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duelles Gepräge tragen, dafs sie an erster Stelle berufen erscheinen, bei der Frage nach der Entstehungszeit den Ausschlag zu geben.

Sehr zum Glück für die Entscheidung unserer Frage haben der oder die Redaktoren der uns erhaltenen Handschrift ohne Zweifel Schauspieler - der naheliegenden Versuchung nicht widerstanden, in diesen Szenen aus der Rölle zu fallen, sich selber zu spielen, und ihre eigenen Schicksale und Erlebnisse an Stelle der im Original überlieferten treten zu lassen.

Auf die Frage Hamlets (II. 7): „Was verlanget Ihr?" erwidert ,,der Meister" der Komödianten, der als „Prinzipal Carl“ eingeführt wird: „Ihro Hoheiten wollen uns in Gnaden verzeihen, wir sind fremde, hochteutsche Comödianten und hätten gewünscht das Glück zu haben, auf Ihro Majestät des Königs Beylager zu agiren, allein das Glück hat uns den Rücken, der konträre Wind aber das Gesicht zugekehret, ersuchen also an Ihro Hoheiten, ob wir nicht noch eine Historie vorstellen könnten, damit wir unsere weite Reise nicht gar umsonst möchten gethan haben.

Hamlet: Seid ihr nicht vor wenig Jahren zu Wittenberg auf der Universität gewesen? Mich dünkt, ich habe euch da sehn agiren. Prinzipal Carl: Ja, Ihro Hoheiten, wir sind von denselben Comödianten.

Hamlet: Habt ihr dieselbe Compagnie noch ganz bey euch?

Prinzipal Carl: Wir sind zwar nicht so stark, weilen etliche Studenten in Hamburg Condition genommen, doch seynd wir zu vielen lustigen Komödien und Tragödien stark genug.

Hamlet: Habt ihr noch alle drey Weibspersonen bey euch, sie agirten sehr wohl?

Carl: Nein, nur zwey, die eine ist mit ihrem Manne an den sächsischen Hof geblieben."

Für die Feststellung der Entstehungszeit giebt der mitgeteilte Dialog vor allen Dingen zwei wichtige Anhaltspunkte:

1) Das Auftreten des wortführenden Schauspielers unter dem Namen des Prinzipal Carl.

2) Die Erwähnung der weiblichen Mitglieder der Gesellschaft. Letztere gestattet von vorn herein nicht, die Abfassung unserer Redaktion viel vor den Anfang der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu verlegen. Die früheste Erwähnung von Frauen als Mitglieder einer Schauspielertruppe findet sich meines Wissens in einer zwischen 1654

und 1657 an den Herzog Gustav Adolph von Mecklenburg gerichteten Eingabe des Meisters Stiller aus Hamburg, der in dem beigefügten Personenverzeichnis aufser seiner Frau noch eine Frawensperson" ausdrücklich erwähnt.*)

Der Name des Prinzipal Carl aber giebt uns das Recht, mit Entschiedenheit das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts als die Zeit, in der unsere Hamletredaktion entstanden, in Anspruch zu nehmen.

Die meisten Darstellungen theatralischer Zustände des 17. Jahrhunderts wissen allerdings nichts von einem Prinzipal dieses Namens, und das ist wohl auch der Grund, weshalb man es bisher nicht für der Mühe wert gehalten die hier gegebene Spur weiter zu verfolgen. Und doch ist ein solcher nicht nur mehrfach urkundlich nachweisbar, sondern hat sogar, wie aus einigen dieser Urkunden zu schliefsen eine keineswegs ganz untergeordnete Rolle gespielt. Auch für diesen Umstand glaube ich die Erklärung geben zu können.

Die beiden Urkunden, welche die Direktion eines Prinzipal Carl zweifellos nachweisen, sind

1) ein im Kieler Stadtarchiv befindliches Reskript Herzog Christian Albrechts von Schleswig-Holstein vom 5. Januar 1671**) an Bürgermeister und Rat der Stadt Kiel mit der Mitteilung dafs wir auff inständiges und unterthänigstes Anhalten und Bitten dem Comödianten Carl die Freyheit gegönnet, währenden diesen Umbschlag über, in unserer Stadt Kiehl seiner Gelegenheit nach, mit seinen Leuten zu agiren.“

2) eine undatierte, im Schweriner Archiv befindliche Bittschrift,***) gerichtet an den Herzog Gustav Adolph von Mecklenburg (regiert von 1654-95) folgenden Wortlauts:

„Durchl. Fürst, gn. F. u. Herr.

Eure Hochfürstl. Durchl. imploriren unterthänigst, wir die sogenandten Carlische Comödiantengeselschafft, weil wir vor einigen Jahren die hohe Gnade genossen, Eurer Hochfürstl. Durchl. mit etlichen Comödien unterthänigst aufzuwarten, und seidhero vor der Römischen Kayserl. May. †), beiden Königen zu Schweden und

*) Vgl. H. W. Bärensprung. Versuch einer Geschichte des Theaters in Mecklenburg-Schwerin 1837, p. 27. Ebenfalls im Jahre 1654 rühmt sich der Prinzipal Jollifous in einer von Strafsburg an den Rat von Basel gerichteten Bittschrift, dafs in seiner Truppe ,,auch rechte Weibsbilder" mitwirkten. cf. Mentzel a. a. O. p. 77.

**) C. X. Komödiantensachen, Conv. I, Nr. 1.

***) Abgedruckt bei Bärensprung a. a. O. p. 29 f.

†) Wo und und wann das geschehen sein kann, weifs ich nicht anzugeben. 1679 spielte Velten in Worms vor dem Kaiser. Vgl. Mentzel a. a. O. p. 193.

Dänemark, *) auch an andern Hochfürstlichen Höfen mit unsern agiren uns Aller- und unterthänigst haben sehen laassen,

Eure Hochfürstl. Durchl. wolle gnädigst erlauben und zu laafsen, dafs in dero Residentz-Statt Güstrow gegen bevorstehenden Marckt oder Umschlaag, etliche gute, neue, sinnreiche Comoedien und Schauspiele wir dehnen Liebhabern und Zuschauern zur Ergötzlichkeit ohne einige Ärgernüs vorstellen mögen.

Eurer Hochfürstl. Durchl. wünschen langes Leben nebenst glücklich blühender und friedlicher Regierung

unterthänigst und gehorsamste

Diener

die sogenandte Carlische deutsche Comoedianten-Geselschafft." Da Herzog Gustav Adolph 1695 starb, so mufs also die Einreichung der Bitte vor dieses Jahr fallen, während aus der Form des Schreibens hervorgeht, dafs der Prinzipal nicht mehr am Leben ist.

Ist hierdurch die Existenz eines zwischen 1670 und 1690 Norddeutschland und Skandinavien mit seiner Truppe bereisenden Komödiantenprinzipals Namens Carl nachgewiesen, so glaube ich durch eine ziemlich naheliegende Konjektur diese Angaben noch vervollständigen und dadurch zugleich erklären zu können, warum seiner sonst nirgend gedacht ist.

In der letzterwähnten Eingabe beruft sich die Carlische Gesellschaft darauf, dafs sie bereits vor einigen Jahren am Güstrower Hofe gespielt.

Nun findet sich im Schweriner Archiv aus dem Jahre 1668 ein vom Herzog Gustav Adolph ausgestelltes Attest,**) worin dem Komödianten Carl Andreas Paul, „so sich mit seiner Truppe eine zeitlang in der fürstl. Meckl. Residenz Güstrow aufgehalten und unter

*) Schweden und Dänemark ward im 17. (auch noch im 18.) Jahrhundert mehrfach von deutschen Komödiantentruppen bereist: 1680 erscheinen Deutsche Komödianten in Stockholm. 1691 spielten ebenfalls in Stockholm „Chursächsische hochteutsche Comoedianten" die sich auch „nordische Comoedianten in hochteutscher Sprache" nannten und die von da nach Dänemark gingen." (Vgl. F. A. Dahlgreen, Förteckning öfver Svenska skådespel upförda på Stockholms theatar. 1866, p. 8 f.) Es sind dieselben ,,nordischen Comoedianten in hochteutscher Sprache", welche in einer Eingabe an die Güstrowsche Interimsregierung im Juli 1697 (vgl. Bärensprung a. a. O. p. 30 f.) berichten, dafs der Tod Karls XI. von Schweden sie veranlasst habe „nachdehme wihr bey 6 Jahren unfs in den nordischen Plätzen auffgehalten, unser liebes Vaterland wieder einmahl zu besuchen."

**) Abgedruckt bei Bärensprung a. a. O. p. 28.

schiedliche Male vor des Durchl. Fürsten und Herrn, Herrn Gustav Adolph, Herzog zu Mecklenburg agiret" behufs Empfehlung beim Lübeckischen Rat bezeugt wird, dafs er mit seiner bey sich habenden Compagnie dahier wohl präsentiret und sich im agiren gebührlich verhalten habe."

Da Zeit und Ort zusammentreffen, scheint es mir nicht zu gewagt, den Prinzipal Carl und den Prinzipal Carl Andreas Paul für ein und dieselbe Person zu halten. Ich bin sogar aus denselben Gründen geneigt, den Carl Paulson, welcher 1665 aus Holstein kommend auf der Frankfurter Ostermesse auftauchte und der sich rühmte in Dänemark, Braunschweig und Lüneburg agiert zu haben, ebenfalls mit jenem Prinzipal Carl für identisch zu erklären.*)

Von einem Karl Paul, dem Sohne eines Oberstlieutenants, der 1628 als Führer einer Gesellschaft junger, meistenteils studierter und wohl erzogener Leute, welche den alten Wust der Meistersänger, der Fastnachtspiele und geistlichen Komödien durch Vorstellung übersetzter Stücke zu verdrängen suchten, weifs ja übrigens auch die ,,Chronologie des deutschen Theaters" (1775 p. 26) zu berichten. Bei der bekannten Unzuverlässigkeit dieses Buches besonders in allem, was Chronologie betrifft, ist jedoch auf diese Angabe nicht allzu viel Gewicht zu legen.

Jedenfalls unterliegt es nach dem Gesagten wohl keinem Zweifel mehr, dass wir es bei dem „Prinzipal Carl" des deutschen Hamlet mit einer historischen Persönlichkeit zu thun haben und es ist gestattet, aus den für diese festgestellten Daten einen Schlufs auf die Entstehungszeit des deutschen Hamlet selbst zu ziehen. Offenbar rührte die Redaktion von Carl selbst oder einem Mitgliede seiner Truppe her. Auf diesen Ursprung weist, abgesehen von allem anderen, auch die Verherrlichung des Schauspielerberufs, die Hamlet in den. Mund gelegt wird:

Die Komödie hat die gewünschte Wirkung gehabt, der König hat sich mit dem Hof entfernt (II, 9.):

Corambus: Die Comödianten werden eine schlechte Belohnung bekommen, denn ihre Action hat den König sehr mifsfallen.

Hamlet. Was sagst du Alter, werden sie eine schlechte Belohnung empfangen? und ob sie schon übel von dem König belohnt

*) Man braucht um diese Zeit in dieser Beziehung nicht allzu ängstlich zu sein. Die Komödianten wechseln die Namen. Ich erinnere nur an: Joris Jollifous, George Jeliphus, Joseph Jori, alles ein und dieselbe Person. Vgl. Mentzel a. a. O. p. 75 ff.

werden, so
so werden sie doch

belohnet werden.

von dem Himmel desto besser

Corambus. Ihro Hoheit, kommen denn die Comödianten auch in den Himmel?

Hamlet. Was, meinest du, alter Narr, dafs sie nicht auch allda ihren Platz finden, darum gehet hin und tractiret mir diese Leute wohl. Corambus. Ja, ja, ich will sie tractiren, wie sie es verdienen. Hamlet. Tractiret sie wohl, sag ich, denn es geschiehet kein gröfser Lob, als durch Comödianten, denn dieselben reisen weit in die Welt; geschiehet ihnen an einem Orte etwas gutes, so wissen sie es an einem anderen Orte nicht genug zu rühmen, ihr Theatrum ist wie eine kleine Welt, darinnen sie fast alles, was in der grofsen Welt geschieht, repräsentiren. Sie erneuern die alten vergessenen Geschichten und stellen uns gute und böse Exempel vor; sie breiten aus die Gerechtigkeit und löbliche Regierung der Fürsten, sie strafen das Laster und erheben die Tugenden, sie rühmen die Frommen und weisen, wie die Tyrannei gestraft wird: darum sollt ihr sie wohl belohnen.

Corambus: Nun sie sollen schon ihren Lohn haben, weil es solche Leute sind."

Aus allen angeführten Gründen komme ich zu dem Schlufs: die Redaktion des deutschen Hamlet, wie sie uns die Reichardsche Handschrift überliefert, ist sicher nicht vor 1650, wahrscheinlich erst um 1670, unter allen Umständen also in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf norddeutschem Boden entstanden.

Ich kann aber nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit noch eine Vermutung auszusprechen, welche die Schauspielerszenen des deutschen Hamlet noch in einem ganz besonderen Lichte erscheinen lässt.

Wir wissen aus der oben angeführten Urkunde, dafs die Carlische Truppe ihre Reisen über Deutschland hinaus erstreckt, dass sie sowohl in Dänemark wie in Schweden bei Hofe gespielt hat; und es ist daher nicht unmöglich, dafs die Details der Reise, welche dem Prinzen Hamlet berichtet werden, wirkliche Erlebnisse der Gesellschaft auf einer ihrer Fahrten nach Norden wiedergeben.

Sie erscheinen als „fremde hochdeutsche Komödianten", die sich auf die Nachricht hin, dafs am dänischen Hofe Festlichkeiten bevorständen, übers Meer gewagt haben. Konträrer Wind hat ihre Reise verzögert, sie kommen zu spät und bitten nun nur um Erlaubnis, eine Vorstellung geben zu dürfen, „damit wir unsere weite Reise nicht gar

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