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Das Alles wird nun aber erst recht deutlich durch die Predigt des folgenden Sonntags: von den Hauptsünden Derer, die sich ihrer verdienstlichen Werke und eingebildeten Heiligkeit rühmen.,,Gott verbietet, andere Götter neben ihm zu haben. Gott wird durch Glauben, Liebe und Hoffnung geehrt, und wer seine Stimme allein hört, der hat keinen andern Gott neben ihm; was aber außer Gott geliebt wird, worauf man außer Gott seine Hoffnung sezt, das ist ein fremder Göße. Daher giebt's nun so viel fremde Gözen, als man Dinge außer Gott liebt. Dabei aber ist wohl zu merken, daß man damit keineswegs verbietet, Werke der Gerechtigkeit auszuüben: sie müssen nur ohne abergläubisches Vertrauen geschehen, in wahrer Demuth, man muß fein Vertrauen nicht darauf gründen, ihnen den Vorzug nicht geben vor der Liebe und Hoffnung zu Gott. Denn so ift Gottes Urtheil beschaffen, daß die guten Werke durch Hochmuth, und die bösen durch Demuth zu nichts werden. Das aber heißt Hochmuth, wenn man auf solche Werke ein Vertrauen setet, sich Darüber freuet, sich selbst darin wohlgefällt."

Als Grund giebt er an, daß die wahre Hoffnung keinen andern Grund haben könne, als Gottes Güte, keineswegs aber eine Kreatur Werke, Verdienste, wie man den Magister der Sentenzen, in deffen Lehre von der Hoffnung, mit welcher die weitere von der eingegossenen Gnade so genau zusammenhing, verstand, wogegen Luther zu zeigen sucht, daß der Lombarde entweder irre oder mißverstanden werde. Verdienstliche Werke könnten Hoffnung nicht begründen, weil Niemand solche Werke verrichten könne, ohne Gott vorher wohlgefällig zu sein.

Wie er gleich im Eingange gegen Mißdeutung sich zu sichern sucht, so auch weiterhin; doch beschränkt er Bedeutung und Werth der Werke so, daß sie dennoch in dem herkömmlichen Sinne nichtig werden. Wie in der Predigt am Johannesfeste des vorigen Jahrs, doch weiter ausführend, sagt er: ,,Allerdings muß ein Mensch im ersten Anfange seines Christenthums sich mit der Ausübung vieler guter Werke ernstlich beschäftigen und den sinnlichen Menschen vom Bösen zurückhalten. Dahin gehört Fasten, Wachen, Beten, Arbeiten, Leid-Tragen, Dienen, Gehorchen u. f. f. Ist aber ein Mensch in der Ausübung solcher Dinge begriffen, so muß er sorgfältig über sich wachen; er ist alsdann gewisser

maßen mehr eines Lehrers benöthigt als vorher, damit er nicht, indem er die sinnlichen Uebel vermeidet, ins geistliche Uebel falle, und Derjenige, der z. E. die Lüste des Fleisches gezähmet, in. eine geistliche Verschwendung und die fieben Todsünden gerathe. Denn hier wird bald zur Rechten bald zur Linken gefehlt, hier scheiden sich die wahren und falschen Tugenden, hier gehen die wahren und falschen Verehrer Gottes von einander ab. Die stolzen Heiligen, die sich selbst ein Maaß des Lichts und der Erkenntniß zutrauen, dabei aber verblendet werden, wissen einen ganz anderen Weg und andre Werke, suchen daher auch darin zu beharren und nicht weiter zuzunehmen, und werden durch ihre eigne Gerechtigkeit, worauf sie sich stüßen, vor Gott mehr verunreinigt, als sie vorher in ihren Sünden waren."

Man nahm sieben Todsünden an und nannte in der Regel - denn völlige Uebereinstimmung fand nicht statt — eitle Ruhmsucht, Zorn, Neid, Verzagtheit, Geiz, Unmäßigkeit und Ueppigkeit. Er nun spricht von den sieben Todsünden, worin die Selbstgerechten verfallen, und rechnet zu ihnen: den pharissäischen Hochmuth, Wohlgefallen an den eignen Werken, die der Furcht vor Gott entgegenstehende Sicherheit, das verwegene Urtheil, wonach fie Alles, was nicht nach ihnen geartet, für unrein erklären, das lästernde stolze Richten, Geneigtheit zu Neid und Zorn, den sie wohl für göttlichen Eifer ausgeben, Trägheit zum wahrhaft Guten, das nicht in die Augen fällt, keinen Schein vor der Welt hat. Die all ihr Heil auf ihre Werke gründen, verzweifeln, wenn sie einen schweren Sündenfall thun, oder etwa an der Verrichtung dieses oder jenes Werks gehindert werden. ,,So findet man viele Weiber, die dergestakt an den Gelübden, Fasten, Geißelungen halten, daß sie dieselben weder durch Rücksicht auf ihre Leibesgesundheit, noch auf die Vorstellungen ihrer Ehemänner oder Kinder einstellen wollen." Er selbst nahm es damit noch immer so streng, seine Ansicht ist indeß frei geworden. Aus seinen eignen Erfahrungen sprach er, wenn er sagt: „die ihr Vertrauen auf eigne Werke gründen, haben niemals ein ruhiges Gewissen oder eine Freude des Geistes. Sie machen ihr eignes Gewissen enge. Die schmale Pforte ist so enge nicht als sie sie machen; es gehört nur eine wahre Verläugnung dazu.“

Wie unverfänglich die Aeußerung lautet, wie sinnschwer war

fie, welch eine entscheidende Wendung erhielt sie doch, wenn es dann zum Schluß heißt: „Welches sind denn nun aber die Werke, die Gott gefallen? Ich antworte: dergleichen Werke haben keinen Namen. Wie dem Hausthiere seines Herren Dienst zur Gewohnheit wird, daß es den Ein- und Ausgang weiß, immer seinen Weg geht durch Regen, Schnee oder Sturm, so sind auch die Menschen befchaffen, die vom Geiste Gottes getrieben werden. Wenn sie erst in der Zucht des äußern Menschen geübt sind, so bekümmern sie sich nicht weiter um dieselbe, sondern sehen sie nur als ein Vorspiel an. Sie beweisen sich willig zur Ausübung aller anderen Werke, wodurch sie in Gottes Augen wohlgefällig werden können, während die Werkknechte nach ihren großen Thaten bald glauben ausruhen zu dürfen; sie werden in mancherlei Leiden gebracht, darinnen von Gott gedemüthiget, und wissen nicht wohin sie geführet werden; sie überlassen sich Gott allein, bleiben bei keinem einigen Werke stehen; was sie thun wollen, hat keiner Namen, der Name muß dem Werke bei ihnen folgen, während die Werkheiligen dem Namen nachgehen. Denn sie nehmen sich nicht in eigner Weisheit vor, dies oder jenes zu thun, werden wohl gar von ihrem Vorsak wieder abgezogen und thun ganz etwas Andres als sie sich anfänglich vorgenommen, und sind darinnen in Gott vergnügt und zufrieden, wenn die Werkknechte zu verzweifeln anfangen, die da nicht wissen, was sie gethan haben."

Schon sehr früh hat man hierin eine unbewußte Weissagung auf die bald beginnende Reformation erblickt, die weder vorbedacht gewesen, noch zu Anfang einen Namen gehabt. Man glaubt einen weltabgewendeten Mystiker oder Asketen zu hören, vernimmt Aeußerungen einer befestigten Glaubenskraft, und sehr merkwürdig ist es in Luther's Art und Geschichte, daß eben an seine mit jener Glaubenskraft genau zusammenhängenden Gedanken und Stimmungen des gottinnigen Seelenfriedens, der ruhigsten Ergebung, seine kräftigsten, kühnsten und erfolgreichsten Thaten sich anknüpfen. Wie der Geist Gottes ihn trieb, ohne daß er wußte, wohin er geführt wurde: er folgte, ließ sich_treiben; war es durch Sturm und Ungewitter -er folgte auch da. In dieser Hingebung lag seine Kraft und seine Größe. Wie ruhig sehen wir ihn, und doch war er eben im lebhaftesten

Kampfe begriffen. Denn acht Tage zuvor hatte er endlich den Angriff auf den Ablaßmißbrauch gewagt, den er in Grimma sich rasch vorgenommen, dann aber verschoben. Doch führte er den Schlag nicht durch eine für die Gelehrtenkreise bestimmte Schrift, was sein erster Gedanke gewesen war, sondern im Volke, noch öffentlicher, an alle Stände sich wendend, durch eine Predigt.

Erster Angriff auf den Ablaßmißbrauch.

Die Predigt, worin er seinem Herzen zuerst vor dem Volke Luft machte, ist am zehnten Trinitatssonntage und ohne Zweifel in der Stadtkirche gehalten, da sie einer Auslegung des ersten Gebots angehängt ist, worüber er gerade zu dieser Zeit in der Stadtkirche Vorträge begann, quf die wir zurückkommen werden.

Erinnern wir uns nun, daß der scholastischen, den kirchlichen Lehrtypus bildenden Ablaßtheorie der Gedanke zum Grunde lag, die Kirche bilde ein untrennbares, in allen Theilen sich auf sich selbst beziehendes Ganze, einen mystischen Leib, an welchem, was das Haupt thut, allen Gliedern, und was Ein Glied_thut, allen übrigen zu gute komme, so daß das Verdienst des Einen auf den Andern übergehen könne, woran sich die Vorstellung von dem Schahe der Kirche anschloß.

Auf diesem Standpunkte steht Luther noch. Er geht eben davon aus, der Ablaß sei das Verdienst Christi und seiner Heiligen selbst und daher mit aller Ehrerbietung anzunehmen. Er verwirft ihn also keineswegs an sich selbst, wohl aber erklärt er sich gegen ihn, sofern er durch Mißbrauch ein Hinderniß der Frömmigkeit würde.,,Denn, sagt er, der abscheulichste Mammonsdienst ist daraus gemacht. Wo sind Die, welche damit das Seelenheil und nicht vielmehr das Geld der Leute suchen? Was in der Weise klar am Tage liegt, wie das Werk getrieben wird. Die Ablaßkommissäre und ihre Untergeordneten predigen nirgend was Anders, denn daß sie den Ablaß herausstreichen und das Volk zum Geben reizen. Da hörst du Niemanden, der das Volk lehrt, was der Ablaß sei, wann er ausgetheilt werden, wann aufhören, sondern nur, wie viel man geben soll; lassen

das Volk in solcher Ungewißheit, damit es glaube von Stund an felig zu werden, sobald es den Ablaß erlange."

Das Folgende und weiterhin noch Andres zeigt, daß er wenigstens großentheils auch noch in der scholastischen Lehre von der Gnade befangen ist, dagegen aber einen Gesichtspunkt aufgefaßt hat, der für die Ablaßtheorie sehr bedenklich und für die gewöhnliche Ablaßpredigt ein zerstörender war. Die Innerlichkeit seiner ganzen religiösen Anschauung und Empfindung hat ihn sehr natürlich darauf hingeführt. Er sagt nämlich weiter, durch den Ablaß werde doch keineswegs die Gnade mitgetheilt, so daß Jemand gerechter durch ihn würde, als er vorher gewefen. Die innerliche böse Lust, die eigentliche Seelenkrankheit und das wahre Übel werde durch ihn nicht einmal vermindert, die Liebe, das ganze innerliche Wachsthum nicht gemehrt, wodurch der Mensch doch allein in das Reich Gottes eingehen könne. Der Ablaß (der Befreiung von aller Schuld und Strafe der Sünde sein sollte) sei und könne nur Erlaß von Kirchenstrafen sein, (was er, wie wir uns erinnern, allerdings ursprünglich allein gewesen) und aus der Schenkung der Kirchenstrafen folge mit nichten, daß,,Derjenige augenblicklich in den Himmel fliege," der so sterbe.,,Das dumme tolle Volk aber läßt sich äffen und betrügen, und glaubt, daß durch solchen völligen Ablaß dergestalt gleich alle Sünde auf einmal hinweggenommen werde, daß es flugs in Himmel fahren könne, und fängt drauf an nur desto frecher ohne Furcht und Scheu einer fernern Strafe darauf los zu fündigen, und beschwert sein Gewissen nur um so mehr.“

Sodann war ihm ein zweiter im päpstlichen Ablaß sehr wichtiger Punkt zweifelhaft geworden.,,Wiefern können durch den Ablaß Seelen aus dem Fegfeuer erlöst werden? Binnen welcher Zeit kömmt die Heiligung der Seele, die der Ablaß nicht bewirken kann, im Fegfeuer zu Stande? Niemand weiß es. Der Papst? er hat die Seelen der Verstorbenen auf keinerlei Weise durch die Schlüsselgewalt zu lösen, sondern nur durch Anwendung der Fürbitte der ganzen Kirche."

Hales hatte zuerst den Umfang des Ablasses auch auf die im Fegfeuer befindlichen Seelen bezogen, doch unter der Bedingung, daß auf Seiten des Ertheilenden die Schlüsselgewalt, auf

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