ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

und versöhnend zur Seite ständen. Jeht wirkten jene Beweggründe und die Macht der Verhältnisse bei Luther dahin noch nicht, wohin sie in späterer Zeit ihn wol getrieben haben. Keine Spur von Machtliebe gewahren wir bei ihm, so wenig bei diesem Anlaß als bei seiner Verwaltung des Vikariats, so stark in ihm das Bewußtsein auch schon war, daß er zum Herrschen tauge, wie er denn im October 1516 an Lange schreibt, er habe in Neustadt einen andern Prior angeseht, und zwar Heinrich Zwezen, was er deshalb gethan, weil er gehofft, selbst eine Zeit lang dort zu regieren, denn der neustädter Konvent bedürfe drin= gend eines Hauptes. Er mußte doch jezt eine Empfindung dayon haben, daß, wie er einmal sagt:,,wer im Regiment ist, gleichsam ein eingefleischter Gott ist." Er zeigt indeß durchaus keine Neigung, die Ordensverwaltung in seinen Händen festzuhalten. Auch solche Rücksichten der Freundschaft, wie Spalatin sie hegte, sind ihm fremd. Er denkt in Staupißens Seele größer, traut Staupit nicht von fern zu, daß er irgend einen Werth auf eine Aeußerlichkeit lege, wie glänzend sie sei; er wiegt die Bedeutung, welche die Erhebung zur Bischofswürde für den Freund haben könnte, nur nach dem Seelenschaden oder Gewinn ab, der sich daraus für ihn ergeben möchte. Auch für das Beste der Kirche erwartet er nichts davon. Er hält offenbar die Bischöfe für theils ohnmächtig, theils untüchtig und verdorben. 1)

Und da mag es denn auch sein, daß eben seine Reisebeobachtungen diese Ansicht erst noch recht in ihm befestigt hatten, und daß er besser als Spalatin und der Hof Staupik und dessen Ansichten und Neigungen kannte und beurtheilte namentlich Staupizens Ansichten über die Bischöfe und Bischofssite und das Wesen an denselben. Er hatte sich auch darüber gewiß nicht selten gegen Luther geäußert. Einmal von der Abscheulichkeit redend, daß viele Bischöfe von den mit ihren Köchinnen sündigenden Geistlichen ihrer Sprengel eine Art Zins erhoben hätten, erwähnte Luther, Staupiß habe einst einem Bischofe im Scherz vorgeworfen, er wäre der größeste Hurenwirth in Deutschland, denn kein Hurenwirth, auch in dem reichsten Muhmenhause, hätte jährlich über funfzig Gulden an Zins, er aber wol fünfhundert

1) Walch VII, 22, 29; II, 407. De Wette I, 43.

und mehr; worauf denn der Bischof lachend erwidert, ja davon besoldet man die Schreiber in der Kanzlei. Die Antwort des Bischofs zeigt, wie groß, wie offenkundig und ungescheut das Unwesen war; daß ein Staupiß scherzend darauf kam, läßt durchblicken, wie hoffnungslos ihm die Verderbniß erschien. In der Schrift von der Beichte (1521) sagt Luther von den Bischöfen, wie er sie kennen gelernt: „Da sizen ißt unser Bischof, wie die Olgoßen und Maulaffen, als sie Zacharias nennet (c. 10, 2. c. 11, 17), sehen offentlich an allen Orten Tabern, da Vollerei und allerlei Untugend, Fluchen, Unzucht, Mord und Jammer geschicht; da sind gemein Frauenhäuser, da siten offentliche Wucher, Ehebrecher; da sehen sie solchen Übirschwangk der Hoffart mit Kleidern, das nit zu sagen steht; kurzumb, die ganz Welt und alle Ständ offentlich ungezogen sind. Was thun sie? Reiten hubsch Hengst, und tragen gulden Stuck, halten Fürstenhofe; oder sind sie ganz heilig, so halten sie Meß, und beten ihr sieben Gezeit. Aber solch Sund helfen sie stärken mit ihrem Stillsißen; ja mehren darzu nur Feiertag, daß je viel Sund durch ihr Hulf geschehen. Noch meinen die elenden Leut Bischof zu sein, wollens mit horas Lesen, Meßhalten, Stiften wieder bringen, und lassen solchs darnach mit der heimlichen Beicht ausgericht sein. Toll, toll, toll allsampt. Der Teufel hat sie gelehret, den Titel und Schein bischofliches Stands behalten; das Ampt aber abethun; sich zu guter Ruge stellen, die Sach in schriftlich Gesetz und Gebot vorfassen, daß ein Iglicher sich selbs zum Guten trieb. Unser Junkern und geistliche Herrn mussen die Welt regirn, Zinsbucher lesen, und der Kirchen Guter bewahren und mehren; haben viel zu thun, die armen arbeitsam Leut, solchs Prangens und Prassens zu warten, daß Christus Ordnung sich in ihr Wesen nit schicken kann. Drumb mag es fahren, wo es fähret, sein gleichwohl Bischof, eben wie die gemalten Heiligen in Kirchen Heiligen seind. Drumb alle Sund und Unordnung der Welt, ists niemands schuld, denn der Bischof und Päpste, mussen auch dieselben als ihr eigen Sund tragen; daß ich sorg, wilchen Gott zu einem Bischof ist macht, den hab' er schon dem Teufel zu eigen geben." Dieselbe Ansicht, die er in dem Schreiben an Spalatin ausspricht. In der Schrift: Wider den falsch genannten geistlichen Stand dès Papstes und

der Bischöfe sagt er:,,Wenn ist ein Bischof seinen Hut aufseßt, was mag es bedeuten? Etlich meinen, die zwo Spigen bedeuten, daß er die Schrift beides Testaments wohl sollt wissen; aber die zween Bändel bedeuten, daß er derselben keines wisse noch wissen wölle. Denn die höhest Tugend der ißigen Bischoff und Cardinal ist fast die, daß sie auserwählet ungelehrte Köpf sind, und gleich ein Schand worden ist, daß ein Bischoff studiren sollt in der Biblien. Warumb sollt ein Fürst studirn, daß er den Kopf zurbricht? Sind doch sonst Terminarien und Münche gnug? Wohlan, was sind es aber auch, denn nur Larven und Kinderbischoff? ohne daß sie Stein und Holz (Gott Lob) künnen besprengen und beräuchern, ein Holz das ander, und ein Stein den andern; gerad, als wollten sie Gott eine Kirchen und Altar weihen. Wo wollt Gott sonst wohnen, oder wo wollt er fur dem Teufel bleiben, wenn die heiligen Bischoffe nicht die Stein begössen und beräucherten? Also gehet es auch in der Fastnacht, daß Einer ein König ist, und doch nicht mehr denn ein Bauer bleibt." Er zeichnet dann ,,Formen und Gestalt“ echt aposto= lischer Bischöfe. „Aber was sollten solche Form igt? Die päpstische Bischoff haben wohl edler Formen, die weniger Mühe kosten. Welche sind die? nemlich, nichts wissen, ehelichen Stand meiden, und dafur, soviel es gelüftet, Hürlin haben, ein silbern Stab nachtragen, ein köstlichen Hut aufseßen, ein große Platten haben, viel Städt und Land im Sprengel begreifen, hübsche Hengst reiten, Fürstenhöfe halten, Officiales, das ist, Leutschinder nähren, die Seelen mit Bann und Tyranneien morden, und, daß ichs nicht vergesse, den Schild an allen Orten mit Stäben und Kreuzen malen und heften, köstliche Fingerreif und Handschuh tragen, die Stein und Holz an Kirchen mit Weihwasser besprengen, die Kinder firmlen, und die Gevattern freundlich auf die Backen schlagen, so es anders hübsche glatte Meglin sind, doch ohn Leichtfertigkeit, daß nicht jedermann lache; und dieser zarten Formen viel mehr, die allzumal St. Paulus vergessen, oder nicht gewußt hat, und noth gewesen sind durch den allerheiligsten Vater Papst zu erfinden. O idola terrae, et larvae mundi." Sehr ähnlich Hutten in der Klag' und Vormahnung wider den Gewalt des Papsts: wer sein Hab' und Gut hingebe, dem müßte grauen, wenn er daran denke, daß es geschehe, damit ein Bischof

im Lande sei, der statt zu predigen, in Waffen und Harnisch einherreite, mit anderen Herren hadre und Krieg führe, all' seine Sach' auf Wollust lege, und ganz sicher vor dem Papste, wenn dem nur nichts abgehe, wie eine Kuh leben möge.

,,Wie könnt man auch regieren wohl,

Wenn wär das Reich nit Pfaffen voll?
Drum steht es auch so wohl im Reich,

Und g'schicht ei'm jedden recht und gleich“, u. s. w. 1)

Es fehlte freilich unter den deutschen Bischöfen dieser Zeit nicht an einzelnen tüchtigen und wohlgesinnten, deren weiter unten noch erwähnt werden wird; allein sie waren Ausnahmen und es konnte mit der Mehrzahl kaum anders sein als es war. Die Päpste gaben ihnen nur zu oft das schlechteste Beispiel und mußten ihnen ihrer Stellung wegen viel zu gut halten. Die lettere war der Art, daß sie die Trägen, Ehrgeizigen und Habsüchtigen mächtig anlockte, und die kirchlichen Einrichtungen und Verhältnisse begünstigten das Eindringen derselben. Die Bisthümer waren schon seit undenklichen Zeiten, seitdem die Kirchengewalt der Gemeinde abhanden gekommen und die Bischöfe große Herren geworden, nicht mehr nach Verdienst besetzt. Die Päpste und die Kaiser wirkten dabei mit, und hatten dabei hierarchisch - und politisch - selbstsüchtige Anliegen und Zwecke im Auge. Die Domkapitel wählten. Strengem Tadel von Päpsten, wie Gregor IX., und bitteren Klagen der konstanzer Kirchenversammlung zum Troy, ließen die Domherren nur Adelige zu. So waren die Bisthümer im Alleinbesige cines Standes, eines Standes obenein, in welchem soviel Verwilderung, Roheit, Nichtachtung der Wissenschaft, des Rechtes und Friedens, des gemeinen Mannes heimisch war. Die Domherren entzogen sich der Zucht und Sitte, indem sie die Autorität der Bischöfe durch aufgedrungene Wahlkapitulationen einschränkten; sie entzogen sich den kirchlichen Leistungen, indem sie dieselben durch Vikare ausüben ließen. So konnten die Bischofswahlen nur die Ergebnisse liefern, worüber längst die allgemeinste und lauteste Klage gewesen war. Luther

1) Watch XXII, 1401. Plochm. XXVII, 364. f. XXVIII, 150 f. Munch, Hutten's Werke, V, 81.

stimmt nur in sie ein, wenn er sich in der angeführten Weise über die Bischöfe ausspricht, wie er es nicht selten thut. Schon jezt erschienen sie ihm in solcher Form und Gestalt," obwol er, wie wir hören werden, nicht verkannte, daß es an einzelnen Bessern unter ihnen nicht mangle. Kein Wunder also, wenn es ihm ein Elend und gefahrvoll däuchte Bischof zu sein, und wenn er dann so nachdrücklich davon abrieth, Staupiß auf einen Bischofsstuhl zu erheben. ')

Indeß wirkte auch noch ein anderer Gesichtspunkt dabei mit, der aus der Gesammtansicht hervorging, welche er sich über die kirchliche Verderbniß, ihre Ursachen und die Mittel der Abhülfe gebildet der leitende Grundsaß für seine ganze reformatorische Wirksamkeit. Mehres Einzelne leitete schon darauf hin, daß er sich ihn aneigne oder angeeignet, und eben um diese Zeit spricht er ihn bestimmt und vollbewußt aus. Die Veranlassung dazu gab ihm abermals die Vikariatsführung. Um so mehr muß eben hier davon die Rede sein.

Botschaft an das lateranensische Koncil.

Laut einem sehr merkwürdigen und wichtigen Dokumente für seine Entwickelung und Thätigkeit in dieser Zeit muß noch 1516 der oben erwähnte Propst von Leizkau zum lateranensischen Koncile abgeordnet sein. Doch ist darüber nichts Näheres bekannt. Das Dokument, durch welches wir allein Kenntniß von der Sache haben, besteht in einer Rede, welche von Luther für den Abgeordneten ausgearbeitet und bestimmt war, von dem= selben im Lateran vorgetragen zu werden, gemäß dem damals häufigen Gebrauche, die Abgeordneten ́zu Reichs - wie Kirchenversammlungen mit ausgearbeiteten Vorträgen zu versehen. Die Rede kann als eine Art Instruktion gelten und daß der Propst in Leikkau Luther, den Augustiner, veranlaßte sie auszuarbeiten, mag seinen Grund in der freundschaftlichen Verbindung der Beiden gehabt haben, doch zugleich als ein abermaliges Zeichen des

1) Alzog a. a. D. 698 f. Ranke a. a. D. 347. Sugenheim, Baierns Kirchen- und Volkszustände, I, Hauptstück 3.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »