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untersten Ständen. Man sieht schon aus den bekannten Aeußerungen und Geschichtchen von Dem, was Tehel'n hier und da begegnete, daß ihnen die Augen mehr und mehr aufgingen. In Halle freilich, der kurfürstlichen Residenz, wo das Ablaßwesen überhaupt in der höchsten Blüthe stand, machte er noch sehr gute Geschäfte. Er wohnte dort in der Morißburg. Dagegen wollte die Sache in Leipzig dieß Mal keinen rechten Fortgang mehr ha= ben; der Empfang war schlecht. Lehel predigte mehrmals, allein weil er gar zu schamlos war, gar zu deutlich zeigte, daß es ihm nur um das Geld zu thun, bekam er scheele Gesichter;" man bereitete ihm unangenehme Verlegenheiten. Doch scheint ihn der Widerstand, die Besorgniß eines stärkeren Abfalls der Meinung, das Vertrauen auf den Schuß und die Einschüchterungsmittel, die ihm zu Gebot standen, und der Gedanke, die Tadler gerade jezt zum Schweigen bringen zu müssen, eben zu desto größerem Uebermuthe gereizt zu haben. Ein Zeichen davon war es, daß er sich Wittenberg so sehr als möglich näherte, wo Luther, der einzige von allen Predigern und Doktoren weit umher, nicht aufgehört hatte den Ablaß nachdrücklich zu bestreiten; daß er, da ihm der Eingang in den Kurkreis verwehrt war, kursächsische Unterthanen, Wittenberger, nach Jüterbock in seine Predigt lockte, und daß er in dieser sich selbst noch zu überbieten suchte. sagte da u. A. auf der Kanzel, daß er am Karfreitage die Seele des Bürgers Geserick habe in den Himmel fliegen sehen. Anderer Aeußerungen von ihm, die Luther zu Ohren kamen, wird bald gedacht werden. In dem Allen lag des Herausfordernden mehr als zu viel. Daß er es wagte, ist ein sehr natürlicher Gang. Damit daß er diese Bahn beschritt, begann die cigentliche Verwickelung. 1)

Theologische Entwickelung Luther's.

griff der Buße.

Er

Der Be

Luther hatte sehr wohlgethan und richtiges Feingefühl und ein günstiges Geschick hatten ihn geleitet, daß er in Grimma und

1) Ranke 307. Franke, Gesch. der halleschen Reformation, 13, 23. Hofmann 72 Leo, Gesch. der Reformation in Dresden und Leipzig, 9.

noch so lange, ins zweite Jahr an sich gehalten, zuerst gar nichts gethan, der Sache gewisser zu werden getrachtet und das Wesen dann säuberlich auf die Bahn 'gebracht, aber nicht aufgehört es zur Sprache zu bringen. Er hatte sich jezt einen Boden bereitet, auf welchem er schon mit einiger Sicherheit fußen konnte. Er war mit der Volksmeinung und sie mit ihm vorgeschritten, nicht blos. in seinem engeren witttenberger Kreise. Was den Ablaß betrifft, so war er der Sache noch immer nicht ganz auf den Grund, aber doch weit näher gekommen. Jest traf Mehreres so zusammen, daß die Entscheidung daraus hervorgehen mußte. Von wesentlicher Bedeutung für den Gang der Sache wurde zunächst ein Fortschritt in seiner theologischen Entwickelung, zu welchem er eben gelangt war, als Tegel in Jüterbock begonnen hatte.

Wir kennen den engen Zusammenhang der Ablaßtheorie mit der Lehre von der Buße. Staupißens Belehrungen über die lettere hatten ihn wesentlich gefördert, aber doch nicht völlig aufgeklärt. Auch sein Studium der Mystiker, Tauler's und des deutschen Theologen, war dazu nicht ausreichend gewesen: abermals ein Zeichen, daß er sie noch nicht gänzlich durchgearbeitet. Die scholastischen Begriffe hatten ihm noch immer in Wege gelegen und seine Sprachkunde war noch zu mangelhaft gewesen. Eben jezt nun, beschäftigt wie er war in die evangelischen Begriffe und die Grundsprachen tiefer einzudringen, lernte er, daß das griechische Wort uɛtavoia Umwandelung der Gesinnung zur Liebe Gottes und der Gerechtigkeit, natürlich durch die göttliche Gnade, bedeute. Nun erst wurde ihm der wahre Sinn und Zusammenhang der paulinischen Vorstellungen vollkommen klar. Und da ich nun Solchem fleißig nachdachte, schreibt er an Staupit, faßte ich ein Herz zu glauben, daß alle Die geirrt, die die Bußwerke so hoch erhoben haben, daß sie uns von der Buße fast nichts übrig gelassen, außer einige kalte äußre Genugthuungen und die allermühseligste Ohrenbeichte, verführt von dem lateinischen für den griechischen gebrauchten Ausdruck, poenitentia, zu der Meinung, daß Buße mehr gehe auf ein Thun denn auf eine Sinnesänderung, wie es das griechische Wort mit sich bringt."

Nun erst hatte er die vollkommene Uebereinstimmung der staupitischen Vorstellung von der Buße mit der Schriftlehre, in

dieser die volle Bestätigung für jene gefunden; schlechthin falsch erschien ihm die herkömmliche Lehre von der Buße, falsch, schriftwidrig mußte ihm, wenn er folgerichtig fortschloß, die kirchliche Ablaßtheorie erscheinen. Seine Entdeckung erhielt doppelte Wichtigkeit durch die Vorgänge des Augenblicks.

‚Und eben, schreibt er, da mir das Herz von solchen Gedanken brannte, siehe, da fingen an um uns her unversehens zu tönen, ja zu rauschen neue Posaunen und Drommeten von Ablaß und Sündenvergebungen, durch welche wir doch nicht angefeuert wurden zu rechter (geistlicher) Kriegsführung. Kurz, da ward kein Wort gehört von der Lehre der wahren Buße, sondern wie noch nie erhört worden unterstanden sie sich hoch zu rühmen, nicht die Buße, ja nicht einmal die Genugthuung durch die Werke, ihr geringstes Theil, sondern die Erlassung deren schlechtesten Theils. Ueber das lehrten sie gottlose, falsche und kezerische Lehren mit solcher Authorität (wollte fagen Temerität), daß, wer nur im mindsten dawider mucks'te, mußte alsobald ein Kezer, zum Feuertode verdammt, des ewigen Fluchs schuldig sein. Da ich nun ihrer Unsinnigkeit nicht steuren konnte, faßte ich den Schluß fie bescheidentlich anzufechten und auf aller Doc= tores und der ganzen Kirche Meinung gestüßt ihre Lehre in Zweifel zu ziehen. “ 1)

Tehel in Jüterbock. Genauere Kunde.

In der Schrift Wider Hans Wurst, den Hergang erzählend, wie der lutherische Lärmen" und wer ihn angefangen, spricht er noch bestimmter hiervon. ,,Der große Clamant, Albrecht's Beuteldrescher," wie er ihn hier nennt, „Tehel führet nu das Ablaß umher und verkauft Gnade ums Geld, so theur oder wohlfeil er aus allen Kräften vermocht. Zu der Zeit war ich Prediger allhier im Kloster and ein junger Doctor, neulich aus der Esse kommen, hißig und lüstig in der heiligen Schrift.“ Als nun viel Volks — er war also beim großen Haufen noch keineswegs durchgedrungen von Wittenberg dem Ablaß nachgelaufen

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1) De Wette I, 117.

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sei gen Zerbst und Jüterbock und er (,,so wahr mich mein Herr Christus erlöset hat") nicht gewußt habe was das Ablaß wäre, wie es denn niemand gewußt (eine Aeußerung, über deren eigentlichen Sinn wir durch seine Erläuterungen der Ablaßthesen volles Licht erhalten werden), da habe er angefangen säuberlich zu predigen, „man könnte wohl Besseres thun, das gewisser wäre weder Ablaß lösen," wie er zuvor schon auf dem Schlosse gethan. Da nun sei vor ihn gekommen, wie der Tezel hätte geprediget greuliche schreckliche Artikel, der ich dießmal etliche will nennen, nämlich: Er hätte solche Gnade und Gewalt vom Papst, wenn einer gleich die heilige Jungfrau Maria, Gottes Mutter, hätte geschwächt oder geschwängert, so künnte ers vergeben, wo derselb in den Kasten legt, was sich gebührt. Item, das rothe Ablaßkreuz mit des Papsts Wappen, in den Kirchen aufgericht, wäre eben so kräftig, als das Kreuz Christi. Item, wenn St. Peter jeht hie wäre, hätte er nicht größer Gnade noch Gewalt, weder er hätte. Item, er wollte im Himmel mit St. Peter nicht beuten: denn er hätte mit Ablaß mehr Seelen erlöset, we= der St. Peter mit seinem Predigen. Item, wenn Einer Geld in den Kasten legt für eine Seele im Fegfeur, so bald der Pfennig auf den Boden fiel und klünge, so führe die Seele heraus gen Himmel. Item, die Ablaßgnade wäre eben die Gnade, dadurch der Mensch mit Gott versühnet wird. Item, es wäre nicht Noth, Reu noch Leide oder Buße für die Sünde zu haben, wenn Einer das Ablaß oder die Ablaßbriefe kaufet (ich sollt sagen, löset), und verkauft auch künftige Sünde. Und des Dings treib er greulich viel, und war Alles umbs Geld zu thun.)

Hierzu kam weiter, daß ihm gleichzeitig die Anweisung in die Hände fiel, welche Tezel so unbefangen unter Albrecht's Wappen hatte drucken lassen. Noch viel mehr mußten ihm jeht die Augen aufgehen. In der Anweisung wurde den,,Quästorn“ geboten von jenen „Artikeln“ wenigstens einige zu predigen unter Authorisation des Erzbischofs, der Tezel,,gedinget." Um so'

1) Plochm. XXVI, 51. Ebenso in der Vorr. zum 1. Theile seiner latein. Schriften, Walch XIV, 430.

glaublicher war nun, was gesagt, ihm, wie es scheint, eben jeßt 1) kund wurde, daß Albrecht's Pallium mit,,des gemeinen Mannes Beutel" bezahlt werden solle. Der saubere heilige Handel mußte ein noch gemeineres Aussehen in seinen Augen bekommen, obwohl er den ganzen Zusammenhang auch jezt noch nicht durchschaute. Denn das wußte er jegt noch nicht, daß der Papst selbst, mit dem Erzbischofe theilend, „die Hand im Sode hatte.“

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Erinnern wir uns nun, welch eine tief religiöse Ansicht und Empfindungsweise er sich angeeignet, wie lange und schmerzlich er nach innerlichster Einigung mit Gott gerungen, und wie er das Gesuchte auf einem Heilswege gefunden, von welchem die Ablaßkrämer hinweglenkten; wie fest und klar jezt die evangelischen Ueberzeugungen in ihm lagen, die er in schweren Bußkämpfen und durch anhaltende Studien gewonnen, und wie gewiß ers als seinen Lebens- und Lehrberuf, auf den er einen „heiligen theuern" Eid geschworen, erkannt hatte, der Christenheit mit dem ihm gewordnen Lichte evangelischer Wahrheit zu dienen; endlich wie weit er umherschaute, wie tief seine Blicke eingedrungen waren in die Verderbniß der Zeit, und wie viel Schmerz und Zorn darüber er seit Jahren in sich angesammelt und bei solcher Kraft und Kriegslust bezähmt und verschlossen hatte. Seine Stimmung als die eines jungen Doktors neulich aus der Esse kom men, hihig und lüftig zur heiligen Schrift, war eben im September eine sehr gesteigerte. Da hatte die Disputation gegen den Scholasticism stattgefunden. Dann waren die Aufklärungen gefolgt, die ihm über die Buße geworden, hatten ihn in die lebhafteste Bewegung geseht und ihn der Sache viel gewisser ge= macht. Auch Tegel's in keiner und keiner Weise statthafte Uebertreibungen mußten ihm das Gefühl im völligsten Rechte zu sein erhöhen. Sie trieben seine Entrüstung auf das Äußerste. Er beschloß einen Schritt zu thun, von welchem er wenigstens Vieles hoffte und der ihm nach seiner Sinnesart am nächsten lag, wobei er sich aber freilich über manche Bedenken hinwegzuseßen

1) Nach seinen Aeußerungen in der Schrift Wider Hans Wurst. „Da kams herfür." Doch ist es nicht ganz deutlich. Nach der Vorr. zum 1. Theile der lateinischen Schriften wußte er es noch nicht, als er an den Erzbischof bei Uebersendung der Ablaßthesen oder früher (s. unten) schrieb.

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