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richtende Macht wider den Menschen zu sein, indem sie in ihm selbst zur lebendigen Macht des Guten wird. Die Gnade kann daher nur da zur Wirkung kommen, wo die sittlichen Bedingungen für ihren Empfang vorhanden sind, und diese sittlichen Bedingungen hängen zusammen mit dem allgemeinen Stand der sittlichen Entwicklung, wie sie unter dem Zusammenwirken der mannigfachen erziehenden Faktoren im Leben der Gesellschaft herbeigeführt wird. Das Wirken der Gnade ist also ebenso wenig ein willkürliches, wie das der Allmacht; wie dieses geordnet ist durch die Gesetze der natürlichen Welt, so jenes durch die der sittlichen Welt. Daraus erklärt es sich, dass die ansich unbeschränkte Gnade, die das Heil Aller will, dennoch in der geschichtlichen Welt als eine beschränkte erscheint, indem ein grosser Theil von Menschen hinter ihrer religiössittlichen Bestimmung so weit zurückbleibt, dass sie derselben ganz verlustig zu gehen scheinen. Aus dieser Erfahrungsthatsache hat sich die wunderliche Lehre von der Gnadenwahl gebildet, nach welcher Gott einen Theil der Menschen zu Gegenständen seiner Barmherzigkeit ausgewählt, die Anderen aber dazu bestimmt habe, Gegenstände seiner verdammenden Gerechtigkeit zu sein. Es ist klar. dass bei dieser Zweitheilung zwischen Liebe und Gerechtigkeit beide sich gegenseitig gründlich aufheben würden, ganz abgesehen davon, dass dabei der Mensch zum unfreien Objekt göttlicher Willkür erniedrigt, also die sittliche Bestimmtheit des göttlichen Wirkens, von der doch die gesammte sittliche Weltordnung zeugt, verneint würde. Uebrigens liegt jener Lehre von der Gnadenwahl neben der stark anthropomorphischen Gottesvorstellung auch eine pessimistische Beurtheilung der Menschen zu Grunde, sofern die relativen Unterschiede zum absoluten Gegensatz von Verworfenen und Erwählten überspannt werden. Statt dieses absoluten Gegensatzes, der die Einheit der Gattung zerreissen würde, zeigt aber die Erfahrung überall nur eine unendliche Mannigfaltigkeit von Stufen in der Entwicklung des sittlich-religiösen Bewusstseins: in keinem fehlt das Gottesbewusstsein ganz, in keinem erreicht es andererseits die absolute Vollkommenheit, dass es das schlechthin alleinbestimmende, Irrthum und Sünde ausschliessende Princip des gesammten Lebens würde; zwischen dem Minimum und dem Maximum seiner Kräftigkeit liegen zahllose Stufenunterschiede, aber kein absoluter Gegensatz. Diese Relativität seiner

Verwirklichung theilt das Gottesbewusstsein mit allen anderen Anlagen der Menschheit; es ist eben das Grundgesetz alles endlichen Daseins, dass es hinter der absoluten Idee immer zurückbleibt. Die Idee der Gotteskindschaft ist in allen Menschen angelegt und bis zu irgendeinem Grade in dem Vorhandensein des Gottesbewusstseins auch wirksam; die Schranken in der Verwirklichung dieser Idee fallen nur auf Seite der endlichen, unter den Bedingungen von Raum und Zeit verlaufenden Entwicklung des menschlichen Gattungswesens, dürfen also nicht in das ewige Princip dieses Zeitverlaufes, in die allweise Liebe Gottes zurückgetragen werden. Der Abstand der erfahrungsmässigen Wirklichkeit der Menschen von ihrer Idee darf uns also nicht irremachen an der allgemeinen Wahrheit der Idee, wie sie in der göttlichen Zweck bestimmung enthalten ist; vielmehr soll der Glaube an diese allgemeine göttliche Bestimmung Aller zum Heil der Gotteskindschaft uns ein Motiv werden zur rastlosen Arbeit an der Verwirklichung derselben in uns und Anderen. Die Menschenliebe, die sich bethätigt in der Arbeit für das Gottesreich, ist die praktische Bewährung des Glaubens an die allumfassende Liebe Gottes, wie die weise Weltbeurtheilung die Bewährung des Glaubens an die Allweisheit Gottes ist.

2. Capitel.

Die Welt im Lichte des Gottesglaubens.

Wir haben früher gesehen, dass der Gegensatz von Selbst- und Weltbewusstsein im Gottesbewusstsein die vorauszusetzende Einheit und den Grund seiner Möglichkeit hat. Daher weiss der Mensch sich und seine Welt von Gott abhängig, er sucht in der Gottheit den Grund des Daseins und Soseins der Welt, zu der er selbst als Theil mitgehört. Aber weil die Klarheit des Gottesbewusstseins abhängt von der jeweiligen Entwicklung des Selbst- und Weltbewusstseins, so wird auch das Begründetsein der Welt in Gott auf den verschiedenen Religionsstufen sehr verschieden gedacht. Das religiöse Bewusstsein kleidet die göttliche Weltbegründung in Bilder, die der endlichen

Erfahrung entnommen und daher immer dem Verhältniss der unendlichen Ursache zum Ganzen des endlichen Daseins mehr oder weniger unangemessen sind. Für die Beurtheilung ihres relativen Werthes sind aber zweierlei Gesichtspunkte massgebend: einerseits fragt es sich, ob die göttliche Ursächlichkeit wirklich als unendliche, von nichts bedingte und Alles bedingende, gedacht werde; und andererseits, ob die endlichen Ursachen in der unendlichen so begründet seien, dass sie in ihrer Wechselwirkung mit einander den gesetzmässigen Zusammenhang des Geschehens, den wir „Natur“ nennen, bilden. Wo letzteres nicht der Fall ist, da kommt der Verstand, der den Zusammenhang der Dinge unter einander verstehen will, nicht zu seinem Recht, daher geräth die diesem Interesse dienende wissenschaftliche Weltbetrachtung mit der einseitigen Fassung der religiösen Weltbegründung in einen Widerspruch, der für den religiösen Glauben selbst gefährlich wird, dessen Lösung daher durch reinere Fassung des religiösen Gedankens der Abhängigkeit der Welt von Gott zu suchen ist. Eine weitere Schwierigkeit erwächst aber der religiösen Weltbetrachtung aus der Erfahrung der Uebel, die vom subjektiven Standpunkt aus zweck widrig zu sein und daher der göttlichen Ursächlichkeit zu widersprechen scheinen. Es ist zu zeigen, wie das religiöse Bewusstsein mit dieser Schwierigkeit gerungen hat, und dass es im Rechte ist, wenn es den Glauben an die göttliche Weltregierung trotz der Weltübel festhält, indem es diese als Mittel erkennt, die dem Zwecke des Guten dienen müssen.

Schöpfungssagen. Auf dem Standpunkt der Naturreligion, wo der Mensch seine Götter als Naturwesen von derselben Art wie sich selbst und die Dinge um sich her betrachtet, kann von einer Schöpfung der Welt durch göttlichen Willensakt noch keine Rede sein. Hier wird vielmehr die Abhängigkeit der Dinge und Menschen von ihrer Gottheit als natürliche Abstammung vorgestellt, sei es in Form der thierischen Erzeugung oder der Verwandlung oder des Ausfliessens alles Besonderen aus dem göttlichen Lebensquell. Dabei ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass die göttliche Ursache selbst auch wieder aus Anderem entstanden sei; indem man auf diese weiter zurückliegenden Ursachen reflektirte, entstanden die theogonischen Mythen, diese älteste Spekulation über das Woher des göttlichen

und weltlichen Seins; Theogonie und Kosmogonie fiel dabei noch in eins zusammen. Erst mit der Vermenschlichung der Götter begann man ihre Ursächlichkeit nach Analogie des menschlichen Machens als ein Bilden aus gegebenen Stoffen vorzustellen. Dabei konnte die theogonische Vorstellungsweise in der Art noch festgehalten werden, dass zuerst die Götter aus einem Urstoff, z. B. dem Weltei oder den Fluthen des Chaos, entstehen und dann ihrerseits die Bildung der Welt aus demselben Stoff, dem sie entsprungen sind, vollbringen. Diese Mischung von Theogonie und Schöpfung ist bezeichnend für den Uebergang von der Natur- zur Kulturreligion; ein Beispiel dafür ist die babylonische Schöpfungssage, wie sie aus den assyrischen Inschriften entziffert worden ist*). Je mehr dann in den Volkssreligionen die Vorstellung des obersten Gottes in der Richtung auf die höchste Herrschermacht nach Analogie der menschlichen Herrscher ausgebildet wurde, desto mehr trat das theogonische Element hinter dem selbstthätigen Schaffen zurück und wurde auch dieses weniger als mühsames Arbeiten, vielmehr als allmächtige Willensbethätigung, als erfolgreiches Befehlen vorgestellt. Indem die Gottesidee über das Natürliche ins Sittliche erhoben, mit der sittlichen Weltordnung in Beziehung gesetzt wurde, stellte sich auch ihre weltbegründende Ursächlichkeit nicht mehr als natürliches Geschehen, sondern als geistig freie Willensthat dar; aber indem diese nach Analogie eines menschlichen Gebieters vorgestellt wird, erscheint die Welt als das zufällige Produkt göttlicher Willkür, von seinem Wesen gänzlich getrennt, ja ihm entgegengesetzt; so wird sie dann entweder, sofern ihr doch selbständige Realität zukommen soll, zu einer Schranke des göttlichen Willens, oder aber zu einem aus dem Nichts hervorgezauberten Schein, dem keine Wesenheit und keine Wirksamkeit, keine innere Gesetz- und Zweckmässigkeit des Geschehens zukommt; die Natur ist da erdrückt von der übernatürlichen Schöpferallmacht.

Die monotheistische Schöpfungssage findet sich ausser in der biblischen nur noch in der zarathustrischen Religion; und zwar wird der allgemeine Gedanke, dass Ahuramazda der alleinige Schöpfer der natürlichen wie der sittlichen Weltordnung sei, auf Zarathushtra selbst zurückzuführen sein (oben S. 162); hingegen verräth sich

*) Vgl. Schrader, Das alte Testament und die Keilinschriften, S. 2 18.

die spätere priesterliche Spekulation in der ausführlichen Beschreibung des Bundehesch, wie im Laufe von 365 Tagen der Reihe nach Himmel und Himmelslichter, Wasser, Erde, Pflanzen, Thiere und Menschen geschaffen worden, jede Klasse irdischer Wesen als Nachbild eines himmlischen Vorbilds, und wie dann diese gute Schöpfung verdorben wurde durch den bösen Geist, der zu dem Guten überall das Schlimme und Schädliche hinzugefügt habe. Auch in der Bibel haben wir von dem einfachen Grundgedanken der prophetischen Religion, dass Himmel und Erde durch das Wort und den Geist Jahves gemacht sind, die Schöpfungssagen der zwei ersten Capitel des 1. Buchs Mosis als spätere Ergebnisse religiöser Reflexion zu unterscheiden. Dabei lässt sich zwischen der älteren Erzählung im zweiten und der jüngeren im ersten Capitel in mehrfacher Hinsicht ein Fortschritt wahrnehmen. Dort beschränkt sich das Interesse auf die Bildung des ersten Menschenpaares und seiner nächsten Umgebung, hier erweitert es sich auf das ganze Weltall; dort findet kein planmässiger Fortschritt statt, sondern es wird nur von Fall zu Fall das nächste Nöthige gemacht, wobei allemal noch ein Mangel sich herausstellt, der zu weiterem Ergänzen drängt; hier herrscht dagegen ein einheitlicher Plan und die Schöpfungsakte verlaufen in einer teleologisch geordneten Stufenreihe; dort ist das göttliche Thun noch ganz naiv als menschenartiges Handanlegen vorgestellt: Gott pflanzt den Garten Eden, baut den Adam aus Erde, bläst ihm den Lebensodem in die Nase, baut Eva aus seiner Rippe, macht nachher den Ureltern die ersten Kleider aus Fellen; hier dagegen tritt an die Stelle dieses menschenartigen Arbeitens das einfache Befehlswort der Allmacht, welche alle Wesen ins Dasein ruft, allerdings nicht geradezu aus Nichts, sondern so, dass ein anfängliches Chaos als formloser Stoff für das göttliche Schaffen vorausgesetzt wird. Von dieser alttestamentlichen Schöpfungslehre unterscheidet sich die christliche durch den bedeutsamen Gedanken, dass die Welt durch den göttlichen Logos geschaffen sei, womit hier nicht mehr das einmal am Anfang gesprochene Befehlswort gemeint ist, sondern der stetig der Welt innewirkende und im Sohne Gottes den Gipfel seiner Offenbarung findende göttliche Geist, die sich selbst verwirklichende Vernunft oder Weisheit und Güte Gottes, die das Leben der Welt und das Licht der Menschen ist. Der Sohn Gottes heisst der Mittler und

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