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Es wäre nicht leicht, das Gewicht der sinnschweren Worte, das prophetische Moment in ihnen nicht zu empfinden. Er tritt dem Ereigniß, der Stellung, der Gefahr, die ihn erwartet, deren Ahnung ihn durchdringt, ohne schwärmerische Aufwallung, nicht in Läuschungen der Hoffnungsluft oder kecker Erwartungen, aber gottvertrauend und muthig, mit ruhiger fester Entschlossenheit, vollkommen gesammelt entgegen.

In enger Verbindung mit dem Vorhergehenden steht der neunzigste Saß und dessen Erläuterung. Welche Warnung lag darin für die Gewaltmenschen, die die Kirche regierten und so wenig hörten als die Gewaltmenschen aller Zeiten. Diese der Laien sehr spißige Argumente allein mit Gewalt wollen dämpfen, und nicht durch angezeigten Grund und Ursache wollen auflösen, heißt Kirche und Papst den Feinden zu verlachen darstellen und die Christen unselig machen. Denn übel wird ärger gemacht, will man hier Schweigen durch Schrecken erzwingen. Wie viel besser wäre es, wenn man uns lehrte, diesen Zorn Gottes zu verstehen, für die Kirche zu beten, und in der Hoffnung einer bevorstehenden Reformation diese Dinge zu dulden, statt zum Schlimmsten zu reizen, indem man die Leute zwingen will, so offenbare Gebrechen für Tugenden anzusehen! Der unselige Zustand der Kirche erscheint ihm als ein göttliches Zorngericht, und zwar als ein verschuldetes, denn ,,Gott würde sonst nicht zulassen, daß bloße Menschen in der Kirche herrschen, würde uns sonst Hirten nach seinem Herzen sehen, die uns statt Ablasses ein Maaß Waizen (die echte Schriftlehre) zur rechten Zeit gäben, während es nun so steht, daß die guten Hirten, deren es freilich auch noch gibt, nicht vermögen nach ihrem Amt zu thun.“

In diesem letzteren Umstande sieht er das Zeichen des schlimmsten Schadens, der Unheilbarkeit der kirchlichen Zustände ohne jene Reformation, die sich von Menschen nicht machen läßt, die nur Gott herbeiführen kann. Muthwillig aber werden die argen Zustände noch verschlimmert, indem Verblendete und Eigensüchtige die Gewalt aufrufen, um die begründete Klage zum Schweigen zu bringen, nachdem sie eben selbst die Veranlassung dazu gegeben haben und fortwährend geben, wie es namentlich im vorliegenden besondern Falle geschieht. Dieser Gedankengang

führt noch auf den ein und neunzigsten Sat: Derhalben, so der Ablaß nach des Papsts Geist und Meinung gepredigt würde, wären diese Einreden leichtlich zu verantworten, ja sie wären nie nicht vorgefallen; denn Sinn und Meinung des Papsts, wiederholt er, könne nur dahin gehen, daß der Ablaß lediglich ein Erlaß von Kirchenstrafen, jedoch unverdienstlich und geringer zu achten sei als die guten Werke.

Der Inhalt der vier lehten Thesen ist ein abermaliges Zeugniß jenes vordringenden Geistes, der mehr sah und vermochte als alle Weisheit der Verständigen, jenes heldenmüthigen Sinnes, den die, die Gewalt anrufenden Schächer so schmählich verkannten, und an welchem das Schwert der Gewalt felbst seine Schärfe verlieren, die Gewalt selbst brechen sollte. Mögen derhalben alle die Prediger hinfahren, die da fagen zu der Gemeinde Christi: Friede, Friede! und ist kein Friede. -Denen Predigern aber müsse es allein wohlgehen, die da sagen zur Gemeinde Chrifti: Kreuz, Kreuz! und ist kein Kreuz. Man soll die Christen vermahnen, daß sie ihrem Haupte, Christo, durch Pein, Tod und Hölle nachzufolgen sich befleißigen; Und also mehr durch viel Trübsal ins Himmelreich zu gehen, denn daß sie durch Vertröstung des Friedens sicher werden.

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Diese letten Säße rufen zusammenfassend und nicht ohne vielsagende Anspielung noch einmal recht nachdrücklich vom Ablasse hinweg. Tegel predigte und ließ predigen nach seiner Instruktion: Jedermann möge kommen zum Ablaßkreuze, das für ihn aufgerichtet sei und stets nach ihm rufe und schreie, damit er des Unfriedens und Leides ledig werde, das Luther die Christen cher zu suchen auf's Dringendste mahnt.

Sermon von Ablaß und Gnade.

Wir bemerkten, seine Wirksamkeit war längst nach den verschiedensten Seiten gerichtet, sowohl eine volksmäßige als auf die gelehrte und gebildete Welt berechnet. So war es von Anfaug

auch mit seiner Ablaßbestreitung gewesen. Wir finden sie allerdings eine lange Zeit fast nur in Predigten, aber sie fehlt auch in den Vorlesungen und Schriften nicht. Auch hatten seine ge

besondre Ziel, die LehrDie fünf und neunzig

lehrten Bestrebungen und Kämpfe das grundlage des Ablasses zu zerstören. Thesen waren der erste offene und umfassende Angriff auf den leztern vor der gelehrten Welt. Er verband mit ihm unmittelbar einen volksmäßigen durch eine Predigt; auch dies genügte ihm noch nicht. Jedenfalls noch im November, und wahrscheinlich sogleich in den ersten Tagen nach Veröffentlichung der Disputation, ließ er einen deutschen Sermon vom Ablaß und Gnade drucken, 1) keine Predigt, sondern ein Flugblatt, zwanzig Säße, die zum Theil eben so kurz und zum anderen Theile nicht viel länger als die Thesen, und dem Inhalt und Tone nach diesen ganz ähnlich sind. Der lettre ist zuversichtlicher, aber minder heftig, die Behauptungen sind dieselben, gehen aber noch cinen Schritt weiter. Sie werden mit größerer Sicherheit ausgesprochen. Man liest es aus ihnen noch deutlicher als aus den Thesen heraus, er wird, obwohl er sich's selber noch nicht bewußt ist, seine Ueberzeugung zuleht auch unter keinen Ausspruch der Kirche gefangen geben. Es handelte sich bei Herausgabe der kleinen Schrift nicht um eine Disputation, sondern um Belehrung der Laien, um eine öffentliche Erklärung. Wir hörten schon, daß er von Vielen angegangen war sich auszusprechen. Ihr Ton und Inhalt läßt ersehen, sie war an die schon höher stehenden Gebildetern, aber des Lateinischen Unkundigen gerichtet. Er hatte es lange vermieden eine solche Erklärung abzugeben. Jeht fiel sie lakonisch genug, aber auch lakonisch bestimmt und um so bestimmter aus, je länger es gewährt, che er mit sich selbst darüber einig geworden war. Aus dem Späteren wird sich ergeben, was man von selbst erwarten müßte, daß gleich nachdem er die Thesen angeschlagen, erschrockene angstvolle Stimmen gegen ihn laut wurden. Der Sermon zeigt, wie entschlossen er

1) Die von Hofmann a. a. D. S. 103 angeführten Gründe genügen. Ich weise noch auf Luther's Schreiben an Spalatin (De Wette I, 70) hin, das den Beweis vervollständigt. Daß kein Druck von 1517 da ist, be= weist nichts. Auch Andres aus dieser Zeit verlor sich. Vergl. die Bemerkung vor dem Abdruck des Sermons bei Plochm. XXVII, 1.

war, nachdem er sich einmal entschlossen und gehandelt hatte. Er trat hier schon mit einem Theile von Dem hervor, was er den Gelehrten in den Resolutionen zu sagen dachte.

Von der Buße nimmt er auch hier den Ausgang, doch so, daß er mit noch unmittelbarerer Bestreitung der scholastischen Lehre beginnt, die er sofort als eine Neuerung bezeichnet. ,,Zum ersten sollt ihr wissen, daß etlich neu Lehrer, als Magister Sen= tentiarum, St. Thomas und ihre Folger, geben der Buß drei Theil,“ u. s. f. Recht deutlich erkennt man, wie ausgebreitet das Ansehen der Schule war, wie hoch es auch bei den Nichtgelehrten stand, wie unmittelbar die Volksvorstellungen mit der Doktrin zusammenhingen, und welchen Halt sie im Ansehen derselben fanden. Jene Lehre, fährt er fort, werde weder in der Schrift noch in den alten heiligen christlichen Lehrern gegründet erfunden, doch wolle er das für icht so lassen bleiben und nach ihrer (der Scholastiker) Weis reden. Der Ablaß nun beziehe sich nur auf die Werke der Genugthuung, die der Mensch schuldig sei für die Sünde zu thun, oder die von der Kirche auferlegt wären; denn wenn durch die Indulgenzen alle gute Werke erlassen würden, so bliebe ja nichts Gutes mehr zu thun übrig. Weiter sei von Vielen die, jedoch noch strittige Behauptung aufgestellt, daß durch die Indulgenzen auch die Pein erlassen werde, welche die göttliche Gerechtigkeit für die Sünde fordere. stellt ihr entgegen, es lasse sich aus der Schrift schlechterdings nicht beweisen, daß die göttliche Gerechtigkeit eine andre Pein oder Genugthuung begehre, als herzliche Neue und wahre Sinnesänderung. Gott spreche beim Propheten,,,wenn sich der Sünder bekehrt und recht thut, so will ich seiner Schuld nicht weiter gedenken." Man finde zwar wol in der Schrift, daß Gott Etliche nach seiner Gerechtigkeit strafe, durch Pein zur Reue dringe, allein es stehe in Niemands als in Gottes Gewalt, diese Pein nachzulassen, und Gott selbst wolle sie nicht einmal erlassen, sondern verkündige, daß er sie auferlegen wolle. Wenn denn nun bei der Pein, die durch den Ablaß angeblich aufgehoben werden solle, weder an die göttliche Strafe noch an die oben bezeich neten guten Werke gedacht werden könne, so wisse Niemand, was sie sei, Niemand sei im Stande anzugeben, worin sie bestehe.

Er

Er geht nach dieser dialektischen Auflösung der fraglichen scholastischen Meinung in ein Nichts noch einen Schritt weiter. Und wenn die Kirche, sagt er, noch heute festschte, daß durch die Indulgenzen mehr erlaffen würde, als die von ihr auferlegten Werke der Genugthuung, so wäre es dennoch für Jedermann tausendmal besser, die guten Werke zu thun, die Strafen zu leiden, die die Kirche zuerkannt, als Ablaß zu lösen, der nichts sei und werden könne, als Nachlassung guter Werke und heilsamer Pein, die man beffer thun und leiden als lassen und fliehen solle. Freilich, seht er hinzu, haben etliche der neuen Prediger eine Distinktion erfunden zwischen einer Pein zur Genugthuung und einer andern zur Besserung. Wir aber haben Gott Lob mehr Freiheit, diese und ähnliche „Plauderei“ zu verachten, als jene sie zu erdichten, denn es bedarf keines Beweises, daß alle Pein, ja Alles, was Gott auferlegt, heilsam ist und zur Besserung gereicht.

Hierauf geht er zu der andern Behauptung über, durch welche die Nothwendigkeit des Ablasses begründet zu werden pflegte, der Behauptung, daß der Mensch wegen der Kürze seines Lebens außer Stande sei, alle Werke zu thun, alle Pein zu leiden, die er wegen seiner Sünden zu thun und zu leiden schuldig sei. Sie ist ohne Grund, entgegnet er, und ein „lauter Gedicht." Gott, der Niemand versucht über sein Vermögen, legt Keinem mehr auf, als ihm zu tragen möglich, eben so wenig thut es die heilige Kirche, und es gereicht der Christenheit zu nicht geringer Schmach, daß man ihr Schuld gibt, sie lege mehr auf, als Menschen tragen können. Wenn die Bestimmungen des kanonischen Rechts, nach welchen für jede Todsünde eine fiebenjährige Buße gefordert wurde, noch gültig oder gebräuchlich wären, so müßte die Christenheit sie aufheben oder auf ein richtiges Maaß zurückführen, und da sie nicht mehr üblich, so soll man um so weniger meinen oder sagen, es werde mehr auferlegt, als ein Jeder tragen könne.

Nun konnte er die Behauptung, es müsse für die „übrige“ Pein das Fegfeuer erduldet oder Ablaß gelöst werden, kurz abfertigen, wie er es thut, indem er, ohne sich weiter darauf einzulassen, nur bemerkt: „aber es wird wohl mehr Dings ohn Grund und Bewährung gesagt." Stand es ihm ferner fest,

III.

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