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S. 39f.) sagt, daß in der Abendstunde im Himmel von den Engeln alles aufgeschrieben wird, was die Menschenkinder am Tage getan haben. Nach der jüdischen, christlich überarbeiteten Apokalypse des Sophonias 2 sitzen sie am Tore des Himmels. und schreiben die Taten in Buchrollen. Dann bringt der angelus interpres die Rollen der guten Taten zu Gott, damit er die Namen ins Buch der Lebendigen schreibe, während der Engel des Anklägers, der gleichfalls am Tore des Himmels sitzt und die Sünden aufschreibt, seine Rollen dem Ankläger übermittelt, der sie in seine Rollen schreibt, um die Menschen anzuklagen, wenn sie zu ihm hinabkommen.

Von dieser Anschauung aus würde nun auch die biblische Bildersprache vom ,,Buch des Lebens" etc. zu beurteilen sein.3 2 Mo 32, 32f. sagt Moses: „Tilge mich aus aus dem Buche, das du geschrieben hast." Ps 69, 29:,,Tilge sie aus dem Buche der Lebendigen, daß sie mit den Gerechten nicht angeschrieben werden." Jes 4, 3 spricht von denen, die in Jerusalem zu dem Leben eingeschrieben sind. Da 7,13 ist die Rede von den Büchern des Alten der Tage und 12, 1 werden die gerettet, die sich im Buche aufgeschrieben finden. Nach Ma 3, 16 ist vor Jahve eine Gedenkschrift aufgezeichnet, in der die eingezeichnet sind, die Jahve fürchten und vor seinem Namen Achtung haben.

Im Neuen Testament liegt die gleiche Anschauung den folgenden Stellen zugrunde: Lc 10, 20: „Freuet euch, daß eure Namen im Himmel angeschrieben sind". Phil 4, 3: „,. . . meine übrigen Mitarbeiter, deren Namen im Buche des Lebens stehen". Hbr 12, 23: „Die Gemeinde von Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind". Apk 3, 5:,,Sein Name soll nicht ausgetilgt werden aus dem Buche des Lebens"; 13, 8 und 17, 8:

1) Eine verwandte Vorstellung der rabbinischen Literatur sei hier um ihrer Schönheit willen angeführt, obwohl der Gedanke hier anders gewendet ist, Tanchuma fol. 30, col. 3 (Nork, Rabb. Quellen 82): Gott stellt den Menschen zur Rede: Wie groß ist deine Schuld, die du mir abzutragen hast. Du sündigst gegen mich, und ich habe Geduld mit dir. Täglich kommt deine Seele, wenn du entschläfst, zu mir, und legt Rechenschaft ab, und bleibt als Schuldnerin vor mir; ich hingegen gebe dir deine Seele zurück, die doch mein Eigentum ist. Also erstatte auch du an jedem Abende deinem Schuldner das Pfand zurück. nicht an das Gleichnis vom Schalksknecht Mt 18, 23 ff.?

Wer dächte

2) Beide Stellen zitiert nach Lueken, Erzengel Michael S. 85 f.

3) Daß das Bild von der öffentlichen Aufzeichnung in die Bürgerlisten (vgl. Na 7, 5 f.; 12, 22 f.) hergenommen sei (Bousset, Apokalypse 262 vgl. 297), ist angesichts des vorgelegten Materials unhaltbar.

Das Buch des Lebens im NT.

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,,Lebensbuch, in das vom Anfang der Welt Namen geschrieben sind"; 20, 12:,,Bücher, in die die Werke eingeschrieben sind, und nach denen die Toten gerichtet werden". Auch das Buch mit sieben Siegeln, das von dem „Lamme“ geöffnet wird Apk 5, das identisch ist mit dem Buch des Lebens", das von dem Lamme Apk 21, 17 verwaltet wird1, und das kleine Buch der Mysterien Apk 10, I ff. gehören in diesen Zusammenhang.

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Auch in der Sprache der Kirche ist das Bild reichlich verwendet worden. Im dies irae heißt es:

,,Und ein Buch wird aufgeschlagen,

darin ist es eingetragen,

wes die Welt ist anzuklagen." 2

Sechstes Kapitel.

Wasser des Lebens.

Brot des Lebens. Stein des Lebens.

I. Wasser des Lebens.

Die babylonische Paradiesesvorstellung kennt neben dem Baum des Lebens3 das Wasser des Lebens. Es ist als Strom gedacht oder als Quelle im göttlichen Heiligtum, s. ATAO 101. Verwandt ist das Bild Ez 47, 1 ff., Apk 22, 1: „Er zeigte mir

1) S. oben S. 17.

2) Wenn Euripides, Fr. 506 spottet: ,,Glaubt ihr, daß die Sünden ... in ein Buch für Zeus geschrieben werden, und daß Zeus sie liest und danach die Menschen richtet? Der Himmel wäre nicht groß genug, die Sünden aufzuschreiben“, so kann man das als Beweis dafür anführen, daß derartige Gedanken an verschiedenen Orten unabhängig entstehen können (,,Völkeridee“). Aber das wird hinfällig, sobald auch Einzelheiten zusammenstimmen wie oben das Aufschlagen des Buches am Neujahrstag usw.

3) Verwandt ist die babylonische Vorstellung vom Lebenskraut. Dieses Lebenskraut wirkt durch seinen Geruch, s. ATAO 101. Im TalmudTraktat Joma 72b heißt die Thora ein Geruch des Lebens für die Würdigen, ein Geruch des Todes für die Unwürdigen (, o, assyr. sammât: Wohlgeruch). Man vergleiche hierzu 2 Ko 2, 16:,,den einen ein Geruch von Tod zu Tod, den andern ein Geruch von Leben zu Leben“. Der,,Wohlgeruch Christi“ 2, 15 ist dagegen m. E. aus der Opfervorstellung zu erklären wie Am 5, 21 usw., s. ATAO 143.

einen Strom von Lebenswasser, hervorkommend aus dem Throne Gottes . . . . hüben und drüben am Strom der Baum des Lebens.“

Aber auch getrennt von der Paradiesesvorstellung spielt im alten Orient das,,Wasser des Lebens" eine große Rolle, s. ATAO 93 f. 98. 101 ff. Bis auf den heutigen Tag leben in Südbabylonien in der Nähe des alten Schauplatzes des EaKultus Zeugen dieser babylonischen Wasserverehrung, nämlich in der Sekte der Mandäer (bei den älteren abendländischen Gelehrten Zabier genannt), die wegen ihrer Verehrung Johannis des Täufers (NINDINO NIN71) von den Entdeckern im 17. Jahrhundert Johanneschristen genannt wurden trotz ihres christentumfeindlichen Charakters.1 Bei ihrem fünftägigen Tauffest (an den fünf Schalttagen, die nach dem zweiten Sommermonat eingeschoben werden) müssen sich Männer und Frauen dreimal täglich im Flusse dem Tauchbade () unterziehen und weiß kleiden. Alle von Fremden gekauften Eßwaren müssen durch Wasser geweiht werden. Die Taufe ist,,das Zeichen des lebenden Wassers, durch das ihr aufsteigt zum Licht", das Kennzeichen der Zugehörigkeit zum ,,Geschlecht des Lebens". Sie darf nur,,in lebendem Wasser" vollzogen werden.2

Wenn danach die Judäer in Babylon mit dem altorientalischen Kulte des ,,heiligen Wassers" während des Exils in nahe Berührung kommen mußten, so erklärt es sich, daß das,,Wasser des Lebens" die Bildersprache des Neuen Testamentes noch mehr beeinflußt als die des Alten Testamentes.3 Daß auf die Judäer im Exil der Wasserkult der Babylonier am Euphrat einen großen Eindruck gemacht haben muß, beweisen die zahlreichen hebräischen Zauberschalen (,,Wasserschalen"), die in den Trüm

1) Ihr Kultus geht direkt auf die Ea-Marduk - Verehrung zurück. Von der Gestalt Johannis des Täufers erfuhren sie jedenfalls durch die jüdische Diaspora. Sie nahmen ihn in ihren Kultus auf wegen der Verwandtschaft der Johannis-Taufe mit ihrem Wasserritus, wie auch sonst ihre Lehre mit jüdischen Reminiszenzen vermischt ist.

IOI ff.

2) S. Keßler in RPrTh3 Art. Mandäer; Brandt, Mandäische Schriften

3) Eine Heilung durch siebenmaliges Untertauchen im Jordan erzählt die Geschichte von Naeman 1 Kg 5. [Boissier, Dokuments S. 33 erwähnt ein babylonisches Heilmittel gegen den Skorpionstich:,,Zum Flusse soll er hinabgehen, siebenmal untertauchen, beim siebenten Untertauchen was in seinem Munde ist, in den Fluß ausspeien"]. Naeman weigert sich und sagt: „Sind nicht Abana und Pharphar, die Flüsse von Damaskus, besser als alle Wasser in Israel?" Die Heilkraft heiliger Flüsse ist ihm also bekannt.

Lebenswasser und Taufe im NT.

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mern von Babylon gefunden wurden. Die Rabbinen reden von ,,Wassern des Lebens“ (□) und „,Quellen des Heils“ (

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). Als eine Frucht babylonischen Einflusses dürfte das ,,Wasserschöpfen" am,,herrlichsten Tage" des Laubhüttenfestes 2 zu erklären sein, das keinerlei Stütze an den Vorschriften der Thora hat. An diesem Tage sprach Jesus nach Jo 7, 37 f. das Wort:,, Wenn einen dürstet, komme er und trinke; wer an mich glaubt, aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen." Auch im Gespräche mit der Samariterin bedient sich Jesus der Vorstellung vom Lebenswasser zu seiner Gleichnisrede Jo 4, 10 ff.:,,... er würde dir lebendiges Wasser geben .... das Wasser wird ein Quell von Wasser, das ins ewige Leben fließt." Die eschatologischen Gemälde der Apokalypse nehmen das Bild wieder auf: Apk 7, 17:,,Das Lamm wird sie leiten zu Wasserquellen des Lebens"; 21, 6:,,Ich will dem Dürstenden geben von der Quelle des Lebenswassers umsonst"; 22, 17: „Der Durstige soll kommen, und der es verlangt, Lebenswasser umsonst zu empfangen.“

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AG 16, 17f. findet Paulus die jüdische Gemeinde zu Philippi am Wasser. Auch sonst ist bezeugt, daß man die Kultorte am Wasser zu bauen pflegte. Vielleicht ist auch Ps 137, 1: ,,An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten", dahin zu erklären.

Einen besonderen heiligen Ritus des Untertauchens, eine Wassertaufe (b), kannten die Juden3; sie war bei der Aufnahme der Proselyten neben Beschneidung und Opfer vorgeschrieben. Bei der Taufe Johannis am Jordan und bei der

1) S. Nork, Hebr.-chald.-rabb. Wörterbuch.

.nannte ניסוך המים

2) Im Traktat Succa IV, 7 wird die Zeremonie beschrieben, die man Mit einem großen goldenen Becher schöpfte man das Wasser aus dem Quell. 70 Stiere wurden bei dem Feste (für die 70 Völker!) geopfert.,,Wer die Freude des Wasserschöpfens nicht gesehen, hat nie eine Freudenfeier gesehen.“ Die babylonische Gemara Succa 48 weist auf Jes 12, 3:,,Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus dem Heilsbrunnen." Der Umstand, daß die Asche der roten Kuh und ebenso auch der vom Priester für unrein Erklärte damit besprengt wurde, beweist, daß man dem Siloah-Quell eine magische Kraft zuschrieb. 3) Verwandt ist die doɛvois, das Wasserschöpfen am achten Tage der Eleusinien, wovon er den Namen quozoń hatte, Athen. XI. Hängt auch die Wasserweihe der griechischen Kirche, die zur Winterwende gehalten wird, mit dem antiken herbstlichen Wasserfest zusammen?

+) S. zu AG 16, 13.

5) S. Nork, Rabb. Quellen XXVII ff. Schürer, Gesch. des jüdischen Volkes II, 129 ff.

Taufe der Jünger Jesu nach dem Vorbilde des Johannes waren nur die begleitenden Umstände (Bußpredigt, Verkündigung des nahenden Himmelreiches) neu. Alte Kultformen sind hier mit einem wesentlich neuen Inhalt erfüllt worden. Das Tauchbad selbst kannten die Juden. Neu war hier nur, daß zum Zeichen der inneren Umkehr derselbe Ritus gefordert wurde, den man bisher nur den unreinen Heiden beim Eintritt in die jüdische Gemeinde vorschrieb.

Jebamot 46b wird gefragt: Womit wird bewirkt, daß die Heiden unter die Flügel der Schechina (wn ¬ nnn) kommen? Antwort: Mittels der Beschneidung und des Untertauchens. R. Josua behauptet an derselben Stelle, die Taufe (Untertauchen) habe schon bei den Vätern stattgefunden. Ketuboth 11a lehrt, das Kind einer Heidin dürfe auf das Gutachten des Synedriums hin getauft werden. Ausdrücklich wird die Frage verneint, ob das Kind bereits Urteilsvermögen haben müsse.1 Aboda Sara 59a: Niemand ist für einen Proselyten zu halten, der nicht beschnitten und getauft ist. Jebamot 78: Wenn eine Frau während ihrer Schwangerschaft zum Judentum übergetreten ist, bedarf ihr Kind nicht ebenfalls der Taufe; denn die Taufe der Mutter genügt für das Kind.

In der evangelischen Auffassung von der christlichen2 Taufe, die den Anspruch erhebt, die biblische zu sein, ist die Vor

1) Die Wirkung bedarf nicht des Wissens. Ich kann z. B., so heißt es dort, einen Menschen von seiner Schuld lossprechen ohne sein Mitwissen; nur wenn das Verdammungsurteil ausgesprochen werden soll, muß er vorher in Kenntnis gesetzt werden.

2) Holtzmann im Archiv für Religionsw. VIII, 50ff. (Sakramentliches im Neuen Testament) sucht nach den Grundsätzen der neueren Theologie nachzuweisen, daß,,das junge Christentum in eine mit Mysteriendunst gesättigte Atmosphäre eingetreten ist, um sofort in der Umbildung gewisser symbolischer Gemeindebräuche zu Sakramenten dieser Beeinflussung zu unterliegen". Nach unserer Auffassung liegt die Richtigkeit dieser Behauptung nur darin, daß die Urkirche in der Tat ohne Bedenken die technischen Ausdrücke der Mysterien auf Taufe und Abendmahl anwendete. Die Väter der Kirche erkannten, daß zwischen unserem Abendmahl und den Gebräuchen der Mysterien ein innerer Zusammenhang vorhanden ist. Was speziell die Taufe betrifft, so boten die Mysterien den Mysten 1. Einführung in die Erkenntnis der himmlischen Dinge (Kosmologie) und 2. die Hoffnung auf eine Überwindung des Todes zu neuem Leben. Beides aber gibt die Taufe in höherem Sinne. Die Täuflinge empfingen 1. die Einführung in die Geheimstücke der christlichen Lehre; 2. die Bürgschaft des neuen Lebens im Sinne von Rö 6, 3 f. Zum Material vgl. Anrich, das antike Mysterienwesen 154ff., von dessen Auffassung ich jedoch nach dem Gesagten wesentlich abweiche.

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