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der Erdgeschichte kein Ergebniss aller sittlichen Entwicklung, aller Leiden und Kämpfe, Arbeiten und Opfer der Menschheit übrig bleiben, es wäre das alles schliesslich für nichts gewesen: ein für das vernünftige sittliche Bewusstsein peinlicher Gedanke!

Kaum besser ist aber auch das Endziel, welches die pantheistische Mystik in Aussicht stellt: nicht in den Einzelnen und nicht in der geschichtlichen Gattung liege die höchste Bestimmung der Menschheit, sondern in Gott. Wie alles aus ihm hervorgegangen, so solle alles zuletzt wieder in ihn zurückgehen, nicht etwa, um mit ihm in seliger Gemeinschaft fortzuleben, sondern um in ihm auf- und unterzugehen. Wie Ströme rinnen und im Ocean, aufgebend Name und Gestalt, verschwinden: so geht, erlöst von Name und Gestalt, der Weise ein zum göttlich höchsten Geiste." Dass dieses Aufgehen in den Allgeist, wo mit ihm solcher Ernst gemacht ist wie im Brahmanismus, nur ein anderer Name ist für das Verschwinden im Nichts, das zeigt die Wendung, welche die pantheistische Mystik der Brahmanen im Nirwana der Buddhisten genommen hat. Etwas anders allerdings verhält es sich bei der christlichen Mystik; wenn sie das Aufgehen der Seele in Gott als seliges Endziel preist, so ist dabei offenbar immer der Gedanke im Hintergrund, dass die Seele ihre Vereinigung mit Gott als ihren eigenen Zustand empfinde, somit nicht darin untergegangen sei, sondern fortexistire, wenn auch in einer alles unser Begreifen völlig übersteigenden Seinsweise, die aber jedenfalls, weil in Empfindung geniessbar, ein Subjekt dieser Empfindung, also ein fürsichseiendes Einzelwesen voraussetzt. Besteht aber die Seele in ihrer Vereinigung mit Gott als fühlendes Subjekt, warum dann nicht auch als denkendes und wollendes? Und wenn ihr Denken und Wollen fortbesteht, müssen dann nicht auch ihre Beziehungen zu anderen Subjekten, die den Inhalt ihres Denkens und Wollens. bilden, sich in der Vereinigung mit Gott forterhalten? Dann wird also die religiöse Vollkommenheit und Seligkeit der Gemeinschaft mit Gott nicht bloss Gegenstand des ruhenden Gefühls einer in sich monadisch abgeschlossenen Seele sein können, sondern sie wird zugleich das Princip der sittlichen Vollkommenheit in harmonischer Gemeinschaft und Wechselwirkung mit dem ganzen Geisterreich sein müssen. In dieser erweiterten Fassung fällt dann das mystische Zukunftsideal wesentlich zusammen mit dem Ideal der ethischen

Religion, sofern dieses eben darin besteht, dass wir in der vollen Hingebung unseres Selbst an Gott nicht den Tod, sondern das Leben finden, Selbst und Welt nicht verlieren, sondern erst wahrhaft gewinnen, als eine neue Schöpfung", gereinigt und geweiht zu einem heiligen, vom göttlichen Geist beseelten Organismus, einem „Leibe Christi", an welchem alle Glieder durch die Liebe Gottes mit einander verbunden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem Gott, dessen heiliger Liebeswille Grund und Ziel ihres Lebens ist. So fasst sich unsere religiöse Zukunftshoffnung zusammen in dem so einfachen wie tiefsinnigen Wort Jesu: „Gott ist nicht ein Gott der Todten, sondern der Lebendigen, denn Ihm leben sie alle."

IV. Abschnitt.

Entfaltung der Religion in Kultusformen.

1. Capitel.

Heilige Handlungen, Orte und Zeiten.

Das Opfer ist anerkanntermaassen die älteste und verbreitetste unter den heiligen d. h. mit der Gottheit in Beziehung stehenden und setzenden Handlungen. Aber über die Bedeutung des Opfers gehen die Ansichten der Religionsforscher noch immer auseinander. Die verbreitetste Ansicht ist die, dass das Opfer eine Gabe oder Tribut sei, die der Gottheit dargebracht werde ähnlich wie menschlichen Herren zu dem Zweck, ihre Gunst zu gewinnen oder ihre Ungunst abzuwehren und zu begütigen. Die dabei vorausgesetzte Wohlgefälligkeit der Gabe für die Gottheit lässt sich dann wieder in doppelter Weise vermittelt denken: sie kann entweder auf dem realen Nutzwerthe der Gabe für den Empfänger beruhen oder auf dem idealen Werth, sofern ihre Hingabe Zeichen der Verehrung, Demuth, Unterwürfigkeit des Gebers ist. Dass letzteres nicht die ursprüngliche Bedeutung des Opfers war, darüber sind heute Alle einig. Das religiöse Alterthum hat noch nicht Symbolik getrieben, sondern diese stellte sich überall erst dann ein, wenn der ursprüngliche realistische Sinn der Handlung einem verfeinerten Bewusstsein unannehmbar oder dunkel geworden war. Mit Recht hat man darauf hingewiesen, dass die Opfer auf allen Kulturstufen zu mehr als neun Zehntheilen aus Nahrungsmitteln und Mahlzeiten bestanden, Opfer von anderen Werthgegenständen dagegen auf niederen Kulturstufen wenig gebräuchlich

waren. Das scheint sich am einfachsten zu erklären bei der Annahme, dass das Opfer der Gottheit als ein Gegenstand ihres Genusses geweiht wurde, ja geradezu als Nahrungsmittel zur Erhaltung und Stärkung ihrer Kräfte. Zahllose Belege hierfür finden sich in der alten Religionsgeschichte, besonders im indischen Veda; auch noch das jüdische Priestergesetz setzt voraus, dass Gott den süssen Geruch des Opferdampfes geniesse - ein Beweis, wie tief diese animistische Vorstellung im Volksbewusstsein wurzelte. Diese Theorie empfiehlt sich besonders denen, welche den Götterkult aus dem Ahnenkult erwachsen lassen; die Götter verlangen hiernach dieselbe Pflege durch Speise und Trank wie die Seelen der Verstorbenen. Gleichwohl muss es bezweifelt werden, ob diese Theorie wirklich den ursprünglichen Sinn der Opfer richtig getroffen habe, denn sie erklärt gerade das nicht, was in der Urzeit unzweifelhaft das Centrum der Opferhandlung war die gemeinsame Mahlzeit der Feiernden, wobei nur das Blut der Gottheit als ihr besonderer Antheil dargebracht wurde. Tylor*) meint zwar, dass die Brandopfer, in welchen das ganze Thier der Gottheit durchs Feuer dargebracht wurde, das Ursprüngliche gewesen seien und daraus erst später die Festgelage entstanden, bei welchen das Fleisch der Opferthiere zur gemeinsamen Mahlzeit verwendet und die Götter mit blosser ceremonieller Huldigung abgefunden wurden. Aber das ist gewiss nicht richtig; für die semitischen Religionen gilt zweifellos das Gegentheil und wahrscheinlich auch für die indogermanischen; überall in der Urzeit liegt das Schwergewicht der Handlung auf dem Essen der Opfernden vom Opfer; schwerlich lässt sich dies befriedigend erklären unter der Voraussetzung, dass das Opfer ursprünglich Gabe, Tribut an die Gottheit. war. Auch Oldenbergs Erklärungsversuch scheint mir ungenügend: der vom Opferer genossene Antheil an der heiligen Speise bringe, meint er**), in der den Anschauungen der alten Zeit entsprechendsten Form die sichtbare Ueberleitung des mit dem Opfer verknüpften göttlichen Segens, der dadurch gewonnenen göttlichen Gunst auf die Opferer zum Ausdruck. Mir scheint das eine zu abstrakte, für die realistische Denk art der Urzeit zu künstliche Erklärung zu sein.

*) Anfänge der Kultur, S. 397.

**) Veda, S. 329.

Auch dürften unter Voraussetzung der Tribut-Theorie die Fragen schwer zu beantworten sein, warum zum Opfer überall vorzugsweise die Hausthiere verwendet wurden und nicht das Wild, das doch auch Nahrungsmittel ist? und warum im einen Stamm dieses und in einem anderen ein anderes Thier das vornehmste Opfer war?

Alle diese Schwierigkeiten finden, wie mir scheint, ihre beste Lösung bei der „mystischen“ oder „sakramentalen" Opfertheorie, wie man sie nach Robertson Smith nennen kann, der sie mit grossem Scharfsinn mindestens für das semitische Religionsgebiet festgestellt hat. Nach ihm*) ist die Grundidee des Opfers nicht die eines Tributs, sondern einer Gemeinschaft zwischen dem Gott und den Verehrern mittelst gemeinsamer Theilnahme am lebenden Fleisch und Blut des heiligen Opferthieres. Das geht zurück auf die totemistische Denkweise, nach welcher im Totemthier (nur in diesem, nicht in jedem beliebigen) das Leben des Stammgottes innewohnt, der also sein eigenes Leben mittelst des Fleisches und Blutes des Opferthieres den Opfernden mittheilt. Daher, weil um die Aneignung des göttlichen Lebens die Handlung ursprünglich sich wesentlich drehte, die uralte Sitte, die sich bei den Arabern lange erhalten hat und auch noch in den bacchischen Orgien sich findet, dass das Fleisch des Opferthieres noch im rohen, lebenswarmen Zustand möglichst rasch verzehrt wurde. Später, als man nicht mehr rohes Fleisch verzehren mochte, wurde nur noch das Blut als Träger des Lebens. und eigentliche res sacramenti betrachtet. Und die sakramentale Bedeutung des Opferaktes wurde noch mehr verhüllt, als das sakramentale Blut nicht mehr von den Feiernden getrunken, sondern nur auf ihre Person gesprengt oder auch am Altar ausgegossen wurde, sodass es der besondere Antheil des Gottes ist, während das Fleisch den Menschen zu essen überlassen wird. Das war die gewöhnliche Form des arabischen und hebräischen Opfers der älteren Zeit. Dabei blieb die ursprüngliche Heiligkeit des Lebens der zum Opfer verwendeten Hausthiere insofern noch anerkannt, als es für ungesetzlich galt, deren Fleisch für gewöhnliche Nahrung ausser beim Opfermahl zu geniessen. Aber mit der Zeit wurde der Fleischgenuss häufiger,

*) Religion der Semiten, S. 271 ff. 327 ff. 418. Vgl. auch seinen Artikel in der Encyklopädia Britannica s. v. Sacrifice.

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