ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Tadel, wie er ihn jezt gegen den Hofprediger und auf der Kanzel aussprach, Unwille, ein Mißverhältniß entstehen sollen? Zu einem solchen kam es nicht, der Unwille blieb aber freilich nicht aus. Was wir darüber sagen können, wird um so deutlicher werden, wenn wir noch einmal zurückblicken. Das Verhältniß, in welches er von Anfang zum Fürsten getreten war, läßt sich wie ein patriarchalisches an. Er war und that nicht wenig für Friedrich's Universität und Residenz, als ein so fleißiger und wirksamer Lehrer und Prediger, indem er Studirende herbeizog, Wittenberg in Ruf brachte. Keine Spur weist darauf hin, daß er sich ein Verdienst daraus gemacht hätte. Friedrich aber übersah es sicher nicht: dazu war er zu billig und zu berechnend. Er vergalt hauptsächlich durch Achtung und Wohlwollen, sodann durch gelegentliche an sich selbst wenig bedeutende Unterstügungen und Gunstbezeugungen, wie wir sie schon kennen. Luther nahm fie jedoch hoch auf. So hatte ihm Friedrich im December 1516 eine neue Bekleidung verehrt. Er erblickt darin eine große Freigebigkeit, drückt seinen Dank in zwei Schreiben an den Pater Jakob, Friedrich's Beichtvater, aus, spricht auch in einem Briefe an Spalatin davon und bemerkt, das Tuch sei zu gut und passe sich eigentlich zu einem Mönchskleide nicht, wenn es kein Geschenk des Fürsten wäre. Wie ihn Scheurl gelobt hat, so Friedrich gegen Spalatin, und er will eben so wenig davon wissen. ,,Was Du schreibst, daß der Fürst meiner oft und mit Ehren gedenke, darüber freue ich mich keineswegs, bitte jedoch, daß Gott der Herr ihn für seine Herablaffung erhöhe. Ich bin nicht werth, daß irgend ein Mensch meiner gedenke, geschweige ein Fürst, und ein solcher und so großer Fürst. Ja, ich sehe und erfahre, daß Die mir am meisten nügen, die meiner am übelsten gedenken. Doch bring dem Fürsten für seine Gnade und Gutthat meinen Dank, obwohl ich weder von Dir noch von irgend einem Menschen gelobt sein will. Denn der Menschen Lob ist eitel, Gottes Lob allein wahrhaftig, wie geschrieben steht. Nicht daß unsre Lobredner zu tadeln sind, aber sie loben Menschen mehr als Gott, dem allein Lob, Ehre und Nuhm gebührt. Amen!"'1)

Er bewunderte also Friedrich, war von Zuneigung und Dank

1) De Wette I, 45.

barkeit gegen ihn durchdrungen, freute sich seiner Gunst; allein wir sehen es bestätigt, er legte keinen sonderlichen Werth auf die lettere, zum wenigsten nicht den mindesten Werth der Art, daß es ihm auch nur von fern in den Sinn gekommen wäre, sich im Aussprechen seiner Ueberzeugung beirren zu lassen, in der Sache oder im Ausdruck zurückzuhalten. Er hatte zu der Zeit schon seinen Ladel über Friedrich herausgesagt, sich mehrfach wider den Ablaß und was damit zusammenhing geäußert, that es nach wie vor, und nun blieb die Einigkeit doch nicht ungetrübt. Friedrich wurde auf die Länge ungehalten, besonders als Luther selbst in der Schloßkirche eben so sprach wie in der Stadtkirche. Luther erwähnt davon in der Schrift Wider Hans Wurst: ,,Solche Predigt hatte ich auch zuvor gethan (vor dem eigentlichen Ausbruche) hie auf dem Schlosse wider das Ablaß, und bei Herzog Friedrich damit schlechte Gnade verdienet, denn er sein Stift auch sehr lieb hatte. ')"

So viel ist aus dem Allen deutlich, Friedrich wußte Luther zu schäßen, hielt sehr viel auf ihn und billigte im Ganzen seine Richtung und sein Auftreten: allein doch nur bis auf einen Punkt, bei welchem ein Nichteinverständniß begann und wo er ungnädig wurde, wenn auch kein eigentliches Einschreiten erfolgte. Jener Punkt war eben der des Ausgangs, welchen Luther's Anfänge und Fortgänge nehmen mußten, der Hauptpunkt, sofern der große Streit dabei anhob. Als ein durch und durch verständiger, gewissenhafter, deutscher Mann empfand Luther tief das Bedürfniß, dem Haupte der Staatsordnung, in welcher er lebte, auch persönlich Zuneigung und Achtung zollen zu können. Friedrich's Persönlichkeit kam diesem Bedürfnisse bei ihm entge= gen, und nun entwickelte sich in ihm die angestammte, germanische Treue gegen den Fürsten, die in der Nation nicht selten so häßlich in demüthelnde Selbstwegwerfung ausartete, zur innigsten Hingebung. Das christliche Gefühl, die Rücksicht auf das apostolische Gebot, um des Gewissens und göttlicher Ordnung willen den Fürsten und Gewaltigen der Welt Gehorsam und Ehrfurcht zu erweisen, trat hinzu. Durch sein Verhältniß zu Friedrich gerieth er von Anfang in eine ganz andere Stim

1) Plochm. XXVI, 51. Hofmann, Leben Lehel's 82.

"

mung und Stellung zur deutschen Fürstenschaft, als Hutten, der freilich auch früh einen Schüßer und Gönner fand, doch an einem so viel weniger ehrwürdigen Haupte, und der noch früher in den bittersten Hader wider einen anderen Fürsten verwickelt wurde. Die deutsche und christliche Art war indeß bei Luther unverdorben, durch und durch echt. Nicht daß er die Treue als Knechtsgesinnung verstanden oder das andere apostolische Gebot, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen, vergessen, daß der Fürst auch nur einen Augenblick überwältigend auf ihn gewirkt, ihn aus der Mannheit und deren Haltung herausgebracht hätte. Es ist bezeichnend, daß gleich die frühesten Aeußerungen, die uns von ihm über Friedrich und dessen Hof aufbehalten worden, rügende find. Nichts däuchte ihm löblicher und lieblicher an einem Fürsten,,,denn daß er frei rede, was seine Meinung sei, und Die lieb habe, so desgleichen thun und sagen ungescheut, wie ihnen ums Herz ist, wo es die Zeit und Nothdurft fordert." Allein es war auch sein Grundsaß — wie er hinzufügt an einem Prediger ist nichts Schändlichers denn hinter dem Berge halten und nicht frei sagen, was er im Sinn hat und seine Meinung ist, sonderlich wenn er Amts halben reden soll." Wir hörten ihn dem Grundsage gemäß vor dem Volke in Wittenberg reden. Das hatte Friedrich indeß nicht gemeint, indem er die Universität in einem so freien Sinne gründete und Männer so abweichender Richtung berief, schüßte, lobte, daß es zu solchen Neuerungen kommen, daß seine eignen Lieblingsmeinungen, Neigungen und Anliegen angetastet werden sollten, und noch dazu in seiner Schloßkirche, von einem Mönche, dessen Ordensobern er ausgeschickt hatte, jene Kirche mit Dingen zu zieren und zu bereichern, die den Zulauf zu ihr zu mehren bestimmt waren, und die Luther troß dem oder eben darum nun um ihren Werth predigte: derselbe Luther, den er berufen, zum Doktor gemacht, dem er so viel Gunst zugewendet. Schon bei den vielen Rügen so mancher Art in den anderen Kirchen war doch Friedrich stets mit getroffen, der der Kirche und der Frömmigkeit im gewöhnlichen kirchlichen Sinne so sehr hingegeben war, und sich in geistlichen Dingen nur so ungern ein eigenes Urtheil gestattete, nicht blindlings glaubte und auch gegen die Geistlichkeit und deren Stimme, Ansprüche, Verhalten mißtrauisch war, aber doch im Ganzen begnügt im gewohn

ten Glauben lebte, den Frieden so sehr liebte, daß ihm auch der edelste und nothwendigste Krieg um die beste Sache unbequem war, und der nun gleichsam herausgefordert wurde, energisch zu denken und zu handeln, sich zu entscheiden, gewissermaßen Partei zu nehmen, aus seiner ganzen eigenthümlichen Art herauszutreten. Gerade über die Heiligen, Reliquien und Wallfahrten hatte Luther, sonst viel milder und schonender, Spott, Hohn und Bitterkeit ausgegossen. Es war in der That kein Buhlen um Fürstengunst, ja verlegend, rücksichtslos, konnte wol gar rüge und strafwürdig erscheinen, wenn Friedrich geneigt war empfindlich oder unschonend zu werden. Aber darum kümmerte sich Luther nun eben nicht, und auch seine Pietät und Gutmüthigkeit brachte ihn auf solche Rücksichten nicht, wenn er auf der Kanzel „,,an Gottes Statt" stand; überhaupt, er kümmerte sich, indem er studirend und docirend, disputirend, predigend seine Richtung verfolgte, ganz und gar nicht um den Fürsten, hoffte und fürchtete für seine Bestrebungen und Erfolge nichts von ihm, ging, was seine innere Entwickelung und seine daraus hervorgehende Wirksamkeit betraf, ohne alle Rücksichten auf Menschengunst oder Abgunst, die ihm eher unlieb war und unförderlich däuchte, ohne alle Berechnung seinen Gang, allein seines Glaubens lebend, allein in Gott stehend.')

Persönlich war er dem Kurfürsten in dieser ganzen Zeit in keiner Weise nahe getreten. Er hatte ihn nicht ein einziges Mal gesprochen, kaum von Angesicht gesehen. Friedrich hatte es vermieden ihn zu sich zu bescheiden. Er verlor doch viel durch seine vornehme oder mißtrauische Zurückhaltung, aus welcher er auch nicht heraustrat, woraus wir abnehmen können, daß er zwar von Luther angezogen und ihm geneigt war, aber doch keineswegs zu den völlig Gewonnenen gehörte. Luther dachte nicht von fern daran, jemals sich zu bemühen, bei ihm vorgelassen zu werden. Einer Fürbitte erwähnend, die er bei ihm eingelegt, äußert er in einem Schreiben aus dem Jahre 1522 gegen Spalatin: ,,Ich habe von Natur Unluft zum Hofe, und es wird mir deshalb angenehm sein, wenn ich da auch nicht einmal mit Briefen etwas zu schaffen habe." Sein Verhalten in dieser Zeit läßt

1) Tischreden, Walch XXII, 1858.

[ocr errors]

deutlich erkennen, schon jezt war die Sinnesart in ihm lebendig, die er, als die Gefahr seiner Sache und Person am größesten war, gegen denselben Freund so muthig ausdrückte: „Ich freue mich, daß Du einmal siehst, daß der Deutschen Hoffnung vergeblich ist, daß Du lernst Dich nicht verlassen auf Fürsten. Es ist mit Nichten der Fürsten dieser Welt Werk, das Wort Gottes zu schüßen," u. f. f. Man liest es aus den erwähnten Aeußerungen gegen Spalatin über Friedrich's Lobeserhebungen heraus, daß schon in dieser Zeit Gedanken in ihm lebendig waren, wie die, welche er in seinem nachfolgenden Leben gern aussprach: Gott achtet Könige, Fürsten und Herren, wie die Kinder eines Kartenspiels achten. Weil sie spielen, haben sie es in ihren Händen, darnach werfen sie es in einen Winkel unter die Bank, oder ins Kerich. Also thut Gott auch mit den Potentaten: weil sie noch im Regiment sind, hält er sie für gut, aber so bald sie es übermachen, so seßt er sie vom Stuhl, stürzt sie, und läßt sie da liegen. Es sind nicht ärmere Leute auf Erden denn die Fürsten und Herren, darum hat auch unser Herr Gott nicht vergebens so fleißig befohlen die Obrigkeit zu ehren und für sie zu bitten.“ Mit einem Worte, er wurde nicht erst nach dem Bauernkriege ein unendlich ergebener Diener seines Landesherrn, er war es jezt schon; nur freilich mußte der Fürst ihn gewähren lassen, und so blieb es. 1)

Beziehungen zu Erasmus.

Er lebte ganz in seinen auf eigne hellere Erkenntniß und auf Herstellung der Lehre gerichteten Bestrebungen. Allein wenn diese gelingen sollten, so durfte es an Einigung der auf denselben Punkt gerichteten Kräfte nicht fehlen. Im Großen und Ganzen wäre noch nichts gewonnen gewesen, wenn sie in Wittenberg, doch hier allein, zum vollständigsten Erfolge geführt hätten, dessen Dauer außerdem in Frage gestanden haben würde, wenn die kirchlich - scholastische Theologie anderwärts ihre Herrschaft be= hauptete. Die neue wittenberger hätte sich nimmermehr gegen sie halten können. Luther erkannte dieß, er fühlte jezt wenig

1) De Wette II, 178. Tischreden, Balch XXII, 1857.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »