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und fügte ihren Gebetsformeln einige Worte für ihn bei; man sprach von „den Göttern, die bei meinem Herde wohnen, dem Jupiter meines Herdes, dem Apollo meiner Väter". Daher die Unzahl von Lokalkulten von Göttern und Göttinnen, von deren Namen wir nur die wenigsten kennen, unter denen sich nie eine Einheit herstellen liess. Daher jene endlosen Götterkämpfe, von denen der Polytheismus voll ist, und die die Kämpfe der Familien, Kantone oder Städte repräsentiren. Es bedurfte langer Zeit, ehe diese Götter aus dem Schooss der Familie, die sie geschaffen hatte und als ihren Privatbesitz betrachtete, herausgiengen; viele unter ihnen haben sich nie von diesem häuslichen Bande losgemacht. Mit der Zeit aber geschah es, dass die Gottheiten einzelner zu hervorragender Macht gelangten Familien zu einem dem entsprechenden hohen Ansehen in weiteren Kreisen kamen; dann wollte eine ganze Stadtgemeinde sie sich aneignen und ihnen zur Gewinnung ihrer Gunst einen öffentlichen Kultus widmen, bei welchem die Familien, denen die Gottheit ursprünglich angehörte, das Vorrecht des Priesterthums behielten. Auch diese zweite Religionsform, die Verehrung der Naturgötter, hatte also zwar ihre Wiege im Kreis der Familie, aber sie eignete sich besser als der Ahnenkult für die künftigen Fortschritte der menschlichen Gesellschaft. Die Ahnen und Heroen waren Götter, die ihrer Natur nach nur von einer sehr kleinen Zahl von Menschen verehrt werden konnten und die fortwährend unüberschreitbare Scheidewände zwischen den Familien bildeten. Die Religion der Naturgötter dagegen war ein viel weiterer Cadre; kein bindendes Gesetz verhinderte ihre Verbreitung, denn die ausschliessliche Beschränkung auf eine Familie lag nicht in der Natur dieser Götter; unvermerkt mussten die Menschen zuletzt dahin kommen zu sehen, dass der Jupiter einer Familie im Grunde dasselbe Wesen oder derselbe Begriff war wie der einer anderen, was sie von zwei Ahnengöttern oder Laren nie glauben konnten. Auch eine andere Moral verband sich mit dieser neuen Religion: sie beschränkte sich nicht mehr auf Einschärfung der Familienpflichten; Jupiter war der Gott der Gastfreundschaft und Schutzherr der Fremden. Mit der Entwicklung dieser zweiten Religion musste die Gesellschaft sich erweitern. Anfangs hatte sie sich unter dem Schutz ihrer älteren Schwester am häuslichen Herde eingenistet; allmälig entwand sie sich diesem Schutzverhältniss und gewann ihre selbständige Existenz: dem

Hausherd trat als die höhere Kultstätte der Tempel der Stadtgemeinde gegenüber.-Wie mehrere Familien zu einer Phratrie, mehrere Phratrieen. zu einer Tribus sich verbanden, so konnten endlich auch mehrere Tribus sich unter einander verbinden unter der Bedingung, dass der Kult einer jeden respectirt blieb. Mit der Vollziehung dieser Verbindung trat die Stadtgemeinde ins Dasein. Es kommt wenig darauf an, welche Gründe zu dieser Verbindung führten; bald mag sie freiwillig entstanden sein, bald erzwungen durch die überlegene Macht einer Tribus oder eines Mannes. In jedem Fall war das Band der neuen Vereinigung wieder ein Kultus: die Tribus, die sich zur Bildung einer Stadtgemeinde verbanden, gaben sich eine gemeinsame Religion. Nicht durch allmälige Erweiterung eines Kreises entstand die menschliche. Gesellschaft, sondern durch Verbindung vorher isolirter Gesellschaftsgruppen zu immer höheren Einheiten, wobei je die umfassendere Gemeinschaft sich nach dem Model der in ihr eingegliederten engeren bildete, diese letzteren aber ihre sociale und religiöse Individualität nach wie vor behielten; insbesondere blieben die verschiedenen Sonderkulte der engeren Kreise fortbestehend, auch nachdem sich der gemeinsame höhere Kult über ihnen gebildet hatte. Hieraus geht hervor, dass die Entwicklung der Gesellschaft Hand in Hand mit der Erweiterung der Religion erfolgte. Man kann nicht sagen, ob es der religiöse Fortschritt war, der den socialen leitete: gewiss ist nur, dass sie sich beide gleichzeitig und mit bemerkenswerther Uebereinstimmung vollzogen. Es war der Glaube, diese gewaltigste Macht in der Welt, der die natürliche Selbstsucht brach und die besonderen Willen unter die Organisation des Ganzen beugte. Ein alter Glaube gebot den Menschen, die Ahnen zu verehren, dieser Kult hat die Familie. um einen Altar versammelt und mit der ersten Religion die ersten sittlichen Gefühle erzeugt. Dann wuchs der Glaube und zugleich die Gemeinschaft. Indem die Menschen fühlen, dass es für sie gemeinsame Götter giebt, verbinden sie sich in weiteren Gruppen. Ueber der Familie mit ihren häuslichen Göttern (Deol appot) bildete sich die Phratrie mit ihrem Gott (9. ppátptos), dann die Tribus mit ihrem Gott (0. pótos), endlich kommt man zur Stadtgemeinde und erfasst einen Gott, dessen Vorsehung diese ganze Stadt umfasst (9. októç). So war die religiöse Idee bei den Alten der treibende und organisirende Geist der Gesellschaft. Die Stadtgemeinde hatte zuvörderst

ihre göttlichen Heroen, die Gründer und Wohlthäter der Stadt, deren Gebeine sich in ihrem Territorium befanden; weiterhin die göttlichen Naturmächte, die aber ebenfalls anfangs lokalen Charakter hatten. Daraus, dass zwei Städte ihrem Gott denselben Namen gaben, darf man nicht schliessen, dass sie denselben Gott verehrten. Die Athene zu Athen und die zu Sparta waren zweierlei Göttinnen mit verschiedenen Attributen; ebenso die Hera von Argos und die von Samos, die Juno von Rom und die von Veji; in der Sage vom trojanischen Krieg kämpfte eine Pallas für die Griechen und eine andere Pallas für die Trojaner. Der Stadtgötter Zeus oder Jupiter gab es ebensoviele wie es Städte gab. Mit ihrem besonderen Gott hatte. jede Stadt auch ihre ausschliesslich eigenthümliche Religion, Priesterschaft, Tradition und Ritus. Gieng man von einer Stadt zur anderen, so fand man andere Götter, andere Dogmen, andere Ceremonien, andere liturgische Formeln und Schriften. Diese waren das strenge Geheimniss der Stadt; sie anderen mitzutheilen, hiesse die Religion. und das Geschick der Stadt kompromittiren. So war die Religion. ganz lokal, ganz Staatssache der einzelnen Stadtbürgerschaft. Auch diese Stadtreligion überlebte sich mit der Zeit ebenso wie der städtische Staat. Man fühlte sich unbefriedigt von der Vielheit der lokalen Götter und fieng an zu begreifen, dass diese verschiedenen Zeus, Athene u. s. w. doch nur ein und dasselbe Wesen sein können. Die Poeten zogen von Stadt zu Stadt und sangen statt der Hymnen der Stadtgötter die neuen Gesänge, deren Legenden um die grossen Götter der Erde und des Himmels sich drehten. So vergass das griechische Volk seine alten häuslichen und nationalen Hymnen um dieser neuen Poesie willen, die nicht ein Kind der Religion, sondern der Kunst und Einbildungskraft war. Zugleich zogen gewisse grosse Heiligthümer, wie die zu Delphi und Delos, die Menschen an sich und liessen sie die Lokalkulte vergessen. Endlich führten die Mysterien zur Geringschätzung der leeren und bedeutungslosen Stadtreligion.

Diese Darstellung vom Wachsthum der Religion, wie sie Fustel de Coulange's scharfsinniges Buch gibt, hat durch die Einfachheit und Natürlichkeit des Hergangs etwas so Imponirendes, dass es nicht ganz leicht ist, ihrem Zauber gegenüber die kritische Vorsicht sich zu wahren. Gleichwohl wird man Bedenken tragen, seine Ansicht vom Gang der Sache bei Griechen und Römern zu einer allgemein

giltigen Theorie ohne weiteres zu erheben. Gesetzt auch, er habe Recht mit der Annahme, dass bei diesen Völkern die Familie der primitive religiöse Kreis gewesen sei, so ist das doch jedenfalls nicht der Fall bei den Semiten und bei allen auf totemistischer Organisation beruhenden Racen, bei denen der Stamm oder Clan so sehr die grundlegende Religionsgemeinschaft bildete, dass die Frau, weil aus anderer Clangenossenschaft stammend, von der Tisch- und somit Kultgemeinschaft ihres Mannes und ihrer Söhne ausgeschlossen war. Nach Rob. Smiths Ansicht war die Clansgenossenschaft überall, auch bei Griechen und Römern, älter als die Familie; er verweist darauf, dass in Rom die Frau bei der Hochzeit in die gens des Mannes aufgenommen und dadurch erst zur Kultgemeinschaft innerhalb des Hauses befähigt wurde, während in Sparta die gemeinsamen Mahlzeiten der Männer ohne die Frauen eine Erinnerung aus der Zeit zu bewahren scheinen, wo die Familie noch keine Kultgemeinschaft bildete. Ist vollends die Hypothese vom Vorangehen des Matriarchats im Hordenzustand der Urmenschen vor dem Patriarchat in der Familie richtig, so fällt jede Möglichkeit weg, die Religion von der Familie als ältester Kultgenossenschaft ausgehen zu lassen. Ein weiteres Bedenken erhebt sich gegen die Art, wie Fustel de Coulanges den Kult der Ahnen und den der Naturgötter wie zweierlei Religionen ohne Vermischung und Wechselwirkung neben einander hergehen lässt. Die schwierige Frage nach dem Verhältniss des Ahnen- und Naturdienstes, in der man vielleicht den Kern des Problems der Urreligion sehen könnte, ist in dieser Darstellung schwerlich befriedigend gelöst. Wir haben oben gesehen, wie im Totemismus gerade die Identität des menschlichen mit einem Theil des Naturlebens das primitive Glaubens- und Kultobjekt bildete. Es liesse sich daher die Frage aufwerfen, ob nicht auch da, wo Ahnen- und Naturdienst scheinbar zusammenhangslos nebeneinander stehen, doch eine gemeinsame Wurzel beider in einer der totemistischen verwandten Glaubensform vorauszusetzen sein dürfte? Und dafür liesse sich an die bedeutsame Thatsache erinnern, dass auch in der griechischen und römischen Religion in den Thierattributen. der Götter und Heroen ein Ueberlebsel von der ursprünglichen thiermenschlichen Gottheit sich erhalten zu haben scheint. Endlich lässt sich noch die Frage aufwerfen, ob der geradlinige und schrittweise Fortschritt vom engeren zum weiteren Religionskreis und damit vom

niederen zum höheren Religionsobjekt, wie Fustel de Coulanges ihn so einfach und übersichtlich gezeichnet hat, wirklich auch dem geschichtlichen Sachverhalt entspreche? In den einigermassen entwickelten Nationalreligionen der Kulturvölker finden wir durchgehends eine Mehrheit von Religionsschichten über einander gelagert, die so verschiedener Art sind, dass es schwer scheint, sie aus einfacher Entwicklung gleichartiger Keime von unten her zu erklären. Sie scheinen vielmehr auf grosse geschichtliche Katastrophen wie Völkerwanderungen und Invasionen fremder Eroberer hinzuweisen, unter deren Erschütterungen und Kämpfen die ältesten Götter der heimischen Lokalkulte neuen Göttern fremden Ursprungs unterworfen und theilweise assimilirt wurden. Der Völkermischung entsprach eine Göttermischung, der socialen Gliederung in den Adel der erobernden und die Plebs der unterworfenen Stämme entsprach die religiöse Unterscheidung der oberen und unteren Götter; während letztere mehr oder weniger ihren lokalen Charakter als Gau- und Clangötter be-. hielten, erhoben sich die ersteren über diese trennenden Unterschiede zu irdischen und überirdischen Höhen als die Vertreter und Verwalter des ganzen staatlich geeinigten Volks. So entstanden die mannigfach abgestuften Systeme des nationalen Polytheismus, nicht, wie man früher meinte, aus der gleichmässigen Personifikation der verschiedenen Erscheinungen und Gebiete des Naturlebens, auch nicht bloss aus dem Hinauswachsen der einen Ahnengötter über die anderen, sondern als Folge der Völkermischungen und der daraus entsprungenen socialen Gesellschaftsgliederung, die im religiösen Glauben sich als Mischung und hierarchische Gliederung der Götterwesen spiegelte. Weiteres hierüber wird in den nächsten Kapiteln zur Sprache kommen; hier mag nur noch bemerkt werden, dass sich aus dem gedachten Gang der Dinge auch die für den Religionsforscher bedauerliche Thatsache erklärt, dass wir von den wenigsten Göttern der polytheistischen Volksreligionen die ursprüngliche Bedeutung mit Sicherheit zu erkennen vermögen; sie hatten eben keineswegs eine so einfache Entstehung wie man früher meinte, sondern sie waren aus der Geschichte und durch die Geschichte der betreffenden Völker gewachsen und tragen in ihren mannigfachen und oft wenig zusammenstimmenden Attributen und Mythen die Spuren ihrer Wanderungen und Wandelungen durch verschiedene Stämme und Zeitalter hindurch. Wie alle

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