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fein Vermögen gewiß sehr richtig, und nühte eben durch sein Verhalten der gemeinschaftlichen Sache am besten. Er hatte noch genug und übergenug damit zu thun sich in seinem engeren Kreise festzusehen. Den Theologen der neueren Richtung wurde. es gar nicht leicht, sich wider ihre noch immer zahlreichen und gefährlichen Gegner zu behaupten. Man mußte sich zu vereinigen suchen. Ein Streit im Heerlager der Gleichstrebenden konnte leicht Alles verderben. Im Kampfe wider die Erfurter oder Ingolstädter war er mit den Wittenbergern überlegen. Sie waren der Scholastik nicht weniger Meister als Jene, die sich auf die Schrift und den Augustin fast gar nicht verstanden, worauf die neue Theologie ruhete. Einem Kampfe mit Erasmus wäre aber Luther sammt allen Wittenbergern jezt bestimmt noch nicht gewachsen gewesen. Nicht von fern hätte er es mit ihm aufnehmen können: so sehr war ihm Erasmus selbst noch in der Schriftauslegung, der Theologie überhaupt, und noch weit mehr in allge. meiner Bildung und Gelehrsamkeit, in der Kunst der Bestreitung, in Gewandtheit und Unbefangenheit, im Ausdruck überlegen, sein Ansehen noch nicht einmal in Anschlag zu bringen. Griff er Erasmus an, so stellte er sich in eine ganz unhaltbare Mitte, wurde wahrscheinlich auf die Seite der veraltenden Gelehrsamkeit, des Rückschritts zurückgeworfen und dort obendrein schlecht aufgenommen; so standen die Humanisten, die an anderen Universitäten die zunftmäßige Gelehrsamkeit ob auch von anderen Standpunkten aus bekämpften und herunterbrachten, so stand der ganze Reuchlinistenbund wider ihn; selbst von den Wit: tenbergern wären ihm wol nur wenige gefolgt, er hätte den ganzen Kreis seiner Freunde an sich irre gemacht, gegen sich erregt, ohne daß er die Sicherheit und Kraft in sich gefunden, solchen Hindernissen Troß zu bieten, zumal da er seine Kraft noch nicht kannte. Das aber ist gleichfalls jetzt schon klar, daß es sich zwischen den Beiden nicht blos um Meinungsverschiedenheiten handelte, die auch wol hätten ausgeglichen werden können; daß bei vielfacher Gleichheit ihrer Ziele und Bestrebungen der geistreiche berechnende weibische Niederländer und der den Lod verachtende Augustiner sich ewig fern bleiben und daß sie in of fenen Streit gerathen mußten, wenn die Bewegungen, deren Vorkämpfer sie waren, ihren Fortgang hatten und in einander grif

fen, während sie selbst noch an der Spize standen und stehen bleiben wollten.

Dieser Gegensah, diese Nothwendigkeit wird uns noch deutlicher werden, wenn wir auf Luther's Verhältniß zu den Humanisten und zur reuchlinischen Fehde und deren jeßigen Stand hinblicken. So eben erst kam Mehreres vor, wobei uns nicht entgehen konnte, daß er fortwährend lebendigen Antheil nahm, obwohl nur zuschauend. Sein ganzes Verhältniß zu Erasmus deutet schon darauf hin, daß er in völligem Einklange sich keineswegs befand. Es wird sich sogleich noch mehr zeigen, wenn wir auf die Dunkelmännerbriefe und dann auch noch ein Mal auf Erasmus zurückkommen.

Verhältniß zur Neuchlinistenfehde, den Humanisten (Luther und Hutten).

Leo X. hatte sich über die Wirkungen des Mandats, das er in Reuchlin's Sache ergehen lassen, getäuscht. Es stellte Hochstraten und die Dominikaner nicht zufrieden, zu deren Gunsten es erlassen war. Hochstraten ließ sich in Rom noch eine arge Frechheit zu Schulden kommen, mußte aber freilich still und nicht ohne Schimpf nach Deutschland zurückkehren. Hier war die Bewegung unter den Gelehrten und im gebildeten Publikum im vollen Gange, auf deren Beschwichtigung Leo gleichfalls beim Erlasse seines Mandats gerechnet, über welches jedoch Reuchlin und dessen Freunde nicht weniger erzürnt waren. Die Dunkelmännerbriefe, deren wir schon gedachten, wurden so begierig gelesen, daß noch 1516 eine zweite und eine dritte vermehrte Auflage davon, 1517 ein zweiter Theil, an welchem wol Hutten den größeren Antheil hatte, ebenfalls in verschiedenen Ausgaben · erschien. Im März dieses Jahrs wurden sie durch eine päpstliche Bulle zum Feuer verdammt und ihre Verfasser, Drucker, Verbreiter und Leser mit dem höchsten Kirchenbanne bedroht. Sie wurden um so mehr gelesen und veranlaßten 1516 und 1517 eine große Anzahl von Schriften in Versen und Prosa, in welchen Hochstraten und sein Anhang gleichfalls und in ähnlicher Weise angegriffen und gelegentlich Vieles zur Sprache gebracht wurde,

dessen Enthüllung und Erörterung für die mönchisch- hierarchischen Anliegen nur bedenklich sein konnte und sehr geeignet war die öffentliche Meinung in Deutschland in ihrer abneigenden Richtung zu bestärken und aufzuklären und immer Mehrere zur Theilnahme an Dem heranzuziehen, was die gebildeten Kreise so lebhaft bewegte: die Geheimnisse der römischen Frömmigkeit und Regierungskunst, die wahre Bewandtniß, die es mit Huffens Verdammung und mit allen Verkeherungen und Keßergerichten habe oder gehabt habe, Ansichten und Aussprüche älterer Widersacher der kirchlichen Ausartungen, die politischen Angelegenheiten der Nation, starke Anregungen des Nationalgefühls, allewege des gefährlichsten Feindes der römischen Beherrschung und des Pfaffenthums. Hochstraten befliß sich, Lügen über die Vorgänge, bei denen er so sehr betheiligt war, in Rom auszuftrcuen, und nun erschien zu Rom selbst eine dem Kaiser zugeeignete Vertheidigung Reuchlin's von dem römischen Prälaten Georg Benignus de Salviatis. Reuchlin ließ sich gleichfalls noch einmal vernehmen, obwohl er sich in einer gedrückten Stimmung befand. Das päpstliche Mandat gestattete Wiederaufnahme seines Processes zu jeder den Dominikanern günstigen Zeit und eine solche konnte allerdings gar wohl kommen. Dagegen erhielt er mehr und mehr Beistand und ermuthigenden Zuspruch von allen Seiten her, aus Deutschland und allen andern Ländern. So schrieb ihm Hutten im Januar 1517:,,Ich habe einen großen Theil Deiner Last auf meine Schultern genommen, schon lange bin ich damit beschäftigt ein Feuer anzuzünden, das wie ich hoffe zur rechten Zeit auflodern soll." Er hatte seit 1515 außer dem Strafgedichte wider Reuchlin's Feinde bis um diese Zeit noch mehr Aehnliches ausgestreut, eine an den Kardinal Hadrian gerichtete Intercessio, eine Invektive gegen Pfefferkorn u. s. f. Ebenso war nun auch Pirckheymer, wie wir hörten, öffentlich für Reuchlin auf den Kampfplak getreten. Hochstraten ließ seinerseits eine Schmähschrift wider Reuchlin und dessen Vertheidiger drucken, doch ohne anderen Erfolg als den, daß sich die öffentliche Meinung nur noch lauter wider ihn, seine Umtriebe und seine Parthei erklärte. ')

1) Erhard a. a. D. II, 380 ff. Münch, Hutten's Werke, II.

An dieser öffentlichen Meinung hatten auch die Wittenberger ihren Antheil. Karlstadt z. B. sprach bewundernd von Reuchlin und arbeitete Briefe an ihn ordentlich aus. Man behielt die Sache zu Wittenberg mit gespannter Aufmerksamkeit im Auge. Der Kurfürst und Spalatin unterhielten fortwährend Verbindung mit Reuchlin. Im Oktober 1516 schreibt Luther mit Befriedigung, Reuchlin's Angelegenheit habe glücklichen Fortgang. Er las die Dunkelmännerbriefe, die ähnlichen fatyrischen Schriften. Allein hierbei ergab sich nun ein beträchtliches Nichteinverständniß. 1)

Er

Auch Erasmus wollte die Dunkelmännerbriefe nicht unbedingt loben. Der reuchlinische Streit hatte eine Wendung genommen, nach welcher von dem Ausgange desselben das Schicksal der ganzen humanistischen Richtung großentheils abhängig erschien. Hiernach hätte er eintreten müssen, er vor allen Andern, der so sehr betheiligt war, so viel vermochte. Allein der Krieg war heftig, die Theilnehmung gefährlich geworden. schaute daher aus einer gewissen Höhe zu, hielt sich unter dem Vorwande fern, er habe, was auch wahr war, mehr und Bleibenderes gethan, als in jenem Kampfe zu Tage gefördert werde, mehr als alle die jungen Männer, die darin ihre Talente ent wickelten; er schien durch sein Beispiel zeigen zu wollen, daß die Wiedergeburt der Wissenschaften nicht nothwendig zu Streitigkei= ten und Parteiungen führen müsse, sondern in friedlicher Stille desto besser gedeihe, wodurch freilich die Thatsache, daß der Streit nun einmal da war und durchgefochten werden mußte, nicht aufgehoben und Reuchlin und der Sache nicht geholfen wurde. Die Dunkelmännerbriefe hatten einen starken Hauch von Verwegenheit, ihre Lesung gab das Gefühl, daß vollkräftige ungestüme Geister, zu Allem entschlossene Männer ein Spiel anhüben, das Wetter und Stürme verkündete, ihre Herausgabe war eine That. Sie konnten daher nicht nach Erasmus' Sinne sein. Es kam hinzu, daß er in ihnen die Feinheit und Besonnenheit vielfach gröblich verlegt fand, die er selbst auch spottend zu behaupten suchte. Ihre Scherze erregten ihm wegen ihrer häufigen Ungeschlachtheit Anstoß, wogegen sie ihn aber doch theilweis so sehr

1) Löscher I, 316 f. 844.

ergößten, daß er wol ganze Briefe auswendig wußte. Gleich mit dem ersten war es der Fall, der ein aristotelisches Gastmahl, den Schmaus bei einer leipziger Magisterpromotion und die anmaßliche Unwissenheit und Kleinmeisterei der leipziger Magister satyrisch abschildert. Luther kannte die Leipziger so viel näher als Erasmus, man sollte meinen, was da über sie erging, hätte ihm ein Gefühl triumphirenden Behagens erregen müssen. Er mußte durch den Brief lebhaft an den Abendtrunk bei Emser und seinen Auftritt mit dem Leipziger erinnert werden. Er hätte weit mehr Grund als Erasmus zum Lesen und Wiederlesen bis zum Auswendigwissen gehabt. Allein so groß seine Theilnahme an Reuchlin's Person und Sache war, die derselben so nüßlichen Dunkelmännerbriefe mißhagten ihm in weit höherem Grade, als sie Erasmus Widerwillen erregten, mißhagten ihm eben so sehr als die Schriften verwandten Inhalts und Tons, die ihm in die Hände fielen, und seine Kollegen pflichteten seinem abgünstigen Urtheile bei. Er schreibt im Oktober 1516 an Lange: „Ich habe die Narrenpossen die Du mir geschickt, erhalten (eine der erwähnten satyrischen Schriften, Tenor supplicationis Pasquillianae). Man sieht mehr als deutlich, daß sie in keinem bescheidenen Kopfe ausgeheckt sind und ganz nach dem Topfe der Dunkelmännerbriefe schmecken. Da ich zu einem Licentiatenschmause eingeladen war, benußte ich die Gelegenheit, sie fast Allen mitzutheilen und Alle waren derselben Meinung." Er schickte die Schrift darauf an Spalatin und schrieb dabei, sie verrathe denselben oder einen ähnlichen Komödianten als Verfasser wie die Dunkelmännerbriefe.,,Ich billige sein Absehen (votum), nicht aber das Werk, das sich Schmähens und Schimpfens nicht enthält. Es wurde auch zur Stunde von Allen verlacht, mit denen ich darüber gesprochen. Siehe denn und lies mit Deiner gewohnten Bescheidenheit." 1)

Auf dem Titelblatte der zweiten Ausgabe des zweiten Theils der Dunkelmännerbriefe heißt es: in diesen Briefen wird fürwahr Niemand beleidigt, außer wer entweder allzufeine Ohren hat oder zu wenig heiteren Geistes ist. Mit dem,,wer allzufeine Ohren hat“ mochten Erasmus und überhaupt Diejenigen

1) Erasmus in Ersch und Gruber, 161. De Wette I, 37 f.

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