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theils mit philosophischen Gründen zu vertheidigen. Anknüpfungspunkte dafür bot ihr System mancherlei. Die ganze Reihe der aus der Einheit des Urwesens abgeleiteten göttlichen Wesenheiten liess sich leicht hypostasiren und mit den mythologischen Göttern identificiren: das Urwesen mit Uranos, der Nus mit Kronos, die Weltseele mit Zeus, oder auch Zeus mit dem Nus, die Weltseele mit Hera, die Erdseele mit Demeter, die Menschenseele mit Aphrodite und so weiter. Auch den Heroensagen liess sich bald eine kosmische, bald eine ethische Deutung unterschieben; so sollte z. B. die Flucht des Odysseus von Circe und Kalypso die Erhebung der Seele aus der Sinnenwelt bedeuten. Wie liess sich aber der heidnische Bilderdienst mit dem philosophischen Spiritualismus reimen? Auch dafür wussten diese konservativen Denker einfachen Rath: die Gottheit selbst zwar kommt nicht in das Bild herab, aber ihre Kraft wird nach dem Gesetz der Sympathie von dem Bild in specifischer Weise angezogen. So werden auch die Gebete der Menschen zwar nicht von den in den Gestirnen waltenden göttlichen Mächten erhört, wohl aber wirken sie vermöge des allgemeinen sympathischen Zusammenhangs aller Kräfte der Welt auf unmittelbare magische Art die erwünschten Bewegungen und Veränderungen in der Natur. Während die älteren Neuplatoniker Plotinus und Porphyrius in der Anwendung dieser Theorie auf die volksthümliche Praxis noch verhältnissmässig maassvoll blieben, wurde bei dessen Schüler Jamblichus († ca. 330 p. C.) die Philosophie nur noch das Mittel zur Vertheidigung alles und jedes überlieferten Glaubens und Aberglaubens. Er hielt die fabelhaftesten Erzählungen über Wunder und Weissagungen, über die Wirkung der Opfer, über Geistererscheinungen und ähnliches für glaubwürdig und berief sich für die Möglichkeit derselben theils auf die Allmacht der Götter theils auf den Zusammenhang der irdischen Welt mit der himmlischen, deren Kräfte in diese überströmen. Die in Jamblichs Schule entstandene Schrift Ueber die Mysterien" ist eine scholastische Rechtfertigung der ganzen polytheistischen Mythologie, Magie und Mantik.

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Dass mit solchen Mitteln das ausgelebte Heidenthum nicht zu erhalten war, ist klar. Neupythagoräer und Neuplatoniker haben den Siegeszug des Christenthums nicht aufzuhalten vermocht, aber sie haben ihm die Wege gebahnt und zum Theil auch auf ihre Irrwege es verleitet.

5. Capitel.

Das Christenthum.

Messianische Erwartungen der Juden. Die jüdische Religion war eine Religion der Hoffnung und Verheissung; ihre Seher setzten der ungenügenden Wirklichkeit die Ideale einer zukünftigen Heilszeit entgegen, in der Gott sich an seinem Volke verherrlichen und es von allem Uebel erlösen sollte. Und je trauriger die jeweilige Gegenwart, je bedrohlicher die nächste Zukunft erschien, um so höher erhob sich die ideale Hoffnung. Als die assyrische Weltmacht Juda zu bedrängen anfing, sah der Prophet Jesaia (11, 1 ff.) aus davidischem Stamm einen Spross aufschiessen, auf dem der Geist Jahves, der Geist der Weisheit und Kraft, Gotteserkenntniss und Gottesfurcht ruhen, der die Geringen mit Gerechtigkeit und Billigkeit richten, die Gewaltthätigen mit dem Hauch seiner Lippen tödten werde; dann weile der Wolf beim Lamme und der Löwe fresse Stroh wie der Stier, kein Frevel geschehe und kein Unrecht mehr auf dem ganzen heiligen Berge Gottes; dann werde Jahve den Rest seines Volks erlösen und die Zerstreuten heimholen und sammeln von allen Enden der Erde, die Eifersucht zwischen Ephraim und Juda werde dann verschwunden sein. Also Herstellung des alten davidischen Reiches unter einem starken und gerechten König und eine Zeit allgemeinen glücklichen Friedens (wofür die poetische Naturharmonie als Bild dient) — das ist hier noch das den Boden geschichtlicher Entwickelung kaum überragende Zukunftsideal. Als dann die babylonische Weltmacht den jüdischen Staat zertrümmerte, sah der Prophet Jeremia am fernen Horizont die Zeit eines neuen Bundes aufsteigen, wo Gott sein Gesetz in die Herzen schreiben werde, wo Alle Gott erkennen und Aller Vergehungen vergeben sein werden (31, 33). Das Schwergewicht der künftigen Heilszeit fällt hier auf die religiöse Erneuerung, neben der aber doch auch die nationale Wiederherstellung unter einem gerechten davidischen König nicht fehlt (23, 5 ff.). Als aber die chaldäische Macht durch Cyrus, den Gesalbten Jahves, niedergeworfen war, schilderte Deuterojesaia die Hoffnung der frommen Patrioten auf baldige glänzende Wiederherstellung der alten theokratischen Herr

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lichkeit: die Rückkehr der Exulanten wird ein Triumphzug, dem Gott die Wege bahnt, das verödete Land wird zu einem Garten Gottes, das neue Jerusalem, herrlicher als das erste, füllt sich alsbald mit Bewohnern, den aus allen Enden zurückkehrenden Juden, die jetzt alle wahre Jahvejünger sein und den Willen Gottes im Herzen tragen werden. Aber nicht auf Israel bloss beschränkt sich das Heil, alle Völker erkennen die Herrlichkeit Jahves und kommen herzu um mit Israel zusammen ihm zu huldigen. Ein persönliches Organ der Heilszeit kennt Deuterojesaia nicht, es wäre denn der Mederkönig Cyrus, den er den Gesalbten Jahves nennt; der lehrende und leidende Knecht Jahves aber (Jes. 42. 49. 53) ist nicht eine bestimmte Person, sondern das Gottesvolk, das Gott aus tiefer Erniedrigung zur Herrlichkeit emporheben wird. Weit blieb hinter diesen kühnen Hoffnungen die Wirklichkeit in der restituirten jüdischen Gemeinde zurück. Die Propheten verstummten bald unter der Herrschaft des priesterlichen Gesetzes; damit trat auch die messianische Hoffnung in Hintergrund. Als aber unter dem Druck des syrischen Königs Antiochus Epiphanes der Fortbestand der jüdischen Religion bedroht war, erwachte der prophetische Reichsgedanke aus langem Schlummer und erhob sich in Daniels Apokalypse zum Gesicht eines Reichs der Heiligen unter einem auf Himmelswolken kommenden Menschensohn. Dieser ist zwar bei Daniel der symbolische Repräsentant des Volks der Heiligen, im Buche Henoch aber (in den jüngeren Bilderreden Kp. 31-71) ist er der Name des Messias, der vor der Weltschöpfung schon ausererwählt und verborgen war bei Gott, der auf dem Thron der Herrlichkeit sitzt und erscheinen wird zum Gericht über die Welt und zur Rettung der Gerechten. Wenn diese Parthie des Henochbuches vorchristlich ist, so scheint daraus hervorzugehen, dass ein übernatürlicher Ursprung des Messias schon in der jüdischen Theologie theilweise angenommen wurde, was ja auch passen würde zu der Herkunft des messianischen Reichs aus dem Himmel. Aber in den sogenannten salomonischen Psalmen, die aus der Zeit des Pompejus stammen und die Stimmung der pharisäischen Kreise gegenüber der Römerherrschaft ausdrücken, ist der Messias doch wieder als rein irdischer Kriegsheld gefasst, der die Heiden überwindet und, selbst rein von Sünde, das Volk Gottes in Gerechtigkeit regiert. Ein Ausbruch der durch die Römerherrschaft erzeugten fieberhaften messiani

schen Erregung war die Erhebung des Galiläers Judas nach der Einverleibung Judäas ins Kaiserreich. Sein tragisches Ende konnte die messianischen Hoffnungen nicht ersticken; sie flammten neu auf. als aus der jüdischen Wüste der Ruf des Täufers Johannes erschallte: Thut Busse, das Himmelreich oder Gottes Reich ist nahe gekommen! Ueber den messianischen Hintergrund dieser Busspredigt kann kein Zweifel bestehen, trotz des Schweigens des Josephus. Johannes wollte dem Messiasreich den Weg bahnen, indem er das Volk auf den nahen Gerichtstag durch die Aufforderung zur Busse vorbereitete.

Das Evangelium Jesu. Unter den Schaaren, die zum Täufer in die Wüste geeilt waren und sich durch die Taufe für den Empfang des Reiches hatten weihen lassen, war Jesus von Nazareth gewesen. Er setzte nach der Gefangensetzung des Täufers dessen Predigt mit denselben Worten fort, wobei er wohl auch anfangs das nahende Reich in demselben Sinn einer vom Himmel kommenden wunderbaren Neuordnung der Dinge zu Gunsten des jüdischen Volks verstand. Dennoch war von Anfang sein Auftreten und Wirken ein ganz anderes als beim Täufer. Dieser war ein strenger Bussprediger nach der Weise des Elia, seine Predigt vom Nahen des Reichs war eine Gerichtsdrohung, die die Sünder erschüttern sollte; in Jesu Munde wurde sie zur „frohen Botschaft", zur Tröstung für die Trauernden und Aufrichtung der Niedergeschlagenen. Denn ihn jammerte des

armen Volks, in dem er nicht verworfene Sünder, sondern eine zerstreute und zerschlagene, von den offiziellen Hirten theils missleitete theils verachtete Herde erblickte, der sich hilfreich anzunehmen er sich berufen fühlte. Er fürchtete nicht, wie sonst die Gerechten zu thun pflegten, seine Frömmigkeit zu verunreinigen durch Berührung mit der sündigen Welt, sondern er traute dem Drang heiliger Liebe. der sein Herz erfüllte, die Kraft zu, das Böse zu überwinden durch Gutes. Die vertrauende Liebe, die ihn mit Gott wie ein Kind mit seinem Vater verband, trieb ihn nicht zur Flucht aus dem Unheil der Welt, sondern zur Arbeit an dem Heil der Welt, trieb ihn, der Sünder sich erbarmend anzunehmen, den Kranken Heilung, den Mühseligen und Beladenen Erquickung zu bringen, kurz das gottselige Leben eines Gotteskindes, das er in sich trug, Allen, die danach verlangten, zum persönlichen Besitz mitzutheilen. Daher kehrte er aus

der Wüste, wo der Täufer seine Busspredigt getrieben hatte, zurück in die Städte und Dörfer Galiläas, um auf den Gassen und in den Häusern und Schulen den Menschen nachzugehen, zu suchen und zu retten die Verlorenen, die Willigen und Empfänglichen in seine Nachfolge zu berufen und in dauernder Gemeinschaft an sich zu ziehen. Darin bestand zuvörderst das eigenartig Neue an der Wirksamkeit Jesu im Unterschied vom Täufer und von früheren Propheten, dass er das Kommen des Reichs nicht als ein menschlichem Zuthun entzogenes Wunder vom Himmel erwartete, sondern zu einer Aufgabe menschlicher Arbeit machte, und zwar der Arbeit der Erziehung der einzelnen Menschen zu gottgefälliger Gesinnung oder wahrer Gerechtigkeit". Die Individualisirung der Religion, die in den Psalmen schon theilweise vorhanden aber noch mehr ruhende Mystik gewesen, wird hier zum Princip des Handelns und schafft eine neue Gemeinschaft der Menschen im freien Geiste der Gotteskinder.

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Die Moralpredigt Jesu fasst sich zusammen in das Wort: Trachtet am ersten nach Gottes Reich und Gerechtigkeit! Worin besteht diese gottgefällige Gerechtigkeit, von der die Theilnahme an den Gütern des Reichs bedingt ist? Sie muss jedenfalls besser sein als die der Schriftgelehrten und Pharisäer. Nicht, als ob Jesus das Gesetz Mosis verworfen und durch ein neues ersetzt hätte davon war er als treuer Sohn Israels zeitlebens weit entfernt sondern in den Fusstapfen der Propheten gehend setzte er den Idealismus der sittlichen Gesinnung dem Ritualismus des kirchlichen Werkdienstes entgegen. Selig, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!" Nicht bloss die böse That, auch schon die böse Lust ist Sünde vor Gott. Das sittliche Ideal ist das denkbar höchste: Verähnlichung mit dem vollkommenen Gott, womit wir in Wirklichkeit das werden, wozu wir die Anlage und Bestimmung in uns tragen: Kinder des Vaters im Himmel. Verwirklicht kann freilich jenes Ideal von keinem ganz werden, denn vollkommen gut ist Gott allein; wir Menschen bleiben, auch wenn wir alles uns mögliche gethan, doch immer hinter dem Ideal weit zurück und haben daher allesammt Grund in Demuth zu bitten: Vergib uns unsere Schuld, was wiederum Motiv für uns sein soll, auch Anderen die Schuld zu vergeben. Annähern aber können und sollen wir uns allerdings jenem Ideal dadurch, dass wir die der väterlichen Liebe Gottes entsprechende

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