ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Erreichung dieser seiner Bestimmung nothwendig ist, und endlich nachzuweisen, daß der Staat durch seine Mitwirkung zu diesem Zwecke, nicht nur eine heilige Pflicht gegen den jüdischen Theil seiner Unterthanen erfülle, sondern auch in voller Uebereinstimmung mit den GrundBestimmungen seiner eigenen Eristenz handle, ja zum Wohl aller seiner Glieder wesentlich beitrage, ist die Aufgabe dieser Schrift.

Es zerfällt dieselbe demnach in 3 Theile:

1) Von dem gegenwärtigen Entwickelungspunkte des Judenthums. 2) Von der dadurch bedingten Organisation desselben in sich und als Glied des Staats - Organismus.

3) Von der Uebereinstimmung der Grundprincipien des preußischen Staats mit den Ansprüchen des Judenthums an denselben.

[ocr errors]

Es handelt sich vor Allem darum, nachzuweisen, was das Judenthum als ein Moment der Weltgeschichte in seiner gegenwärtigen Gestaltung soll und will, um ein leitendes und durchgreifendes Princip für die Geltung seiner Ansprüche an den Staats- Organismus zu gewinnen. Es handelt sich darum, die Frage über die Rechte der Juden, als einzelner Individuen im Staat, in die Frage über das Recht des Judenthums, als eines Ganzen, und als eines organischen Moments im Staate selbst, an diesen zu verwandeln. Es ist nicht mehr die Stimme der Juden allein, es ist jezt auch die Stimme unserer christlichen Mitbürger, die sich für die Emancipation der Juden, als für ein Bedürfniß der Zeit erhebt. Die Emancipation, die uns bereits vom Volke zu Theil geworden, wird uns auch vom Staate - nicht verweigert werden. Möge dieser Schritt, wenn er geschieht, nur mit dem Bewußtsein der geschichtlichen Nothwendigkeit geschehen, welche denselben hervorruft. Nicht die politische Emancipation der Juden, sondern die religiöse, auf die innere Regeneration desselben basirte Emancipation des Judenthums, kann der falschen Stel- lung ein Ende machen, in welcher sich dasselbe gegenwärtig noch zu seinen Bekennern und zum Staate befindet. Nur als Folge dieser kann jene den Juden und dem Staate gleich heilsam sein.

Ich übergebe diese Blätter der Regierung, wie meinen christlichen und jüdischen Mitbürgern mit der Ueberzeugung, in denselben eine auf historischer und religiöser Basis beruhende Idee konsequent durchgeführt zu haben, die, wenn sie zur Ausführung käme, wohl die wichtigsten Fragen über die zukünftige politische und religiöse Eristenz das Judenthum aus Einem Gesichtspunkte zur Lösung brächte. Freilich sind die Maaßregeln, welche sie verlangt, durchgreifend und umfassend, und weist sie alle stückweisen und vereinzelten Zugeständnisse von Seiten der Regierung, alle schwankenden und halben Schritte

von Seiten des Judenthums entschieden zurück. Aber, wenn die gerissene und ungewisse Gestaltung des Judenthums in seinem Innern, wenn die schiefe und natürwidrige Stellung desselben zum Staat nicht imin neuer Gestalt wiederkehren soll, so bedarf es einer entscheidenden That von beiden Seiten.

Der Verfasser.

Erster Abschnitt.

Von dem gegenwärtigen Entwickelungspunkte des Judenthums.

Wenn die Staatsregierung den Erlaß eines organischen Gesezes für irgend ein Gebiet seines Organismus beabsichtigt, so kann diese Absicht nur in der Ueberzeugung ihren Grund haben, daß auf diesem Gebiet des Staatslebens sich ein Moment der Entwickelung zeigt oder vorbereitet, für welche die Bahn nicht mehr ausreichend oder nicht mehr angemessen ist, die derselben bisher durch die Bestimmung der Geseze eingeräumt ward. Denn die Gesetzgebung muß das Produkt der Geschichte, nicht aber die Geschichte das Produkt der Geseze sein. Der Staat hat aber bei der Gesezgebung für ein bestimmtes Gebiet seiner Eristenz auch die Aufgabe, alle andern Gebiete gleichzeitig zu berücksichtigen, daß der Strom der neuen Entwickelung diese nicht ungebührlich in ihrem Besiz benachtheilige, nicht fremde Bahnen durch= brechend zerreiße, aber auch die Lebenskraft, welche er in sich trägt, allen Theilen in gleicher Weise zuwende, und in das Gesammtleben des Ganzen angemessen eingreife.

Diese beiden Gesichtspunkte auf die bevorstehende Gesezgebung für die Juden und das Judenthum in Preußen bezogen, werden es uns auferlegen, zunächst den Entwickelungspunkt ins Auge zu fassen, zu welchem dieses gegenwärtig gelangt ist, um uns fragen zu können, welches der Weg sei, auf dem es dieselbe am glücklichsten zu vollenden vermöge, dann aber auch das Verhältniß zu betrachten, in welches durch die Umgestaltung des jüdischen Elements im Staat, dasselbe, als Glied des Gesammtorganismus, zu diesem und zu den andern coordi= nirten Gliedern desselben treten wird. Nur wenn die angemessene Fortbildung des einen Elements den übrigen und dem Ganzen sich nicht nur als nicht nachtheilig, sondern als förderlich zeigt, dürfen wir überzeugt sein, den richtigen Standpunkt für Jenes an sich, wie in seiner Beziehung zur Gesammtheit gefunden zu haben.

Soll unsre Betrachtung, so wie die Idee des Staats, das Ju

denthum innerhalb seines Gebiets zu organisiren, nicht ganz ohne Werth sein, so müssen wir diejenige Vorstellung vom Judenthum als entschieden beseitigt ansehen, nach welcher dieses eben gar kein orga= nisch lebendiges Element mehr in sich trägt, das einer fortschreitenden Entwickelung fähig wäre, sondern nur ein mumienartig erhaltener Ueberrest eines längst nicht mehr lebendigen Organismus wäre. Denn wo einmal das ursprüngliche Leben erloschen, da hat auch das Individuum aufgehört, ein solches zu sein, und das Recht der selbst= ständigen Persönlichkeit für immer verloren. Wenn also der Staat das gegenwärtige Judenthum für ein solches Schein- und Trugbild seines früheren Daseins ohne wahres Leben hielte, so hätte er gegen sich selbst, so wie gegen die Bekenner desselben nur die eine Pflicht, diese Scheinexistenz aufzulösen, und die Lehteren entweder zum Anschluß an das Christenthum oder zur Aufgabe der Gemeinschaft mit dem Staatsverbande zu nöthigen. Denn ein unorganischer Stoff in einem organischen kann sich nie mit diesem assimiliren, und ist stets als ein Krankheitsstoff für denselben zu betrachten.

Es gab Zeiten, in denen man, von diesen Ansichten ausgehend, Maaßregeln der Art zur Ausführung brachte. Aber sie brachen an der Lebenskraft des Judenthums, welche sich an denselben am entschiedensten bewährte, und die Unzweckmäßigkeit, die Rechtlosigkeit dersel= ben gab sich nicht selten in bedeutenden Nachtheilen für die Staaten zu erkennen, welche sich dazu hatten verleiten lassen. Unser Staat aber duldet nicht nur die Existenz des Judenthums in seinem Organismus, sondern will sie auch durch die Gesetzgebung unterstüßen und sichern; folglich hält er dasselbe nicht für ein unorganisch = fremdarti= ges, sondern erkennt es als ein ihm selbst homogenes Element an.

Aber hieße es nicht in der That die Geschichte eines Irrthums, die Vorsehung einer Vergessenheit zeihen, wenn man behaupten wollte, daß eines der wichtigsten Elemente der Weltgeschichte, das Judenthum, nicht, wie jedes andere, nachdem es sein Leben vollendet, scheinbar verschwindend, zu einer andern Eristenz übergegangen, zum Moment eines höheren Daseins geworden sei, sondern plöglich in seiner mo= mentanen Eristenz erstarrend, für immer verurtheilt sei, von dem allgemeinen, Alles durchdringenden, Leben der Geschichte ausgeschlossen zu bleiben? Oder wird es etwa Jemand wagen, mit der gottesläster= lichen, mehr als irgend etwas Anderes unchristlichen, Ansicht hervorzutreten: es gebe wirklich ein von Gott verstoßenes und vergessenes. Volk, die Juden, die bestimmt seien, bis ins hundertste Geschlecht in der alten Gottlosigkeit zu verharren, weil sie einst die christliche Offenbarung zurückgewiesen? Nein, nur das Auge, das blind ist gegen

die Geschichte, oder sich absichtlich gegen dieselbe verschließt, kann glauben, daß die Religion des Judenthums aufgehört hat, seit und weil der jüdische Staat sich auflöste, daß die Zerstreuung der Juden unter alle Völker der Erde nicht vielmehr die weltgeschichtliche Lösung des Bannes war, vermöge dessen die Gottheit ihr höchstes Geschenk für die Menschheit, die Erkenntniß ihrer selbst, mehr denn ein Jahrtausend in ein Gefäß verschlossen hielt, in welchem sich dieselbe lauter und unvermischt mit den Schlacken des Heidenthums erhalten sollte, und dieses zerschlug, daß der köstliche Inhalt ausströme nach Osten und nach Westen, der indessen für den Genuß desselben vorbereitet war. Das Gefäß ist zertrümmert, die Nation ist aufgelöst für alle Zeiten, aber jener Inhalt ist ein ewiger, der in wechselnder Bewe= gung nach allen Zonen der Erde hinströmt und sie mit neuem Leben befruchtet. Das Judenthum ist der lebensvolle, in der göttlichen Wahrheit selber wurzelnde Stamm, der, wie er aus seinem Mark die mächtigen Zweige des Christenthums und des Islams nach Westen und nach Osten sandte, vielleicht noch neue Zweige nach den Zonen hervorzutreiben bestimmt ist, die noch unter dem Sonnenbrande des Irrwahns schmachten. Ein Thor aber ist, wer den Stamm verach= tet, weil er die goldenen Früchte nur an den Aesten und Zweigen sieht.

Es mag diese meine Anschauung von der Bestimmung und der Bedeutung des Judenthums nur für diejenigen wahr sein, die in demselben leben, ich begehre nicht die Zustimmung, sondern nur die Anerkennung Andersgläubiger für dieselbe; aber wer dem Judenthum überhaupt eine in die Geschichte der Zeit eingreifende Stellung unter den Religionen versagen, wer dasselbe mit seinem ganzen Dasein in die Vergangenheit verweisen will, der verkennt die Vergangenheit und die Gegenwart zu sehr, als daß er im Stande wäre, jene zu beurtheilen, oder an der Entwickelung dieser Theil zu nehmen.

Das Judenthum also ist noch in seiner lebendigen Entwickelung begriffen, hat also auch das Recht, ein Moment der Gesammtentwicke= lung zu sein. Dies ist die Ueberzeugung, von der wir ausgehn, und die wir als absolut festhalten müssen, wenn die folgenden Entwicke= lungen irgend einen Werth haben sollen, und wir dürfen also jezt zur Beantwortung der Frage schreiten, welches der Entwickelungspunkt sei, auf dem sich dasselbe in unserer Zeit befinde.

Betrachten wir die Bekenner des Judenthums, wie sie sich gegen= wärtig darstellen in ihrem Verhältniß zu demselben, so werden wir leicht 3 Klassen unterscheiden: die Orthodoxen, die Indifferenten und die Reformirenden.

Ich nenne diejenigen zuerst, die vor wenigen Jahrzehenden noch

[ocr errors]

allein dastanden, diejenigen, die kein Judenthum kennen und glauben, als das ihnen von ihren Vorfahren überlieferte. Es handelt sich bei ihnen nicht um einen Orthodorismus des Glaubens, denn das Judenthum kennt keine dogmatischen Bekenntniß-Formeln, sondern um einen Orthodorismus des Handelns. Ohne zu unterscheiden zwischen den Geboten der Bibel, zwischen den Kommentaren des Talmud und zwischen den Ueberlieferungen des Gebrauchs, ist ihnen alles gleich heilig und unverbrüchlich, was einmal auf dem religiösen Gebiete hergebracht ist, und sie werden sich eben so schwer von einer vielleicht im vorigen Jahrhundert von einem polnischen Sänger eingeführten Melodie für ein bestimmtes Gebet, eben so schwer von der gewohnten Amtsträcht der Rabbiner und Vorsänger lossagen, wie von der Sabbathfeier und den Speisegesehen.

Wenn diese Strenggläubigen, oder vielmehr Strenghandelnden, aus Mangel an Bewußtsein, das Wesen unserer Religion nnd den Unterschied zwischen äußerer Form und innerstem Inhalt derselben verkennend Alles für Inhalt hielten, so legte das erwachende Be= wußtsein über das wahre Wesen des Judenthums denen, welchen dasselbe aufgegangen ist, zwar die Pflicht auf, ihre höheren Ansich= ten an die Stelle dieses unbewußten Thatglaubens treten zu lassen, aber Niemand darf ohne Scheu und Vorsicht, in diese mit ihrem Leben Eins gewordenen Ueberzeugungen der Gewohnheit eingreifen. Denn wir dürfen nicht verkennen, welche Ansprüche diese Männer auf unsere Achtung, auf unsere Dankbarkeit haben.

Nur die auf einer starken sittlichen Basis ruhende Unterwerfung unter ein höheres, wenn auch unbegriffenes Gebot macht die Ertra= gung der unzähligen Entbehrungen körperlicher Genüsse und Bedürfnisse leicht, denen sich fene Männer mit der peinlichsten Gewissenhaftigkeit durch ihr ganzes Leben hindurch unterwerfen, und verleiht die Kraft, die schweren Seelenleiden zu tragen, welche durch Jahrhunderte auf denselben lasten.

Nur diese sittliche Kraft des Entsagens, welche bewunderungswürdiger ist, als die Kraft des kühnsten Handelns, dies Märtyrthum des Duldens, welches größer ist, als das Märthrthum des Sterbens, sie waren die Waffen und der Panzer, mit welchen das Judenthum durch mehr als ein Jahrtausend den Kampf gegen eine feindliche Welt ertrug, ohne je zu unterliegen. An der uner= schütterlichen Zuversicht, mit welcher sie durch ihr Leben den göttlichen Willen zu erfüllen glaubten, brach die Kraft der blutigen Ver= folgung, vor der sie durch Jahrhunderte vergebens aus einem Lande ins andere flüchteten. Denn gewohnt, dem göttlichen Willen zu ge=

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »