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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Donnerstags, den: 2. Julius 1801.

VERMISCHTE SCHRIFTEN.

LÜBECK, b. Bohn: Beyträge zur Philofophie und GeSchichte der Religion und Sittenlehre überhaupt und der verfchiedenen Glaubensarten und Kirchen insbefondere. Herausgegeben von C. F. Stäudlin. Erfter Band. 1797. VIII u. 327 S. Zweyter Band. 1797. VIII u. Sie S. gr. 8. (2 Rthlr.)

De

er Zweck diefer Beyträge ift in dem Titel deutlich angegeben. Es ift, wie der Herausgeber in der Vorrede erklärt, vorzüglich auf die Gefchichte der Religionen oder vielmehr (da es nur eine Religion giebt) der verschiedenen Glaubensarten und der Sittenlehre angefehen. Beide find ein Studium voll hohen Reizes und Intereffe, und müffen erft in einzelnen Beyträgen erläutert werden, ehe an eine allgemeine Geschichte der Religionen und Moral gedacht werden kann. Für beide ift bisher wenig gethan (die Gefchichte des jüdifchen und chriftlichen Glaubens ausgenommen), und man hat felbft über die Idee und Methode einer folchen allgemeinen Gefchichte nur wenig nachgedacht." Der Herausgeber hat alfo hier ein Repertorium angelegt, in welches diejenigen Gelehrten, welche fich mit ihm verbunden haben, unter denen man mit Vergnügen lauter Männer von Talent und Verdienft erblickt, ihre Beyträge theils zur Gefchichte der Glaubensarten und der Moral, theils zur Propädeutik und Methodologie die, fer Art von Gefchichte niederlegen. Die zwey vor uns liegenden Bände enthalten in beiden Rücklichten Auffätze von grofsem Werthe und Intereffe, welche eine ununterbrochene Fortdauer diefer Sammlung wünschen laffen. Die Natur einer folchen Schrift, und die Schranken, in welchen wir uns halten müfCen, erlauben keine ausführliche Beurtheilung; wir müffen uns mit einer kurzen Inhaltsanzeige begnügen.

Erfter Band. 1) Julien von Toulouse, Deputirter bey dem Nationalconvent, an Daniel Girtanner in St. Gallen, über feine angebliche Abfchwörung der Religion, die Verfolgungen der Geiftlichen in Frankreich, Jeine religiöfen Grundfätze etc. Paris, im Jul. 1795. Aus dem Franzöfifchen, von C. Fr. Stäudlin. Ein intereffantes Actenstück der neuern Religionsgefchichte in Frankreich; nicht allein als Vertheidigungsfchrift eines eifrigen Republikaners, fonft aber rechtfchaffenen reformirten Predigers, gegen die ihm gemachte Befchuldigung, fondern zugleich durch inaniche Auffchlüffe über die Periode der Schreckens - Regierung

merkwürdig. 2) Nachricht von einer nemen Miffionsanfalt in England. Von einem Gelehrten aus England mitgetheilt. Ungeachtet der erfte Verfuch, den diefe Miffionsanftalt in Otaheiti machte, wider ihre Erwartung ausgefallen ift: fo ift es doch intereffant, die Entstehungsgefchichte diefer gutmüthigen Gefell fchaft zu lefen. Sie wurde durch einen, hier überfetzten, Auffatz des Predigers Bogue von Gofport, in dem Evangelical Magazine, an feine Amtsbrüder, veranlafst, der vorzüglich den Gedanken enthält, dafs fie als kirchliche Gefellschaft noch gar nichts gethan haben, während die Hälfte des inenfchlichen Gefchlechts in dem Zustande der Unwiffenheit fich befinde, und jede Religionsparthey bey geringern Vermögen eifriger an der Bekehrung der Heiden arbeite. Noch ift die Rede des Prediger Haweis, über den fchicklichften Theil der Erde, eine Miffion anzufan gen, und die Mittel, fie auszuführen, abgedruckt. Er fchlug Otaheiti vor. 3) Ueber die Samariter, von P. J. Bruns. Aus den vorhandenen Schriften und Briefen der Samariter, welche vollständig verzeich net find, werden ihre Religionslehren und Ceremo. nien fo dargestellt, als man es von dem gründlichen Forscher erwartet, und immer zugleich das bemerklich gemacht, worin fie fich von den Juden und Karaeern unterscheiden. Scharffinnig ist die Vermuthung

S.

94, dafs in ihrer Schilderung vom Meffias mancher Zug aus dem wirklichen Leben und Charakter Jefu aufgenommen fey. Uebrigens ift der Vf. der Meynung, dafs diefe Secte, ungeachtet neuere Rei. febeschreiber nichts von ihnen melden, noch nicht verfchwunden fey. 4) Ueber das Verhältnifs des SittengeJetzes zum Rechtsprincip, von Joh. Heinr. Tieftrunk. Da Hr. Fichte in der Vorrede zu feinem Naturrecht gefagt hatte, Moral und Naturrecht wären fchon urIprünglich, ohne unfer Zuthun von einander geschieden, und einander völlig entgegengesetzt; der Rechtsbegriff habe mit dem Sittengefetz nichts zu thun, Recht und Pflicht feyen einander in den meiften Merkmalen entgegengesetzt: fo erörtert der Vf in diefem Auffatz fehr deutlich, nur etwas zu weitläuftig, das Verhältnifs des Sittengefetzes und des Rechtsprincips, und zeigt, dafs das letzte nichts anders ift als das Sittengefetz, nur in einer andern Sphäre, dafs das Sittengefetz als Princip der durch gangigen Uebereinstimmung des Willens mit fich felbft das Princip der Tugendlehre, als Princip der Möglichkeit der Gemeinfchaft zwifchen Perfonen als Tolchen, das Princip der Rechtslehre fey. Die Einwendungen der gedachten Vorrede gegen diefes Verhältnifs, werden am Ende mit Ruhe und Befcheiden

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heit gehoben. In einem Zufatze verbreitet fich der Vf. noch über die Gründe der Möglichkeit des durch den Tugendbegriff und Rechtsbegriff beftimmten Endzwecks. 5) Wie ist die Göttlichkeit des Chriftenthums für die reine Vernunftreligion zu erweifen? Dieser Auffatz enthält einige Gedanken über die Art, wie die Göttlichkeit des Chriftenthums bewiefen werden müfste, wenn man die Vernunftreligion zum Kriterium macht, die der Vf. in feinen Aphorismen zur Wiffenfchaftslehre der Religion weiter ausgeführt hat, hier aber in der Abficht mittheilt, um die Lefer zur Beurtheilung der letzten anzureizen. Der Vf. geht von dem Satze aus, dafs Offenbarung ein Poftulat der Vernunft fey. Die Vernunftreligion findet in dem Begriff von Gott, als einem moralifchen Erzieher des Menschengeschlechts, Grund zu der Behauptung, dafs er alle Mittel anwende, durch welche Moralität und Religion „die letzte als eine der vornehmften Bedingungen derfelben befördert werden. Eins der vornehinften Beförderungsmittel der Religion ist eine religiöfe Gefellschaft, welche aber ohne eine gewiffe Acte ihrer Conftitution nicht ftatt finden kann. Diese aber feftzufetzen, fcheint nicht möglich, wenn nicht wenigftens alle Mitglieder dahin gekommen find, die Gebote der reinen Vernunft als allgemeingültig für alle vernünftige Wefen anzuerkennen, und es bleibt für die übrigen nichts übrig, als die Autorität der höchften Vernunft, der fich alles endlich unterwerfen muss. Durch welche Mittel nun auch die Ueberzeugung, den Codex, welcher einer Religion zum Grunde liegt, für göttlich zu halten bewirkt wird: fo greift es doch in den Plan der Vorfehung ein, wenn eine folche Ueberzeugung bey ei nem grofsen Theile des Menfchengefchlechts hervorgebracht wird, und nun Jahrhunderte ftatt findet. ,,Da nun die Errichtung einer folchen Gesellschaft zur Beförderung der Reiigion und Moralität erfoderlich ift: fo ift anzunehmen, dafs Gott als moralischer Erzieher der Menschheit eine Veranstaltung getroffen habe, durch welche ein Codex religiöfer Lehren und gesellschaftlicher Einrichtungen einer religiöfen Gefellschaft zum Grunde gelegt worden fey; eine folche Veranstaltung aber nennen wir eine Offenbarung. Das Chriftenthum macht Ansprüche auf Gottlichkeit. Um fie zu beweifen, mufs gezeigt werden: 1) dafs es Lehren enthalte, welche der reinen Vernunftreligion angemeffen, und den Zwecken der Gefellschaft gemäfs modificirt, und alfo der Faffungskraft ihrer Glieder angemeffen find; 2) dafs durch das Chriftenthum eine Gefellschaft geftiftet worden fey, welche ächte religiöfe Cultur befördert hat. Wir erinnern gegen diefes Räfonnement nur diefes: Es kann allerdings zugegeben werden, dafs das Chriftenthuin und der Codex deffelben als göttliche Veranftaltung angefehen werden müffe, wie alles, was Religiofität und Moralität befördert; aber diefes weifet nur auf eine mittelbare Veranstaltung hin. Denn wir begreifen nicht, wie der Vf. behaupten könne, die Verfertigung eines Codex der Religion, und die Annahme deffelben als eines göttlichen, fey etwas

übermenfchliches. Es müfste gezeigt werden, dass der Menfch weder Anlage für Moralität und Religiofität habe, noch dafs fie auf andere als übernatürliche Weife entwickelt werden könne, oder dafs die Anerkennung der Religions wahrheiten nicht daraus und aus der Einheit des moralischen Princips erklärbar fey. Es kommt daher auf den Unterfchied zwifchen mittelbarer und unmittelbarer Offenbarung an. Die letzte, worauf der Vf. auszugehen fcheint, felgt nicht aus den Prämiffen. 6) Lucilio Vanini, von C. Fr. Stäudlin. Ein intereffanter Auffatz, weil er einige Notizen aus Handfchriften mittheilt, welche auf den noch im Dunkeln liegenden Procefs diefes Abentheurers einige Lichtstrahlen werfen. Zuerst entwickelt der Vf. einige Urfachen, welche die Verbreitung des Atheismus in Italien beförderten, wohin er die Wiederbelebung der alten Literatur, die Bildung des Freyheitsgeistes, die gröfsere Befchränkung der Denkfreyheit und den fchädlichen Einflufs des päpftlichen Hofes auf die Moralität rechnet. Er findet daher den Atheismus, deffen Vanini befchuldigt wird, nicht nur, fondern felbft eine Art von Verfchwörung mehrerer italiänischer Gelehrten zur Verbreitung deffelben und zur Ausrottung der Religion wahrscheinlich. Wir können aber diefes Refultat nicht unterfchreiben, und felbft durch einige der nachher mitgetheilten Nachrichten, wird diefe Wahrfcheinlichkeit um ein beträchtliches verinindert. Der Vf. giebt nämlich Nachricht von einer zweyten vermehrten Ausgabe der Apologia pro Julio Caefare Vanino, deren Vf. Pet. Fr. Arpe zu Anfange des 18. Jahrhunderts Prof. in Kiel war, theilt daraus die Vorrede, den Schlufs und einige Auszüge aus den Spicilegium mit, welches folgende Stücke enthält: 1) ein Excerpt aus Joh. Crifpini Actiones et monumenta martyrum evangelicorum. Libr. VIII. Genèv. 156. 4. nämlich: memorabilis vita et mors Fanini Itali Jefu Chrifti veri martyris, der 1550 auf dem Scheiterhaufen ftarb. Arpe vermuthete, dafs die Gefchichte diefer Vanini, die beide zu einer Familie gehörten, dem Papfte verhafst waren, und auf dem Scheiterhaufen ftarben, vielfältig verwechfelt worden. Grammond Hifioria Galliae. L. III. p. 211. erzählt unter andern, er habe das ihm vorgehaltene Crucifix verfpottet, und auf die Ermahnungen des Ordensgeiftlichen, der ihn zum Tode begleitete, geantwortet: Jefus fchwitzte aus Angft und Schwäche, als er zum Tode ging, ich aber fterbe unerfchrocken. Diefelben Unftände finden fich auch in des ältern Vanini Geschichte. 2) Eine lateinifche Ueberfetzung des Abschnitts über Vanini aus Arnolds Kirchen- und Ketzerhistorie. Andr. Lud. Königsmann de Jul. Caef. Vaninio fenten tia, ex codice ipfius mfto. de Theologia naturali ejusque fcriptoribus, des Inhalts, dafs aus dein Amphitheatrum aeternae providentiae der Atheisinus des Vanini nicht erweislich fey. 4) Extrait des Regiflres de la maifon de Ville de Toulouse de l'année 1618. Diefes wahrfcheinlich noch ungedruckte Actenftück, welches Arpe von Antoine Lancelot erhielt, verdiente feiner Seltenheit und Neuheit wegen in diefen Beytragen

3)

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wieder abgedruckt zu werden, ob es gleich nichts Unbekanntes enthält, auch Grammond über das Rechtsverfahren mehrere Aufschlüsse giebt. Auffallend ift uns, dafs in diefem Extract Vanini Pomponio Usciglio heifst. Merkwürdiger find faft noch die Nachrichten, welehe derfelbe Lancelot Arpen von einem Mr. de Faille, Verfaffer einer Hiftoire de Provence, mittheilte. Da fie ganz kurz find, mögen fie hier eine Stelle finden:,,Un des chefs d'accufation de Vanini fut, que fe trouvant dans la rue, lorsqu'on portoit le S. Sacrement à un malade, il dit à un ami, qu'il eftoit, qu'on auroit plutôt dû lui porter un bouillon, que cela luiferoit plus neceffaire. D'autres difent, que Vanini ne fut brulé que par Cabale, le premier Prefident le fit en haine du Comte de Carmain chez qui Vanini etoit toujours.“ Verbindet man damit die Erzählung des Grammond, der bey aller Partheylichkeit doch nicht undeutlich verräth, dafs die Anklage gegen Vanini nicht gerichtlich bewiefen war, und die übereilte Execution tadelt; und vergleicht man die Nachricht deffelben Schriftftellers S. 210. von Touloufe: non alibi in haerefes armantur feverius leges et quanquam Calviniftis fides publica Edicto Nannetico debetur nunquam fe Tolofae credidere Sectarii, quo fit, ut una inter Galliae urbes Tolofa immunis fit haeretica labe, nemine in civem admiffo, cujus fit fufpecta Sedi Apoftolicae fides: fo dürfte man mit gröfserer Wahrfcheinlichkeit annehmen, dafs Vanini ein Opfer der Cabale und des Fanatismus wurde. 7) Ueber Joh. Keppler's Theologie und Religion, und das Schickfal feiner aftronomifchen Entdeckungen bey feinen theologischen Zeitgenossen, von C. Fr. Stäudlin. Diefer Auffatz, urfprünglich ein Programm, de Joh. Keppleri theologia et religione. Gott. 1793. 4., war es werth, hier überfetzt und vermehrt wieder abgedruckt zu werden; nicht nur, weil er dem Andenken diefes grofsen Mannes ein würdiges Denkmal fetzt, fondern auch feine theologifchen Einfichten, die nicht so bekannt find, als feine mathematischen Entdeckungen, und feine religiofe Denkart, die als Mufter aufgeftellt werden kann, bekannter macht, als fie es zeither waren. So gewifs feine gemäfsigte Ueberzeugung von der Realität der Aftrologie, die zu Erklärung derfelben erfonnenen Hypothefen von der befeelten Natur der Sterne, der Cometen und der Erde als dunkle Flecken in diefem leuchtenden Genie zu betrachten find: fo ehrwürdig erfcheint er durch den Gedanken über den Inhalt der Bibel und ihren Gebrauch und Misbrauch (fie enthalte keine physikalischen Aufklärungen, fondern nur eine Anweifung zur Gottesverehrung und zur Befferung des Herzens, es fey daher Mifsbrauch, wenn man aus ihr Entscheidungen über Gegenstände der Natur fchöpfen wolle). Ungeachtet feiner Anhänglichkeit an der proteftantifchen Kirche, liefs er doch feinen Verftand nicht unter dem dogmatischen Lehrbegriff gefangen nehmen, fondern wich in manchen Punkten nach der Ueberzeugung feiner Vernunft ab. So erklärte er fich über das Abendmal auf eine Art, die eines denkenden Proteftanten würdig ist. Wenn ihr euch zankt, ob die

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fer oder jener Kirchenvater da oder dort geirrt habe, wenn ihr feine Worte nach einem ganz ungewöhnlichen Sprachgebrauche erklärt, wenn ihr dem Sinne, welcher den Jefuiten und Calviniften günftig ift, nichts entgegengesetzt, als jene von Luther im Jahre 26 zuerft erfundene, von Jacob Andreä und übrigen erweiterte Schlufsart, welche aus der Ubiquität Gottes und der Verbindung mit dem Fleifche die Allgegenwart des Fleisches folgert, alsdann fuche ich meine Ueberzeugung im Alterthum (d. i. der Bibel). Wenn ihr mir aber die ausdrücklichen Worte der Schrift entgegenfetzen könntet; das Fleisch Chrifti ift überall, die Figur ausgenommen alsdann würde felbft das Anfehen des Alterthums bey mir fallen (S. 215.)." Die eingeftreuten Nachrichten von den Schick falen diefes grofsen Mannes, von feinen Schriften, die aus feinem Briefwechsel ausgezogen find, fo wie die Beylagen, welche die Einleitung zu Keppler's Aftronomia αITIOдoyЯToç, und Stellen aus feinem Prodromus differtationum cosmographicarum und Harmoniae mundi enthalten, find wie das Ganze, intereffant. Stäudlin über den öffentlichen Gottesdienft der natürli chen Religion. Nach Schilderung der religiösen Denkart unferer Zeiten und Erörterung der Begriffe, Religion und Gottesdienft, zeigt der Vf. die Möglichkeit eines öffentlichen Cultus der natürlichen Religion, und wirft die Frage auf: warum blühet ein folcher Cultus nirgends, warum ift er nicht dauerhaft, und warum weicht er immer wieder dem Cultus der geoffenbarten Religion? Die Macht der Gewohnheit, der Erziehung des frühen Unterrichts, fo wie das Impofante der Ceremonien und Anstalten zum Cultus der geoffenbarten Religion thun viel, erklären aber das Räthfel nicht ganz; das Factum mufs theils aus der Natur und Befchaffenheit einer natürlichen Religion: und des Menfchen, theils aus zufälligen Umständer (z. B. dafs die Einführung des Cultus der natürlichen Religion zu politischen Hinfichten dienen follte, wie in Frankreich) abgeleitet werden. Die darüber mitgetheilten Bemerkungen treffen aber bey allem Scharffinn den wahren Grund der Erfcheinung nicht, welches fchon daraus erhellet, dafs der Vf. zuletzt dem Cultus der geoffenbarten Religion mehr Intereffe und Anziehendes beylegt, ungeachtet er annimint, dafs die jetzige Generation eine überwiegende Tendenz für die natürliche Religion habe. Auch befriedigt uns die Schilderung des Cultus der natürlichen Religion nicht ganz, unter welchem man nichts anders als eine kirchliche Verfaffung nicht für diese oder jene Religion, fondern für Religiofität vestehen darf. Dann würde man das Mifslingen aller bisherigen Verfuche für diefen Cultus am natürlichften darin finden, dafs der Geift wahrer Religion noch nicht genug verbreitet ist, und noch nicht Kraft genug ge wonnen hat. Der Vf. folgert daraus, dafs der Cultus der chriftlichen Religion und das neue Teftament bey. behalten werden müffe, and fchliefst diefen, aller Beherzigung werthen, Auffatz mit einigen Gedanken über den Gebrauch des neuen Teftaments in diefer religiös-moralischen Angelegenheit, welche keinen

8) C. F.

Aus

Auszug geftatten. Wir fetzen nur das Resultat her S. 290.:,,Nach diefen Betrachtungen kann ich zu ,,michts anders rathen, als entweder das Chriften,,thum gänzlich aufzugeben, oder die im N. T. ent,,haltene Gefchichte und Lehre, fo weit diefe nicht ,,auf gewiffe Menichen, Gegenden und Zeiten, ent,,weder ausdrücklich, oder der Natur der Sache nach, eingeschränkt wird, heilig zu halten, beym öffent..lichen Cultus nicht ein Haar breit davon abzuwei,,chen, und diefe Bücher durch eine wohl verftan,,dene und vernünftige, nicht allegorische und myfti,,fche Auslegung, zur Beförderung der Religiofität ,,und Sittlichkeit zu gebrauchen. Ich bin aber nach ,,wiederholter und ernfter Ueberlegung für die Bey ,,behaltung des Chriftenthums, und fehe nach allem, ,,was mich Philofophie, Gefchichte und eigene Welt und Menfchenkenntnifs gelehrt haben, nicht ein, ,,was Befferes oder auch nur fo, Gutes an die Stelle diefer vortrefflichen moralischen Anftalt gesetzt wer,,den könnte." 9) Bedenken, das Erasmus dem Rath zu Bafel bey dem Anfange der dortigen Reformationsbewe gungen im J. 1525 ausflellte. Ein in Rückficht auf den Vf. und die Sache merkwürdiges Bedenken, welches hier in der Originalfprache mit einigen literarifchen Bemerkungen zuerft in Druck bekannt gemacht wird. 10) Ueber die Religion der Sicques (oder Seiks). Diefe fragmentarifchen, vorzüglich aus Forfter und Wilkins gefchopften, Nachrichten von dem Urfprunge diefes Volks, ihrem Stifter, ihren Religionswahrheiten und gottesdienftlichen Gebräuchen find hier, bis neue Nachforschungen eine zufammenhängendere Kenntnifs herbeyführen werden, niedergelegt, erlauben aber, fo intereffant fie auch find, keinen Auszug.

(Der Beschluss folgt:) :

KINDERSCHRIFTEN.

LEIPZIG, b. Benj. Fleischer: Unterhaltungsbuch der kleinen Familie von Grünthal, oder Erzählungen für die zartere Jugend. Auch als Lefebuch in den Lehrftunden zu gebrauchen. Von Jacob Glatz. Erftes Bändchen. Mit Kupf. 1800. 220 S. Zweytes Bändchen. M. K. 235 S. 8.

So viel Wahres auch in der Behauptung des Vfs. liegt, dafs Lefebücher für Kinder keine moralischen Elementarbücher, noch weniger fyftematische Handbücher der Sittenlehre feyn follen, und dafs die Ausbeute von Kenntniffen und Veredlung des moralifchen Gefühls wenigftens nicht die Hauptfache bey einem Lefebuche feyn, fondern dafs es nur leicht zu verftehende und unterhaltende, wenn gleich nicht angstlich, auf sittliche Belehrung ausgehende, Auf

fätze enthalten dürfe: fo find dock theifs damit immer noch nicht die Eigenfchaften eines zweckmässigen Kinderlefebuchs angegeben, theils fcheint es, als wenn Hr. G. der Meynung wäre, dass ein Lefe. buch für Kinder ohne einen feften Plan in Rücksicht auf die darin vorkommenden Sachen gearbeitet seyn könnte. Nach unferer Meynung kann und foll auch einem folchen Buche ein wohldurchdachter Plan in Rückficht auf Inhalt und Form zum Grunde liegen, ohne dafs es darum das Anfehn eines fyftematischen Handbuchs irgend einer Wissenschaft bekommt. Die grofse Kunft bey Abfaffung eines folchen Kinderbuchs besteht in der glücklichen Auffindung, Stellung und Einkleidung eines folchen Stoffes, der nicht nur das Intereffe der Kleinen zu erwecken und zu unterhalten im Stande ift, fondern der auch zugleich nebenbey, wiewohl unvermerkt, den Geist auf eine feiner Faffungskraft angemeffene Weise mit neuen Sachkenntniffen aus dein Gebiete der Natur und des täglichen Lebens bereicbert, und die Urtheilskraft, das fittliche und ästhetische Gefühl der kleinen Lefer und Leferinnen allmälich weckt und fchärft. Dafs die treffende Wahl und ganz glückliche Bearbeitung folcher durchaus zweckmässigen Materialien keine leichte Sache fey, fühlt Rec. mehr als zu wohl. Darum fetzt er auch das Unterhaltungsbuch des Hn. G., welches für die zartere Jugend, die fchon etwas im Zufammenhange denken kann, beftimmt ift, den beffern Lefebüchern für Kinder gern an die Seite, ob es gleich nicht ganz feinem Ideale entspricht. Der Stoff ift zwar aus der Natur und Kinderwelt entlehnt. Aber nicht alle einzelne Auffätze scheinen uns fachreich genug zu feyn. Der Ton ift meiftentheils dem Kindesalter angemeffen, einige Ausdrücke abgerechnet, wie S. g. in Jemanden vernarrt feyn, und S. VI. : rumoren. Nur zuweilen fällt der Ton zu fehr ins Tändelnde, wie S. 29::

Der Vater nahm den Strick,
Fick! fick! fick! fick !

und S. 49.: Kart weinte laut: hu, hu! hu, h! Die mehreften Auffätze find auch viel zu lang. Wenn man Kinder nicht fchon bey den erften Lefeübungen gewöhnt, fich von dem Inhalte des Gelefenen Rechenschaft zu geben: so kann man dadurch fehr leicht den Grund zu einem gedankenlofen Bücherlefen legen. Solche Auffätze aber, die einen Raum von mehrern Blättern einnehmen, kann der noch ungeübte Geift nicht mit einem Blicke überfehen, folglich auch nicht ihrem Inhalte nach behalten, und wenn fie auch noch fo intereffant find. Uebrigens finden fich in diefem Buche mehrere Abfchnitte, welche unter Leitung eines gefchickten Lehrers, von Kindern mit Natzen gelesen werden können.

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Freytags, den 3. Julius 1801.

VERMISCHTE SCHRIFTEN.

LÜBECK, b. Bohn: Beyträge zur Philofophie und GeSchichte der Religion und Sittenlehre überhaupt und der verfchiedenen Glaubensarten und Kirchen insbefondere. Herausgegeben von C. F. Staudlin etc.

(Befchluss der im vorigen Stücke abgebrochenen Reeension,)

Z

A

weyter Band. 1) Verfuch über das Studium der Religionsgefchichte, von C. W. Flügge. Der Vf. liefert nicht nur eine Methodologie der Religionsge. fchichte, welcher nur hier und da etwas mehr Beftimmtheit und Deutlichkeit zu wünschen wäre, fondern auch eine Literatur fowohl der allgemeinen als Speciellen Behandlung derfelben, nach allen möglichen Rückfichten, mit Ausfchlufs der Quellen. Die meiften Schriften find mit einem kurzen Urtheile angeführt; auch wird immer bemerklich gemacht, wo in Rücksicht auf Erforschung der Quellen oder Bearbeitung der daraus gefchöpften Nachrichten noch etwas zu wünschen übrig ist. 2) Ideen zur Kritik des Dogma von der Auferstehung, von V. Die Abficht diefer Abhandlung ist, zu untersuchen, ob die Auferftehung eine wefentliche Lehre des Chriftenthums, und ob fie der Vernunft gemäfs fey. Sie zeigt daher, dafs zwar bey Paulus (1. Cor. 15. 12. 1. Theff. 4, 13.) eine Accommodation wahrfcheinlich anzunehmen fey, aber nicht bey Jefus, welcher Joh. 5, 25-29. keine Veranlaffung gehabt habe, eine irrige Meynung zu bestätigen, und über allen Verdacht erhaben fey, habe er felbft eine irrige Meynung gehegt und verbreitet. Von Jefus rührt aber nur die Lehre von der Identität des Körpers und feiner Erweckung ain Gerichtstage her, von Paulus aber der Zufatz, von dein belebten Grundftoffe des Körpers und deffen Ausbildung zu einem vollkommenern Körper. Die Auferftehung mufs als ein wefentliches Dogma des Chriftenthums angesehen werden, vorausgefetzt, dass es der Vernunft nicht widerspricht. Dafs es der Vernunft angemeffen fey, fucht nun der Vf. darzuthun, indem er theils die Schwierigkeiten, welche in dem Dilemma enthalten find: entweder bedarf die Seele nach dem Erdenleben keines Körpers; dann ist eine neue Schopfung deffelben aus feinem Grundstoffe nicht anzunehmen; oder fie kann eines Körpers nicht entbehren; dann kann die Belebung des Körpers nicht erst am Gerichtstage erfolgen, entkräftet, theils zeigt, wie die Hypothefe der Auferstehung fogar Auffchlüffe über die Art der Erreichung des letzten Endzwecks

an dem Menfchen an die Hand giebt. Da alle Tugend der Menfchen in diefem Leben fo unvollkommen ift fo kann er allein in einem Zustande, wo er von aller Sinnlichkeit befreyt ist, indem er nur auf die Stimme der Vernunft hört, und den Gesetzen der Vernunft kein Hindernifs, kein verkehrter Hang entgegensteht, den Endzwecke, vollkommener Sittlichkeit, näher kommen. Aber die Bestimmung aller vernünftigen We fen ift, durch den Gebrauch der Freyheit der Heiligkeit fich zu nähern, und Freyheit findet wohl ohne Sinnlichkeit nicht statt. Nach einem Zwifchenzaftande vollkommener Geiftigkeit, in welchem die Achtung gegen Vernunft fo befestigt worden, dass der Kampf mit der Sinnlichkeit nicht mehr schwer der Sieg nicht mehr zweifelhaft ift, wird er daher wieder mit einem Körper verfehen werden, um mit ihm menfchlicher Tugend wieder fähig zu werden; doch nicht mit einem Körper, der grobe irrdifche, finnliche Neigungen wecken oder unterhalten kann, weil er diefe Gattung des Kampfs auf Erden fchon beftanden hat. Bey allem Scharffinne befriedigt diefer Auffatz nicht, weil theils nicht einleuchtend gemacht worden, dafs die Auferstehung eine wefentliche Lehre des Chriftenthums ift, theils die Deduction ihrer Vernunftangemeffenheit neue Zweifel und Schwierigkeiten herbeyführt. 3) Ein Brief von Hn. Burckharde aus London über die Vereinigung verfchiedener Religionsverwandten zu einem gemeinschaftlichen Gottesdienfte, woran er felbft fehr thätigen Antheil nahm, über den Fortgang der neuen Miffionsanfalt zur Bekehrung der Heiden, und über einen neuen Verfuch in England zur Bekehrung der Juden, durch einen jungen Menfchen, W. Cooper, von 20 Jahren, der noch als ein Lehrbursche durch feine in der Sion-Capelle gehaltenen, und auck gedruckten, Predigten einen weit ftärkern Eindruck auf die Juden gemacht hat, als der gelehrte Priestley. Ungeachtet die Rabbinen durch die Drohung, jeden Juden, der diefen Mann höre, aus der Gemeinschaft der Kirche zu ftofsen, den Zulauf gefchwächt haben: fo ist doch, wie Hr. B. verfichert, den Juden ein Unterfuchungsgeift eingeflöfst worden, der für die Zukunft viel verfpricht. 4) Ueber die Philofophie, den Zweck und den Ursprung des Buchs Hiob, von C. F. Stäudlin. Diefer Verfuch, zur Aufklärung eines der merkwürdigften Bücher des A. T., in Rücklicht auf Alter, Inhalt und Form, fcheint Rec. zu den gelungenften zu gehören, und die Schwierigkeiten, welche alle Ausleger in demfelben finden, fo weit es bey dem grofsen Zeitabftande noch möglich ist, auf die befriedigendfte Weise gelöft zu haben. Er ist aber nicht blofs exegetisch wichtig, fondern verbrei

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