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wissenschaftlichen Denkens erklären lässt. Trefflich sagt Sigwart am Schlusse seiner Logik (II. 601): „Der metaphysische Abschluss der Welterklärung bildet die Voraussetzung, ohne die überhaupt kein Wissenwollen im eigentlichen und strengen Sinn möglich ist; sie geht über die gegebene Erfahrung nach keiner anderen Richtung hinaus. als jeder Versuch, das Gegebene zu begreifen; mit demselben Recht, mit dem wir in den einzelnen Substanzen und ihren Kräften ein intelligibles Reich als den Grund der Erscheinungen aufbauen, gedrängt von demselben Trieb, das Zerstreute zur Einheit zusammenzufassen, machen wir auch den weiteren Schritt zur letzten Erklärung der Welt nach den Forderungen unseres Denkens. Dort sowenig wie hier ist ein Beweis im strengen logischen Sinn möglich, weil Realität ausser uns überhaupt nie bewiesen werden kann. Die Gewähr liegt auch hier nur in der Uebereinstimmung unserer Gedanken und in der Erfüllung der Forderungen, welche wir an die Begreiflichkeit des Gegebenen machen. Was die Metaphysik von der übrigen Wissenschaft scheidet, ist nicht die Methode; diese ist für alles Erkennen schliesslich absolut dieselbe; es ist nur die Universalität der Aufgabe, und ihre Aufgabe selbst ist so nothwendig als die des Wissens überhaupt. Sie steht am Anfang aller Wissenschaft, indem sie die Principien zur Klarheit bringt, die alles wissenschaftliche Streben voraussetzt; sie steht am Ende aller Wissenschaft, indem ihre Voraussetzungen sich nur durch den Erfolg selbst, die durchgängige Zusammenstimmung alles Wissens bewähren können. Sie wird darum Stückwerk bleiben, wie alles Wissen Stückwerk ist, solange das endliche Denken sich nicht in das göttliche erweitert und erhoben hat." In demselben Sinn sagt auch Fechner (,,Tages- und Nachtansicht" S. 56): „Jene Weisen, von uns aus über uns hinauszuschliessen, sind im Grunde nur dieselben, mit denen wir überall vom Hier aufs Dort, vom Heute aufs Morgen schliessen, und womit alle Erfahrungswissenschaft vom Gegebenen aufs Nichtgegebene schliesst. Wer freilich mag leugnen, dass sie einzeln genommen um so unsicherer werden, je weiter hinaus und höher hinauf sie vom Gegebenen ins Nichtgegebene führen; aber was dem Einzelnen an Sicherheit abgeht, sucht man durch die Zusammenstimmung aller und die Zustimmung praktischer Gesichtspunkte zu erklären, um hiermit da, wo kein strenges Wissen möglich ist, demselben doch so nahe als möglich zu

kommen. Als fest hat zu gelten, was widerspruchslos mit den Grundpunkten zusammenhängt und wozu die Gesichtspunkte von allen Seiten stimmen."

Hiermit ist schon angedeutet, dass die Wissenschaft bei ihrem Versuch, einen philosophischen Abschluss der Welterklärung zu finden, niemals ein völlig befriedigendes, definitives Ergebniss erreichen wird und kann. Wir können von dem unbedingten Princip der Welt nur solche positiven Bestimmungen aussagen, die wir aus der Welt unserer Erfahrung, sei es der natürlichen oder geistigen oder beider, entnommen haben. Diese aus der Welt des Vielen und Bedingten stammenden Aussagen können aber natürlich nur unzulänglich das Wesen des Einen Unbedingten bezeichnen; sie können nur als analogische und symbolische Bestimmungen gelten, welche besagen wollen, dass wir uns das Wesen des Weltgrundes in einer gewissen, doch stets nur relativen Gleichartigkeit mit diesen oder jenen Erscheinungen unserer inneren und äusseren Erfahrung denken. Es ist begreiflich, wenn die Wissenschaft, bedrückt von dieser Schwierigkeit der Bestimmung des absoluten Weltprincips, manchmal theils ganz auf den Versuch einer einheitlichen Welterklärung verzichtete, theils bei den unbestimmtesten und niedersten Bestimmungen des Weltprincips (Sein, Kraft, Stoff, Bewegung und dgl.) sich beruhigen zu müssen glaubte. Im ersteren Fall kommt es zu gar keinem Abschluss des Wissens, zu keiner Antwort auf die den Menschen stets bewegenden Fragen nach dem Woher und Wohin des Daseins; dadurch wird dann auch alles besondere Wissen unsicher und zweifelhaft, wird der Forschermuth vom Zweifel gelähmt und die Energie des Erkenntniss triebes unterbunden. Im anderen Fall kommt es zu unwahren Welterklärungen aus unzureichenden Principien, wie der Materialismus und Positivismus solche sind; dabei bleiben gerade die höheren Lebensgebiete unerklärlich, und um das Unerklärliche wegzudeuten, wird die eigenthümliche Art und Bedeutung des geistigen, sittlichen und religiösen Lebens ignorirt und alles auf das Niveau der niedersten physikalischen Erscheinungen herabgedrückt, die Wirklichkeit also nicht erklärt, sondern verstümmelt und entstellt. Materialistische Verirrungen und skeptische Zerfahrenheit, Gleichgiltigkeit und Verständnisslosigkeit für die grossen Zusammenhänge und allgemeinen Ideen bei pedantischem Sichzersplittern und Sichverlieren im Einzelsten und Kleinlichsten

das sind die Gefahren, welche erfahrungsgemäss der Wissenschaft in Zeiten der philosophischen Entmuthigung drohen.

Solchen Gefahren gegenüber ist es die Religion, welche durch ihre, den inneren Gemüthserfahrungen entsprungene und entsprechende Gottesidee der Wissenschaft immer aufs neue das Gewissen dafür schärft, unermüdlich ihrer höchsten Aufgabe nachzustreben, zu suchen nach einem wahrhaft und allseitig befriedigenden Princip der Welterklärung. Nicht als ob darum die Wissenschaft ohne weiteres die religiöse Gottesidee auf Autorität hin annehmen und für ihre Erklärung der Welt benützen sollte. Damit würde sie gar zu bequem ihre eigenthümliche Aufgabe, den letzten Principien schrittweise vom Besonderen aufsteigend sich allmälig zu nähern, verkennen und würde die Fähigkeit verlieren, alles zu prüfen, auch die religiösen Ideale, und von allem nur das Beste zu behalten. Wohl aber wird die Wissenschaft in der religiösen Gottesidee die symbolische Antecipation des Zieles erblicken, zu welchem sie selbst nicht auf den Flügeln der Phantasie emporfliegen, sondern auf dem mühsamen und endlosen Wege des denkenden Verstandes emporklimmen soll. Sie wird sich immer sagen müssen, dass der religiöse Geist, der sein höchstes Princip nicht durch diskursives Reflektiren über das Gesammtgebiet der allgemeinen Erfahrung gewinnt, sondern aus der Tiefe der inneren. sittlich-religiösen Erfahrung schöpft, nicht bloss auch mitgehört zum Ganzen der zu erklärenden Wirklichkeit, sondern dass er in diesem Ganzen sogar die höchste Stellung und Bedeutung einnimmt, und dass sonach jede Welterklärung ungenügend und irrig ist, die für diese höchsten Erfahrungsthatsachen keinen Raum hätte und zu den nothwendigen Forderungen des sittlich-religiösen Geistes im Widerspruch stünde. Die Religion wird also für die Wissenschaft, ohne ihre Arbeit im Einzelnen bevormunden oder hindern zu wollen, doch insofern maassgebend sein, als sie ihr sowohl die Möglichkeit des Erkennens überhaupt durch den Glauben an den vernünftigen Weltgrund verbürgt, als auch dem Erkenntnissstreben das höchste Ziel vorhält, das die Wissenschaft im Auge behalten und anstreben muss, um die Aufgabe abschliessender Welterklärung wenigstens annähernd zu erfüllen. Aber obgleich sonach die Wissenschaft Voraussetzung und Ziel mit der Religion gemein hat, so behält sie doch ihre selbständige Stellung ihr gegenüber; nicht nur besorgt sie ihr Geschäft in Erfor

O. Pfleiderer, Religionsphilosophie. 3. Aufl.

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schung des mannigfachen besonderen Seins und Geschehens der Welt unbehelligt von religiösen Einreden, ausschliesslich auf Grund der im Wesen des Erkennens und seiner Objekte liegenden Bedingungen und Gesetze, sondern sie macht auch die Religion selbst zum Gegenstande ihres Erkenntnissstrebens und leistet ihr dadurch überaus nützliche, obgleich selten dankbar anerkannte Dienste.

Die Leistung der Wissenschaft bezüglich der Religion hat zu verschiedenen Zeiten sehr verschiedene Schätzung erfahren: in Zeiten des überwiegenden Wissensinteresses hat man die Wissenschaft zur Herrin über die Religion erhoben, ja wohl gar zum Ersatz für die Religion machen wollen; in Zeiten der kirchlichen Autoritätsherrschaft hat man die Wissenschaft zur gehorsamen Magd der Religion erniedrigt; und in Zeiten romantischer Gefühlsseligkeit oder praktischer Opportunität hat man sie verächtlich aus dem Heiligthum der Religion ausgewiesen, weil man sich durch ihre nüchterne Wahrheitsfrage im religiösen Genuss oder in der praktischen Geschäftigkeit behindert fühlte. Die erstgenannte Ueberschätzung der Wissenschaft liegt lange hinter uns und wird kaum so bald wiederkehren; sie gehört einem Rationalismus an, der dem verständigen Wissen und Reflektiren schöpferische Kraft zutraute und das eigenartige Wesen der Religion nicht verstand; der nicht wusste, dass sie nicht Wissens- sondern Willenssache ist, nicht unsere Kenntniss bereichern, sondern unser Herz in das richtige Verhältniss zu Gott und damit zu Welt und Leben setzen will, und dass sie zu diesem Zweck sich der bildlichen Ausdrücke bedient, die keinen Anspruch auf exakte theoretische Wahrheit machen, da sie nichts über das Wesen Gottes oder der Welt aussagen wollen, sondern das Willensverhältniss zwischen Gott und uns oder unsere Herzensstellung zu Gott beschreiben. Für diese poetische Bildersprache der Religion hatte der alte vulgäre Rationalismus der Aufklärung gar keinen Sinn; daher hat er durch ungeschickt zutappende Behandlung der religiösen Dinge das vernünftige Denken hierüber bei einem frömmer und poetischer gewordenen Geschlecht in unverdienten Misskredit gebracht, unter dessen mächtigen Nachwirkungen wir heute noch leiden. Der spekulative Rationalismus erkannte zwar das relative Recht der religiösen „Vorstellung" als der noch sinnlichen Darstellungsform geistiger Wahrheiten an; aber da

er

er die intellektualistische Ueberschätzung des Wissens und die Verkennung des Emotionellen als der Hauptsache bei der Religion mit dem alten Rationalismus noch theilte, verfiel er in den Irrthum, dass die religiöse Vorstellung in das begriffliche Wissen der Wissenschaft aufzuheben, die Religion also durch Philosophie zu setzen sei. Dass diese Selbstvergötterung der absoluten Philosophie" ihren Sturz nach sich zog, war ganz in der Ordnung; fatal war nur, dass damit für lange hinaus das Denken überhaupt, auch die nüchternste logische Reflexion und die besonnenste historische Forschung auf religiösem Gebiet verpönt war.

Die Unterschätzung der Wissenschaft bezüglich ihrer Leistung für die Religion tritt in doppelter Form auf: in der scholastischen Verwendung der Wissenschaft als dienender Magd nicht sowohl der Religion als vielmehr des kirchlichen Lehrgesetzes; und in der romantisch - pietistischen Gleichgiltigkeit gegen Vernunft und Wissenschaft, denen gegenüber das Schwergewicht in ein leidenschaftlich gesteigertes Gefühlsleben oder in geschäftigen Werkdienst gelegt, dabei aber die Frage nach der Wahrheit der religiösen Glaubensformen als minder wichtig zurückgestellt wird. Letzteres ist in unserer Gegenwart die herrschende Stimmung weiter Kreise, die dabei freilich nicht ahnen, wie sehr sie indirekt die Geschäfte ihrer äussersten Gegner zur Rechten und Linken betreiben. In den neukantischen Kreisen geht man davon aus, dass der religiöse Glaube von dem Welterkennen gänzlich unabhängig sei, denn dieses habe es mit dem kausalen Zusammenhang des Geschehens in Natur und Geschichte, also mit dem Gebiete der Nothwendigkeit zu thun, der religiöse Glaube aber entspringe aus unserem Bewusstsein der Freiheit und ihres Anspruchs auf Selbstbehauptung gegenüber der Welt; der Gottesglaube sei eben der Ausdruck des Verlangens der Persönlichkeit nach Befreiung von den Weltschranken oder nach Weltbeherrschung; seine Gewähr liege nicht in irgendwelchen theoretischen Erfahrungen oder Gedanken, sondern nur in dem Gefühl des Werthes, den er für uns im praktischen Leben, im Kampf ums Dasein habe. Hier wird also Gott ganz wie bei Feuerbach als das „Wunschwesen" gedacht, in dem wir unseren Wunsch nach schrankenloser Macht über die Welt vergegenständlichen; weil diese Vorstellung uns wohlthuend, tröstlich und ermuthigend ist, darum halten wir sie nach neukantischer

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