sich auch, wenn etwas darin geschehen solle und müsse, einen Boten nach Köln zu schicken, wohin Staupit, der sich in Antwerpen befinde, die für ihn bestimmten Briefe zu senden angeordnet habe. Allein mit dem Vorhaben des Kurfürsten selbst ist er durchaus nicht einverstanden. Er mißbilligt entschieden Spalatin's Zureden und kündigt geradezu an, er werde zum Gegentheil, oder doch wenig= stens so rathen, daß Staupit zweifelhaft werden müsse. Er läßt Spalatin die Gerechtigkeit widerfahren, zu glauben, daß sich derselbe vom Gefühle der Freundschaft leiten lasse, meint aber, es nehme sein Urtheil gefangen. Sodann sagt er ihm auf den Kopf zu, er berede Staupiß, um dem Fürsten gefällig zu sein, und fährt darauf fort: „Ich aber will schlechterdings nicht, daß

1) Seckend. I, 20. De Wette I, 135.

der ehrwürdige Vater einwillige, weil es Deinem Fürsten also gefällt. Dem gefällt Vieles und glänzt ihm gar schön in die Augen, was Gott mißfällt und zuwider ist. Keineswegs will ich leugnen, daß er in weltlichen Sachen der Allerklügste ist, in denen aber, die Gott und der Seelen Heil angehen, achte ich ihn samt Deinem Pfeffinger für siebenfach blind. Ich sage das nicht im Winkel, als ein Verleumder, will auch auf keinerlei Weise, daß Du es geheim halten sollst, bin bereit, es Beiden bei jeder Gelegenheit ins Gesicht zu sagen. Wenn ich gewiß wäre, daß das Vorhaben mit Staupit aus Gott käme, so möcht ich, daß Dein Zureden Feuer, er Stoppel würde. Aber, bester Spalatin, diese Zeiten sind die glücklichen nicht, daß es eine Glückseligkeit und nicht vielmehr das größeste Elend wäre, Bischof zu sein, d. i. griechisch, sodomitisch, römisch leben und sein, was Dir selbst hinlänglich bewußt ist, wenn Du das Leben und Treiben. der alten Bischöfe mit dem der jeßigen vergleichst, unter welchen die noch die besten sind, die mit allen Kräften und Listen Krieg führen bei den Gerichtshöfen und daheim eine unersättliche Hölle des Geizes errichten. Und ob er wol gänzlich frei von diesen Lastern ist, kannst Du Bürge sein, daß er, wenn es die Gelegenheit gibt, Nothwendigkeit zwingt (wie jezt hin und wieder geschieht und gesagt wird) in die Wirbel und wüthigen Stürme der bischöflichen Höfe nicht hineingerissen werde?“ 1)

Also: die Meinung von dem Gewicht seines Urtheils und Raths, sein Einfluß war auch bei Hofe schon sehr bedeutend, wie denn auch sein Gutachten den Ausschlag in der Angelegenheit gegeben zu haben scheint. Es wurde nichts aus der Sache. Die beschränkte Frömmigkeit des Kurfürsten, namentlich ohne Frage die Begünstigungen, welche Friedrich der Reliquien- und Heiligenverehrung, den Wallfahrten und Ablässen zu Theil werden ließ, waren ihm höchlich zuwider, und seine Aeußerungen darüber gegen den Hofprediger und Geheimschreiber können als seine ersten Angriffe darauf nach seinem Wiedereintreffen in Wittenberg gelten. Ohne alle hösische Rücksichten, mit männlichem Bewußtsein tritt er dem Fürsten, einem Vorhaben, den Lieblingsansichten und Neigungen desselben entgegen. Von Rücksichten

1) De Wette I, 24.

auf seinen persönlichen Nußen ist er ebenso frei. Wenn Staupit Bischof wurde, so litt es wol keinen Zweifel, wer in Staupißens Stelle einrückte. Er sagt in der Auslegung des 6., 7. u. 8. Kapitels des Johannesevangeliums: „Wenn ich dem Papst hofiren und heucheln wollte, so hoffete ich, ich wollte so schier ein Bisthum und großen Reichthum erlangen als sie" (seine Tadler). Hier lag ihm so Etwas schon nahe genug. Er denkt nicht daran und es ist bemerkenswerth, daß er nie davon gesprochen hat, auch nicht, wo ihm Anschuldigungen des Ehrgeizes besondere Veranlassung dazu gaben. Lockungen der Ehrsucht üben keinerlei Gewalt über ihn. So leicht erwacht in erhöhter Stellung, über dem Befehlen, dem Besiße der Regierungsgewalt in kräftigen Männern, herrschsüchtigen, wie solchen, die einen brennenden Eifer hegen, zu bessern, gewonnene Erkenntnisse und Ueberzeugungen zu verbreiten, die Liebe der Macht. Jener Eifer, die Kraft seiner Ueberzeugungen und das unabweisbare, drängende, so lebendig, wie als hochwichtig von ihm erkannte Bedürfniß, bei einem festen Punkte stehen zu bleiben und zu sammeln, das richtige Bestreben, eine feste kirchliche Gemeinschaft zu gründen und zu erhalten, das Zerfallen und Verkommen der Evangelischen in Sekten und Sektenwesen zu verhüten, die tief empfundene Nothwendigkeit der Einheit und Ordnung und endlich ein jeweiliges Verfehlen der Grenzlinie, welche die Ansprüche der Gewissen der Einzelnen und der öffentlichen Ordnung scheidet, hätten ihn späterhin fast ebenso verführt, wie manche große Hierarchen vor ihm, und leiteten ihn bisweilen zu einem Auftreten, das seinen eignen Selbstbestimmungs - Grundsäßen wie seiner eignen Uebung der Freiheit widersprach, und um so auffälliger und widriger erscheint, weil er nie aufhörte, der lehtern das Wort zu reden, fie zu fördern und Streiter für sie zu sein. Wir sollen dies wohl beachten, um daraus zu lernen, haben aber um so weniger ein Recht zu vornehmer Rüge, da wir nach dreihundert Jahren jene Grenzlinie noch immer nicht erkannt oder festgestellt und die jeweilig erkannte so oft überschreiten, jene Fehler so oft begehen und begehen sehen, so oft Gewalt wider Gewissens- und Geistesrecht üben und erdulden, troß Erfahrung und Schaden und ohne daß bei uns der Gewaltübung Drang und Noth der Verhältnissse und innere Ansprüche des Herrscherthums entschuldigend

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