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20 Jahren, denen man auch allein prediget, das ist auch der große Haufe, daß es dieselbigen verstehen, oder etwas daraus fassen mögen, und ihr Leben bessern. Mir zwar und Philippo darf Keiner predigen; wiewol wir auch Etwas daraus lernen können, das uns vonnöthen ist. Man muß nicht predigen und tapfer her scharren mit großen Worten, prächtig und kunstreich, daß man sehe, wie man gelehrt sei, und seine Ehre suche. O nein, hie gilt's nicht. Man soll sich richten nach den Zuhörern, und das fehlet gemeiniglich allen Predigern, daß sie predigen, daß das arme Volk gar wenig draus lernet. Den gemeinen Mann muß man nicht mit hohen, schweren und verdeckten Worten lehren, denn er kann's nicht fassen. Es kommen in die Kirche arme. kleine Kinder, Mägde, alte Frauen und Männer, denen ist hohe Lehre nichts nüße, fassen auch nichts davon. Und ob sie schon sagen: Ey, er hat köstlich Ding gesagt. Wenn man sie fraget: was ware es denn? Ich weiß es nicht, sagen sie. Man muß den armen Leuten sagen, Scapha, Scapha, Ficus, Ficus, sie fassen's dennoch kaum. Ach, wie hat doch unser Herr Christus Fleiß gehabt, daß er einfältig lehrete, brauchte Gleichnisse vom Ackerbau, von der Ernte, Weinstöcken und Schäflein, Alles darum, daß es die Leute verstehen, fassen und behalten können. Ihr habt draußen große, treffliche, volkreiche Gemeinden, und viele Leute, bei denen ihr großen Fleiß zu thun habt, daß ihr das hohe göttliche Ministerium Verbi und Sacramentorum (das Amt des Worts und der Sakramente) ausrichtet, und müsset Gott große Antwort dafür geben: fleißiget euch je, sie einfältig, treulich und deutlich zu lehren. Der beste Prediger ist der, von dem man sagen kann, wenn man ihn gehört hat: das hat er gesagt1).“

Diese Grundsätze waren es, nach welchen er jetzt schon verfuhr. Wir werden es deutlich erkennen und zugleich im Stande sein, genau sein allseitiges Fortschreiten zu beobachten, indem wir seine Predigten aus dieser Zeit durchgehen, die zuerst das Band knüpften, das so unauflöslich werden sollte zwischen ihm und der Masse seiner Nation, vor allen dem Mittelstande.

1) Tischreden, Walch XXII, 993, 1045, 1062, 1021, 921, 995.

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Predigten im Jahre 1516. Wider das Lafter der Verläumdung 1).

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Noch in den Anfang des Jahres 1516 scheint eine Predigt zu gehören Wider das Laster der Verläumdung. Es kommen rohe cynische Ausdrücke darin vor, wie wir sie in den folgenden kaum noch finden, und ihre Form ist noch ganz die der Weihnachtspredigten von 1515. Ausdrücklich beruft er sich auch wol auf Scholastiker wie Biel, mit Anführung der Stelle, die er im Sinn hat. Im Uebrigen ist sie ganz biblisch und praktisch gehalten, zeugt auch von guter Beobachtung und Menschenkenntniß. Sie ist beredt, rednerisch, doch eifert er im eigentlichen Sinne in ihr so wenig als in irgend einer andern aus dieser Zeit, obwohl er gern Jedermann fromm gemacht hätte.“ Man liest heraus, daß ihm das Herz voll und schwer war, allein er hält an sich, heftige Ausbrüche des Unwillens kommen nicht vor. Nimmer sollte man von dem feurigen jungen Manne, in dessen Innerm es so gewaltig gährte, eine so gemessene Haltung erwarten. Wir werden mehrfach bemerken, daß die Nahrung wesentlich darauf einwirkte, die er längst durch die Mystik empfangen, mit welcher er sich eben jezt doppelt angelegentlich beschäftigte. Sie befestigte die beschauliche Stimmung in ihm, die ihn, indem er durch Beruf und Pflicht zum Eingreifen ins Leben sich ziehen läßt, doch stets in einer gewissen Erdferne hält, so daß er die Dinge mit einem über Welt und Zeit sich gern erhebenden Blicke, mit dem Gleichmuthe des Asketen, eines Staupig ansicht. Seine Mystik ist indeß keine vom Leben in nebelnde Höhen sich versteigende, wie seine Ruhe nichts weniger als Trockenheit. Ich lasse ein Beispiel vom Unedleren und Edleren aus der Predigt wider die Verläumdung folgen. Es ist geboten, heißt es noch im Eingange, daß wir die Todten begraben sollen, die Verläumder aber graben sogar auch die Leute noch aus ihren Gräbern aus, und entblöden sich nicht, ihren Gestank in die Nasen

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1) Diese Predigten lateinisch bei Löscher a. a. D. I, und deutsch bei Walch, X, XII und XIX. Eine der Predigten hat Walch zweimal, XII,

2264 und XIX, 944.

der Lebendigen auszubreiten. Dorten wollte Martha nicht gestatten, und sogar auch Christo selbst verwehren, daß der schon drei Tage im Grabe gelegene Lazarus wieder sollte aufgewecket werden, weil er schon stänke, Joh. 11, 39, jene aber nicht also. Wehe ihnen." An einer anderen Stelle: ,, die Verläumder sind auch Giftmischer und Zauberer. Denn sie bereiten das manchfache Gift der Verläumdung, bezaubern und nehmen ein, kehren ganz um die Ohren Derer, so sie anhören, so daß bei ihnen der Verläumdete nicht wieder die Oberhand gewinnen kann, wie der Bezauberte außer Stande ist, wieder zur Gesundheit zu gelangen. Gleichwie Unholdinnen, Heren, schönes heitres — Gnade, Liebe, Gunst anzeigendes und bedeutendes Wetter verderben, also verstehen sich die Verläumder durch ihre bösen Künste wohl darauf, den schönen heitern Himmel der Einigkeit und des Friedens zu überziehen und zu verdunkeln, Sturmwind und betrübte Zeit, Wetter des Zorns und der Trübsal über die Menschen herzuführen und Alles durch und wider einander zu kehren, so daß Mancher Den, den er noch kurz zuvor mit günstigem freundlichen Angesicht und Liebseligkeit umarmt hatte, nach geschehener Vergiftung, nach vollbrachtem Zauber der ihm eingeflößten Verläumdung, kaum noch vor Zorn ansehen kann, sondern sich mit finstrer und umnebelter Stirn von ihm wegwendet.“

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Dann findet sich auch wohl ein recht deutlicher Ton der von den Uebelständen in der Kirche so schmerzlich berührten Saite seines Innern. Aber ach! jezt wüthet dies Laster stark, und geht entseßlich im Schwange in allen Gassen, Gegenden und Winkeln der Kirche, und je höheren Standes die Leute sind, desto schändlicher und freier verunreinigen sie sich damit. Folget Ihr aber ihnen nicht nach: sehet Ihr auf Eurer Prälaten Amt; aber nicht auf ihr Exempel."

Vom Vertrauen auf Gott.

Geistige Festfeier.

In einer am Tage des heil. Laurentius, im Sommer, gehaltenen Predigt faßt er die Festbedeutung geistig auf, führt sie praktisch-erbaulich durch, spricht vom Vertrauen auf Gott, nicht auf den Heiligen. Der Hauptgedanke ist, daß sich der Christ

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in Glauben und Hoffnung so ganz auf Gott verlassen solle, daß er ohne und außer ihm kein anderes Gut zu besißen glaube. Wem Gott etwas ist, dem können unmöglich andre Dinge außer Gott etwas sein, wem aber im Gegentheil andere Dinge etwas sind, der kann unmöglich von Gott etwas halten. So finden wir es an der Braut im Hohenliede; denn da fie Gott allenthalben gesucht, so konnte sie ihn auch bei den Wächtern, das ist, den Prälaten und Vorstehern der Kirche, nicht finden, bis sie vor denselben auch vorüberging. Sogar unmöglich ist's, daß man neben Gott etwas lieben kann, sogar, daß man um seinetwillen auch die gelehrten und heiligen Männer gering achten muß. In wessen Augen Gott nichts ist, der siehet auch das Blatt von einem Baume für etwas Schäßbares an. Der heil. Laurentius hat aus solchem Grunde weder das Feuer gescheuet, noch die ganze Welt für etwas gehalten." Er schildert den Zuhörern den Reichthum der Güter dieses Lebens, der geistlichen Wohlthaten, die ihnen zu Theil geworden. Von den lettern, ,,als da sind, Verstand, Wissenschaft, Künste," sagt er,,,welche um so viel höher zu achten, da man so viel unwissende, ungeschickte und unnüße Menschen findet." Dann kommt er auf die Festtage. Jeder soll sich die Frage aufwerfen, warum Gott ihm so viel geschenkt. Er wird dann Ursach genug zum Vertrauen auf Gott finden. Die Festtage werden eben darum gefeiert, daß wir an ihnen vorzugsweis daran denken sollen. Und das heißt denn,,,recht im Geist festhalten, beten, danken und loben, welches nicht mit dem Munde allein oder einem musikalischen Instrument oder anderen äußerlichen Zeichen geschicht; sondern es muß im Grunde des Herzens vorgehen.“

Wider Werkgerechtigkeit.

Das Alles ist schon polemisch durch und durch. Aber ausdrücklicher und beredter hätte er den herrschenden Vorstellungen in den wichtigsten Punkten nicht entgegentreten können, als es durch zwei, am 10. und 11, Sonntage nach dem Dreieinigkeitsfeste gehaltenen Predigten geschah, in welchen sein Kampf wider den Katholicism, dessen Princip er durch seine Begriffe vom ge

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rechtmachenden Glauben innerlich längst überwunden hatte, sich äußerlich fortsett., Am ersten, sagt er, ist mein Kampf gewest wider das Vertrauen auf die Werke, darauf doch die Welt fo hoch pocht und troht, als sollten gute Werke auch nicht nöthig sein zur Seligkeit“ J. In der Predigt am 10. Trinitatissonntage von der eingebildeten Heiligkeit und Vertrauen auf eignes Verdienst, geht er von der Größe Gottes aus, um die Demuth des Zöllners zu empfehlen, vor dem pharisäischen Stolze in manch= fachen Wendungen zu warnen. Weil Gott in seinem Wesen lauter Leben, Weisheit, Macht, Gerechtigkeit, Reichthum und alles Gute ist, so ist's wenn sich der Mensch mit Dem, was er hat, ob es gleich noch so wenig und mäßig, mit Gott vergleichen will eben so gut, als wenn ein Armer sich mit einem Reichen, eine Ehebrecherin mit einer keuschen Ehefrau, ein Thor mit einem Weisen, ein Schwacher mit einem Starken, ein Todter mit einem Lebendigen, ein Häßlicher mit einem Schönen, ein geringer Bruder mit einem Prälaten vergleichen will." In der rechten Demuth erkennt der Mensch sein eignes Nichts, schreibt Gott alles Gute zu, maßt sich selbst nichts an. Der Hochmüthige ruft Gott um nichts an, weil er an sich selbst genug zu haben meint; er lobt sich sogar selbst, und macht das Maaß seines Unrechts und seiner Thorheit dadurch voll, daß er Denen zürnt, sie schilt, verfolgt, die ihn einen Sünder nennen, wogegen der Demüthige seinen Nächsten rechtfertigt und sich selber anklagt. Der stolze Pharisäer wußte nichts vom ersten Gebot, sondern ehrte einen andern Gott, den in seinem eignen Herzen aufgerichteten Abgott der eignen Gerechtigkeit. Nun aber sehe sich ein Jeder wohl vor, der diesen Pharisäer in seinem Herzen hasset und verabscheuet, daß er nicht gegen Andre selber ein solcher werde. Ich glaube gar gern, daß Wenige in der Besorgniß stehen, daß sie einen solchen Pharifäer im Herzen haben, den sie äußerlich zu hassen scheinen. Aber ich weiß dagegen gewiß, daß ihrer Viele demselben sehr ähnlich sind. Denn wer ist unter uns, der sich von allem Hochmuth so weit entfernt glauben darf, daß er dem Zöllner in der Bußfertigkeit und Demuth_gleichkomme?"

1) Tischreden, Walch XXII, 744.

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