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lehre. Durch Gewalt und Zuchtlosigkeit scheiterte das Unternehmen der Bauern wie das der Ritter, und nur wo Luther wirkte, drang die Reformation in Saft und Blut des Volks. Luther mit feinen Ueberzeugungen und Lehren von Ehrfurcht und Demuth, Gewalt Leiden und Gehorsam brachte wie Keiner vor ihm die Nation zum Bewußtsein ihrer Rechte und Kraft gegenüber der fremden geistlichen und der heimischen weltlichen höchsten Obrigkeit und zur That gegen Vergewaltigung von Seiten derselben. In der Erörterung der Fragen, die durch ihn erst recht eigentlich die großen Zeitaufgaben wurden, über die Rechte des Papstes und des Kaisers und über die Pflichten der denselben Untergebenen und die Grenzen dieser Rechte und Pflichten, entspann sich die Kette der Untersuchungen über Glaubens- und Gewissensfreiheit, Volks- und Regentenrecht, die seit jener Zeit so eifrig begonnen und fortgesezt wurden und so wesentlich -dahin gewirkt haben, daß die hereinbrechende Despotie nicht auf die Dauer befestigt werden konnte, daß der Freiheitssinn in der Nation nicht erstarb und die dem Verkommen nahe wieder weckte. Er selbst, der durch seinen Vorgang auf die freieste Lösung jener Fragen hinwies, der hundert Mal in seinen Schriften die freiesten Ideen aussprach, war einer der ersten auch von Denen, welche die Doktrin bearbeiteten, obwohl er es meist nur gelegentlich that. Wie fein und scharfsinnig, wie frei und kühn es geschah, davon giebt allein schon die Schrift Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei, das glänzendste Zeugniß, und doch fordert er in ihr wie sonst, und eben auch in ihr den leidenden Gehorsam. Wir finden bei ihm die hellsten, aus der denkenden Vernunft geschöpften Ansichten über Recht und Politik. Es blieb nicht aus, daß er die Forderung von Vernunft gründen, das Princip der Prüfung des Ueberlieferten und Bestehenden nach solchen, das er jeßt der kirchlichen Lehre und den kirchlichen Einrichtungen gegenüber geltend machte, auch auf die weltlichen Verhältnisse anwendete, und er maß sie nach der Regel: „daß allzeit über alles Recht regiere, und daß oberst Recht und Meister alles Rechtes bleibe die Vernunft," womit das Anfehen der Ueberlieferung und Gewohnheit auch im Staatlichen abgewiesen war, der Grund und Keim des politischen Rationalism der Neuzeit lag. Dieser gelang freilich erst, was ihm noch

nicht gelungen, die Befreiung der Ansichten über Recht, Staat und Politik vom Einflusse der Theologie. Es gelang ihm nur, die Kirchenherrschaft über den Staat zu brechen, sein Beruf und seine Einseitigkeit als Theolog widerstrebten der Richtung auf Befreiung der Staatswissenschaften von der Theologic, worin ihm Macchiavelli so weit vorausschritt. Doch wie viel ehrwürdiger erscheinen seine noch unausgebildeten, mit der deutschen Geradheit, Redlichkeit und Frömmigkeit aufs engste zusammenhängenden Ansichten, als das ausgebildete System des Italieners, das seinen Ursprung aus wälscher sittlicher und religiöser Verkommenheit deutlich an der Stirn trägt. Macchiavelli gelangte auf seinem Wege dahin, das Christenthum gänzlich zu verkennen und ihm Feindschaft zu erwecken, indem er es anklagte, daß es die Bürgertugend und die Staatskraft zerstöre: Luther erkannte in ihm die beste Grundlage hiefür, die er fester zu stellen und wirksam zu machen sich mit Glück bestrebte. Auch Macchiavelli verirrte und widersprach sich vielfach und zeigte sich abhängig, doch abhängig eben von der ihn umgebenden Schlechtigkeit, und stellte sich tiefer als seine Zeit, während Luther seiner Zeit und Nation freilich zu viel zumuthéte, weil er selbst zu hoch stand, aber doch ein erhabenes Ideal aufstellte auch in der Politik. Will man es einen nur vorübergehenden, ja zweideutigen Gewinn oder Vorzug nennen, daß er die Politik der Evangelischen bei der Richtschnur der Sittlichkeit und Religion erhielt, so vergesse man auch nicht, daß Savonarola's Reformationsversuch durch Macchiavellism vereitelt war, daß ein Leo X, ein Karl V, überhaupt die Partei der Gegenreformation zum Siege durch ihr_macchiavellistisches Verfahren nicht gelangten und Luther nicht bezwingen konnten, der wol größere Dinge in seiner Ansicht ausgerichtet hat als sie in der ihrigen. Gerade die Lehre des Italieners führt zur Knechtschaft. Luther's Lehre von dem den Obern zu leistenden Gehorsame war nur Anwendung der Grundsäge und Bethätigung der religiösen Märtyrer- und Heldengesinnung, die er von den Psalmisten, Aposteln und Vätern sich angeeignet, und worin er gleich im Anfange seiner öffentlichen Thätigkeit ausgesprochen, Trübsal sei Vollendung des Gläubigen, der durch Demuth, Leid und Tod Alles überwinde. Auch in einem anderen Sinne war seine Gehorsamslehre nur Anwendung längst ange=

eigneter Grundfäße. Er hatte dem Propst in Leizken ein strenges Regiment empfohlen; nicht er strafe, sondern Recht und Gesetz; er sei Diener, nicht Herr desselben. In demselben Sinne hatte er das Vikariat geführt und Unterordnung unter sein Gebot gefordert: und nun fügte er sich auch den Oberherren als dem Rechte und Geseke und wollte, daß man sich ihnen füge. Zu Knechtstheorien, zur Knechtschaft konnte nicht seine Lehre, nicht der Weg führen, auf welchem er voranging, sondern nur Abirrung davon. Er hat in Einzelnem Unrecht, im Ganzen Recht, er irrte schwer über das Erniedrigende und Verderbliche drückender unfreiheitlicher Zustände und despotischen Herrenthums, verkannte nur zu sehr, wie begründet ein großer Theil der Ansprüche, ̧ Forderungen und Rechte der niederen Volksklassen war, aber kein Andrer neben ihm machte einen solchen Ernst mit dem Christenthume, das eben den Niederen und Gedrückten so freundlich ist, sie mit Nichten bloß auf das Jenseit anweist, sondern die diesseitige Welt zur Achtung und Erfüllung der Gerechtigkeit und Liebe in allen Verhältnissen ohne Ausnahme umkehrt. Es mag seinen vorübergehenden Nußen haben oder eine Nothwendigkeit eintreten können, daß mißhandelte Nationen oder Klassen ihre Unterdrücker mit der Faust zurückweisen, gerade so wie man vernünftiger und christlicher Weise mag Krieg führen dürfen, das heißt ähnlich Vernunft- und Christwidriges thun aus einer ähnlichen Nothwendigkeit. Aber die Fälle sind eben so selten als leidig, denn unvermeidliche Uebel bleiben dabei nicht aus, und der gerade sichre Weg wird dabei verlassen aus Mangel an echter Gesinnung und Kraft. Wie das Ziel, auf welches das Christenthum hinweist, Einsicht, Gerechtigkeit und Liebe, allein gründlich helfen kann, so kann es auch nur erreicht werden auf dem vom Evangelium gewiesenen Wege, durch das Wort, daraus die bessre Gesinnung und die freie Verständigung hervorgeht, unter gewissenhafter Achtung der zu Recht bestehenden Verhältnisse, der eingeführten Ordnungen und Obrigkeiten und der denselben schuldigen Pflicht des Gehorsams -nur daß freilich das Wort nicht fehlen darf, die Lehre und Weisung, der Widerspruch und der Tadel nicht aufhören darf aus Ermüdung, Schlaffheit, Blödigkeit oder Furcht. Weil es am Worte gefehlt, war die Tyrannei eingetreten, gegen welche Luther es erhob; weil es neben Luther

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nicht noch besser geführt wurde, brach die Tyrannei nicht rasch und völlig genug. Nichts würde am Siege gemangelt haben, wären nur noch Mehrere mit ähnlicher Denkart und Furchtlosigkeit auf der Bahn ihm gefolgt, welche wir ihn beschreiten sehen.

Spätere Aeußerungen, Selbstbekenntnisse und

Urtheile.

Wir haben vielfache Aeußerungen und Urtheile von ihm selbst über die Thesen und deren Veröffentlichung. Es ist sehr der Mühe werth, sie zusammenzuhalten. Sie helfen dann zu einer um so genaueren und deutlichern Kunde seines Seelenzustandes, seiner Beweggründe, Absichten und Erwartungen, während sie, einzeln hervorgehoben und berücksichtigt, nicht bloß ein minder vollständiges Bild geben, sondern obencin leicht gänzlich irre leiten.

Seine päpstische Gesinnung, die Unsicherheit und Mangelhaftigkeit seiner Erkenntniß zu dieser Zeit gestand er selbst wiederholt, entschuldigte sie wol, oder klagte sich ihrer an und rechnete sie sich zur Unchre, ohne Rücksicht darauf, daß ihm diese Selbstgeständnisse und Beschuldigungen ebenso- mißdeutet werden würden, wie ihm seine anfängliche Schwachheit zum Vorwurfe gemacht war und wurde. Er begegnet dem lettern durch ein sehr offnes Bekenntniß:,,Wer mich verdenken will, daß ich zum ersten dem Papst habe zu viel nachgegeben, der sehe an, in was Finsterniß ich noch damals gesteckt sei.“ Jene schon mitgetheilten Aeußerungen, an welche hier nur erinnert werden darf, daß er, so wahr sein Herr Christus ihn erlöset, nicht gewußt, was der Ablaß wäre, wie es denn niemand gewußt; wie er zu jener Zeit ein Mönch, der rechten, unsinnigen, rasenden Papisten einer gewesen, und daß man deshalb seine ersten Schriften bedächtig und mitleidig lesen und seine-Irrthümer der Zeit und seiner Unwissenheit zumessen möge; wie er es bedaure, sich zu Anfang dem Papste mit Ernst unterworfen zu haben, und nie so verstellt gewesen sei, erst von Dem disputiren zu wollen, was er zu behaupten beschlossen, und wie er unversehends und ohne alle seine Gedanken und Willen in den Hader gekommen

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- sie kehren sammt ähnlichen dem Sinne, ja den Worten nach noch mehrmals wieder. Ein eifriger Saulus sei er dazumal gewesen und habe sich der Sache mit Ernst angenommen; aus dem päpstlichen Ablaß sei ein unfläthiger Jahrmark und Krämerei" geworden, und da habe er, ein Prediger und junger Doktor in der heil. Schrift, die Leute verwarnt, sich an der Ablaßverkäufer Geschrei nicht zu kehren. Und in diesem Allen ließ ich mich bedünken, ich wäre deß nur gewiß, der Papst sollte mich hiebei geschützt haben, auf welchen ich mich allzumal kühnlich vertröstete, dieweil er in seinen Dekreten dieselben unverschämten Schösser und Pfennigmei= ster (denn also nennet er die Ablaßprediger) ausdrücklich verdammet und strafet." In der Predigt von Ablaß und Gnade, den Ablaßthesen, den Resolutionen habe er dem Papst zu Ehren dieses gehandelt: daß, wiewol der Ablaß nicht ganz und gar sollte verdammet werden, demselben die guten Werke der Liebe doch vorzuziehen und höher zu achten wären. 1)

Späterhin gab Melanthon seine verschiedenen Disputationen mit einer Vorrede heraus. Die neueren Ausgaben dieser Sammlung enthalten auch eine Vorrede von ihm selbst, worin er sagt, er lasse es geschehen und gut sein, daß die Streitsähe, die er im Anfang seiner Sache wider den Ablaß herausgegeben, abermals in Druck ausgingen, vornämlich darum, daß der glückliche Fortgang der Sache ihn nicht erhebe und stolz mache. ,,Denn durch dieselben Sähe wird öffentlich angezeigt meine Schande, d. i. meine große Schwachheit und Unwissenheit, welche mich im Anfang drungen, diese Sache mit großer Furcht und Zittern anzufangen." Er wiederholt, daß er allein und aus Unvorsichtigkeit in den Handel gerathen sei, den Papst aber mit rechtem Ernst williglich angebetet habe. Denn wer war ich elender verachteter Bruder dazumal, mehr einer Leiche denn einem Menschen gleich, der sich sollte wider des Papsts Majestät sehen, vor welcher nicht allein die Könige auf Erden und der ganze Erdkreis, sondern auch der Himmel und die Hölle, daß ich so rede, sich entsetzten, und allein nach seinem Winke sich alle mußten richten." Er schildert sodann seine schweren innern Be

"

1) Tischreden, Walch XXII, 1338. Vorr. zum 1. Theile seiner lateinischen Schriften, Walch XIV, 429, 450, 465.

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