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welche für praktischen Behuf dann ganz den gleichen Dienst thut wie absolute Gewissheit. Eine derartige Harmonisirung des wissenschaftlichen und des religiösen Weltbildes zu versuchen, ist daher allerdings die unerlässliche Aufgabe der Religionswissenschaft als der berufenen Mittlerin zwischen Religion und Wissenschaft. Nur wird sie bei diesem Versuch nie der Einbildung Raum geben dürfen, als hätte sie absolute Wahrheit erreicht. Vielmehr gehört es geradezu mit zu ihrer Aufgabe, die Unmöglichkeit eines „absoluten Wissens“ zum wissenschaftlichen Bewusstsein zu bringen. Für uns folgt dieselbe einfach daraus, dass bei der Verschiedenheit der menschlichen Naturen und bei der steten Entwicklung der Erfahrung, des Wissens sowohl als auch des Lebensideals der Menschen, die Instanzen des theoretischen wie die des praktischen Bewusstseins niemals bei Allen und konstant dieselben sein können, also auch nie ein Augpunkt gefunden werden kann, unter welchem die beiderseitigen Weltbilder sich schlechthin für Alle und für immer decken würden. Darum kann auch die aus ihrer hypothetischen Einheit resultirende Gewissheit stets nur ein approximatives Ideal, eine werdende und bedingte, nie eine fertige und absolute sein. Es bleibt eben dabei: „Unser Wissen ist Stückwerk!"

III. Abschnitt.

Entfaltung der Religion in Glaubensformen.

1. Capitel.

Der Gottesglaube.

Kant hat gesagt, es seien vorzüglich zwei Dinge, die unsere Ehrfurcht erregen: der gestirnte Himmel über uns und das Sittengesetz in uns. Er hat damit in der That die zwei Quellen angedeutet, aus denen der Gottesglaube entspringt: die äussere Welt, sofern sie unserem Denken eine vernünftige Ordnung des Wirklichen, eine allumfassende Wahrheit zeigt, und die innere Welt, sofern sich in ihr eine vernünftige Ordnung des Seinsollens, ein allbestimmender Zweck oder das Ideal des Guten uns aufdrängt. Dass das Gute, das wir als das Seinsollende der Wirklichkeit entgegensetzen, doch nicht bloss unser subjektiver Gedanke, ein Traum unserer Einbildung, sondern dass es das wahrhaft Seiende, die Macht über die Wirklichkeit sei; und dass das Princip des gesammten äusseren Daseins dem idealen Sehnen und Hoffen unseres eigenen Herzens nicht fremd und gleichgiltig, sondern die Quelle seiner Triebkraft und Bürge seines Rechts auf Verwirklichung sei, das ist der Kern des Gottesglaubens. Wir haben oben gesehen, dass in der Gottesidee die theoretische und die praktische Vernunft ihre höchste Einheit finden, und dass sie eben darum in unserer Vernunft nothwendig begründet, der Ausdruck des centralen Vernunfttriebes nach Einheit schlechthin ist. Eben hierin, in ihrem apriorischen Vernunftursprung, ihrer Denknothwendigkeit, liegt zugleich der Beweis ihrer Wahrheit. Aber obgleich

ursprünglich in der Vernunft angelegt, kann das Gottesbewusstsein, wie ebenfalls schon oben gezeigt wurde (S. 342 f.), seinen Inhalt doch nur allmälig entfalten, in steter Beziehung auf das jeweilige Weltund Selbstbewusstsein, deren ordnendes Princip es enthält. Dass es die Weltordnung ist, und zwar in ihrer doppelten Form, als Naturordnung und als sittlich-religiöse Lebensordnung, worin wir die Offenbarung der Gottheit zu finden haben, ist einer der ältesten und verbreitetsten Gedanken der religiösen Reflexion. Die ägyptische Maat, Tochter des Sonnengottes Ra, und der iranische Genius Asha vahista waren Personifikationen der noch über den Einzelgöttern stehenden natürlichen und socialen (sittlichen und rituellen) Ordnung der Welt: für denselben Gedanken hatten die Inder die unpersönlichen Begriffe Rita und Karma (das Gesetz"), die Griechen Moira und Nemesis oder (personificirt) Dike und Erinnys, die Chinesen Tao. Ebenso ist es ein durchgängiger Gedanke der biblischen Religion, dass Gott sich von Anfang geoffenbart habe sowohl in den Werken der Schöpfung als auch in dem in die Herzen geschriebenen Gewissensgesetz und in dem nach Gott suchenden Trieb der Menschenseele (Röm. 1,19. 2,14. Apostelgesch. 17, 26 ff.). Auch alle jene durch die Literatur aller Völker in zahllosen Variationen sich hindurchziehenden Reflexionen, die man unter dem Sammelnamen „Gottesbeweise" zusammenfasste, sind im Grunde nichts anderes als Ausführungen des allgemeinen Gedankens, dass wir die Gottheit aus ihrer Offenbarung in der Weltordnung zu erkennen vermögen; es waren Versuche des reflektirenden Verstandes, den Weg nachzuzeichnen, auf dem sich der Menschengeist von der Welt seiner inneren und äusseren Erfahrung aus zum Gottesglauben erhebt, und eben damit natürlich zugleich das gute vernünftige Recht dieses Glaubens nachzuweisen. An wissenschaftlich zwingende oder exakte" Beweise hat dabei wenn wir vielleicht von einzelnen Scholastikern absehen wohl Niemand gedacht, schon darum nicht, weil Jedermann weiss, dass es sich in Fragen der Religion und der Philosophie um Beweise von der Art der mathematischen überhaupt nicht handeln kann. Das heute allenthalben beliebte Sturmlaufen gegen derartige Reflexionen ist daher mindestens nichts als ein Windmühlenkampf; bei den Theologen übrigens ist das geflissentliche Bestreben, den Nachweis der vernünftigen Begründung des Gottesglaubens im Ganzen der Weltordnung zu dis

kreditiren, um Alles auf positive Autoritäten zu stellen, eine erstaunliche Leichtfertigkeit, deren einzige Entschuldigung darin liegen kann, dass sie nicht wissen, was sie thun.

An der Weltordnung, in der wir Gottes Offenbarung erkennen können, sind nun aber nicht bloss die zwei Stufen: natürliche Ordnung der Dinge und sittlich-religiöse Ordnung des Menschenlebens, sondern auch an jeder dieser beiden Stufen zwei Seiten zu unterscheiden: die subjektive und die objektive (ideale und reale) oder die Welt des Bewusstseins und die des äusseren Daseins. Diese beiden Seiten stehen durchweg in solcher Korrespondenz mit einander, dass jede von beiden auf die andere hinweist, von der anderen bedingt ist, und nur mit der anderen zusammen recht zu verstehen ist. Eben in diesem wechselseitigen Bezogensein und Geordnetsein beider auf einander offenbart sich das einheitliche ordnende Princip des Ganzen: Gott. Es ist von Wichtigkeit, diese Doppelseitigkeit der Weltordnung sich klar zu machen, weil dadurch von vornherein der neuerdings öfters gemachte Versuch ausgeschlossen wird, die Weltordnung an die Stelle Gottes selbst zu setzen. Wo irgend das geschieht, da liegt immer eine, meist durch Rhetorik verhüllte, Unklarheit des Begriffs Weltordnung", ein unbestimmtes Schillern desselben zwischen subjektivem und objektivem Sinn, zu Grunde*). Sobald man sich klar macht, dass der Begriff „Weltordnung" sich in eine Zweiheit von Korrelatbegriffen zerlegt, wird man die Unmöglichkeit einsehen, ihn mit der höchsten abschliessenden Idee zu identificiren. Die Weltordnung ist nicht Gott, sondern sie ist die Offenbarung des einen ewigen Gottes in der Welt des Vielen und Wechselnden, des inneren Erlebens und äusseren Geschehens. Wir reflektiren zuerst auf die natürliche Weltordnung und gehen dabei aus von der subjektiven Seite, vom Verhältniss des Erkennens und Seins, wobei wir an Ausführungen des vorigen Kapitels anknüpfen.

Gottesoffenbarung in der natürlichen Weltordnung nach ihrer subjektiven Seite. Wenn von „natürlicher Weltordnung" die Rede ist, denkt man gewöhnlich nur an die Ordnung der äusseren Natur, als ein Ganzes von Dingen und Wirkungen, die unabhängig von

*) So z. B. in der Religionsphilosophie von Rauwenhoff, vgl. meine Besprechung im Jahrb. f. prot. Theol. 1888.

O. Pfleiderer, Religionsphilosophie. 3. Aufl.

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unserem Denken existiren. Nun hat aber schon David Hume gezeigt, dass die Stammbegriffe der Substantialität und Kausalität, mittelst deren wir die geordnete Welt denken, uns nicht von aussen gegeben sind, sondern von uns selbst zu den Sinneseindrücken hinzugedacht werden. Sodann hat Kant gelehrt, dass die Anschauungsund Denkformen, mittelst deren wir die Empfindungen zu Vorstellungen und Urtheilen verknüpfen, ursprünglich unserem Geiste eigen sind, und er hat daher geradezu unseren Verstand „den Gesetzgeber der Natur" genannt, nämlich der von uns vorgestellten, den Inhalt unseres Bewusstseins bildenden Natur. In der That lässt es sich nicht bestreiten, dass die Welt, von der wir unmittelbar wissen, eben die Welt unseres Bewusstseins ist, die jedenfalls zunächst auf den Functionen und Gesetzen unseres Geistes beruht. Damit erhebt sich sofort die Frage: entspricht dieser unserer subjektiven Bewusstseinswelt auch eine objektive, von unserem Bewusstsein unabhängige Welt des Daseins oder nicht? Wird diese Frage bejaht, so stehen wir vor der kardinalen Frage der Erkenntnisstheorie: wie die Uebereinstimmung unserer gedachten mit der realen Welt, worauf die Wahrheit unseres Erkennens beruht, denkbar sei? Diese Frage umgeht nur der subjektive Idealismus, der eine reale Welt verneint und nur die gedachte Welt unseres Bewusstseins gelten lässt.

Obgleich diese Denkweise heute schwerlich viele Vertreter hat, wollen wir doch hypothetisch uns für einen Augenblick auf ihren Standpunkt zu versetzen suchen. Nun ist jedenfalls so viel klar, dass auch der Idealist, wenn er nicht der Absurdität des „Solipsismus“ verfallen will, wenigstens eine Vielheit von Bewusstseins-Subjekten annehmen muss, die unter einander in dem durch die Sprache vermittelten Gedankenaustausch stehen. Dann aber fragt sich: wie kommen diese verschiedenen Geister zu einer übereinstimmenden Vorstellung einer ihnen gemeinsamen und ihre Wechselwirkung vermittelnden Natur? Darauf hat Fichte geantwortet, die Uebereinstimmung der endlichen Geister in der Vorstellung einer äusseren Welt erkläre sich daraus, dass sie nur die begrenzten Erscheinungsformen einer allgemeinen Vernunft seien. In ähnlichem Sinn hatte schon Berkeley gesagt, dass die Vorstellung von äusseren Dingen in den menschlichen Geistern durch Gott bewirkt werde. Wollte aber Jemand vorziehen zu sagen, die Gleichartigkeit der menschlichen Vorstellungen von einer äusseren

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