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Der astrale Hintergrund des Jahrmythus.

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sterbende Tammuz, dessen kritischer Punkt die Sommersonnenwende ist, ist der in die Unterwelt sinkende Marduk; der emporsteigende Tammuz, dessen ,,Geburtstag“ die Wintersonnenwende ist, ist identisch mit Marduk im eigentlichen Sinne.1 Im Widderzeitalter, das mit Nabonassar einsetzen sollte, dessen Kalenderreform jedoch unter dem wuchtigen Einfluß der Kultur von Babylon nur mühsam sich durchsetzte, mußte der Jahrgott durch eine mit dem Widder symbolisierte Gestirngottheit ersetzt werden. Spuren davon zeigen sich in der Bevorzugung des widderköpfigen Amon-Kultus durch Alexander den Großen, in dem Kult des widdertragenden Hermes (zotópooos, biformis), im Kult der,,Sabäer“ nach dem Zeugnis des Maimonides und, wie wir unten zeigen werden, in dem kosmologischen Hintergrunde des „Lammes“ („,Widder“) in dem apokalyptischen Bilde Apk 5.

Die mythologischen Requisiten dieses Kalendermythus, die in epischen Dichtungen und in kultischen Festspielen ihre Verwendung und Darstellung finden, sind die folgenden:

1. Die Geburt des Jahrgottes durch die Muttergöttin.

2. Seine Verfolgung und Vernichtung durch die feindliche Macht; der Jahrgott wird zerstückelt 2 oder entmannt oder geköpft. Oder er wird vom Drachen verfolgt, bez. verschlungen.

3. Der Hinabgesunkene wird beweint oder verspottet. Alles Leben ist mit ihm erstorben.

4. Seine Errettung bringt die neue Zeit. Er besiegt den Drachen. Oder er wird in einem Kasten gerettet, der in den Fluß, ins Meer geworfen wird. Oder in dem Kasten

kam der „Zufall" zu Hilfe. Die Geltendmachung des Stierzeitalters traf zeitlich zusammen mit dem Beginn der politischen und kulturellen Vorherrschaft Babylons. Wie Marduk-Jupiter im Kalendersystem des Stierzeitalters zum Beherrscher des Morgen- und Frühjahrspunktes der Sonnenbahn wird, darüber vgl. ATAO 13 und die dort zitierte Literatur.

1) So erklärt sich die Benennung Marduks als bêl nubatti, „Herr der Totenklage" (Maqlu II, 157; VII, 19). Die Bezeichnung des Neujahrsfestes (vgl. S. 11) als tabû bezeichnet die Kehrseite, das Emporsteigen aus der Unterwelt im Frühjahr (so mit Jensen, vgl. Zimmern KAT3 371). Auch das ,,Grab des Bel" Herodot I, 183 hängt gleich dem Grabe des Osiris, von dem S. 19 die Rede sein wird, gewiß mit der Toten- und Auferstehungsfeier des Marduk-Tammuz zusammen (vgl. Lehmann, Beitr. z. alten Geschichte I, 276), wenn wir auch noch keine bestimmten Zeugnisse von einem Toten- und Auferstehungsfest des Tammuz - Marduk besitzen. 2) Näheres in den Nachträgen S. 120 f.

wird nur der Phallus des Zerstückelten gerettet, aus dem dann die Erneuerung hervorgeht. Oder das Herz des Zerstückelten wird zum Keim des neuen Lebens.1

5. Nach Sieg und Errettung erhält der Jahrgott am Neujahrstag die Leitung der Geschicke (Schicksalstafeln, Buch mit 7 Siegeln).

6. Er feiert Hochzeit. Oder:

7. Er schafft das neue Leben (Şemach; „Siehe ich mache alles neu"). Im besonderen wird der Held als Wein-Erfinder geschildert, wobei der Wein als Symbolum der neuen Fruchtbarkeit gilt.

8. Der Lobpreis auf den Herrn des Jahres- und Weltkreislaufs, der alles neu macht, wird angestimmt.

Wie die letzten Punkte zeigen, ist dieser Kalendermythus, der an astrale Erscheinungen (Sonnen- und Mondumlauf usw.) anknüpft, eng mit tellurischen Erscheinungen verknüpft. Der Zweiteilung des Jahres, insbesondere dem Hinabsteigen und Emporsteigen der Sonne, entspricht ja Sterben und Auferstehen in der Natur: Saat und Ernte, Sommer und Winter. Darum läuft parallel zu den Astralmythen der Mythus von den chthonischen Göttern, deren Wirksamkeit im sterbenden und wieder aufkeimenden Samenkorn, in der jährlich vergehenden und auferstehenden Vegetation sich kundgibt. Daß beide Mythenkreise eng verwandt sind, kann man daran erkennen, daß sämtliche astralen Göttergestalten, die mit der Unterwelt und demgemäß auch mit der Befreiung aus der Unterwelt in Zusammenhang gebracht werden, zugleich Vegetations-Götter sind. In den Mysterien, die den Eingeweihten über die Geheimnisse des Todes und Lebens unterrichteten, waren beide Mythenkreise verwendbar. Es entspricht jedoch den gegebenen Verhältnissen, wenn im Orient, in der Welt der Sternkunde, der astrale Mythus im mystischen Kult betont wurde, während im occidentalischen, vom Orient beeinflußten Mysterien - Kult der rein tellurische Mythus vom Samenkorn in den Vordergrund trat.2

1) Auch die Sintflutsagen sind mit den Motiven des Weltjahr-Mythus durchzogen. Hier sind es die Paare, die das neue Leben ins neue Weltzeitalter im ,,Kasten" hinüberretten; das Schiff Noahs 1 Mos 7, 1 ist mit demselben Worte bezeichnet, wie der Schilfkasten des kleinen Moses 2 Mos 2, 3. Diesen Zug hatte ich ATAO 134f.: „Die Sintflut als Astralmythus" noch nicht erkannt. Vgl. S. 30 ff.

2) Zu den beiden Mythenkreisen im Kult der Mysterien und ihr Verhältnis zueinander s. Monotheistische Strömungen innerhalb der

Der tellurische Hintergrund. Die Festtatsachen.

II

In diesem Kalendermythus bez. Naturmythus mit seinen tausend Variationen hat die alte Welt (zunächst der Orient, daneben auch, durch diesen beeinflußt, der Occident) ihre dvorέoas hлídas, insbesondere die Lehren,,,wie man mit einer besseren Hoffnung sterben kann" (Cicero), niedergelegt.

Der astrale bez. tellurische Mythus vom Sterben und Wiederauferstehen, vom Sieg der lichten Mächte über die dunklen Gewalten, gab den großen Festen des orientalischen Altertums den Inhalt, sozusagen die Festtatsache, die gefeiert werden sollte. Diese Feste fielen auf die Solstitien, sofern die astralen Beziehungen betont wurden (Geburtstag der Sonne, Todestag der Sonne), oder auf die Äquinoktien, wenn die tellurischen Erscheinungen (Saat, Ernte) hervorgehoben wurden. Sie wurden zu allen Zeiten in dramatischer Form durch Festspiele gefeiert. Wie es scheint, wurden mit Vorliebe beide Festspiele, Sterben und Wiedererscheinen, zu einem Feste dramatisch verbunden. Auf babylonischem Gebiet gehört hierher das Neujahrsfest mit dem feierlichen Götterumzug und dem Fest der Schicksalsbestimmung und das Hochzeitsfest des Jahrgottes. Das Gegenstück dazu bildet das Trauerfest in der Sommersonnenwende, über dessen dramatische Ausschmückung der Schluß der „Höllenfahrt der Istar" Andeutungen gibt. Spuren eines Festspiels, das den Sieg des Jahrgottes über den Wasserdrachen darstellt, hat H. Zimmern entdeckt.1 Später begegnet uns das Drama des Kalendermythus in den mythischen Gebräuchen der Mysterien.2

babylonischen Religion S. 10 ff. In dem nordischen Mythenkreise (s. S. 8 Anm. 1) wird mit Vorliebe eine dritte Parallelerscheinung des Gestirnumlaufs, der Wetterwechsel, in den Jahresmythus und Weltjahrmythus hineingezogen. Auch dieses Motiv kennt der alte Orient. Es liegt vor in den Astralmythen, die mit den Plejaden zusammenhängen; die Plejaden sind während der 40 winterlichen Tage unter dem Horizont verschwunden, s. ATAO 142. Der Wechsel der Motive beruht auf lokaler Verschiedenheit. Die Grundidee ist allenthalben dieselbe.

1) S. hierzu,,Monotheistische Strömungen innerhalb der babylonischen Religion" S. 24 f.

2) Die Deutung der orphischen und eleusinischen Mysterien, soweit sie sich aus dem orientalischen Kalendermythus ergibt, versuchte ich in Monotheistische Strömungen S. 13 ff. zu geben. Der Haupteinwand gegen die,,natursymbolische“ Deutung: die Eleusinien könnten nicht Sterben und Auferstehen symbolisieren, weil sie im September gefeiert wurden (Anrich, Das antike Mysterienwesen 9 ff.), ist nach dem oben Gesagten von vornherein hinfällig, vgl. auch S. 21.

Wenn sich im folgenden zeigen wird, daß dieser Mythus vom Kreislauf der Natur (aus Leben folgt Tod, aus Tod folgt Leben) und von der Besiegung der finsteren Mächte durch den Erretter (im griechischen Mythus heißt der sonnenhafte Jahrgott immer owτno1) auch in den Darstellungsmitteln neutestamentlicher Schriften eine Rolle spielt, so darf uns das vom christlichen Standpunkte aus nicht unsympathisch sein. Im Christentum ist nicht nur das zur Realität geworden,,,was Gott durch die Väter manchmal und mancherlei Weise geredet hat“, sondern im Christentum erschien auch der Heiden Heiland. Was der Heiden höchster Wunsch und Sehnen war und sich als wertvoller Schatz in der Hülle ihrer Mythen verborgen hat, ist zu Tat und Wahrheit geworden durch den, der ohne Mythus sagen kann: Siehe, ich mache alles neu.

Der rein kosmologische Kalendermythus in seiner dramatischen Ausgestaltung gibt dem biblischen Apokalyptiker Bild und Farbe

a) für die Glorifizierung des siegreichen Christus, der durch Tod und Auferstehung den Drachen besiegt hat, und der nún feierlich die Leitung der Geschicke übernimmt. Apk 4, 21ff. 5.2

1) So verwandelt sich Serapis, der als physischer Erhalter des Menschengeschlechts gilt, im Mythus in der Frühlingszeit in den 'Аozhýлos owτno. Zeus, Helios, Dionysos heißen nach Pausanias, arc. VIII, 30 f. owing. Bei den Griechen ist ferner der Begriff auf Helden, die Sonnencharakter haben, übertragen: йows owτno, s. Rhode Psyche II, 250 f. Anm. 6; Herakles ist 'Ale§ínanos. Augustus als Erlöserkönig ist owrýo, s. S. 59, 61, Antiochus nennt sich owτno. Als Zweck aller Mysterien wird die Erlangung der oornoia angegeben.

2) Die astral-mythologische Erklärung der apokalyptischen Vision hatte bereits Dupuis, Examen de l'Apocalypse gefunden. In neuerer Zeit und mit neuem Material ausgerüstet hat Gunkel, Schöpfung und Chaos 302 ff., mit der mythologischen Erklärung Ernst gemacht. Ihm folgte Bousset, Kommentar zur Offenbarung Johannis z. St., sodann wiederum Gunkel, Zum religionsgeschichtlichen Verständnis des Neuen Testamentes S. 38 ff. Meine theologische Auffassung ist grundsätzlich von der beider Forscher verschieden. Gunkel und Bousset erklären die Form und disputieren dabei zugleich die Realität des dogmatischen Inhalts hinweg. Der Christus von Apk 4 f. ist ihnen ein orientalischer mythologischer Messias. Ich sage: Dieser apokalyptische Christus ist Realität. Bei seiner Schilderung griff der Apokalyptiker naturgemäß nach dem Bilderbuch der ihn umgebenden orientalischen Welt. Aber auch bei der Erklärung der mythologischen Form stimme ich nicht mit Gunkel und Bousset überein. Beide erörtern die Frage, ob ein babylonischer, ägyptischer, alexandrinischer oder anderer Mythus zugrunde liege.

Der Jahrmythus in dem Drama Apk 4 und 5.

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b) für die Weissagung vom Christus der Endzeit, der den Weltenfrühling bringen und Hochzeit feiern wird. Apk 12. 17.

Wir haben uns zunächst nur mit dem ersten Punkte zu beschäftigen; zu b) s. S. 34 ff.

Apk 4, 2 ff. 5, 1 ff.

Und siehe, im Himmel stand ein Thron, auf dem Throne saß einer, und der da saß, glich von Ansehen einem Faspis und Sardischen Stein, und rings um den Thron war ein Regenbogen, gleichwie Smaragd von Ansehen. Und rings um den Thron vierundzwanzig Throne, und auf den Thronen vierundzwanzig Älteste sitzend, angetan mit weißen Gewändern, und auf ihren Häuptern goldene Kränze. Und von dem Throne gingen aus Blitz und Schall und Donner, und sieben Feuerfackeln brannten vor dem Throne, das sind die sieben Geister Gottes. Und vor dem Throne war es wie ein gläsernes Meer gleich Kristall. Und mitten im Throne und rings um den Thron vier Tiere, überdeckt mit Augen vorn und hinten. Und das erste Tier glich einem Löwen und das zweite einem Stier, und das dritte hatte ein Angesicht wie ein Mensch, und das vierte glich einem fliegenden Adler. Und ich sah auf der rechten Hand dessen, der auf dem Throne saß, ein Buch, innen

Gunkel sagt z. B., Bousset habe sich durch Herbeiziehung des HorusTyphon-Mythus verdient gemacht. Diese Frage ist zunächst gleichgültig. Es liegt der durch die alte Welt wandernde Kalendermythus zugrunde, der weseneinheitlich ist. In welcher nationalen Ausprägung ihn der Apokalyptiker vorfand, ist cura posterior. (Vgl. Winckler, Krit. Schriften III, 90 ff. 107 ff. über den auf rein philologisch-formaler Anschauung begründeten immer wiederkehrenden Irrtum, daß die Sprache oder der zufällige Ort der Überlieferung auch den Ursprung der Ideen geben müsse. Die Flagge des Frachtschiffs gibt nicht die Heimat der Ware an.) Übrigens sollen in theologischer Beziehung meine Ausführungen im folgenden nicht allein eine Auseinandersetzung mit Gunkel und Bousset bedeuten. Der Verfasser hat als praktischer Theologe auch einen kirchlichen Zweck im Auge. Der Herausgeber der „Reformation“ fügte einem ausführlichen Bericht über meine die Apokalypse betreffenden Ausführungen beim Baseler Religionsgeschichtskongreß (1904, Nr. 2) folgende Bemerkungen hinzu:,,Das Streben, die Verwandtschaft der apokalyptischen Bilderwelt mit dem altorientalischen Weltbild in das Bewußtsein der Christenheit einzuführen, ist für alle Fälle dankenswert. Erst auf diese Weise werden wir den sektirerischen Mißbrauch der apokalyptischen Darstellungsweise zur Bezauberung der unmündigen Christen durch phantastische Zukunftsbilder endgültig überwinden." Das entspricht durchaus meiner Auffassung.

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