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sehr verflacht.

In der Tat läfst sich nun aber doch auch hier die Identität z. B. der so charakteristischen Zeile „der alt böse Feind" mit den entsprechenden gregorianischen Neumen nicht verkennen:

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nur dass ihr so prägnanter Eindruck im Liede eben auf dem Rhythmus und Accent beruht, den ihr Luther gab. Die Tonfolgen boten so zusagen nur den rohen Marmorblock, aus dem der Schöpfer der Melodie die erhabene Gestalt formte, indem er sie zu dem herrlichen Bau zusammenfügte und ihnen durch die Accente und den Rhythmus das so charaktervolle Gepräge von Kraft und Feuer verlieh. Er blieb dabei mit seinem Werke zugleich fest auf dem Boden der alten Kirche stehen, indem er es aus ionischen Tonfolgen altkirchlichen Chorals formte.

Je mehr Leben sich auf einem Gebiete der Forschung regt, um

so inhaltsreicher werden sich auch die Zeitschriften erweisen. In der Tat legen die musikalischen Zeitschriften der letzten Jahre ein erfreuliches Zeugnis in dieser Hinsicht ab. Wie vielerlei nützlichen Stoff die jetzt im neunzehnten Jahrgange stehenden Eitnerschen Monatshefte, oder für die evangelische Kirchenmusik das Hallelujah und die Siona gebracht haben, ist bekannt. Sehr erfreulich ist es, dafs die einst nach so gutem Anlauf wieder schlafen gegangene Chrysandersche Zeitschrift als Vierteljahrschrift für Musikwissenschaft unter der Leitung von Chrysander, Spitta und Adler wieder erstanden ist. Jetzt im dritten Jahrgang stehend, hat sie eine Reihe bedeutender Arbeiten aus den verschiedensten Gebieten der Musikgeschichte gebracht. Uns liegen hier zur Anzeige zwei Jahrgänge einer andern Zeitschrift vor: des Kirchenmusikalischen Jahrbuchs für das Jahr 1886 und 1887 (elfter und zwölfter Jahrgang des Cäcilienkalenders) redigiert von Dr. X. Haberl (Friedrich Pustet in Regensburg). Wir machen darauf nicht nur deswegen aufmerksam, weil das Jahrbuch es durch seinen Inhalt in hohem Maasse verdient, sondern auch, weil es, zunächst den Interessen der katholischen Kirchenmusik und Liturgie dienend, in den allgemeineren Kreisen der Musik und Litteratur weniger bekannt

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sein dürfte, als es dies in der Tat verdient. Es gereicht in den Aufsätzen dieses Jahrbuches der Wissenschaft und Theorie vielfach zu besonderem Nutzen, dafs es sich dabei zugleich um unmittelbar praktische Zwecke der Kirche handelt. In erster Linie ist gerade hier das Studium des Gregorianischen Chorales zu nennen.

Zwar nicht zum Gregorianischen Choral speciell aber in das Studium der ältesten kirchlichen Periode führt uns eine Arbeit, welche sich durch beide Jahrgänge des Jahrbuches zieht. Unter der Überschrift: „Die alten Musiktheoretiker" giebt P. Otto Kornmüller eine Übersicht der Musikschriftsteller bis ins elfte Jahrhundert in kurzen Auszügen ihrer Werke: Cassiodor, Isidor, Alcuin, Aurelian von Reome, Remigius, Notker, Hucbald, Regino v. Prüm, Oddo, Guido v. Arezzo, Berno v. Reichenau, Hermann der Lahme, Wilhelm v. Hirschau, Theoger v. Metz und Aribo Scholasticus, dessen Traktat gegen 1078 geschrieben ward. Die Auszüge sind vortrefflich gemacht, so dass sie einen deutlichen Begriff von den in diesen Werken vorgetragenen Lehren geben. Man kann sich beim Lesen dieser alten Theoretiker häufig eines gewissen Erstaunens darüber nicht erwehren, dass man sich wirklich Jahrhunderte lang in so schwerfälligen Erörterungen mit diesen Fragen beschäftigen und gar die Lehre der praktischen Musik in ihnen befafst sehen konnte. Wenn wir zu begreifen anfangen, wie auf der Grundlage des diatonischen Tetrachordes die vier (oder acht) Kirchentöne konstruiert und mühsamst mit Hülfe des Monochords dem Schüler begreiflich gemacht werden, dann begreifen wir zwar recht wohl, dass der Lehrer grosser Lehr- und der Schüler grösserer Lerngaben bedurfte, um auf diesem Wege den Grund der Tonkunst zu legen. Aber es kommt uns zugleich vor, als ob er mit alle diesen Mühen schliesslich nicht mehr erreicht habe, als heute ein Anfänger mit der ersten C-durtonleiter die er zwar nicht in sein Verständnis, aber doch in seine Anschauung und praktische Ausübung aufnimmt: den Bau der diatonischen Tonleiter. Das freilich ist nun doch ein grofser Irrtum, der sich dem weiter eindringenden bald genug aufhellt; denn was hier gelehrt wird, ist eben der gregorianische Choral in seinem tonischen Wesen und seinen harmonischen Verhältnissen. Nicht innerhalb seiner haben sich die kirchlichen Modi entwickelt, sondern er hat sich umgekehrt aus den später sogenannten Kirchentonarten entfaltet. Darum enthalten auch manche dieser Lehrbücher, wie der berühmte Micrologus Guido's von Arezzo eine Art von Kompositionslehre, eine Anweisung', wie aus dem Tonmaterial der acht modi

mit ihren Tropen, d. h. den einem jeden von ihnen eigentümlichen Tongängen und Tonverbindungen neue Melodien zu bilden seien.

Es ist nun in hohem Grade lehrreich und interessant, an der Hand dieser sachkundig gemachten Auszüge den musikgeschichtlichen Hergang vom ersten Eintritt der mittelalterlichen Musik bis an das erste Hervorkeimen der Polyphonie zu verfolgen. Die Lostrennung von der griechisch-römischen Musik ist bereits erfolgt, d. h. die prinzipiellen Abweichungen der mittelalterlichen Diatonik von der antiken sind bereits eingetreten, ehe diese Lehrbücher anfangen. Auch ist aus der Praxis die alte enharmonische Skala längst verschwunden, wenn sie auch in der Theorie noch manchmal ihre Schatten wirft. In der Durchbildung der diatonischen Skala dagegen lag die Zukunft der Musik; nur auf der diatonischen Skala konnte sich eine harmonische Verbindung der Töne in gleichzeitigem Erklingen, konnte sich die polyphone Musik entwickeln. Kein Volk mit anderen Skalen ist zu ihr gelangt und konnte zn ihr gelangen.

An diese Auszüge aus den Musiktheoretikern schliefst sich im Jahrgang 1887 dem Stoffe nach noch ein Aufsatz von Professor A. Walter: „Der Musikunterricht in Deutschland von der ältesten Zeit bis zum ersten Jahrtausend“, nicht eine selbständige neue Forschung, aber eine gute Zusammenstellung der Ergebnisse heutiger Forschung.

Der Periode des „Palestrinastils" mit ihrer unmittelbaren Folgezeit gelten drei musikgeschichtlich höchst wichtige Publikationen von der Hand des Herausgebers; Mitteilungen aus den reichen Schätzen seiner Studien in den italienischen Archiven. Mit einer anderen wurden, um dies hier im Vorübergehen zu erwähnen, die Abonnenten der Eitnerschen Monatshefte für Musik - Geschichte so eben auf das angenehmste überrascht: mit einem Katalog der Musikwerke, welche sich im Archiv der päpstlichen Kapelle im Vatican zu Rom finden, 1883-85 zusammengestellt von Dr. X. Haberl. In unserm Jahrbuch finden wir (1886, S. 31—45): „Das Archiv der Gonzaga in Mantua“ (1886, S. 51-66) „Giovanni Francesco Anerio“ und (1887, S. 67—82) „Hieronymus Frescobaldi", regeftenartig geordnete Stoffsammlungen, durchzogen von Untersuchungen und Bemerkungen über einzelne wichtige Punkte und eingefügt in die Regeften für Anerio und Frescobaldi die chronologische Aufzählung ihrer Werke in einer bisher nicht erreichten Vollzähligkeit. Der erste Aufsatz über die musikgeschichtlich wichtigen Dokumente im Archiv der Gonzaga enthält als Grundlage Auszüge aus einem italienischen Werke des Pietro

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Canal: Della musica in Mantova (1881); Haberl bereichert aber diese Auszüge mit höchst interessanten Zusätzen aus seinen eigenen Sammlungen. Er beschränkt sich dabei auf die Periode von 1550 bis 1612, die Regierungszeit der beiden Herzöge Wilhelm und Vincenz von Gonzaga. Man könne, bemerkt er, schon 1550 in Italien drei sich von einander scheidende Stilarten deutlich beobachten: die niederländisch-deutsche Kontrapunktik, gerichtet auf kunstvolle Konstruktion, rhythmische Effekte und kühne harmonische Wendungen; die italienische Polyphonie mit dem Streben nach Ausdruck und Verständlichkeit des Textes, melodienreichere Themen und gedrängtere Melismen, und als dritte die Zukunftsmusiker" hauptsächlich noch auf dem Gebiet des Madrigals und der weltlichen Musik. Zu den wertvollsten unter diesen Archivalien gehören die Korrespondenzen zwischen Herzog Wilhelm und Palestrina, welche für letzteren einige ungemein wichtige Aufschlüsse bringen. In den biographischen Mitteilungen über Anerio zeigt uns dieser zwei Gesichter, aber beide mit sehr anmutigen Zügen, denn während seiner ersten Lebenszeit steht er noch im „Palestrinastil", in seiner letzten Periode geht er ins Lager der monodischen Richtung über, in der Frescobaldi bereits mit seiner ganzen Kunst steht. Bemerkenswert ist ein von Haberl angeführter Ausspruch des im Jahre 1638 gestorbenen Jesuiten Jeremias Drexel (der in Parenthese bemerkt in der Allgemeinen Deutschen Biographie in der Schreibung Drechsel, Bd. V, S. 386, zu finden ist) über diesen neuen Kirchenstil: „Was ist denn diese Neuerung, diese stampfende Art zu singen anders als eine Comödie, bei welcher die Sänger als Acteure auftreten?“ Er hatte vollkommen Recht: es war dieser monodische Stil, der zur Kirche hinaus und zu der Oper führte, um nachher den Opernstil wieder in die Kirche einzuführen! Die alte Kirchenmusik, meint Drechsel, verstand es, „betend zu singen“ und das sei die Aufgabe kirchlicher Musik, das Gebet nicht zu stören, sondern es anzuregen, ja zu entzünden.

Auf die mannigfaltigen sonstigen kleineren und gröfseren Mitteilungen und Aufsätze kann hier nur hingedeutet werden: die Arbeit über Angelus Silesius und die „Beiträge zur Geschichte des Kirchenliedes" von Dreves; „Über ein uraltes deutsches Kirchenlied“ von Bäumker, über „Mozart als Kirchenkomponist" von Haberl, auf die ergötzlichen und lehrreichen Auszüge aus des Johann Beerens ,,Musikalischen Dichtungen“ u. s. w.

Eine wertvolle Beigabe bringt das Jahrbuch noch aus Haberls Hand in einem Repertorium musicae sacrae ex auctoribus saeculi XVI et XVII. Der Jahrgang 1886 bringt eine schöne Missa brevis von Anerio I. Dies brevis bezeichnet hier nicht wie im jüngeren protestantischen Sprachgebrauch des 18. Jahrhunderts eine Musik nur zu Kyrie und Gloria mit oder ohne Sanctus, sondern die vollständigen fünf Sätze, in denen aber der Text im Allgemeinen ohne Wiederholungen gesungen wird; also eine in knapper musikalischer Form gehaltene Messe. Der Jahrgang 1887 giebt ein in Rom von der päpstlichen Kapelle viel gesungenes Requiem von Casciolini mit Einlagen (Graduale und Tractus) von Viadana. Diese Musiken sind aber für den praktischen Kirchengesang bestimmt; wir haben also mit ihnen das Grenzgebiet der Litteratur und Musik verlassen, und sind hinübergeraten in das uns hier fremde Reich der Musik.

Schleswig.

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