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gabe an, deren gesundes Bestehen und normales Fungiren für ihn. selbst unentbehrlich ist.

Von dieser idealen ethischen Auffassung des Staates ausgehend könnte man eher mit Richard Rothe zu der der vorigen entgegengesetzten Forderung kommen, dass die Kirche mit der Zeit in den Staat als die allumfassende Verwirklichung der sittlichen Menschheitsidee, in welcher die Religion mitenthalten sei, aufgehen solle. So gewiss hierbei der richtige Gedanke zu Grunde liegt, dass die Religion als fromme Gesinnung im sittlichen Handeln sich bethätigen müsse, so gewiss ist doch auch, dass die Gesinnung, in welcher die Motive des richtigen sittlichen Handelns liegen, auch als solche gepflanzt und gepflegt, der heranwachsenden Generation durch Erziehung und Unterweisung mitgetheilt und in der Gemeinde durch die Darstellung der kultischen Feier in Wort und Zeichen immer neu angeregt und belebt sein will. Die hierauf gerichtete Thätigkeit kann der Staat niemals von sich aus betreiben, sondern er muss sie den geschichtlich gewordenen religiösen Gemeinschaften überlassen, und wie er deren religiöses Leben nicht erzeugen kann, so darf er es auch nicht meistern und bevormunden. Es verhält sich in dieser Beziehung mit der Pflege der Religion ganz ähnlich wie mit der der Kunst und Wissenschaft; auch diese kann der Staat nicht schaffen, sondern er kann nur die vorhandenen Kräfte und Bestrebungen organisiren und unterstützen, indem er ihnen in seiner Rechtsordnung ihre Stelle zuweist und die materiellen Mittel zum regelmässigen Betrieb ihrer Arbeit gewährleistet; aber innerhalb dieses äusseren Rahmens muss er Art und Weise des Arbeitsbetriebs dem freien Walten des künstlerischen und wissenschaftlichen Geistes anheimgeben. Ebenso muss also der Staat auch den religiösen Gemeinschaften, deren Aufgabe es ist, das religiös-sittliche Leben ihrer Glieder zu pflegen, die Freiheit des darauf gerichteten Handelns unverkümmert lassen. Aber diese Gemeinschaften, die der Staat als Rechtssubjekte mit korporativer Selbstverwaltung ihrer inneren religiösen Angelegenheiten anzuerkennen hat, sind zunächst einfach die örtlichen Kirchgemeinden, in welchen das religiöse Gemeinschaftsleben in der wirklichen Verbundenheit und Wechselwirkung der einzelnen Glieder seine natürlichste, wonicht einzig wahre Existenz hat. Wie diese Lokalgemeinden geschichtlich zu Anfang die alleinige Erscheinung der unsichtbaren

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Geisteskirche des Christenthums gewesen sind, so werden sie auch immer unentbehrlich bleiben, wogegen ihr Zusammenschluss zu grösseren Organismen, wie den jetzigen rechtlich organisirten Confessionskirchen, zwar vorläufig noch unvermeidlich sein mag, aber als für immer dauernde Institution weder aus dem Wesen der Kirche noch der Religion sich ableiten lässt. Kirchen" in der Mehrzahl kennt die Bibel nur in der Form der örtlichen Gemeinden, über welchen die eine allgemeine Kirche als die unsichtbare Gemeinschaft der Heiligen oder als der Leib Christi" steht. Diese letztere kann ihrem Wesen nach nie ein Rechtssubjekt innerhalb des gesellschaftlichen Rechtsverkehrs sein, denn ihre Realität liegt in der unsichtbaren Welt des Geistes. Die einzelnen Kirchenbildungen aber, die sich nach Luther, Calvin oder dem Papst nennen, sind, vom echt evangelichen d. h. biblischen Kirchenbegriff aus beurtheilt (I. Kor. 1, 10ff.), nichts als „Schismen", Zertrennungen und Entstellungen des einen Wesens der Kirche, die ein ideales Existenzrecht nicht haben und somit auch keinen in ihrem Wesen begründeten Anspruch auf reale Rechte, auf Anerkennung als selbständige Rechtssubjekte erheben dürfen. Solange ihnen ein solches, sei es aus Zweckmässigkeitsgründen oder aus irriger Beurtheilung des Wesens der Kirche, zugestanden wird, werden sie stets zum Staat in einem Rivalitätsverhältniss stehen, das entweder mit der Knechtung des Staats unter die Kirche, wie im Mittelalter, oder mit der Knechtung der Kirche unter den Staat, wie in der Neuzeit endet — beides gleich fatal für die Freiheit und gesunde Entwicklung der bürgerlichen wie der religiösen Gemeinschaft. Das richtige Verhältniss zwischen diesen ist nicht die Freiheit der letzteren vom Staat, sondern ihre Freiheit im Staat, die gesetzlich geregelte Anerkennung der korporativen Selbstregierung der religiösen Gemeinschaften. Aber zu Trägern dieses Rechts eignen sich nicht die selbständig organisirten Konfessionskirchen, die schon darum, weil sie die Grenzen der einzelnen Staaten überschreiten, nicht innerhalb des Staats selbständige Korporationen sein können; sondern die wahren Subjekte dieses Rechts sind die örtlichen Kirchgemeinden, die zum Staat einerseits und zu ihren eigenen Gliedern andererseits die gleiche Stellung einnehmen wie die bürgerlichen Ortsgemeinden. Der ganze Rechtsverkehr der kirchlichen Gemeinden sowohl unter einander als auch mit den mannigfachen Kreisen der bürgerlichen Gesellschaft ist durch

den Staat gesetzlich zu regeln und zu überwachen; damit wird den Kollisionen von Staat und Kirche der Boden entzogen, und doch bleibt dabei das innere religiöse Gemeinschaftsleben, das sich innerhalb jeder Ortsgemeinde vollzieht, durchaus selbständig und von bureaukratischer wie hierarchischer Herrschaft unbehelligt*).

Bei diesem Verhältniss zwischen Kirche und bürgerlicher Gesellschaft werden beide nicht bloss im Frieden, sondern auch in positiver, heilsamer Wechselwirkung mit einander stehen. Die Untugenden des Hierarchismus, der Unduldsamkeit, des konfessionellen Fanatismus, die den grossen und politisch organisirten Kirchen anhaften, machen sich viel weniger fühlbar in den einzelnen Gemeinden, die keine politische Rolle spielen können, deren Thätigkeit nicht nach aussen, sondern nach innen gerichtet ist, auf die Pflege des religiös-sittlichen Lebens ihrer einzelnen Glieder. Wo diese Thätigkeit von tüchtigen Geistlichen, die das Vertrauen ihrer Gemeinden haben und von deren thätiger Mitwirkung unterstützt werden, redlich geübt wird, ist sie eine Quelle reichen Segens nicht bloss für das religiöse Leben der Individuen, sondern auch für das sittliche Leben der bürgerlichen Gesellschaft; indem sie die Menschen zur frommen Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue, zur selbstlosen Nächstenliebe und Opferwilligkeit, zur demüthigen Ergebung und muthigen Hoffnung unter den Widerwärtigkeiten des Lebens erzieht, legt sie den festen Grund, auf dem alle Gesittung und Wohlfahrt der Völker beruht. Diese stille Thätigkeit des Kirchendienstes an den Gemeinden entzieht sich meistens der öffentlichen Aufmerksamkeit, während die Machtkämpfe der Kirchenregierungen und Kirchenparteien mit ihrem Lärm die Welt. erfüllen; aber um dieser Uebel willen die Kirche überhaupt verurtheilen, ist ebenso unbillig wie unweise, weil man damit den segensreichen Einfluss unterschätzt und unterdrückt, den die Pflege der Frömmigkeit und Sittlichkeit in den Kirchengemeinden auf das Wohl der Gesellschaft ausüben kann und soll. Diese kirchendienstliche Thätigkeit unter seine schützende Obhut zu nehmen und frei sich. entfalten zu lassen, aber die kirchenpolitischen Machtbestrebungen möglichst in Schranken zu halten und ihre friedenstörende Tendenz kräftig zu unterdrücken, ist die Aufgabe des christlichen Staats. Er

*) Vgl. zu Obigem Weisse, Philosophische Dogmatik, III, S. 636 ff.

wird damit nicht bloss der bürgerlichen Gesellschaft, sondern auch der Religion den besten Dienst thun. Denn indem er sie hindert, sich im weltlichen Machtstreben zu verlieren, fördert er ihre Concentration auf das innerliche Gebiet, wo sie ihre eigenthümliche Aufgabe zum Segen der Menschheit erfüllen kann. Indem er die einzelnen Religionsgemeinschaften seiner Rechtsordnung unterstellt und zum Friedenhalten unter einander sowohl, als auch mit den andern. Gebieten des sittlichen Kulturlebens nöthigt, gewöhnt er sie an besonnene Duldsamkeit. Diese aber hat wieder zur Folge, dass die konfessionellen Schranken an Bedeutung für das praktische Leben verlieren und das Gemeinsame der sittlich-religiösen Gesinnung, die reine, auf Frömmigkeit gegründete, aber nicht dogmatisch-engherzige Humanität immer mehr als die Hauptsache empfunden und vorangestellt wird. So kann der Staat, als der Hüter der gemeinsamen Rechtsordnung und Beschützer aller sittlichen Güter und Arbeitsgebiete der Gesellschaft, dazu mitwirken, dass die Religion mit der Sittlichkeit, der Wissenschaft, der socialen Kultur immer harmonischer sich einigt, und damit zugleich über die dogmatischen Schranken der Sonderkirchen mehr und mehr hinauswächst und zu dem gemeinsamen Bande wird, das alle Menschen zu einer Familie von Gotteskindern verbindet.

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