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Das Sendschreiben an den Erzbischof Albrecht vom 31. Oktober.

Noch einiges Licht über seine Absichten und Erwartungen und deren Bestimmtheit oder Unbestimmtheit giebt das Schreiben an den Erzbischof Albrecht, das er am 31. Dktober abfaßte und dem er die gedruckten Thesen beilegte. Es leitet indeß immer nur zu einem bestätigenden Ergebnisse. Papst Leo war doppelfeitig und zweideutig, eben so Albrecht. Luther's Urtheil über den Papst stand nicht ganz fest, und auch deshalb schwankte sein Verhalten gegen ihn. Sehr ähnlich hegte er die beste Mei nung vom Erzbischofe und traute ihm doch nicht das Beste und Vernünftigste zu, zum wenigsten nicht mit festem Vertrauen. Wir hörten, er lebte des Glaubens, die Bischöfe würden das Evangelium zu allererst annehmen, er hielt Albrecht für einen Engel." Allein er wußte, daß der Erzbischof bei dem ruchlosen Ablaßhandel Hand im Spiele hatte, tief verwickelt war; welch eine abscheuliche Anweisung für die Ablaßprediger war von dem Erzbischofe ausgegangen, und welch ein Urtheil fällte er über den Verfasser, den Kühhirten." Er konnte doch nur eine sehr schwache Hoffnung hegen, daß der Aussender und Gönner Tegel's diesem und dem ganzen Handel Einhalt thun, wohlgemeinte verständige Rathschläge beachten werde. Der Erzbischof, unter defsen Augen und Autorisation solche Ungebühr vorging, war sicher wenig geneigt, durch Klagen oder Vorstellungen, Vernunft oder Scham bewogen zu werden, wider sie und die Sendlinge einzuschreiten. Halle war ein Mittelpunkt des Katholicism im nördlichen Deutschland, reich an Klöstern und Heiligthümern, Frömmelei und Verdunmung, Zeugin der fürstlichen Macht und Prachtliebe, und nur von fern der humanistischen Aufgeklärtheit des Erzbischofs, unter dessen Einfluß es stand. Da fühlte sich Albrecht wol sicher genug. Wie viel und doch auch wenig Gutes sich Luther zu ihm versicht, davon zeugt denn auch das Schreiben vom 31. Oktober. Es ist abgefaßt in der ehrerbietig „submissen Redeweise eines geringen Klerikers dem Kirchenfürften gegenüber, mit Wärme und doch auch mit kluger Vorsicht und Zurückhaltung. Man kann einen unangenehmen herben Freimuth darin finden, mag dann aber auch eine große Feinheit nicht

| übersehen. Es zeugt abermals von der Anspruchlosigkeit, zugleich aber von dem Selbst- und Kraftgefühle seines Urhebers. Beides tritt, wie so oft in seinen Schriften und Briefen, scharf hervor. Er schüttet sein, über die Ablaß- und Seelen - Noth tief betrübtes Herz aus, er macht bescheidne, aber offne und dringende Vorstellungen, er bittet, redet dem Oberhirten scharf ins Gewissen und fügt zuletzt eine Drohung hinzu.

Er beginnt mit der Bitte, der Erzbischof möge es ihm zu Gnaden halten, daß er, ein so geringer Mann, es wage, ein Schreiben an seine Eminenz zu richten. Er habe lange damit gezögert, sein treuer Dienst, dessen er sich gegen den Erzbischof schuldig bekenne, habe ihn endlich bestimmt. Er kommt dann sogleich auf den Ablaßhandel, der in Albrecht's Namen betrieben werde, und man sieht, welche Gewalt er sich anthut. Er meint, in einem solchen Schreiben Rücksichten nehmen zu müssen. Er flage, sagt er, nicht so sehr die Frechheiten der Ablaßprediger an, die er nicht gehört, als es ihn schmerze, daß das Volk so falsch verstehe, der Seligkeit durch Ablaßbriefe gewiß zu sein glaube u. f. f. Die beigefügten Thesen sagten freilich schon deutlich genug, was er von des Erzbischofs Bevollmächtigten und ihrer Schuld hielt. Auch fügt er weiter unten, nachdem er seine Ansichten vom Ablaß vorgetragen, hinzu:,,Was machen sie also durch ihre erlogenen Ablaßfabeln und Versprechungen das Volk sicher und furchtlos, da der Ablaß nur äußerliche Strafen, die vor Zeiten von der Kirche auferlegt wurden, aufheben kann!!

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Keine Rücksicht thut jedoch dem Freimuthe Abbruch. Hat er dargelegt, in welch einen verderblichen Wahn das Volk durch die Ablaßpredigten verfalle, so ruft er aus:,, liebster Gott, also werden die Dir, bester Vater, anvertrauten Seelen zum Tode unterweiset und hingegeben, und entsteht für Dich und wächset die schwerste Rechenschaft, die von Dir gefordert werden wird für diese Seelen alle, weshalb ich nicht länger schweigen können. Denn der Mensch wird durch kein Bischofsamt seiner Seligkeit versichert, was ja nicht einmal durch Gottes einge goßne Gnade geschieht," u. s. f. Er redet dem Erzbischofe hierauf davon, wie Liebeswerke so viel besser wären denn Ablaß, dennoch aber gerade nicht gepredigt würden, damit die Kraft der Indulgenzen um so höher gerühmt werden möchte; „da doch das

aller Bischöfe erstes und einziges Amt ist, daß das Volk das Evangelium und die Liebe Christi lerne. So hat auch Christus nirgend befohlen, Ablaß zu predigen, wohl aber nachdrücklich befohlen, daß das Evangelium gepredigt werde. Welch ein Greuel ists also, welche Gefahr hat ein Bischof zu gewarten, wenn er zuläßt, daß der Ablaß, sodaß des Evangelii geschwiegen wird, und mit großem Gepräng, unter sein Volk gebracht wird, und um selbigen sich mehr kümmert als um das Evangelium?“ Er erinnert dabei an Christi Ausspruch über die Pharisäer, als die da Mücken seigten und Kameele verschluckten, und geht sodann zu den seelverderblichsten Behauptungen der unter des Erzbischofs Namen verbreiteten tegelschen Instruktion über. Er wolle nicht annehmen, daß sie mit Wissen und Zustimmung des Erzbischofs ausgegangen. Dann aber sagt er:,,Was soll ich anders thun, hochwürdigster Bischof und durchlauchtigster Fürst, denn daß ich Deine Hochwürden durch den Herrn Jesum Christum bitte, zu geruhen, ein Aug väterlicher Sorge auf diese Sache zu wenden, jenes Büchlein gänzlich wegzuthun, und den Ablaßpredigern eine andre Weise vorzuschreiben, daß nicht etwa zuleht sich Einer hervorthue, der in ausgehenden Schriften sowohl sie als das Büchlein widerlege, zur höchsten Schmach Deiner durchlauchtigsten Hoheit, dafür mir wahrlich zwar sehr grauet, und doch besorge, daß es geschehen möchte, wenn nicht eilend gerathen wird. Diesen meiner Wenigkeit treuen Dienst, schließt er, wolle Deine durchlauchtigste Gnade geruhen, fürstlich und bischöflich, das ist gnädiglichst anzunehmen, wie ich denselben erzeige mit treustem und Deiner Hochwürden Durchlaucht ergebenstem Herzen; denn auch ich gehöre Deiner Heerde an. Der Herr Jesus behüte Deine hochwürdigste Väterlichkeit in Ewigkeit. Amen!"

Große theologische Gelehrsamkeit scheint er dem Erzbischofe nicht zuzutrauen, denn in einer Nachschrift sagt er: wenn es hochdemselben gefiele, könne er die beiliegenden Thefen einsehen, damit er vernehme, wie zweifelhaft die Ablaßmeinung, von welcher die Ablaßprediger träumten, daß sie vollkommen gewiß sei. 1)

1) Walch XXII, 773. Hofmann, Leben Tegel's, 93. De Wette I, 67. Die Weferzeitung 1845 Nr. 423 enthielt die nachstehende Notiz:

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Es war doch ohne Frage ein Wagniß, daß ein wittenberger Docent und Kleriker dem Primas von Deutschland in dessen Residenz hinein so schrieb. Der Erzbischof hatte freilich unge= rechte Sache; und das war Luther's Stärke. Aber wenn er sich nun nicht gewinnen ließ wonach das Schreiben am Ende doch auch nicht sonderlich eingerichtet war - sich nicht schämte, scheute, fürchtete? Leicht möchte er sich und mochte ihm Jedermann die Macht zutrauen, den Augustiner zu erdrücken, sein Nußen trieb ihn dazu an, jezt konnte gar wohl persönliche Gereiztheit hinzukommen, und seine Bevollmächtigten verfehlten sicher nicht, ihn gegen Luther, den frechen Mahner und Tadler aufzubringen. Luther konnte unmöglich mit Sicherheit auf einen günstigen Erfolg rechnen, er mußte gerade von dieser Seite sehr viel, wenn nicht das Schlimmste, fürchten. Doch, statt sich etwa zu bemühen, indem er Rom verlegte, den Primas von Deutschland auf seine Seite zu ziehen, machte er auch mit diesem gar wenig Umstände, und schwerlich ist anzunehmen, er hätte es sich verhehlt, daß sein Angriff auf die Bevollmächtigten, den Mißbrauch, die Entstellung der Lehre, den schnöden Geiz des Klerus so ́gedeutet werden würde, als sei er wider den Erzbischof selbst ge= richtet.

,,Man hat in dem Stockholmer Reichs-Archiv das eigenhändige Schreiben Dr. Martin Luther's vom 31. October 1517 an den Erzbischof von Mainz und Magdeburg, Albrecht, wider Tegel's Ablaß-Verkauf aufgefunden, welcher bekanntlich die Generalpacht dieses Verkaufs übernommen und Tehel als seinen Erhebungs-Commissar bevollmächtigt hatte. Aus einer Nachschrift ersieht man, daß Luther seine berühmten 95 Thesen mit beigeschlossen hatte.

Aus einem beiliegenden Schreiben erhellt, daß jenes von Luther 1694 an König Karl XI. von dem Landeshauptmann Derneklo auf Desel zugesandt worden, der es unter den Papieren eines verstorbenen General Superinten= denten gefunden. Auf der Rückseite des Briefes steht geschrieben: L(literae) Doctoris martini ordinis sancti Augustini Ad dominum nostrum R:› mum, apertae in calbe (offenbar die Stadt Kalbe im Magdeburgischen) per consiliarios feria tertia post Briccii Anno etc. XVII. (kommt mit dem 17. Nov. 1517 aus). Der Inhalt weicht in Manchem von den Abdrücken in Luther's Werken ab, welches man hier der schwer zu lesenden Handschrift im Briefe zuschreiben will." Ich habe eine Abschrift des wirklichen oder angeblichen Originalschreibens, wovon hier die Rede, nicht erlangen können, glaube indeß mit Sicherheit vermuthen zu dürfen, daß die erwähnten Abweichungen wesentliche nicht sind.

Mehrfache Bedeutsamkeit des Angriffes (Würdigung Luther's, sein Alleinstehen).

Die hohe Bedeutsamkeit des Angriffs in mehr als einer Beziehung geht aus dem Bisherigen von selbst hervor; es ist nur noch Einiges darüber nachzuholen, womit sich ein paar Bemerkungen zur Würdigung Luther's in seiner That füglich verbinden lassen werden.

Die Thesen und die weiteren Kundgebungen, welche Luther damit verknüpfte, faßten von den verschiedensten Seiten an. Was man in großen Kreisen für wünschenswerth, für nothwendig hielt, was in unzähligen Gemüthern sich regte und was man sich selbst nicht zu gestehen wagte, wohin man neigte oder was man fühlte und nicht denken konnte, dachte, aber zu sagen sich nicht unterstand, hätte sagen mögen, ohne den Ausdruck finden zu können: das Alles sprach Luther mindestens mit größerer innrer und äußrer Sicherheit, als irgend ein Andrer sie zeigte, mit einer überraschenden, zunächst genügenden Vollständigkeit, Gründlichkeit und Faßlichkeit, Kühnheit und Entschiedenheit aus. Sein befeuerndes aufschließendes Wort mußte wirken, wie ein Wetterstrahl wirken.

Man pflegt von einem armen unscheinbaren Mönche zu sprechen, der so etwas gewagt und so Großes zu Stande gebracht: worin doch aber eine wenigstens zur Hälfte durchaus falsche Vorstellung liegt. Der Angriff ging von einer schon namhaften Persönlichkeit, von einem Manne aus, hoch angesehen und einflußreich in einem nicht unwichtigen Waltungskreise; von einem Manne, der eben als Mann, als ganzer Mann und Feuerkopf bekannt war, der im Mittelpunkte einer Bewegung auf dem Gebiete der Philosophie und Theologie stand, die eine so bedrohliche Gestalt gegen die Burgen der zünftigen Gelehrsamkeit bereits angenommen hatte, schon daran war, die engeren Kreise der Universität Wittenberg zu überfluthen und weitere zu ergreifen, Ja, sofern sie diesen kriegerischen drohenden Charakter hatte, war sie seine Schöpfung; eben von ihm gingen ihre Gefahr verkündenden und bringenden Schwingungen aus. Mußte man auf der gegnerischen Seite nicht besorgen, daß die ganze Universität den Angriff unterstüßen werde, nicht annehmen, daß fie bei demselben moralisch betheiligt sei, nicht sogleich fürchten,

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